Cluster-Munition

Cluster-Munition
Ein US-amerikanischer B-1-Bomber wirft 30 „Cluster-Bomben“ ab
Marquardt CBU Mark 20 „Rockeye II”.
Streubomben im Sprengkopf einer Kurzstreckenrakete vom Typ M190 Honest John, 1959.
„Molotows Brotkorb” war die finnische Bezeichnung für eine frühe sowjetische Streubombe, welche im Winterkrieg 1940 zum Einsatz gelangte

Eine Streubombe (engl. cluster bomb oder cluster bomb unit, kurz CBU) besteht aus einem Behälter (engl. dispenser), der mehrere kleinerer Bomblets oder Submunitionen enthält und diese bei der Aktivierung freisetzt. Waffensysteme nach diesem Konzept werden in Form von Fliegerbomben, Artilleriegeschossen (auch als Cargomunition bezeichnet) oder als Gefechtsköpfe für Marschflugkörper eingesetzt. Es existieren diverse Arten von Bomblets, sowohl konventionelle Arten mit Explosions-, Brand-, Splitter- und/oder panzerbrechender Wirkung als auch spezielle Varianten, zum Beispiel Minen oder Systeme, die durch Graphitfäden Umspannwerke oder Überlandleitungen kurzschließen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Funktionsweise

Die ersten militärisch eingesetzten Streubomben waren im Zweiten Weltkrieg von deutscher Seite die „Sprengbombe Dickwandig 1 kg“ kurz SD 1, die „Sprengbombe Dickwandig 2 kg“ kurz SD 2 sowie die „Brandbombe 1 kg Elektron“, kurz B 1 E, B 1,3 E, B 2 E etc. Diese wurden in unterschiedlich große Abwurfbehälter (beispielsweise AB 70 mit 23 SD 2 oder 50 SD 1 bis hin zu AB 1000 mit 610 Brandbomben B 1,3 E oder 1000 SD 1) gepackt, der wiederum wie eine große Bombe abgeworfen wurde, sich nach kurzer Fallzeit über einen Zeitzünder öffnete und die Kleinbomben freigab. Die zur besseren Tarnung meist dunkelgrün oder schmutzig gelb gefärbten Sprengbomben wurden dabei über eine Fläche verteilt und explodierten je nach eingesetztem Zünder beim Aufschlag, nach Ablauf einer vorher festgelegten Zeit oder bei nachträglicher Störung der Bombe. (siehe auch: Deutsche Abwurfmunition des Zweiten Weltkrieges)

Im Winterkrieg wurde von sowjetischer Seite ein früher Typ einer Streubombe verwendet (RRAB-3), welcher von den Finnen als „Molotows Brotkorb“ bezeichnet wurde. Im Unterschied zum deutschen Modell enthielt die sowjetische Konstruktion keine Sprengkörper, sondern Brandsätze. Bei der Schlacht um Kursk wurden von sowjetischer Seite erstmals Hohlladungsgeschosse (PTAB) in Bombenkassetten zu je 48 Stück zur Panzerbekämpfung eingesetzt.

Von britischer und US-amerikanischer Seite wurde im Zweiten Weltkrieg ebenfalls Streubomben eingesetzt, sowohl Stab- und Flüssigkeitsbrandbomben als auch Splittersprengbomben. Auch Italien besaß eine eigene Streumunition („Thermosbombe“), welche hauptsächlich bei Angriffen auf die Insel Malta eingesetzt wurde.

Die Streubombentechnologie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg federführend von den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion weiterentwickelt. Bei unverändertem Grundprinzip wurden verschiedene Arten von Streubomben für spezielle militärische Zwecke entwickelt und auch für andere Einsatzarten als den Abwurf von einem Flugzeug umgesetzt, so können Geschosse, die Streubomben enthalten, zum Beispiel auch von Artilleriegeschützen oder durch Raketenwerfer verschossen werden.

In großen Mengen wurden von verschiedenen Seiten Streubomben in den Kriegen in Korea, Vietnam, Afghanistan, im Kosovo, Libanon und an weiteren Kriegsschauplätzen eingesetzt.

Einsatz und Wirkung

Eine US-amerikanische Streubombe aus der Zeit des Koreakrieges, welche hauptsächlich zum Abwurf von Propagandamaterial genutzt wurde. Leicht modifiziert dienten diese Bomben auch dem Abwurf biologischer Kampfstoffe durch die USAF. Die geringe 'Erfolgsquote' der US-amerikanischen B-Waffen verhinderte ihren massenweisen Einsatz. [1]

Gegenwärtig ist die Streumunition eine der am meisten eingesetzten Luftabwurfwaffen und verdrängte damit die zuvor bei Massenabwürfen übliche Splitterbombe oder den großflächigen Einsatz von Napalm.

Der Einsatz von Streumunition findet vor allem gegen weiche Ziele (ungepanzerte Fahrzeuge, Infanterie, Luftabwehr-Systeme, Artillerie-Stellungen) oder Infrastruktur, wie Straßen und Landebahnen statt. Da die Waffe durch die vielen „Minibomben“ keinen eigentlichen Explosionsmittelpunkt besitzt, können die Bomblets auch hinter Deckungen oder in Schützengräben gelangen. Durch den sehr großen räumlichen Wirkungsradius erhöht sich die Effizienz der Waffe gegen großflächige Ziele, oder die Wahrscheinlichkeit kleine, bewegliche Ziele im angegriffenen Bereich zu treffen. Streumunition ist damit, rein militärisch betrachtet, eine der wirksamsten konventionellen Waffen, die aus der Distanz gegen Bodenziele eingesetzt werden können. Ihre Wirkungsweise enthält immer das Inkaufnehmen umfassender Kollateralschäden im Zielgebiet.

Auf eine der ursprünglichen Verwendungsformen, das Verminen ganzer Areale, wird von den meisten Armeen heutzutage bewusst verzichtet oder durch eine helle, auffällige Färbung der Submunition und/oder einen Selbstzerstörungsmechanismus, der die Mine innerhalb von 4–48 Stunden automatisch zur Explosion bringt, versucht, eine langzeitige Verseuchung von Einsatzgebieten zu vermeiden. Andere Streumunition wird gezielt gegen gepanzerte Fahrzeuge eingesetzt, da sie die relativ schwach gepanzerte Oberseite der Fahrzeuge auch mit kleinen Ladungen durchdringen kann.

Eine vor allem bei Flächenbombardements eingesetzte Variante ist die Brand-Streubombe, die Bomblets mit Napalm, Thermit oder ähnlichen Substanzen auf einer großen Fläche verteilen kann. Diese Bomben führten im Zweiten Weltkrieg zu schweren Bränden in bombardierten Städten, als sie in das Innere der Häuser fielen, deren Dächer bereits durch herkömmliche Bomben zerstört waren.

Während des Kalten Krieges entwickelten beide Seiten Streubomben, die zum Einsatz von verschiedenen biologischen[1] und chemischen Kampfstoffen geeignet waren. Wieviele dieser mittlerweile von den meisten Ländern geächteten Waffen sich in den Arsenalen befinden, ist unklar. Eine der bekanntesten ist die Aerosolbombe CBU-72 oder BLU-73/B, die von einem Fallschirm abgeworfen wurde.

In aktuellen militärischen Konflikten werden Streubomben meist in einer Mischung aus Explosiv-, Splitter- und panzerbrechender Ladung eingesetzt.

Gefährdung der Zivilbevölkerung

Ein US-amerikanisches BLU-3 Bomblet aus der Zeit des Vietnamkrieges.

Der Einsatz von Streumunition, insbesondere der Antipersonenvarianten, wird aus humanitären Gründen stark kritisiert, vor allem wegen der langzeitigen Bedrohung der Zivilbevölkerung durch die unkontrollierte Verteilung von Blindgängern im Zielgebiet. Allerdings werden von Kritikern der Streumunition in der Regel auch keine wirksamen Alternativen, wie Flächenabwürfe von Splitterbomben, Napalm oder Aerosolbomben befürwortet. Auch ein Vergleich der Kollateralschäden zwischen Streubomben und alternativen Einsatzmitteln kommt in der Diskussion fast nie vor.

Zwischen 5 und 30 % der Bomblets explodieren nicht beim Aufschlag, sondern bleiben als Blindgänger liegen und stellen, ähnlich wie Landminen, viele Jahre lang eine Gefährdung für die betroffene Zivilbevölkerung dar. Betroffen sind sehr oft Kinder, die die Bomblets wegen ihrer Form und leuchtenden Farbe für Spielzeug halten. Im Vergleich zu Landminen und Antipersonenminen ist bei Unfällen mit den Blindgängern solcher Bomblets besonders häufig eine Mehrzahl von Personen betroffen und eine im Durchschnitt höhere Todesrate festzustellen. Im Kosovo (1999), Afghanistan (2001–2002) und im Irak (2003) wurden zusammengenommen fast eine Million Streubomben eingesetzt, zu denen eine hohe, noch nicht abschließend ermittelte Anzahl im Libanon (2006) hinzukommt. Auch an den Schauplätzen der Indochinakriege, besonders in Laos und Süd-Vietnam, bleiben Blindgänger von Streubomben immer noch gefährlich. Neuentwicklungen im Bereich der Streumunition, wie die von der US Air Force eingesetzten Streubomben CBU-97 und CBU-105, verfügen allerdings über Selbstzerstörungsmechanismen, die die Rate der Blindgänger laut Angaben des Herstellers gegen Null senken und somit die Gefährdung der Zivilbevölkerung durch nicht detonierte Bomblets drastisch reduzieren. [2]

Der Anwendung dieser Waffen stellen sich viele Menschenrechtsorganisationen entschieden entgegen, darunter das Rote Kreuz, Human Rights Watch, Amnesty International, der Deutsche Initiativkreis für das Verbot von Landminen und Teile der Vereinten Nationen.[3][4] In der Cluster Munition Coalition (CMC) haben sich über 150 Organisationen weltweit gegen den Einsatz von Streumunition zusammengeschlossen – darunter die deutsche Sektion von Handicap International.[5] Als erstes Land verhängte Belgien im Februar 2005 ein Verbot von Streubomben; Norwegen erließ ein Moratorium gegen deren Einsatz und auch Frankreich und Österreich gelten als Gegner von Submunitionen. Auf Initiative der norwegischen Regierung fand am 22./23. Februar 2007 in Oslo die Oslo Conference on Cluster Munitions statt, gefolgt von Folgekonferenzen in Lima, Wien und Wellington zwischen Mai 2007 und Februar 2008. Bisher erklärten 78 Teilnehmerstaaten, einem Abkommen zur Ächtung von Streubomben beitreten zu wollen.

Am 19. Mai 2008 kamen Vertreter aus 111 Staaten zu einer weiteren Konferenz in Dublin zusammen.[6] Bis zum Monatsende wurde eine Konvention zur Ächtung der Produktion, Lagerung und Verwendung von Streumunition formuliert, die in einer abschließenden Sitzung am 3. Dezember 2008 in Oslo unterzeichnet werden soll. Allerdings nahmen die meisten Hauptproduzenten von Streumunition nicht an der Dubliner Konferenz teil. Einzig Großbritannien hatte sich zu einem vollständigen Verzicht von Streubomben bereit erklärt.[7] Auf Druck mehrerer NATO-Staaten, unter anderem von Deutschland, wurden Ausnahmeregelungen zugelassen, die gemeinsame Militäraktionen mit den Streitkräften von Staaten zulassen, die weiterhin den Einsatz von Streubomben befürworten. Dies sind im Wesentlichen Nationen, die den Status einer modernen Militärmacht innehaben: die Vereinigten Staaten, Israel, China und Russland.[8]
Anfang Juli 2008 ordnete das Pentagon an, dass nach 2018 „mindestens 99 Prozent der Sprengsätze einer Cluster-Bombe explodieren müssen“.[9]

Kosovo

Die NATO hat bestätigt, dass bei Einsätzen der NATO-Streitkräfte im Kosovo[3] insgesamt 1.392 Streubomben mit einer Bestückung von 289.536 Submunitionen an 333 Ziel- oder Abwurforten zum Einsatz kamen. Nach örtlichen Schätzungen sind pro Behälter zwischen 3 und 26 % der Submunitionen nicht explodiert, die NATO selbst geht von ungefähr 10 %, also 30.000 Sprengsätzen, aus. Bis zum Mai 2000 konnten unter UN-Aufsicht 4.069 dieser Blindgänger entschärft werden. Nach Angaben des Roten Kreuzes waren bis Ende Mai 2000 mindestens 50 Todesfälle und 101 Verletzungen auf Explosionen solcher Submunitionen zurückzuführen. Gefährdet ist die Bevölkerung nicht nur auf dem Land, da insgesamt 235 Bomben verschiedener Art, darunter auch Streubomben, über der Adria abgeworfen wurden. Bei einem Vorfall im Mai 1999, bei dem sich ein Bomblet in einem Fischernetz verfing, erlitten drei italienische Fischer Verletzungen.

Kroatien

Während des Kroatienkriegs wurden von serbischer Seite mehrere Streubomben mit dem Raketensystem „M-87 Orkan“ gegen die Innenstadt von Zagreb eingesetzt, wobei mindestens sieben Personen getötet und mindestens 160 ernsthaft verletzt wurden. Jede dieser Raketen enthielt 288 Splitter-Sprengsätze. Da der Einsatz der Streubomben zivilen Zielen galt, wurde der Anführer der Republik Serbische Krajina, Milan Martic, vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag deswegen als Kriegsverbrecher angeklagt und schuldig gesprochen.[10]

Afghanistan

Für Afghanistan wurden der UN bis Anfang Januar 2002 von den Streitkräften der Allianz 1210 Einheiten Streumunition gemeldet, die bestückt mit 244.420 Bomblets gegen 78 von insgesamt 103 Zielorten eingesetzt wurden. Die Zahlen zu den übrigen 25 Zielorten waren bis dato noch nicht bekannt.[11] Nach Angaben von Human Rights Watch haben auch die Streitkräfte der Taliban Streumunition mittels Raketenwerfern sowjetischer Bauart des Typs BM-21 eingesetzt.[12] Nach Angaben der UN-Organisation Mine Action Programme (MAPA) ist Afghanistan eines der am schwersten von Landminen und nicht detonierter Streumunition betroffenen Länder der Welt. Obwohl die MAPA dort zwischen März 1978 und Dezember 2000 mehr als 1,6 Millionen Blindgänger von früheren Kampfgebieten, Ackerbauflächen, Straßen und Wohngebieten entfernt habe, seien durch verbliebene Explosivkörper im gleichen Zeitraum mindestens 2812 Menschen getötet und tausende weitere verletzt worden.[11]

Irak

Während des Irakkrieges 2003 wurden Streubomben in großer Anzahl eingesetzt. Am 1. April 2003 seien nach einem Bericht von amnesty international in Hilla zahlreiche tote und verletzte Menschen ins örtliche Krankenhaus gebracht worden, ihre Körper übersät von Schnitten, die die Splitter von Streubomben hinterlassen hätten. Bis zu 10.000 der abgeworfenen Streubomben und deren Submunition liegen heute noch als Blindgänger in Städten, auf Anbaugebieten oder auf den Straßen im Irak.[13]

Libanon

Im Laufe des Libanonkrieges 2006 wurden von beiden kriegsführenden Parteien, Israel und der Hisbollah, Streubomben eingesetzt. Bei israelischen Luftangriffen im Libanon eingesetzten Streubomben wurden nach Angaben des Mine Action Co-Ordination Center of South Libanon (MACC SL) der Vereinten Nationen 378 Einschlagsgebiete ermittelt. Laut Human Rights Watch setzte die schiitische Hisbollah am 25. Juli Streubomben chinesischer Bauart vom Typ 81, ausgerüstet mit Splitterbomben vom Typ 90, ein.[14] Die israelische Armee gab bekannt, für die Minenräumung Karten mit den Abwurforten der Bomben zur Verfügung gestellt zu haben. Chris Clark, der Koordinator des UNO-Entminungsprogrammes, bezeichnete die Karten als unbrauchbar, da es sich lediglich um Satellitenkarten mit handschriftlichen vagen Markierungen handele. Wie dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel auf Anfrage durch einen hohen israelischen Regierungsbeamten bestätigt wurde, verfüge Israel über Karten mit den genauen Bomben-Zielkoordinaten, halte diese aber aus Geheimhaltungsgründen zurück.[15] Die MACCSL geht davon aus, den Schaden bis Ende 2007 behoben zu haben. Bis zum 19. Dezember 2006 verzeichnete MACCSL 26 Tote und 162 Verletzte durch Blindgänger von Streumunition im Südlibanon – darunter 22 Kinder unter 12 Jahren.[16] Die israelischen Streubombeneinsätze im Libanon, die nach einer Behauptung von Jan Egeland zu 90 Prozent erst während der letzten drei Tage der Luftangriffe kurz vor Inkrafttreten der UN-Resolution 1701 durchgeführt worden sein sollen, haben bei verschiedenen Vertretern und Organisationen der UN und bei Menschenrechtsorganisationen Kritik hervorgerufen.[17] Menschenrechtsgruppen und die Vereinten Nationen schätzen, dass während des 34-tägigen Kampfes etwa vier Millionen Bomblets gestreut worden sind, von denen eine Million noch nicht explodiert sind.[18] Sprecher der israelischen Regierung und Armee haben die Kritik zurückgewiesen und erklärt, Waffen und Munition im Libanon nur im Einklang mit dem internationalen Recht eingesetzt zu haben.[17]

Georgien

Während des Georgienkriegs im August 2008 wurde laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wahrscheinlich von beiden Seiten, d. h. der russischen und der georgischen Armee, Streumunition eingesetzt, wodurch 17 Zivilisten getötet und Dutzende verletzt wurden. Russland bestreitet den Einsatz von Streumunition im Georgienkonflikt. Sowohl Russland als auch Georgien wollen der Konvention über Streumunition (s. u.) nicht beitreten.[19]

Oslo-Prozess zur völkerrechtlichen Ächtung von Streumunition

Produziert werden Streubomben von 34 Nationen und gehören zur Bewaffnung der Streitkräfte von mindestens 23[20] Staaten. Dies sind unter anderem die USA, China, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Pakistan, Indien, Russland, die Schweiz sowie Israel.

Als erstes europäisches Land hat sich Belgien offiziell gegen Streubomben eingesetzt und verabschiedete ein Gesetz zum Verbot der Produktion, des Verkaufs und des Einsatzes von Streubomben. Im Dezember 2007 folgte Österreich als zweites Land. Das Parlament in Wien beschloss die Zerstörung der Streubomben in österreichischem Besitz im Zeitraum von drei Jahren ab dem Januar 2008. Am 28. Mai 2008 kündigte Großbritannien an, zukünftig ebenfalls auf Streubomben zu verzichten.[21]

Nach dem Vorbild der Kampagne gegen Landminen, die 1997 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde und ein völkerrechtliches Verbot von Landminen erreichte, wurde 2003 eine internationale Koalition von zivilgesellschaftlichen Gruppen ins Leben gerufen, um die Regierungen der Welt zu einem Verbot zu bewegen. Die Kampagne stellte insbesondere die zivilen Opfer und die über den Konflikt hinaus von Streumunition ausgehende Gefahr in den Mittelpunkt. Sie hatte insofern beachtlichen Erfolg, als die Regierung Norwegens im Februar 2007 zu einer internationalen Konferenz einlud, um Verhandlungen über ein Streumunition-Verbot zu initiieren.[22]

Dieser sog. Oslo-Prozess führte dann bereits im Mai 2008, bei einer weiteren Konferenz in Dublin, zu einer Einigung über den Text einer Konvention zum Verbot von Streumunition, der von 107 Staaten unterstützt wurde. Allerdings wird diese Konvention u. a. von den USA, Russland, China, Israel, Indien, Pakistan und Brasilien nicht mitgetragen.

Auch die EU-Staaten Griechenland, Finnland, Lettland, Polen, Rumänien und Zypern hatten bis Ende November Vorbehalte geltend gemacht oder zumindest ihre Unterzeichnung noch nicht zugesagt. Das Europäische Parlament forderte im November 2008 alle EU-Mitgliedsstaaten nachdrücklich dazu auf, die Konvention zu unterzeichnen und möglichst bald zu ratifizieren [23].

Vom 2.-4. Dezember 2008 findet wiederum in Oslo eine Signaturkonferenz[24] statt. Sobald 30 Staaten die Konvention ratifiziert haben, kann sie sechs Monate später in Kraft treten.

Als Reaktion auf die Einigung auf eine Konvention kündigte die deutsche Bundesregierung ebenfalls den sofortigen Verzicht auf diese Munition an. Noch vorhandene Bestände sollen schnellstmöglich vernichtet werden.[25] Allerdings konnte Deutschland zusammen mit anderen Nato-Staaten eine Ausnahme für sog. „Punktzielmunition“ durchsetzen. So fallen Streumunitionsarten, welche durch Selbstzerstörung bzw. begrenzte Wirkungsdauer (Trägersysteme mit Panzerabwehrmine DM 1274 AT2) verfügen, nicht unter das Verbot. Die Bundeswehr wird diese Systeme als Ersatz für die unter die Konvention fallende Munition beschaffen, hierfür sind bereits 280 Millionen Euro veranschlagt. Ein Beispiel für die intelligenten Submunitionsträger ist die Artilleriegranate SMArt 155 für die Panzerhaubitze 2000.[26] Die Bezeichnung dieser Form von Streumunition hat bereits in Deutschland zu einem Rechtsstreit geführt, da der Waffenhersteller vermeiden möchte, mit Streumunition in Verbindung gebracht zu werden.[27]

Siehe auch

Quellen

  1. a b Endicott, Hagerman: The United States and Biological Warfare - Secrets from the Early Cold War and Korea; ISBN 0-253-33472-1
  2. Textron Industries,Sensor Fuzed Weapons Textron Industries
  3. a b Mines Arms Unit, IKRK: Cluster bombs and landmines in Kosovo, August 2000, rev. Juni 2001
  4. Peter Strutynski,„Streubomben verstoßen gegen das internationale humanitäre Recht und die Genfer Konvention” AG Friedensforschung an der Uni Kassel
  5. Webseite der CMC
  6. Die Zeit: Streubomben-Verbot: Die wichtigsten Hersteller-Länder verhandeln nicht vom 19. Mai 2008.
  7. Die Presse: Großbritannien zum Verzicht auf Streubomben bereit vom 28. Mai 2008.
  8. Die Welt: Deutschland trägt Verbot von Streubomben mit vom 28. Mai 2008.
  9. Spiegel Online: „Pentagon ordnet höhere Detonationsrate an“, 8. Juli 2008
  10. „SUMMARY OF JUDGEMENT FOR MILAN MARTIĆ“
  11. a b AFGHANISTAN: UN to clear coalition cluster bombs, IRIN (Unabhängiger Nachrichtenservice des UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs), 2. Januar 2002, engl.
  12. Cluster Bombs in Afghanistan: Human Rights Watch Backgrounder, Human Rights News, Oktober 2001, engl.
  13. Irak/Der schreckliche Preis des Krieges amnesty international Deutschland, 19. August 2003
  14. Lebanon/Israel: Hezbollah Hit Israel with Cluster Munitions During Conflict
  15. Nutzlose Karten. Der Spiegel, 40/2006, S. 113
  16. Victims by Mines and Cluster Bombs after ceasefire MACCSL, 29. November 2006
  17. a b Schockierend und völlig unmoralisch taz vom 1. September 2006, S. 9
  18. Al Jazeera: „Israel rules cluster bomb use legal“ 24. Dezember 2007 (englisch)
  19. Human Rights Watch (Website), 4. Nov. 2008
  20. Österreich schafft Streubomben ab - International Herald Tribune
  21. Brown: Britain will scrap its cluster bomb stockpile “, The Times, 28. Mai 2008. 
  22. Streubomben.de, Website von Handicap International Deutschland, zuletzt abgerufen am 30. Nov. 2008
  23. Europa-Abgeordnete drängen Staaten zur Ächtung von Streubomben, Website des Europaparlaments (19. November 2008)
  24. Signaturkonferenz Website
  25. Tagesschau: Deutschland verzichtet ab sofort auf Streubomben vom 29. Mai 2008.
  26. http://www.sueddeutsche.de/,tt4l1/deutschland/artikel/918/177381/
  27. Silvio Duwe: Punktzielmunition trifft Pressefreiheit. In: Telepolis, 3. März 2009

Weblinks


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