- Contrat Social
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Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes ist ein Werk der Politischen Philosophie des Schweizer Philosophen Jean-Jacques Rousseau. Es erschien 1762 in Amsterdam, wurde aber in Frankreich, den Niederlanden, in Genf und Bern sofort verboten.
Dieses Werk ist neben Montesquieus Vom Geist der Gesetze ein philosophisches Schlüsselwerk der Aufklärung. Beide Werke haben entschieden zum Verständnis moderner Demokratien beigetragen. Für Rousseau konnte die Grundlage einer legitimen politischen Macht allein auf dem allgemeinen Willen aller (volonté générale) und niemals auf einem Monarchischen Prinzip beruhen. Der Einfluss dieses Werkes auf die Französische Revolution ist nicht zu unterschätzen. Späterhin nahmen Soziologie und Politologie viele seiner Fragestellungen auf, so dass man Rousseau auch zu den Protosoziologen zählen darf.
Inhaltsverzeichnis
Einordnung
Rousseaus Werk geht von drei Grundannahmen aus: 1. Wie der Titel bereits ankündigt, Voraussetzung der menschlichen Gemeinschaft (frz l'état civil ) ist - im Gegensatz zum Menschen im Naturzustand (frz l’état de nature) - ein Vertrag (frz pacte social). 2. Grundlage dieses Vertrages ist der 'Gemeinwille' (frz. volonté générale), der nicht der Summe der Einzelinteressen entspricht, sondern absolut ist.[1] Er geht von allen aus und zielt auf das Wohl aller. [2] Gemeinwille und Gerechtigkeit fallen bei Rousseau zusammen. Sie haben ihren gemeinsamen Ursprung in der Vernunft und beruhen auf Gegenseitigkeit.[3] 3. Alle ordnen sich diesem Vertrag freiwillig unter.[4] Da der Gemeinwille unfehlbar ist, ist die freiwillige Zustimmung aller selbstverständlich. Rousseau schreibt vor allem mit seinem Begriff der volonté générale die transzendentale Staatsphilosohie Platons fort (Siehe Ideenlehre). Sein Entwurf eines Idealstaates unterscheidet sich so radikal von der politischen Wirklichkeit des Ancien Régime, dass das sofortige Verbot seiner Schrift keineswegs verwundert. Die Sprengkraft liegt vor allem darin, dass er keine Rechfertigung der Konstitutionellen Monarchie unternimmt, wie Locke und Montesquieu es noch versuchten. Rousseau baute sein utopisches Gemeinwesen auf das Prinzip der universellen Richtigkeit, die da heißt volonté générale. Sie besitzt ihre Gültigkeit jenseits von Rechten und Privilegien des Adels und Königshauses. Ändert man Rousseaus Begriffe nur minimal und ersetzt Vertrag durch Verfassung, Gemeinwille durch Mehrheitswille und die freiwillige Zustimmung aller zum Vertrag durch allgemeine, freie, gleiche und unbeeinflusste Wahlen, so erhält man die Grundprinzipien moderner Demokratien.
Inhalt Erstes Buch
Im ersten Buch erläutert Rousseau zunächst das Ziel seiner Arbeit: Er will herausfinden, ob es „legitime und sichere Regierungsprinzipien“ gibt. Er leugnet im ersten Kapitel, dass eine angeblich natürliche Ungleichheit zwischen den Menschen die politische Macht der einen über die anderen rechtfertigt: "Einer hält sich für den Herrn der anderen und bleibt doch mehr Sklave als sie. Wie ist dieser Wandel zustande gekommen? Ich weiß es nicht. Was kann ihm Rechtmäßigkeit verleihen? Diese Frage glaube ich beantworten zu können."[5]
Rousseau formuliert die Aufgabe, die er sich mit seinem Werk stellt, folgendermaßen: "Finde eine Form des Zusammenschlusses, die mit ihrer ganzen Kraft die Person und das Vermögen jedes einzelnen Mitglieds verteidigt und schützt und durch die doch jeder, indem er sich mit allen vereinigt, nur sich selbst gehorcht und genauso frei bleibt wie zuvor."[6]
Der Gesellschaftsvertrag ist grundlegende Voraussetzung für seine Argumentation: Eine Menge von Menschen, bis dato im sog. Naturzustand verweilend (hier orientiert sich Rousseau an den Ausführungen John Lockes in den Two Treatises of Government), schließt sich, da die Vorteile hierfür überwiegen, zu einer Gemeinschaft zusammen, indem sie ihre natürliche Freiheit, die sie bis dahin hatten, aufgeben zugunsten einer gesellschaftlichen Ordnung. Der Gesellschaftsvertrag bedeutet letztlich "die völlige Entäußerung jedes Mitglieds mit allen seinen Rechten an das Gemeinwesen als Ganzes"[7]. Es entsteht eine öffentliche Person, der Polis. Diese Gemeinschaft stellt ein untrennbares Ganzes dar. Jedes Mitglied dieser Gemeinschaft verpflichtet sich in zweierlei Hinsicht: Zum einen als Glied des Souveräns gegenüber dem Einzelnen und zum anderen als Glied des Staates gegenüber dem Souverän.
Zum besseren Verständnis führt Rousseau hier nun zunächst die verwendeten Begrifflichkeiten an: Mit Stadt bezeichnet man gleichsam lediglich Gebäude, Polis (oder Republik oder staatliche Körperschaft) hingegen bezeichnet die Bürger in einer Stadt. Die Glieder nennen die Polis, wenn sie passiv sind, Staat, wenn sie aktiv sind, Souverän. Die Gesamtheit der Mitglieder nennt sich Volk, der Einzelne Bürger, wenn er aktiv sich beteiligen kann, Untertan, wenn er passiv den Gesetzen des Staates unterworfen ist.
Der Souverän stellt eine Körperschaft dar, in der keines seiner Glieder verletzt werden kann, ohne dass diese selbst damit angegriffen wird, ebenso kann die Körperschaft nicht angegriffen werden, ohne dass ihre Mitglieder dies spüren würden. Dieses Verhältnis zwingt jedes einzelne Mitglied als solches und als Glied des Ganzen zum Erhalt der Körperschaft.
Das bedeutet, dass so kein der Körperschaft widersprechendes Interesse bestehen kann, und so ist eine Verbürgung des Souveräns gegenüber seiner Untertanen unnötig. Entscheidet sich jedoch ein Mitglied dafür, zwar nicht die Pflichten wahrzunehmen, die ihm als Bürger zukommen, wohl aber die Rechte zu nutzen, so bedeutet dies den Untergang der politischen Körperschaft. Rousseau zieht aus diesem Beispiel den Schluss, dass die Körperschaft berechtigt ist, dieses Mitglied zum Gemeinwillen zu zwingen, "was nichts anderes heißt, als das man ihn zwingt, frei zu sein"[8].
Rousseau unterscheidet hierauf zwischen der natürlichen Freiheit, "die ihre Schranken nur in der Stärke des Individuums findet", und der bürgerlichen Freiheit, "die durch den Gemeinwillen begrenzt ist, und den Besitz"[9]: Mit dem Erhalt der bürgerlichen Freiheit erhält der Mensch ein Recht an allem, was er besitzt, der Verlust der natürlichen Freiheit bedeutet den Verlust des damit verbundenen Rechts an allem, was er begehrt und bekommen kann.
Das Eigentumsrecht an dinglichem Besitz entsteht mit Einführung des Gesellschaftsvertrages und anhand des Rechts eines ersten Besitznehmers: Wenn der Anteil eines Menschen feststeht, so hat er diesen und keinen weiteren Anspruch an die Gemeinschaft. Sein Anteil definiert sich aus dem Recht, dass er alles haben muss, "was er braucht"[10].
Die Begründung des Rechts eines ersten Besitznehmers definiert Rousseau mit den entsprechenden Ausführungen von Locke: 1. Das in Besitz zu nehmende Gebiet ist nicht bereits bewohnt, 2. man nimmt nur soviel, wie man zum Unterhalt braucht und 3. man ergreift durch Arbeit und Anbau Besitz von dem Gebiet (zumal dies der einzige Ausweis von Eigentum ist).
In der staatlichen Körperschaft nun wird der gesamte Besitz an den Souverän übertragen, und der Einzelne gilt als Sachverwalter des Gemeinguts. Der Einzelne hat gleichsam seinen Besitz an die Öffentlichkeit und damit auch an sich abgetreten und erwirbt ihn wieder unter anderen Vorzeichen, doch zu vorteilhaften Konditionen, da das Gebiet nun gemeinschaftlich verteidigt wird.
Abschließend zum ersten Buch bemerkt Rousseau, dass die "sittliche und rechtliche Gleichheit" nicht die natürlichen Gleichheit zerstört, sondern den Menschen, die sich in Stärke und Begabung unterscheiden, "durch Vertrag und Recht"[11] zur Gleichheit verhilft. Rousseau ist der Ansicht, dass erst im bürgerlichen Stand die Vernunft eine Durchsetzungschance hat.
Literatur
- Rousseau, Jean-Jacques: Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts, Reclam, Stuttgart 1977, bibliographisch ergänzte Ausgabe 2003, ISBN 978-3-15-001769-2
- Rousseau, Jean-Jacques: Der Gesellschaftsvertrag. Textkritische Ausgabe. Übers. und Anmerkungen von Klaus H. Fischer, Schutterwald/Baden 2002
- Kersting, Wolfgang: Jean-Jacques Rousseaus >Gesellschaftsvertrag<, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2002
- Goldschmitt, Victor, Anthropologie et politique, Paris, 1974
- Masters, Robert, The political philosophy of Rousseau, Princeton, 1968
- Starobinski, Jean, La Transparence et l'Obstacle, Paris, 1971
- Rousseau, Jean-Jacques: Der Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechts, marix Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-86539-082-0
Weblinks
- Du contrat social (MetaLibri)
- http://www.textlog.de/rousseau_vertrag.html - Deutsche Übersetzung des Originaltexts
- Rousseaus Gesellschaftsvertrag in Kurzform
Anmerkungen
- ↑ "Il s'ensuit de ce qui précède que la volonté générale est toujours droite et tend toujours à l'utilité publique ... ." Edition électronique réalisée par Jean-Marie Tremblay, 2002, S. 24
- ↑ ”...que la volonté générale, pour être vraiment telle, doit l'être dans son objet ainsi que dans son essence; qu'elle doit partir de tous pour s'appliquer à tous;... .” Ebenda S. 26
- ↑ ”Sans doute il est une justice universelle émanée de la raison seule; mais cette justice, pour -être admise entre nous, doit être réciproque.” Ebenda S. 30
- ↑ "Il n'y a qu'une seule loi qui, par sa nature, exige un consentement unanime; c'est le pacte social: car l'association civile est l'acte du monde le plus volontaire; ... ." Ebenda S. 85
- ↑ Rousseau, Jean-Jacques: Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätze des Staatsrechts, Hrsg. u. Übers.: Brockard, Hans. Mitarb.: Pietzcker, Eva, Reclam, Stuttgart 1977, S. 5
- ↑ Ebenda S. 17
- ↑ Ebenda S. 17
- ↑ Ebenda S. 21
- ↑ Beide ebenda S. 22
- ↑ Ebenda S. 24
- ↑ Beide ebenda S. 26
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