Crimen laesae maiestatis

Crimen laesae maiestatis

Majestätsbeleidigung (Latein: crimen laesae majestatis) ist in einer Monarchie die vorsätzliche Beleidigung oder Tätlichkeit, die gegen einen regierenden Monarchen verübt wird. Im weiteren Sinn kann darunter modern auch die Beleidigung eines Staatsoberhauptes begriffen werden. Wenn etwa in Deutschland die Verunglimpfung des Bundespräsidenten nach § 90 StGB strafbar ist, so ist das Vorbild in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Majestätsbeleidigung zu suchen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtlicher Überblick

Blatt 43r aus der Bambergensis von 1507 mit Artikel 132

Wie auch die Antike, so stellt auch das Mittelalter die Majestätsbeleidigung unter Strafe, die sie als crimen laesae majestatis bezeichnet. 1199 wurde das Verbrechen der Häresie durch Papst Innozenz III. im Edikt Vergentis in senium dem Verbrechen der Majestätsbeleidigung gleichgesetzt, wodurch der Begriff Majestätsbeleidigung als Beleidigung Gottes auch im Kirchenrecht Fuß fasste. In der später verfassten Bambergensis von 1507 wird der Straftatbestand der Majestätsbeleidigung (weltliches Recht) in Artikel 132 behandelt:

Straff derjhenen / so die Romischen Keyserlichen oder koniglichen maiestat lestern.
(cxxxij) Item so einer Römische Keyserliche oder Königliche maiestat vnser allergenedigiste herren lestert / verbuendtnuß oder eynignug wider dieselben maiestat dermassen machet / das er damit zu latein genant Crimen lese maiestatis gethan hat / Sol nach sage der Keyserlichen geschriben recht an seinen eren / leben / vnd gut gestrafft werden / vnd in sölchem fall die vrteyler bey den recht gelertten / die rechtlichen satzung sölcher schweren straff erfaren / vnd sich mit jrer vrteyl darnach Richten.[1]

Im Zeitalter des Absolutismus, als der von Gottes Gnaden herrschende Monarch oft das Symbol des Staates selbst war, war die Majestätsbeleidigung, die dann der Aberkennung der vom Gesetz und Gott gegebenen Regierung gleichstand, ein Staatsverbrechen, das häufig mit der Todesstrafe geahndet wurde.

Im Deutschen Reich wurde nach dem Strafgesetzbuch von 1871 die Tat mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher Festungshaft, in minder schweren Fällen mit zeitlicher Zuchthaus- oder Festungsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft, die einfache Beleidigung mit Gefängnis von zwei Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Festungshaft bis zu fünf Jahren. Erst unter Kaiser Wilhelm II. wurde die Majestätsbeleidigung faktisch abgeschafft.

Es bestimmte § 95 Abs.1 des Reichsstrafgesetzbuchs:

„Wer den Kaiser, seinen Landesherrn oder während seines Aufenthalts in einem Bundesstaate dessen Landesherrn beleidigt, wird mit Gefängniß nicht unter zwei Monaten oder mit Festungshaft bis zu fünf Jahren bestraft.“

Auch heute bestehen in Monarchien besondere Straftatbestände wegen der Beleidigung des Monarchen. Allerdings sind die entsprechenden Strafmaße sehr unterschiedlich. In den Niederlanden z. B. wird nur noch in sehr gravierenden Fällen ein Strafverfahren eröffnet, und die Strafe ist im allgemeinen nur eine Geldbuße. In Thailand dagegen sind harte Strafen durchaus üblich. [2]

Majestätsbeleidigung und Zensur

Eine Majestätsbeleidigung kann auch durch beleidigende oder herabsetzende Schriften, Abbildungen oder allegorischen Anspielungen, z. B. in Romanen, Opern und Theaterstücken erfolgen. In der Geschichte war daher die Verfolgung von Majestätsbeleidigungen oft die Begründung für die Notwendigkeit einer Zensur.

Entsprechende Straftatbestände in Republiken

In Republiken ist an die Stelle der Majestätsbeleidung die Beleidigung des jeweiligen Staatsoberhaupts getreten, welche meist eine qualifizierte Form der herkömmlichen Beleidigung darstellt.

Bundesrepublik Deutschland

In der Bundesrepublik Deutschland ist die Verunglimpfung des Bundespräsidenten (§ 90 StGB) strafbar. Damit dieses Delikt verfolgt werden kann, muss der Bundespräsident die Strafverfolgungsbehörden zur Verfolgung ermächtigen.
Die Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter oder diplomatischer Vertreter ist (§ 103 StGB) besonders unter Strafe gestellt. Hierzu ist Voraussetzung, dass die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen zu dem betroffenen Staat unterhält, die Rechtsvorschrift dort auf Gegenseitigkeit trifft und dass die ausländische Regierung bei der Bundesregierung Strafverfolgungsantrag stellt (§ 103 StGB). (Stand: März 2005)

Österreich

In Österreich wird die Beleidigung des Bundespräsidenten als Offizialdelikt gem. § 115 StGB (Beleidigung) i.V.m. § 117 StGB (Berechtigung zur Anklage) geahndet. Während die herkömmliche Beleidigung nur mittels Privatanklage durch den in seiner Ehre Verletzten zu verfolgen ist, erfolgt die Ahndung der Beleidigung des Bundespräsidenten von Amts wegen. Der Bundespräsident hat jedoch die Ermächtigung zur Verfolgung zu erteilen. Die Strafdrohung liegt bei maximal drei Monaten Freiheitsstrafe.

Schweiz

Die Schweiz kennt lediglich die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes oder Diplomaten (Artikel 296/297 StGB) als besonderes Delikt (Stand 1980).

Weblinks

Quellen

  1. Artikel 132 der Bambergischen Peinlichen Halsgerichtsordnung, die inzwischen teilediert im Schwesterprojekt Wikisource eingesehen werden kann.
  2. http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Thailand/Sicherheitshinweise.html#t8, 24. Januar 2007
Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Crimen lese maiestatis — Majestätsbeleidigung (Latein: crimen laesae majestatis) ist in einer Monarchie die vorsätzliche Beleidigung oder Tätlichkeit, die gegen einen regierenden Monarchen verübt wird. Im weiteren Sinn kann darunter modern auch die Beleidigung eines… …   Deutsch Wikipedia

  • Crimen laesae majestatis — Majestätsbeleidigung (Latein: crimen laesae majestatis) ist in einer Monarchie die vorsätzliche Beleidigung oder Tätlichkeit, die gegen einen regierenden Monarchen verübt wird. Im weiteren Sinn kann darunter modern auch die Beleidigung eines… …   Deutsch Wikipedia

  • Crimen —   [lateinisch »Beschuldigung«] das, /...mina, römisches Recht: das Verbrechen. Crimen laesae maiestatis, gegen Ende der römischen Republik geschaffener Straftatbestand zum Schutze der »maiestas populi Romani«, der keine staatsfeindliche Absicht… …   Universal-Lexikon

  • Crimen (Römisches Recht) — crimen bezeichnete im Römischen Recht dasjenige Unrecht, das öffentlich geahndet wurde. Im strengen Sprachgebrauch wurde es vom zivilrechtlichen Unrecht (delictum) unterschieden. Bedeutung Das Wort stammt von gr. krinein, lat. cernere, scheiden,… …   Deutsch Wikipedia

  • Crimen — bezeichnete im römischen Recht dasjenige Unrecht, das öffentlich geahndet wurde. Im strengen Sprachgebrauch wurde es vom zivilrechtlichen Unrecht (delictum) unterschieden. Bedeutung Das Wort stammt von gr. krinein, lat. cernere, scheiden,… …   Deutsch Wikipedia

  • Majestätsbeleidigung — (lateinisch crimen laesae maiestatis) ist in einer Monarchie die vorsätzliche Beleidigung oder Tätlichkeit, die gegen einen regierenden Monarchen verübt wird. Im weiteren Sinn kann darunter modern auch die Beleidigung eines Staatsoberhauptes …   Deutsch Wikipedia

  • König Heinrich VII. — Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Kaiser aus dem Hause der Luxemburger. Zum römisch deutschen König Heinrich (VII.) aus dem Hause der Staufer siehe Heinrich (VII.) (HRR). Heinrich VII. (* 1278/79 in Valenciennes;[1] † 24. August 1313 in… …   Deutsch Wikipedia

  • lesemajesty — lese maj·es·ty also lèse ma·jes·té (lēzʹ măjʹĭ stē) n. pl. lese maj·es·ties or lèse ma·jes·tés 1. An offense or crime committed against the ruler or supreme power of a state. 2. An affront to another s dignity.   [Partial translation of French… …   Universalium

  • Inquisition — • By this term is usually meant a special ecclesiastical institutional for combating or suppressing heresy Catholic Encyclopedia. Kevin Knight. 2006. Inquisition     Inquisition      …   Catholic encyclopedia

  • Jesus von Nazaret — Jesus als Guter Hirte, frühchristliche Deckenmalerei in der Calixtus Katakombe in Rom, um 250 Jesus von Nazaret (aramäisch ישוע Jeschua oder Jeschu, gräzisiert Ἰησοῦς; * wahrscheinlich vor 4 v. Chr. in …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”