Compuserve

Compuserve
CompuServe
Unternehmensform
Gründung 1969
Unternehmenssitz Columbus, Ohio
Branche Internet
CompuServe

CompuServe ist ein US-amerikanischer Online-Dienst, der in den 1990er Jahren ein wichtiger Wegbereiter für die Nutzung des Internets in Privathaushalten war. Heute gehört CompuServe zu AOL.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die CompuServe Inc. entstand 1969 als Compu-Serv Network in Columbus, Ohio und war eine Tochtergesellschaft der Versicherungsgruppe Golden United Corporation. Diese vermietete den von ihrer Muttergesellschaft neu erworbenen Computer bzw. dessen Rechenleistung an andere Unternehmen, um diesen als Einnahmequelle zu nutzen.

1970–1979

1970 entwickelte sich aus dieser Geschäftsidee ein Kommunikationsnetz, das 1979 unter dem Namen MicroNet der Vorgänger von CompuServe wurde. Dies war der erste Dienst, der Nutzern von PCs E-Mail-Dienste anbot. 1979 trat der Mathematiker und Computerwissenschaftler Maurice Cox in das Unternehmen ein und wurde zu einem der führenden Köpfe in dem Unternehmen.

1980–1989

Eine weitere grundlegende Neuerung war 1980 der Echtzeit-Chat, angeboten unter dem Namen CB-Simulator. 1980 kaufte eine der größten US-amerikanischen Steuerberatungsgruppen, die H&R Block Inc., CompuServe für 23 Millionen US-Dollar auf. Der Aufstieg von CompuServe ging durch die finanzstarke Muttergesellschaft und neuen Entwicklungen kontinuierlich weiter. Die Elektronik-Handelskette Tandy nahm das CompuServe Starter Kit in den 1980er-Jahren in das Sortiment auf und verkaufte davon jährlich 7.000 Stück. 1987 führte CompuServe das noch heute weit verbreitete Grafikformat GIF ein. 1989 nutzten 500.000 Mitglieder den Online-Dienst, und CompuServe begann mit der Expansion nach Europa.

1991–1998

Ab 1991 verzeichnete das Tochterunternehmen von „H&R Block Inc.“ einen weiteren enormen Aufstieg und erreichte die Mitgliederzahl von 1 Million. In diesem Jahr konnten auch deutsche Benutzer den Dienst nutzen. CompuServe unterhielt in Deutschland ein eigenes Knotennetz, das in mehreren deutschen Städten per Einwahl über Telefon genutzt werden konnte.

1993 wurde bereits ein Gewinn von 73 Millionen US-Dollar vor Steuern erwirtschaftet. Drei Jahre später hatte CompuServe über 4,5 Millionen Nutzer und wurde zum größten kommerziellen Onlinedienst der Welt. Das Unternehmen unterhielt an seinem Firmensitz 60 Rechner vom Typ DEC, die miteinander vernetzt und durch unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USV) geschützt waren. Das gesamte Verwaltungsgebäude in Columbus, wurde von der Abwärme der Rechner geheizt. Die Datenbestände von CompuServe beliefen sich 1996 auf mehr als 700 Gigabyte.

1997 verkaufte H&R Block das Unternehmen für 1,2 Milliarden US-Dollar an WorldCom. Diese wiederum verkaufte den reinen Online-Dienst-Bereich, ohne die weltweite Zugangstechnik bzw. die Netzknoten, 1998 an AOL. AOL Europe und die Bertelsmann AG hielten 1999 jeweils 50 Prozent des Unternehmens. Die Nutzerzahlen von CompuServe verringerten sich aber stetig, während AOL selber hinzugewann. Beide zusammen bildeten mit 21 Millionen Nutzern den weltweit größten Onlinedienst. Zudem war CompuServe der erste Internetdienstanbieter, der neben den gängigen Windows-Versionen (95, 98, 2000, NT, XP) und dem Macintosh-Betriebssystem auch ein automatisches Dial-In-Konfigurationstool für Linux anbot. Kurzzeitig war auch der CIM (CompuServe Information Manager) für OS/2 im Angebot, welcher aber immer nur sehr stiefmütterlich verbreitet wurde.

In Deutschland wurde CompuServe Anfang der 1990er-Jahre bekannt, durch die Verteilung von Installationsprogrammen auf CD-ROMs, die Fachzeitschriften beilagen, aber auch durch Angebote zahlreicher Unternehmen. So konnte der Nutzer den Leitartikel des Wochenmagazins Der Spiegel ab Sonntag einschließlich des aktuellen Titelbilds erhalten. Aber auch das Vobis-Forum, das Dr.-Neuhaus-Forum, das Microsoft-Deutschland-Forum, dpa-Pressemeldungen, die Reuters-Bilddatenbank, die deutsche Bahnauskunft und das Chip-Magazin-Forum trugen zur Etablierung bei und so belief sich die Zahl der Nutzer in Deutschland 1996 auf über 200.000. 1999 hatten AOL und CompuServe zusammen über 3 Millionen Nutzer in Deutschland.

nach 1998

AOL führte die neue Software „CompuServe 2000“ ein – ein AOL-Client, der statt auf AOL-Inhalte auf jene von CompuServe zugriff, technische Dinge wie E-Mail aber über AOL abwickelte. Die bestehende Software und der Zugriff via HMI wurde in „CompuServe Classic“ umbenannt. Auf die CompuServe-Foren wurde über das Internet (Webview der HMI-Foren) zugegriffen.

AOL richtete CompuServe stärker als Internetdienstanbieter aus und schloss die meisten Foren. Die meisten Forenbetreiber versuchten ihre bestehenden Foren zusammenzufassen, um so aus zwei bis drei nicht ganz rentablen Foren ein profitables zu machen. AOL schloss jedoch auch von diesen fast alle und eröffnete als Ersatz einige neue Foren. Die Erwartung, die Konzentration auf wenige neue Foren würde die bestehenden Communitys zusammenführen, erfüllte sich nicht. Die Nutzer der vorher bestehenden Foren verließen CompuServe, die verbleibenden reichten nicht, um die neuen Foren wirtschaftlich zu betreiben. Die deutschen Support-Foren wurden durch ein neues, welches nur noch über das Internet erreichbar war, ersetzt – die Nutzerzahlen von CompuServe Classic sanken weiter. Daraufhin wurden sämtliche deutschen Foren geschlossen und sämtliche Werbung für Classic eingestellt. Die Entwicklung in den anderen europäischen Ländern verlief – teilweise zeitversetzt – entsprechend.

CompuServe 2000 bewährte sich in Europa nicht und wurde komplett eingestellt. In den USA wurde „CompuServe 2000“ durch günstige Preise (Flatrate) und erhebliche Werbung ein Erfolg.

Zum 31. Juli 2008 wurden in Deutschland die verbleibenden Verträge gekündigt und der Online-Dienst eingestellt[1] Der Tarif „CompuServe Classic“, der technisch in den USA betreut wird, wird voraussichtlich am 30. Juni 2009 eingestellt. Dies wurde am 16. April 2009 Mitgliedern per Mail mitgeteilt. In der Schweiz betreibt Compuserve auch das Internet-Zugangsgeschäft weiter.

Wegbereiter des Internets

CompuServe war Anfang und Mitte der 1990er-Jahre einer der wichtigsten Wegbereiter des Internets in Deutschland. Durch eine auch für Laien zu installierende Zugangssoftware und eine transparente Preisgestaltung trug das Unternehmen maßgeblich dazu bei, die bis dahin überwiegend an Hochschulen betriebene Internetnutzung auch für Privatanwender attraktiv zu machen. Eigene Foren und ein integrierter E-Mail-Client boten neben dem reinen Internetzugang ein attraktives Angebot.

Während die Deutsche Telekom bis 1995 am veralteten BTX-System festhielt, wurde CompuServe der erste Massenanbieter von Internetzugängen in Deutschland. Der Internetzugang, zunächst nur als Dreingabe zu den beachtlichen eigenen Inhalten gedacht, brachte das Unternehmen schnell an die Spitze der Online-Bewegung. Die Nutzerzahl erreichte bald die Millionengrenze, obwohl es zunächst nur wenige Einwahlknoten gab, die für die meisten Nutzer über den seinerzeit sehr teuren Ferntarif der Telekom angewählt werden mussten. Die Zugangssoftware wurde kostenlos z. B. durch Computerzeitschriften verteilt, neue Nutzer erhielten ein Freistundenkontingent zum Testen.

Durch die nur CompuServe-Kunden zugänglichen Foren blieb das Unternehmen auch nach dem Siegeszug des WWW noch einige Zeit am deutschen Markt vertreten, wurde aber aufgrund einer verfehlten Preispolitik Ende der 1990er-Jahre von AOL und T-Online sowie kleineren Anbietern weitgehend aus dem Markt gedrängt .

Das „CompuServe-Urteil“

Der Name CompuServe ist in der Rechtsprechung zum Internet mit einem wichtigen Urteil verbunden: So hat das Landgericht München I 1999 in einem Urteil zugunsten von CompuServe entschieden, dass Internet-Provider nach dem IuKDG nicht für die über News-Server verteilten Inhalte verantwortlich gemacht werden können. Der entsprechende Leitsatz des Urteils lautete wörtlich:

„(2) Diensteanbieter sind für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nur dann verantwortlich, wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern.“

Grafikformat „CompuServe GIF“

1987 führte CompuServe das noch heute weit verbreitete Grafikformat GIF ein, bei dem Bilddaten relativ stark komprimiert werden. Aufgrund der geringen Übertragungsraten der damals zur Verfügung stehenden Modems war dieses eine sehr bedeutsame Innovation (die heute üblichen Formate JFIF und PNG wurden erst 1991 bzw. 1998 entwickelt). Weil in einer GIF-Datei mehrere Bilder gespeichert werden können und so erstmalig auch die Übertragung filmähnlicher Dateien möglich wurde, war GIF seinen damaligen Konkurrenten weit voraus. 1989 brachte CompuServe eine verbesserte GIF-Version heraus, die auch Transparenz zuließ.

Die schnelle Verbreitung von GIF war möglich, da CompuServe als Lizenzbedingung Softwareherstellern lediglich aufgab, seine Urheberschaft zu erwähnen. Dieses dürfte der Grund sein, warum noch heute viele Bildbearbeitungsprogramme für GIF den Namen „Compuserve GIF“ verwenden.

Während das Unternehmen selber heute auf dem Markt praktisch keine Rolle mehr spielt, ist das „Compuserve GIF-Format“ immer noch auf Millionen Webseiten gebräuchlich. Bis Oktober 2006 bestand allerdings die Gefahr möglicher Lizenzforderungen bei der Benutzung von GIF-Dateien, so dass speziell das PNG-Format als freie Alternative definiert worden war.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heise News vom 3. Juli 2008: CompuServe wird komplett eingestellt

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