- Codex Justinianus
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Der Codex Iustinianus gehört zu dem Gesamtwerk, das in der frühen Neuzeit den Namen Corpus iuris civilis erhielt. Die Sammlung wurde vom oströmischen Kaiser Justinian im Jahr 528 n. Chr. in Auftrag gegeben. Ein wichtiges Ziel dieses Herrschers war die Herstellung der Einheit des spätantiken römischen Rechtswesens. Zunächst sollte hierzu eine überarbeitete amtliche Sammlung der noch geltenden Kaiserkonstitutionen, die seit Hadrian (117-138) erlassen worden waren, und der neuen erstellt werden. Dies war der eigentliche Codex Iustinianus.
Inhaltliche Widersprüche zwischen klassischem römischen Recht, das in Latein verfasst wurde und seine Blüte im 2. und 3. Jahrhundert erlebt hatte, und der oströmischen, spätantiken Rechtspraxis des 6. Jahrhunderts stellten ein gewisses, aber nicht unüberwindliches Hindernis dar. Es sollte durch zusätzliche Ergänzungen der Kaiserkonstitutionen zu einer Gesamtkodifikation behoben werden. Um 530 war die Sprache der oströmischen Verwaltung und Rechtsprechung zwar noch immer Latein, doch nahm der Einfluss des Griechischen zu, weshalb Justinian nach 535 die meisten neuen Gesetze (Novellen) auf Griechisch veröffentlichte, damit diese für die Bevölkerung besser verständlich waren.
Neben der Übersetzung von Kaiserkonstitutionen ins Griechische wurden Schriften klassischer (römischer) Juristen, die Digesten, und ein Lehrbuch des römischen Rechts, die Institutionen, beigefügt. Diese Komponenten wurden durch Beseitigung bestehender Widersprüche inhaltlich verknüpft, sie gehörten aber nicht zum eigentlichen Codex. Ebenfalls nur beigefügt wurden die Novellen, leges novellae, die neue Regelungen, welche zumeist auf Griechisch verfasst wurden (sofern sie nicht primär lateinischsprachige Reichsteile betrafen), enthalten.
Federführend bei der Aktion war Justinians quaestor sacri palatii Tribonian, der von Rechtsgelehrten aus Beirut und Konstantinopel unterstützt wurde. Der auf Latein verfasste Codex Iustinianus ist uns nur in der revidierten Endfassung aus dem Jahre 534 bekannt (codex repetitae praelectionis). Die Erstfassung wurde bereits 529 vorgelegt, ist aber nicht erhalten. Der Codex besteht aus 12 Büchern: Buch 1 hat das Kirchenrecht zum Inhalt; Buch 2-8 das Privatrecht und Privatprozesse; Buch 9 befasst sich mit dem Strafrecht und mit Strafrechtsverfahren; Buch 10-12 befasst sich schließlich mit dem Verwaltungsrecht und dem Finanzrecht.
Der Codex bot eine zusammenfassende Darstellung der noch gültigen Kaisergesetze (Reskripte) von der Zeit des Kaisers Hadrian bis ins Jahr 534 und stellt damit zusammen mit dem etwa hundert Jahre älteren Codex Theodosianus die wichtigste Quelle sowohl für das klassische römische Recht als auch für die spätantike Rechtspraxis dar. Wichtig war, dass alle nicht in den Codex aufgenommenen Gesetze fortan ihre Gültigkeit verloren, während alle in ihm gesammelten Erlasse unmittelbare Gesetzeskraft zugesprochen bekamen. Wie stark die Kompilatoren dabei in den Wortlaut der älteren Gesetze und Reskripte eingriffen, ist umstritten; in jedem Fall strichen sie fast immer alles, was auf den konkreten Kontext einer gesetzlichen Regelung hingewiesen hätte, was die historische Auswertung der Gesetze oft erschwert.
Das Werk stellt den letzten Höhepunkt der römischen Rechtspflege dar und entfaltete seit dem Hochmittelalter, als die Hochschule von Bologna den Codex wiederentdeckte, eine enorme Wirkung, die bis heute anhält: Damals erlebten der Codex Iustinianus und die anderen Teile des Corpus Iuris in Westeuropa eine Renaissance, nachdem der Codex während der ausgehenden Spätantike und dem Frühmittelalter im Westen (wo der Codex Theodosianus ungleich einflussreicher gewesen war) wenig Bedeutung erlangt hatte.
Siehe auch
Literatur
- Hartmut Leppin: Die Gesetzgebung Iustinians - der Kaiser und sein Recht, in: Hölkeskamp, K.J. und Stein-Hölkeskamp, E. (Hrsg.): Erinnerungsorte der Antike. Die römische Welt, München 2006, S. 457-466. (Knappe Einführung auf dem neuesten Forschungsstand und mit weiterführenden Literaturangaben.)
Weblinks
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