Cyberstalking

Cyberstalking

Unter Stalking (deutsch: Nachstellung) wird im Sprachgebrauch das willentliche und wiederholte (beharrliche) Verfolgen oder Belästigen einer Person verstanden, deren physische oder psychische Unversehrtheit dadurch unmittelbar, mittelbar oder langfristig bedroht und geschädigt werden kann. Stalking ist in vielen Staaten ein Straftatbestand und Thema kriminologischer und psychologischer Untersuchungen.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Eine erste wissenschaftliche Definition erfolgte durch Zona et. al. (1993), welche Stalking als „obsessives und unnormal langes Muster von Bedrohung durch Belästigung gegen ein bestimmtes Individuum gerichtet“ bezeichnet.

Molley führte 1995 den Begriff „obsessives Verfolgen“ ein, um den psychiatrischen Aspekt hervorzuheben. Damit wurde zudem an die ursprüngliche Bedeutung in der Jagdsprache angeknüpft.

Pathe und Mullen (1997) sehen im Stalking eine „Verhaltenskonstellation, in der eine Person der anderen wiederholt unerwünschte Kommunikation oder Annäherung erzwingt“. Westrup (1998) nannte als Merkmale von Stalking: „Das Verhalten trifft mehrmals auf und zielt auf eine bestimmbare andere Person, es wird als unerwünscht und grenzverletzend wahrgenommen und kann Angst und Beklemmung auslösen.

Meloy (1998) wie auch Stieger, Burger und Schild (2008) verwenden folgende Definition: Um als Stalkingopfer kategorisiert zu werden, müssen mindestens zwei verschiedene, die Privatsspähre verletzende (intrusive) Verhaltensweisen berichtet werden, wobei diese mindestens 2 Wochen andauern und Angst auslösen mussten.

Begriffsgeschichte

Das englische Wort to stalk bedeutet in der Jägersprache „jagen, hetzen, steif gehen, stolzieren“ (aus dem Gälischen „stalc“ oder dem Substantiv „stalcaire“ = Jäger, Falkner). Im Englischen bedeutet to stalk unter anderem heranpirschen, jagen; daraus abgeleitet: verfolgen;. „Stalking“ bedeutet in der deutschen Sprache übertragen „Nachstellen, Verfolgen, Psychoterror“.

Mit dem Begriff Cyberstalking oder Cyber-Mobbing wird die Belästigung und das beharrliche Nachstellen einer Person unter Anwendung und Zuhilfenahme von modernen technischen Hilfsmittel wie Handy oder Internet beschrieben.[1]

Mögliche Stalking-Handlungen

Gemäß einer Handreichung zur Beratung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005) [2] erstrecken sich mögliche Handlungsformen von Stalkern auf:

  • Telefonanrufe, SMS, Nachrichten auf dem Anrufbeantworter, Sendungen von E-Mails zu allen Tages- und Nachtzeiten
  • „Liebesbezeugungen“ wie Liebesbriefe, Blumen, Geschenke
  • Bestellungen von Warensendungen im Namen des Opfers
  • Anwesenheit sowie das Verfolgen und Auflauern, zum Beispiel vor der Wohnung, dem Arbeitsplatz, dem Supermarkt
  • Falschbeschuldigungen, zum Beispiel gegenüber dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin
  • Ausfragen des Bekanntenkreises

Das Spektrum der so genannten Stalking-Verhaltensweisen kann in dramatischen Fällen über körperliche Gewalt bis hin zu Tötung reichen.

Körperliches Attackieren oder die Ausübung von körperlicher Gewalt kommen, nach einer Analyse der Technischen Universität Darmstadt in Zusammenarbeit mit dem Weißen Ring, in jedem fünften Fall vor. Seit dem 31. März 2007 wird das Nachstellen durch § 238 StGB unter Strafe gestellt und durch andere Gesetze, wie dem Gewaltschutzgesetz, ergänzt. Häufig sind es jedoch die eher „leichten“ Stalking-Handlungen, wie etwa das Telefonieren oder das Sich-Aufhalten in der Nähe des Opfers, die den überwiegenden Anteil aller Handlungen ausmachen. Aber bereits diese „leichteren“ Formen des Stalkings können beim Opfer psychische und physische Reaktionen hervorrufen, die sich mit Dauer des Stalkings entsprechend steigern und individuell zu ernsthaften Erkrankungen führen und sich bis zur Arbeitsunfähigkeit entwickeln können.

Täter-Opfer-Beziehung

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Wie ein Jäger sammelt ein Stalker Informationen über sein Opfer, um es zu stellen zu können. Dabei sind aber nicht nur die einzelnen, nachstellenden Handlungen des Täters von Bedeutung, sondern im Besonderen das psychologische Verhältnis zwischen Täter und Opfer. Das unterscheidet das Stalking von anderen, die Selbstbestimmung eines Menschen einschränkenden Handlungen.

Auch wenn jeder Mensch Opfer von Stalking werden kann und sich Opfer und Täter nicht notwendigerweise kennen müssen, sind nach bisherigen Erkenntnissen am häufigsten Personen betroffen, die eine Beziehung oder Ehe mit dem Täter beendet oder einen Beziehungswunsch des Täters zurückgewiesen haben. Aber auch Berufsgruppen mit Kundenverkehr, Patienten oder Klienten können Opfer eines Stalkers werden, wenn dieser sich selbst als Opfer einer Beratung, einer Behandlung oder eines Rechtsstreites oder ähnlichem sieht. Ebenso können Konkurrenten in einer speziellen Sparte oder Rivalen, die eine Niederlage nicht verkraften, zu Stalkern werden. Und auch wenn das Phänomen des Stalkings bei Prominenten zuerst aufgefallen ist, so scheinen diese nicht die Mehrheit der Opfer auszumachen.

Täter scheinen meist ehemalige Beziehungspartner oder abgewiesene Verehrer zu sein, aber auch Arbeitskollegen und Nachbarn befinden sich häufig darunter. In einigen Fällen ist dem Opfer der Täter aber überhaupt nicht bekannt und gehört auch nicht zum näheren persönlichen, beruflichen oder wohnlichen Umfeld. In manchen Fällen spielt das Phänomen der Übertragung eine Rolle, wenn ein Täter für empfundene seelische oder körperliche Verletzungen ein Opfer stellvertretend büßen lässt, weil es bestimmte Merkmale aufweist, die für ihn im Bezug zum eigenen Schicksal stehen. Ein Teil der Täter weist erhebliche psychische Erkrankungen auf, wobei das Stalken selbst kein anerkanntes Krankheitsbild darstellt.

Zu Geschlecht und sozialer Herkunft typischer Stalking-Täter und Opfer gibt es bislang nur erste, nicht repräsentative Studien. Anhand derer Ergebnisse wird vermutet, dass in der überwiegenden Mehrheit der leichteren Stalkingfälle (die etwa 97 % ausmachen) Männer als Täter gegenüber Frauen nur leicht überwiegen (60:40). In den etwa 3 % ausmachenden schweren Stalkingfällen, in denen es zur Anwendung körperlicher Gewalt kommt, sollen Männer als Täter dominieren und Frauen mit über 80 % die Mehrheit der Opfer sein. Nach einer US-amerikanischen Studie wurden acht Prozent der amerikanischen Frauen und zwei Prozent der Männer im Laufe ihres Lebens schon einmal von einem Stalker verfolgt.

Bei der Interpretation dieser Zahlen sind jedoch die Schwierigkeiten der empirischen Erfassung des Tatgeschehens zu berücksichtigen. Neben der fehlenden einheitlichen Definition des Stalking-Begriffes fällt es den Beteiligten an so genannten Beziehungstaten erfahrungsgemäß schwer, sich offen darüber zu äußern.

Psychologische Einteilung der Täter

Die australischen Wissenschaftler Mullen, Pathe und Purcell teilen die Stalker in sechs Gruppen ein, ausgehend von deren Motivation und Beziehungsverhältnis:

Gruppe Motivation Beziehungsverhältnis
1 Zurückgewiesene Stalker Gefühl der Demütigung, Zurückweisung unter anderem meist Ex-Partner / Freunde
2 Beziehungssuchende Stalker Fehlwahrnehmungen der Beziehungsbereitschaft des Opfers, häufig Liebeswahn Persönliches und weiteres Umfeld des Opfers
3 Intellektuell retardierte Stalker Ungenügende Sozialkompetenz, überschreiten Grenzen Persönliches und weiteres Umfeld (Nachbarschaft)
4 Rachsüchtige Stalker sehen sich durch ihre gestörte Persönlichkeit fälschlicherweise selbst als Opfer oder bilden sich ein, Opfer der Personen zu sein, denen sie nachstellen; Hilfe, die sie bekommen, nutzen sie zur fortgesetzten Rache und Befriedigung aus temporäres Umfeld (beispielsweise Arzt oder Rechtsanwalt als Opfer, jedermann im Umfeld des Opfers)
5 Erotomane, morbide, krankhafte Stalker Kontrolle/Dominanz - meist psychopathische Persönlichkeit Persönliches und weiteres Umfeld (Nachbarschaft)
6 Sadistische Stalker Gefühl der Befriedigung Persönliches und weiteres Umfeld

Quelle: Mullen, P. E., Pathé, M. & Purcell: „Stalkers and their victims“, Cambridge University Press, Cambridge

Gesundheitliche und soziale Folgen

Ein Großteil der Opfer leidet unter vegetativen Erscheinungen, wie etwa Unruhe (Schreckhaftigkeit), Kopfschmerzen, Angstsymptomen, Schlafstörungen und Magenbeschwerden und der daraus resultierenden geistigen und körperlichen Erschöpfung. Viele sind schnell gereizt und reagieren dann situationsbedingt unbegründet aggressiv. Ein nicht geringer Teil der Opfer leidet unter depressiven Verstimmungen, einige darunter unter Depressionen.

Vor allem bei Opfern, denen aufgelauert wird, oder die körperlich verfolgt werden, zeigen sich rasch tendenziell reaktive Verhaltensmuster, wie etwa Vermeidungsverhalten, Abkapselung (Vereinsamung) oder Kontrollverhalten. So, wie der Täter auf sein Opfer fixiert ist, ist durch die als lästig und als unberechenbare Bedrohung empfundene Situation auch das Opfer auf den Stalker fixiert.

Nach langer und intensiver Verfolgung kann in seltenen Fällen eine posttraumatische Belastungsstörung auftreten, wie sie vergleichsweise bei Soldaten nach unmenschlichen Kriegserlebnissen vorkommen kann, die diese psychisch nicht verarbeiten konnten.

Um den gesundheitlichen und sozialen Folgen des Stalkings gezielt entgegenwirken zu können, ist es empfehlenswert sich frühzeitig helfen zu lassen.

Am 23. April 2008 hat in Berlin die erste Beratungsstelle für Stalker ihren Betrieb aufgenommen.[3]

Fallzahlen

Deutschland

Für das Jahr 2007 wurden in der Polizeilichen Kriminalstatistik für Deutschland 11.401 Fälle mit dem Tatvorwurf der Nachstellung gem. § 238 StGB erfasst, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Vorschrift erst am 31. März 2007 in Kraft trat. Dies entspricht einer Häufigkeit von 13,9 Fällen/100.000 Einwohner. Bei 14 Fällen wurden Schusswaffen mitgeführt, wobei in 4 Fällen geschossen wurde. Die Aufklärungsquote beträgt 88,4 %, d.h. 9.389 erfasste Fälle konnten aufgeklärt werden. Nichtdeutsche Tatverdächtige haben einen Anteil von 16,6 %.[4]

Österreich

Im Jahre 2008 wurde von der Universität Wien eine Studie (Stieger, Burger, & Schild, 2008) durchgeführt, in der 11% der Teilnehmer im Laufe ihres bisherigen Lebens als Stalkingopfer identifiziert werden konnten.[5][6] Weitere Ergebnisse der Studie: Die Stalkingopfer bestanden hauptsächlich aus Frauen (86%), die Stalker jedoch aus Männern (81%). Frauen wurden in den meisten Fällen von Männern gestalkt (88%). Männer hingegen wurden fast zu gleichen Teilen von Männern und Frauen gestalkt (60% männliche Stalker). 19% der Stalkingopfer gaben an, dass sie zum Zeitpunkt der Studie noch immer gestalkt wurden, was einer Punktprävalenzrate von 2% entspricht. 70% der Stalkingopfer kannten den Täter, der in 40% der Fällen ein früherer Intimpartner war, in 23% ein Freund oder Bekannter und in 13% ein Arbeitskollege. Als Konsequenz auf das Stalking, gaben 72% der Opfer an, dass sie ihren Lebensstil geändert haben. 52% aller Stalkingopfer hatten bezüglich ihres psychologischen Wohlbefindens Werte im pathologischen Bereich. Bei einem Vergleich der Anzahl der Stalkingfälle im ländlichen und im städtischen Bereich, gab es keine signifikanten Unterschiede.

Rechtliche Aspekte

Deutschland

Gegenwärtige Gesetzeslage

Mit Gesetz vom 22. März 2007, in Kraft getreten am 31. März 2007, wurde in das deutsche Strafgesetzbuch der Straftatbestand der „Nachstellung“ eingeführt (§ 238 StGB). Eine einfache Nachstellung wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Höhere Strafrahmen gelten, wenn der Täter eine Lebensgefahr schafft oder die Tat ein Todesopfer gefordert hat. In letzteren Fällen gelten aufgrund des gleichzeitig geänderten § 112a StPO geringere Anforderungen an die Untersuchungshaft. Die einfache Nachstellung wird nur auf Antrag verfolgt (§ 238 Abs. 4 StGB), wenn nicht die Staatsanwaltschaft im konkreten Fall ein besonderes öffentliches Interesse annimmt. Auch bei Vorliegen eines Antrages verfolgt die Staatsanwaltschaft die Tat nur, wenn sie ein öffentliches Interesse bejaht (§ 376 StPO, mit Möglichkeit der Nebenklage, § 395 Abs. 1 Nr. 1 lit. e StPO); im übrigen ist die verletzte Person auf den Weg der Privatklage verwiesen (§ 374 Abs. 1 Nr. 5 StPO).

Strafrechtliche Praxis

Opfer von Stalking haben die Möglichkeit, bei Gericht Schutzanordnungen gegen den Stalker zu erwirken, die auf Grundlage des Gewaltschutzgesetzes erlassen werden können und beispielsweise aus der Anordnung bestehen können, sich der Wohnung des Opfers nicht zu nähern. Ein Beispiel aus der obergerichtlichen Spruchpraxis dazu ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 2. Oktober 2007. Nach dieser reicht es für eine Anordnung nach dem GewSchG bereits aus, wenn das Opfer über einen Zeitraum von etwa 10 Minuten am Verlassen der Wohnung gehindert wird.[7]

Soweit auf Grundlage des Gewaltschutzgesetzes eine Unterlassungsverfügung gegen einen Stalker erlassen wird und dieser gegen die in der Verfügung festgelegten Verbote verstößt, stellt dieser Verstoß ein strafbares Verhalten nach § 4 Gewaltschutzgesetz dar. Streng genommen handelt es sich dabei dann nicht um die Strafbarkeit von Stalking an sich, sondern vielmehr um die Strafbarkeit wegen Missachtung einer gerichtlichen Anordnung. Schon in den 1970er Jahren gingen die Gerichte gegen Telefonterror vor.[8]

Entwicklung

Im August 2005 hatte das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der einen neuen § 241b für das Strafgesetzbuch (StGB) vorsah.[9]

Die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes wurde 2005 kontrovers diskutiert, da man der Ansicht war, die bestehenden Gesetze würden den Betroffenen ausreichende Möglichkeiten zur Strafverfolgung bieten. Vielmehr sollten die bestehenden straf-, zivil- und polizeirechtlichen Möglichkeiten konsequenter angewendet werden. Außerdem wurde konkrete Kritik am dargestellten Gesetzesentwurf geübt, beispielsweise hinsichtlich der Verfassungskonformität infolge der Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe. Der Gesetzesentwurf zu § 241 b Strafgesetzbuch fiel mit dem vorzeitigen Ende des Bundestages der Diskontinuität anheim.

2006 wurde ein neuer Gesetzentwurf zum Stalking unter § 238 StGB im Bundestag eingebracht, der Ende 2006 im Bundestag und im Februar 2007 im Bundesrat verabschiedet wurde. Hier sind Freiheitsstrafen für die Täter bis zu 10 Jahren vorgesehen, je nach Auswirkung der Tat auf das Opfer. Durch eine Änderung des § 112a StPO (Wiederholungsgefahr als Haftgrund) wird ein besserer Schutz der Opfer möglich sein.

Der § 238 StGB lautet wie folgt:

(1) Wer einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich
1. seine räumliche Nähe aufsucht,
2. unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht,
3. unter missbräuchlicher Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen,
4. ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht, oder
5. eine andere vergleichbare Handlung vornimmt,
und dadurch seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahestehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Rechtliche Mittel

Das Problem „Stalking“ trat bei Gerichten, Staatsanwälten und der Polizei erst langsam ins Bewusstsein. Häufig wurden Opfer nicht ernstgenommen. Auf der anderen Seite waren Polizei und Staatsanwaltschaft bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes aufgrund fehlender gesetzlicher Grundlagen häufig in ihrem Handlungsspielraum beschränkt.

In den USA ist das Phänomen Stalking weitaus bekannter als in Deutschland. Es existieren nur wenige Kliniken, die sich auf die Behandlung von Stalkern spezialisiert haben. Ein durchschnittlicher Stalkingfall dauert etwa ein Jahr. Es sind Fälle bekannt, wo ein Stalker sein Opfer zehn Jahre belästigte. Oft hatten Stalker und Opfer eine mittel- oder langfristige Liebesbeziehung vor Beginn des Stalkings.

Täter können in Deutschland unter Voraussetzung des § 112 a StPO (Haftgrund Wiederholungsgefahr) in Untersuchungshaft genommen werden. Dies bietet unter den engen Voraussetzungen des § 112 a StPO einen verbesserten Schutz der Opfer vor Wiederholungstätern. Damit wird die Untersuchungshaft auch weiterhin für verfahrensfremde Zwecke angeordnet.

Ein Opfer hat nach beispielsweise der polizeilichen Anzeigenerstattung die Möglichkeit sich nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) eine oder mehrere Schutzanordnungen in der Regel beim zuständigen Amtsgericht zu erwirken.

Eine entsprechende Schutzanordnung nach § 1 Abs. 1 GewSchG stellt die Zuwiderhandlungen gegen die persönliche Freiheit und Unversehrtheit unter Strafe, sofern ein Vorsatz begründet ist. Diese können je nach Verhältnismäßigkeitsgründen aufgrund des Wortes „insbesondere“ im § 1 Abs. 1 S. 3 GewSchG auch unbefristet sein, entgegen einer rein zivilrechtlichen Schutzanordnung nach § 794 ZPO. Diese ist in der Regel auf 1 Monat befristet und wird nur auf Antrag des Opfers verlängert entgegen einer Anordnung aus dem GewSchG.

Ein Verstoß gegen § 794 ZPO stellt lediglich eine Ordnungswidrigkeit dar, wogegen ein Verstoß gegen eine Anordnung des GewSchG eine Straftat darstellt und weitere strafrechtliche Maßnahmen gegen den Täter eröffnet.

Entsprechende Schutzanordnungen nach § 1 II GewSchG richten sich in erster Linie gegen die Rechtsgutverletzungen Bewegungsfreiheit, Eigentum und Besitz.

Im weiteren werden durch die Formulierungen „insbesondere“ sämtliche Formen des Betretens, Annäherns, Kontaktaufnahme, auch gegenüber Dritten sowie eigenen Rechtsgütern unter Strafe gestellt. Hiervon sind also Handlungs-, Unterlassungs- und Verhaltensformen, sowie alle Räumlichkeiten erfasst.

Repräsentative Auswertungen von Erfahrungen mit der gerichtlichen Bestrafung wegen Verstößen das GewSchG liegen noch nicht vor.

Nach derzeitigem Erkenntnisstand der Polizeiarbeit scheint sich die sogenannte Gefährderansprache gegenüber unmittelbar betroffenen Tätern zu bewähren, da nach Auswertung mehrerer Studien, unter anderen der Darmstädter Studie, eine staatliche Reaktion innerhalb der ersten 48 Stunden eine nachhaltige und zu 80% beendende Wirkung beim Täter hinterlässt, da er mit seinem Handeln aus der Anonymität herausgeholt wird und ihm die rechtlichen und tatsächlichen Grenzen seines Handelns aufgezeigt und angedroht werden. Diese sind dem Täter, der sich in vielen Fällen selbst in der Opferrolle wähnt, oft nicht, oder nicht in diesem Ausmaß, bekannt.

Es ist jedoch auch möglich, dass die Gefährderansprache die aktuelle Gefährdung für das Opfer noch steigert, da jetzt dem Stalker offenbar wird, dass das Opfer staatliche Stellen eingeschaltet hat. Es ist deshalb wichtig, den Stalker nach der Ansprache weiterhin zu beobachten oder durch Einbindung anderer Beratungsstellen zu begleiten. Die Gefährderansprache selbst bietet insbesondere dem Polizeibeamten, der eine Gefährdungseinschätzung vornehmen muss, die Möglichkeit weitere Informationen über den Täter (Gemütszustand, Motivation) zu gewinnen und weiteres Vorgehen strukturiert zu gestalten. Insbesondere ist das Opfer über die Gefährderansprache zu informieren.

Österreich

In Österreich ist seit dem 1. Juli 2006 Stalking durch die Einführung des Straftatbestandes beharrliche Verfolgung § 107a StGB strafbar. Der Strafrahmen beträgt bis zu einem Jahr Haft.

Um den Tatbestand der beharrlichen Verfolgung zu erfüllen, muss der Täter das Opfer in einer Weise verfolgen, die objektiv geeignet ist, dessen Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen. Als Stalkinghandlungen zählt das Strafgesetzbuch die persönliche Kontaktaufnahme, die Kontaktaufnahme via Tele- oder sonstiger Kommunikationsmittel oder durch Dritte auf. Auch die Weitergabe von personenbezogenen Daten ist ein Vergehen iSd. § 107a StGB, wenn damit Waren oder Dienstleistungen im Namen des Opfers bestellt werden oder Dritte veranlasst werden, mit dem Opfer Kontakt aufzunehmen.

Erforderlich ist, dass zumindest eine der aufgezählten Handlungen eine längere Zeit hindurch fortgesetzt wird und die Handlung nach dem 1. Juli 2006 begangen wurde. Die Tatbestände des § 107a StGB sind Offizialdelikte, das heißt die Staatsanwaltschaft hat unabhängig von der Einwilligung des Opfers aktiv zu werden. Lediglich § 107a Abs. 2 Z. 2 StGB - Kontaktaufnahme im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines sonstigen Kommunikationsmittels oder über Dritte - stellt ein Antragsdelikt dar. In diesem Falle bedarf es einen Antrags des Opfers, damit die Sicherheitsbehörden tätig werden können.

Zum Schutz vor weiteren Eingriffen in die Privatsphäre, kann auf dem zivilrechtlichen Weg, auf Antrag des Opfers, dem Stalker per einstweiliger Verfügung durch das Gericht unter anderem untersagt werden, mit dem Opfer Kontakt aufzunehmen, es zu verfolgen, sich an bestimmten Orten aufzuhalten oder Waren für das Opfer zu bestellen. Diese Verfügung gilt maximal für ein Jahr und wird zum Teil durch die Polizei sowie durch Geld- bzw. Haftstrafen (Exekutionsantrag an das Bezirksgericht) vollzogen.

Schweiz

In der Schweiz gibt es für Stalking noch keinen eigenen Straftatbestand. Strafrechtlich kann gegen den Täter erst dann vorgegangen werden, wenn andere strafbare Delikte wie unter anderem Nötigung, Drohung, Belästigung, oder Tätlichkeit begangen werden. Mit dem am 1. Juli 2007 neu inkraftgetretenen Art. 28b des schweizerischen ZGB gibt es ein weiteres wirksames Mittel gegen Stalking.

Art. 28b Abs. 1 ZGB:

Zum Schutz gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen kann die klagende Person dem Gericht beantragen, der verletzenden Person insbesondere zu verbieten:

1. sich ihr anzunähern oder sich in einem bestimmten Umkreis ihrer Wohnung aufzuhalten;

2. sich an bestimmten Orten, namentlich bestimmten Straßen, Plätzen oder Quartieren, aufzuhalten;

3. mit ihr Kontakt aufzunehmen, namentlich auf telefonischem, schriftlichem oder elektronischem Weg, oder sie in anderer Weise zu belästigen.

Siehe auch

Literatur

Sachbücher, Aufsätze

  • Julia Bettermann: Falsche Stalking-Opfer? Das Falsche-Opfer-Syndrom in Fällen von Stalking. Verlag für Polizeiwissenschaft, 2005, ISBN 978-3-935979-62-7 (rezensiert von Sönke Gerhold, Neue Kriminalpolitik 2006, Seite 117 bis 119)
  • Julia Bettermann und Moetje Feenders: „Stalking, Möglichkeiten und Grenzen der Intervention“, Verlag für Polizeiwissenschaft 2004. ISBN 3-935979-36-3 (rezensiert von Sönke Gerhold, Neue Kriminalpolitik 2006, Seite 117 bis 119)
  • Petra Drawe und Heike Oetken: Stalking. Eine Herausforderung für die Sozialarbeit. Lang, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53900-2
  • Sebastian Buß: Der Weg zu einem deutschen Stalkingstraftatbestand - § 238 StGB. Hamburg: Verlag Dr. Kovac, 2008, ISBN 978-3-8300-4008-8
  • Harald Dreßing und Peter Gass: „Stalking!“. Verlag Hans Huber 2005, ISBN 3-456-84196-5
  • Sandra Fiebig: Stalking. Hintergründe und Interventionsmöglichkeiten. Tectum Verlag 2005. ISBN 3-8288-8876-3
  • Peter Fiedler: Stalking. Opfer, Täter, Prävention, Behandlung. Beltz Psychologie Verlags Union 2006, ISBN 3-621-27588-6
  • Nikolaos Gazeas: Der Stalking-Straftatbestand – § 238 StGB (Nachstellung). In: Juristische Rundschau (JR). Jg. 2007, H. 12, S. 497–505.
  • Sönke Gerhold, Der neue Stalking-Tatbestand; ein erster Überblick, Neue Kriminalpolitik 2007, Seite 2 bis 4
  • Jens Hoffmann und Hans-Georg W. Voss (Hrsg.): Psychologie des Stalking. Frankfurt a.M.: Verlag für Polizeiwissenschaft 2005. ISBN 3-935979-54-1
  • Jens Hoffmann: „Stalking“. Heidelberg: Springer Medizin Verlag, 2006. ISBN 3-540-25457-9
  • Rasso Knoller: Stalking. Wenn Liebe zum Wahn wird. Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf 2005. ISBN 3-89602-675-5
  • Volkmar von Pechstaedt: Rechtsschutz gegen Stalking: Rechtliche Grundlagen und Probleme. Göttingen: Hainholz, 2004. ISBN 3-932622-97-9
  • Stephan Rusch. „Stalking in Deutschland“ - Ein Handbuch für alle Praxisbereiche. Göttingen: Hainholz 2005, ISBN 3-932622-81-2
  • Stephan Rusch. „Stalking“ - Leitlinien für die Aus- und Fortbildung in allen Praxisbereichen. Bremen: NR-Verlag 2007, ISBN 3-939564-02-8
  • Susanne Schumacher: Stalking. Geliebt, verfolgt, gehetzt. Hainholz 2004. ISBN 3-932622-89-8
  • Andreas Seling: § 107a StGB. Eine Strafvorschrift gegen Stalking. Zugleich: Salzburg, Univ., Diplomarbeit, 2006. Wien; Graz: NWV, Neuer Wissenschafts-Verlag, 2006. - 105 S.; ISBN 978-3-7083-0416-8 (Neue juristische Monografien; Bd. 36)
  • Stefan Stieger; Christoph Burger; Anne Schild: Lifetime prevalence and impact of stalking: Epidemiological data from Eastern Austria. European Journal of Psychiatry Vol. 22, N.° 4, (235-241), Zaragoza (ES) 2008, ISSN 0213-6163. PDF
  • Sascha Vander: Stalking – Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen zur Schaffung eines speziellen Straftatbestandes. In: Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft (KritV). 89. Jg., 2006, ISSN 0179-2830, S. 81–99.
  • Orlando Vanoli: Stalking - Ein «neues» Phänomen und dessen strafrechtliche Erfassung in Kalifornien und in der Schweiz. Schulthess Juristische Medien AG, Zürich 2009, ISBN 978-3-7255-5814-8
  • Hans-Georg W. Voß; Jens Hoffmann; Isabel Wondrak: Stalking in Deutschland aus Sicht der Betroffenen und Verfolger. Hrsg.: Weißer Ring - Gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten e.V. Baden-Baden: Nomos, 2006, 170 S. ISBN 3-8329-1752-7 (Mainzer Schriften zur Situation von Kriminalitätsopfern; Bd. 40)
  • Andrea Weiß und Heidi Winterer: Stalking und häusliche Gewalt. 2. Auflage, Lambertus-Verlag 2008, ISBN 3-7841-1778-3 (rezensiert von Sönke Gerhold, Neue Kriminalpolitik 2009, Seite 36 bis 40)
  • Finn Zwißler: Gewaltschutzgesetz. So wehren Sie sich erfolgreich gegen Nötigung, Stalking und Mobbing. Regensburg; Berlin: Walhalla-Fachverlag, 2006. - 128 S., ISBN 3-8029-3793-7

Romane

  • Ian McEwan: Liebeswahn. Zürich: Diogenes 1998
  • Hilary Norman: Gefährliche Nähe. Lübbe 1999
  • Annemarie Schoenle: Du gehörst mir. Droemer - Knaur 2004, ISBN 3-426-19622-0
  • Christine Fehér: Jeder Schritt von dir. Patmos Verlag GmbH & Co KG - 2006, ISBN 3-7941-7053-9
  • John Katzenbach: Das Opfer. Droemer 2007
  • Isabelle Ammann: Stalking - wenn Liebe zum Alptraum wird. Kreuz - 2008, ISBN 978-3-7831-3073-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.cyberbullying.us/
  2. [http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/Materialie-Gleichstellung-Nr._20104,property=pdf,bereich=,rwb=true.pdf Materialien zur Gleichstellungspolitik: Stalking: Grenzenlose Belästigung] des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend
  3. ZEIT online: Erste Stalker-Beratungsstelle eröffnet. 23. April 2008
  4. Polizeiliche Kriminalstatistik 1987-2007 (Grundtabelle), S. 34.
  5. Burger, Christoph; Anne Schild, Stefan Stieger (21. Juli 2008). Lifetime prevalence and impact of stalking: Epidemiological data from Eastern Austria (Englisch). univie.ac.at. ICP2008. Abgerufen am 17. Januar 2008.
  6. Stieger, Stefan; Burger Christoph, Anne Schild (14. Oktober 2008). Lifetime prevalence and impact of stalking: Epidemiological data from Eastern Austria (Englisch). Eur. J. Psychiat. Vol. 22, N.° 4, (235-241). Abgerufen am 24. Februar 2008.
  7. Vgl. Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss vom 2. Oktober 2007 Az. 9 UF 137/07
  8. Vgl. Amtsgericht Bielefeld, Urteil vom 22. Mai 1979, 5 C 234/79
  9. „Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellung“
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