Curt W. Bondy

Curt W. Bondy

Curt Werner Bondy (* 3. April 1894 in Hamburg; † 17. Januar 1972) war ein deutscher Psychologe und Sozialforscher.

Bondy wuchs in Hamburg in einer großbürgerlichen jüdischen Familie auf. Er begann ein Medizinstudium und nahm als Sanitäter am ersten Weltkrieg teil. Danach studierte er Psychologie in Hamburg und promovierte dort 1921 über „Die Proletarische Jugendbewegung in Deutschland“. Er engagierte sich schon während des Studiums sozialpädagogisch, insbesondere im Gebiet der Strafvollzugsreform, und unternahm 1921/22 zusammen mit Walter Herrmann, ehemaligem Mitarbeiter von Karl Wilker, in der Jugendstrafanstalt Hahnöfersand bei Hamburg den „bis heute als bahnbrechend“ geltenden[1] ersten deutschen Versuch einer Reformierung des Jugendstrafvollzugs[2]. Dieser scheiterte an politischem Widerstand. 1923 wurde Bondy Leiter des Jugendgefängnisses in Eisenach. Parallel hierzu wurde er 1925 in Hamburg habilitiert und lehrte dann an der Universität Göttingen Sozialpädagogik als Lehrbeauftragter, später als Honorarprofessor. Zusammen mit Wilker und Herrmann gilt Bondy als „Vorkämpfer für die Erneuerung der Fürsorgeerziehung und die Pädagogisierung des Jugendstrafvollzugs“[3].

1933 wurde er aus diesen Positionen vertrieben, arbeite eine Zeit lang mit Martin Buber im Jüdischen Hilfswerk in Frankfurt a.M. und wurde 1936 von der Reichsvertretung der Deutschen Juden zum Leiter des Ausbildungslehrgutes Groß Breesen in Schlesien berufen, einer nicht-zionistischen Institution, die deutsche Jugendliche aus jüdischen Familien auf die Auswanderung vorbereitete.

Nach den Novemberpogromen 1938 wurde Bondy mit den andern Groß Breesenern ins KZ Buchenwald verschleppt, aus dem die meisten der Gruppe im Dezember mit internationaler Hilfe zur sofortigen Emigration entlassen wurden. Bondy hielt sich zuerst in England und Holland auf; 1939 konnte er in die USA emigrieren, wo er im Bundesstaat Virginia eine Professur für Psychologie erhielt.

1949 nahm er die Berufung auf die Professur für Psychologie der Universität Hamburg an. Er leitete dort das Institut für Psychologie bis zu seiner Emeritierung 1959 und trug wesentlich zur Angleichung des Studienganges an internationale Standards bei: er führte die Studienfächer „Sozialpsychologie“ und „Psychologische Methodenlehre“ ein und referierte in seinen Vorlesungen die damals noch weitgehend verfemte „Psychoanalyse“ S. Freuds. Unter Bondys Leitung wurden die ersten Intelligenztests für deutsche Erwachsene und Kinder standardisiert. Er initiierte an der Universität Hamburg den Studiengang „Sozialpädagogik“ und entwickelte ein Konzept des Ineinandergreifens von akademischer und praktischer Ausbildung an einer von ihm geschaffenen Erziehungsberatungsstelle, mit dem er die Entwicklung der klinischen Psychologie beeinflusste.

Inhaltsverzeichnis

Werke (Auswahl)

  • Pädagogische Probleme im Jugendstrafvollzug, 1925.
    • Neuausgabe mit einem Vorwort von Klaus Eyferth und einem Nachtrag von Jörg Ziegenspeck, Lüneburg: Verl. Ed. Erlebnispädagogik 1997 (Schriften-Studien-Dokumente zur Erlebnispädagogik, Bd. 18)
  • Bindungslose Jugend, München: Juventa 1952
  • Einführung in die Psychologie, Frankfurt a.M: Ullstein 1967, 16. Aufl 1990, zuletzt Köln: Anaconda 2007

Literatur

  • Werner T. Angress: Generation zwischen Furcht und Hoffnung. Jüdische Jugend im Dritten Reich, Hamburg: Christians 1985, ISBN 3-7672-0886-5 (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte. Beiheft 2)
  • Christine Dörner: Erziehung durch Strafe. Die Geschichte des Jugendstrafvollzugsvon 1871-1945, Weinheim und München 1991
  • Gertrud Herrmann: Die sozialpädagogische Bewegung der 20er Jahre, Weinheim 1956
  • Walter Herrmann: Das Hamburgische Jugendgefängnis Hahnöfersand. Ein Bericht über Erziehungsarbeit im Strafvollzug, Hamburg 1923. 2. Auflage Mannheim 1926. Neuausgabe mit einem Vorwort von Klaus Eyferth und einem Nachtrag von Jörg Ziegenspeck, Lüneburg 1997 (Schriften-Studien-Dokumente zur Erlebnispädagogik, Bd. 17)
  • Paul Probst: Geschichte des Fachbereichs Psychologie an der Universität Hamburg. In: K. Pawlik (Hrsg.): Bericht über den 39. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Bd. 2, Göttingen: Hogrebe 1995.
  • Bernhard Simonsohn (Hrsg.): Fürsorgeerziehung und Jugendstrafvollzug, Bad Heilbronn/Obb. 1969 (Klinkhardts pädagogische Quellentexte)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dörner: S. 93
  2. Herrmann
  3. Simonsohn, Rücktitel

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