Conditio-sine-qua-non-Formel

Conditio-sine-qua-non-Formel

Die Conditio-sine-qua-non-Formel (von lat. „conditio sine qua non“; klassisches Latein: „condicio sine qua non“ wörtlich: „Bedingung, ohne die nicht“) ist eine Methode in der Rechtswissenschaft und Rechtspraxis sowie der Philosophie, mit der festgestellt wird, ob ein Vorgang oder eine Handlung ursächlich für eine bestimmte Tatsache ist. Sie wird auch Äquivalenztheorie oder auch Bedingungstheorie genannt.

Definition

Die Conditio-sine-qua-non-Formel besagt, dass jeder Vorgang oder jede Handlung kausal ist, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfällt; er muss conditio sine qua non sein (im Plural: conditiones sine quibus non, etwa: 'sämtliche notwendigen Bedingungen').

Bedeutung

Die Beurteilung der Kausalität ist zum Beispiel von Bedeutung im Strafrecht und im Schadenersatzrecht. Bei Erfolgsdelikten kann nur bestraft werden, wer einen bestimmten Erfolg hervorgerufen hat. Für einen Schaden haftet grundsätzlich nur, wer ihn herbeigeführt hat. Es ist also häufig erforderlich, die Ursache einer bestimmten Folge festzustellen, um herauszufinden, ob der Tatbestand einer Rechtsnorm erfüllt ist.

Kritik und Einschränkungen

Die Formel ist umstritten, da der Erkenntnisgewinn gering ist: Um entscheiden zu können, ob der Erfolg entfällt, wenn man die Handlung hinwegdenkt, muss man bereits wissen, ob die Handlung kausal relevant ist für den Erfolg. Zumindest kann die Conditio-Formel einen Kausalzusammenhang evident machen und hat insofern Begründungswert. Für die Feststellung der Kausalität in schwierigen Fällen sind jedoch weitere Überlegungen und letztlich der Rückgriff auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse notwendig (etwa wenn es um die Ursächlichkeit eines Medikaments für bestimmte Schäden geht, wie etwa in den Conterganfällen).

In der Forschung wurden Fälle konstruiert, bei denen die klassische Formulierung zu versagen scheint. Der prominenteste davon ist das Theorem des Wanderers, der gleichzeitig von zwei Kugeln aus den Läufen der Gewehre zweier Jäger durchbohrt wird. Da jede Kugel einzeln hinweggedacht werden kann, ohne dass sich am Ableben des Wanderers etwas ändert, entfiele letztlich für beide Kugeln die Kausalität. In diesem Fall wird zu einer Hilfsformel für die sogenannte alternative oder Doppel-Kausalität gegriffen: Liegen mehrere Umstände vor, die alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfällt, so ist jeder für den Erfolg ursächlich.

Da die Ermittlung der Kausalität mittels der Conditio-sine-qua-non-Formel theoretisch zu einer uferlosen Weite kausaler Handlungen führt, muss die juristische Betrachtung eine haftungseinschränkende Korrektur vornehmen. Die Strafrechtswissenschaft bedient sich hierzu der Lehre der objektiven Zurechnung, wonach ermittelt wird, ob in der fraglichen Handlung eine Gefahr enthalten war, die sich im konkreten Erfolg verwirklicht hat. Die Zivilrechtswissenschaft geht demgegenüber anders vor und fragt mit der Adäquanztheorie, ob der Erfolgseintritt innerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegt, also adäquat ist. Zusätzlich wird die Haftung durch die Frage nach dem Schutzzweck der Norm begrenzt.

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