Close air support

Close air support
Luftnahunterstützung einer Patrouille amerikanischer Soldaten im Irak-Krieg.

Luftnahunterstützung (zu engl.: close air support, CAS), auch nahe Luftunterstützung oder Erdkampfunterstützung, bezeichnet im Militärwesen taktische Einsätze von Kampfflugzeugen zur direkten Unterstützung eigener oder verbündeter Bodenstreitkräfte.

Hierzu werden Schlachtflugzeuge, Jagdflugzeuge oder Jagdbomber eingesetzt, da diese ihr Einsatzgebiet wesentlich schneller erreichen können als schwere Bomber. Dennoch kommen durchaus auch Bomber oder Tarnkappenbomber zum Einsatz. Die Flugzeuge werden dabei oft mit Napalm- oder anderen Brandbomben, Splitterbomben, Clusterbomben oder lasergelenkten Bomben bestückt, deren Einsatz immer unter Kontrolle eines Forward Air Controllers (FAC) koordiniert wird.

Eine Sonderform der nahen Luftunterstützung fand im Vietnamkrieg unter dem Codewort Broken Arrow Verwendung. Hierunter versteht man den massiven Einsatz aller verfügbarer Luftstreitkräfte zur Unterstützung eigener Truppen, die kurz davor stehen, überrannt zu werden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erster Weltkrieg

Der Einsatz von Flugzeugen zur Luftnahkampfunterstützung hatte seinen Ursprung im Ersten Weltkrieg, dem ersten nennenswerten Einsatz von Luftfahrzeugen zur Kriegführung überhaupt. Der anfängliche Abwurf kleiner 25-Pfund-Bomben hatte weniger eine taktische als vielmehr eine psychologische Wirkung. Im Gegensatz zur Artillerie sind Flugzeuge ein sichtbarer Gegner, der für feindliche Truppen eine direkte Bedrohung darstellt und den eigenen Truppen die Gewissheit vermittelt, dass ihre Vorgesetzten sich mit ihrer Lage befassen.

Obwohl kombinierte Luft-Boden-Einsätze erst zum Ende des Ersten Weltkrieges gelangen, beinhalteten viele erfolgreiche Angriffe zwischen 1917 bis 1918 bereits die Koordination zwischen Luft- und Landstreitkräften.

Sopwith 2F.1 (Marineversion)

Das Royal Flying Corps und der U.S. Army Air Service betrachteten die Luftnahkampfunterstützung als einen zusätzlichen Auftrag für ihre vorhandenen Flugzeuge, wie der S.E. 5a und der Sopwith F-1 Camel, und entwickelten bis wenige Monate vor Kriegsende keine dafür spezialisierten Einheiten oder Ausrüstung. Da es den anglo-amerikanischen Piloten an speziellem Training fehlte und ihre Flugzeuge verhältnismäßig anfällig für Beschuss waren, erlitten sie beim Überfliegen feindlicher Stellungen in niedrigen Höhen hohe Verluste. So verlor z.B. die 80. Squadron RAF 75% ihrer Flugzeuge in den letzten 10 Monaten des Krieges.

Im Gegensatz dazu entwickelten die Deutschen und Franzosen spezielle Taktiken, Schulungen und Formationen für die Luftnahkampfunterstützung. Die Deutsche Luftwaffe modifizierte die Junkers J 1 zur Sicherung gegen leichtes Handwaffenfeuer durch zusätzliche Panzerung am Cockpit. Im Frühjahr 1918 verfügte das Deutsche Reich bereits über 18 spezialisierte Schlachtstaffeln für die Bombardierung und den Beschuss feindlicher Truppen in Höhen unterhalb von 200 Fuß.

Zwischenkriegszeit 1918 - 1939

Während der Zwischenkriegszeit kristallisierten sich unterschiedliche Sichtweisen über die Rolle von Luftstreitkräften in der Kriegführung heraus. Piloten und Bodenoffiziere entwickelten gegensätzliche Ansichten über die Wichtigkeit von Luftnahkampfunterstützung, welche die Grundlage für die Einsätze des 20. Jahrhunderts bildeten. Während dieser Phase kam es zu einer Vielzahl von Konflikten, hauptsächlich dem Spanischen Bürgerkrieg und dem Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg, auf deren Erfahrungen die später am Zweiten Weltkrieg beteiligten Staaten ihre Strategie aufbauten.

Piloten bevorzugten eine generelle Unabhängigkeit vom Heer, welche eine Integration in die Landstreitkräfte ausschloss und die Flugzeuge als eigenständige Streitkraft operieren ließ. Sie sahen Luftnahkampfunterstützung als schwierigste und ineffizienteste Form der Luftkriegführung, da derartige Einsätze zum einen die Identifikation und Unterscheidung der eigenen und feindlichen Streitkräfte erfordert, und zum anderen angegriffene Bodenziele sich verteilen und tarnen, was die Effektivität solcher Angriffe verringert. Ferner können derartige Aufträge ebenfalls von der Artillerie ausgeführt werden, wohingegen Luftüberlegenheit eine einzigartige Fähigkeit darstellt.

Bodenoffiziere argumentierten dagegen, dass Artillerie ausreichend verfügbar und die Flexibilität von Flugzeugen eher für konzentriertes Feuer an kritischen Punkten geeignet sei, auch im Hinblick auf den psychologischen Effekt für eigene und feindliche Truppen. Im Gegensatz zu massiven Artilleriefeuer können die relativ kleinen Luftbomben die Bewegungsfähigkeit des Gegners hingegen kaum beeinträchtigen.

Zweiter Weltkrieg

Der Zweite Weltkrieg markierte den Wendepunkte bei der Integration von Luftstreitkräften in die kombinierte Kriegführung. Obwohl die deutsche Wehrmacht und Luftwaffe hierbei führend waren, hatten bis Kriegsende alle kriegführenden Parteien effektive Luft-Boden-Kampftechniken entwickelt.

Luftwaffe

Aufgrund seiner zentralkontinentalen Lage und der Absicht zu offensiven Operationen konnte Deutschland die Notwendigkeit für Luftnahkampfunterstützung nicht ignorieren. In gemeinsamen Übungen mit Schweden machten die Deutschen 1934 erste Erfahrung mit der Taktik der Sturzkampfbombardierung, welche eine größere Präzision erzielte und dem Luftabwehrfeuer den Beschuss der angreifenden Flugzeuge erschwerte.

Junkers Ju 87

Der Chef der deutschen Luftwaffenentwicklung, Generalluftzeugmeister Ernst Udet, initiierte auf Grundlage dieser Erfahrungen die Ausschreibung eines der US-amerikanischen Curtiss SBC Helldiver vergleichbaren Sturzkampfflugzeuges, aus dem die einzigartige Junkers Ju 87 hervorging. Die Erfahrungen aus dem Spanischen Bürgerkrieg führten 1938 zur Aufstellung von fünf Erdkampfeinheiten, von denen vier mit Stukas ausgerüstet waren. Die Luftwaffe passte ihre Wehrbeschaffung den Fortschritten in der Luft-Boden-Koordination an. General Wolfram von Richthofen organisierte Detachements der Luftwaffe, welche direkt den Bodeneinheiten unterstellt waren und deren Anforderungen nach Luftunterstützung weiterleiteten, jedoch nicht für die Feuerleitung der Luftstreitkräfte ausgebildet waren.

Diese Vorbereitungen konnten sich beim Polenfeldzug 1939 noch nicht beweisen, da sich die Luftwaffe bei der Operation „Fall Weiss“ auf die Gefechtsfeldabriegelung konzentrierte und der Luftnahunterstützung wenig Aufmerksamkeit schenkte. Der Wirksamkeit des taktischen Luftkriegs zeigte sich dann bei der Überquerung der Maas während des Westfeldzug 1940. General Heinz Guderian, einer der Entwickler des Gefecht der verbundenen Waffen und des Blitzkriegs, hielt den dauerhaften Beschuss der französischen Verteidigungslinien durch Erdkampfflugzeuge als den besten Schutz für die übersetzenden Bodentruppen.

Obwohl nur wenige Geschütze getroffen wurden, hielt der dauerhafte Luftangriff die Franzosen unter Beschuss und verhinderte die Besetzung ihrer Waffen. Der psychologische Effekt der Sturzkampfflugzeuge mit ihren furchterregenden Motorsirenen war unverhältnismäßig größer als deren tatsächliche Zerstörungskraft. Das Vertrauen in die Luftunterstützung und deren Vorzug gegenüber der Artillerie vereinfachte die logistische Unterstützung bei dem Vormarsch durch die Ardennen. Obwohl es einige Schwierigkeiten bei der Koordination der Luftstreitkräfte mit den rasch voranschreitenden Bodentruppen gab, bewies die Wehrmacht ihre taktische Überlegenheit gegenüber den britischen und französischen Verteidigern. Später an der Ostfront nutzte die Wehrmacht sichtbare Bodensignale, um die Richtung und den Abstand von feindlichen Einheiten für die Luftwaffe zu markieren.

Abgesehen von diesen Fähigkeiten war auch die deutsche Luftnahunterstützung nicht ohne Probleme und litt unter den gleichen Missverständnissen und Rivalitäten zwischen den Truppengattungen wie die Streitkräfte anderer Nationen. So verzichtete etwa Panzerkommandeur Guderian auf dem Höhepunkt der Maas-Offensive auf die Umsetzung seiner Pläne zur Luftnahunterstützung und forderte stattdessen Bombardements von mittelschweren Bombern an, was einen Stopp der Bodenoffensive bis zum Ende der Bombardierung erfordert hätte. Der Befehl wurde jedoch zu spät erteilt, um ausgeführt zu werden, so dass der ursprünglich mit Guderian abgestimmte Plan von der Luftwaffenführung erfolgreich umgesetzt wurde.

Luftfahrzeuge

Republic P-47
UH-1B Aerial Rocket Artillery
AC-130H Spectre Gunship

Verschiedene Luftfahrzeuge sind für eine Luftnahunterstützung geeignet. Militärhubschrauber sind oft direkt in Bodenoperationen eingebunden, so dass die meisten Streitkräfte ihre Hubschraubereinheiten direkt in das Heer eingliedern. Jagdbomber und Erdkampfflugzeuge setzen Raketen, Bomben und Maschinengewehrfeuer gegen Bodenziele ein.

Im Zweiten Weltkrieg wurden vorwiegend Sturzkampfflugzeuge für die Luftnahunterstützung eingesetzt. Der Sturzflug ermöglichte eine größere Zielgenauigkeit als Flächenbombardements und erschwerte der Luftabwehr die Zielverfolgung. Die Junkers Ju 87 ist ein für diesen Zweck entwickeltes Flugzeug. Der Tiefdecker war an seinem Fahrwerk mit einer fahrtwindgetriebenen Sirene ausgestattet, um den psychologischen Schrecken zu verstärken. Mit Ausnahme der A-36, einer mit Luftbremsen modifizierten North American P-51, setzen die United States Air Force und Royal Air Force keine spezialisierten Flugzeuge zum Luftnahkampf ein. Stattdessen erfüllten Kampfflugzeuge und Jagdbomber wie die Republic P-47 solche Einsätze.

In den 1960er und 1970er wurden erstmals Militärhubschrauber für die Luftnahunterstützung eingesetzt. Obwohl Helikopter ursprünglich nur für die Selbstverteidigung bewaffnet waren und die abgesetzten Truppen zu schützen hatten, führte die Wichtigkeit genau dieser Aufgabe zur fortschreitenden Aufrüstung der Hubschrauber zu Gunships. Obwohl Drehflügler langsamer als Starrflügelflugzeuge und deutlich anfälliger für Beschuss durch Luftabwehr sind, können Hubschrauber im Gelände optimal Deckung beziehen und länger über dem Kampfgebiet verharren. Neu entwickelte Luft-Boden-Raketen vergrößerten die Effektivität und Kampfreichweite der Hubschrauber und befähigten diese erstmals zur Panzerbekämpfung, wie die positiven Erfahrungen aus dem Jom-Kippur-Krieg 1973 zeigten.

Im Vietnamkrieg entwickelte die United States Air Force für die Luftnahunterstützung sogenannte Gunships, zu Waffenträger umgerüstete Transportflugzeuge. Das erste Flugzeug diesen Typs war die Douglas AC-47 Spooky, gefolgt von der Fairchild AC-119 Shadow und Stinger und der Lockheed AC-130H Spectre Gunship, welche auch im Irakkrieg und dem Krieg in Afghanistan im Einsatz sind.

Heutzutage werden für die Luftnahunterstützung zumeist spezialisierte Schlachtflugzeuge wie der A-10 Thunderbolt II eingesetzt, doch auch hochfliegende Bomber können ersatzweise mittels präzisionsgelenkter Munition und Luft-Boden-Raketen diese Funktion erfüllen.

Literatur

  • Clay Blair: The Forgotten War: America in Korea, 1950-1953. New York: Times Books/Random House 1987
  • Corum, James S. and Wray R. Johnson: Airpower in Small Wars - Fighting Insurgents and Terrorists. Lawrence, Kansas: University Press of Kansas 2003, ISBN 0-70061-240-8
  • Jonathan M. House: Combined Arms Warfare in the Twentieth Century. Lawrence, Kansas: University Press of Kansas 2001, ISBN 0-7006-1081-2
  • Victor H. Krulak: First To Fight: An Inside View of the U.S. Marine Corps. Annapolis, Maryland: Naval Institute Press 1984, ISBN 0-87021-785-2

Weblinks


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