DECT

DECT
DECT-Telefon
DECT-Gerät auf Ladestation-Basis

Digital Enhanced Cordless Telecommunications (DECT, Digitale, verbesserte schnurlose Telekommunikation; bis 1995 Digital European Cordless Telephony) ist ein Standard für Schnurlostelefone sowie für kabellose Datenübertragung im Allgemeinen. DECT ist definiert im ETSI-Standard EN 300 175.

DECT ist der Nachfolger der Standards CT1+ und des CT2, deren Betriebserlaubnis in Deutschland mit dem 31. Dezember 2008 erloschen ist.[1][2]

DECT unterliegt zur Zeit einer Betriebserlaubnis bis mindestens 2020, diese wird in Abhängigkeit von der europäischen Harmonisierung fortgeschrieben.[3][4] CAT-iq wird / ist ein neuer Standard für DECT.

Inhaltsverzeichnis

Einsatzgebiete

DECT ist primär für sogenannte picozellulare Telefonie innerhalb von Gebäuden ausgelegt, in denen eine Reichweite bzw. ein Zellradius von 30 bis 50 Metern erreicht werden kann; im Freien sind Übertragungsstrecken von 300 Metern möglich. Trotz der maximal erlaubten Ausgangsleistung von 250 mW kann in Verbindung mit einer Richtantenne oder Repeatern eine Strecke von mehreren Kilometern überbrückt werden.

Im Gegensatz zu Mobilfunksystemen ist DECT eine reine Zugangstechnologie und beschreibt nicht das Netz selbst. Die Anbindung erfolgt mit einem Gateway, das üblicherweise als Basisstation bezeichnet wird. Zumeist erfolgt die Wandlung in das öffentliche Telefonnetz. Neuere Technologien wie IP-Telefonie sind ebenfalls am Markt verfügbar. Jedoch gibt es auch Endgeräte, bei denen kein Gateway existiert, wie etwa Babyfone.

DECT unterstützt kurzzeitige Mobilität innerhalb eines mehrzelligen Funknetzes durch Weiterleiten an eine andere Zelle (Handover) und langfristige Mobilität durch Einbuchen in ein fremdes Netz (Roaming).

Funkübertragung

Die Übertragung basiert auf einem Time Division Duplex- sowie Time Division Multiple Access- und Frequency Division Multiple Access-Verfahren und arbeitet in Europa im Frequenzbereich von 1880 MHz bis 1900 MHz, in dem 10 Kanäle mit je 1728 kHz Bandbreite definiert sind. ETSI spezifiziert aber auch Erweiterungsbänder in den Bereichen 1900–1980 MHz, 2010–2025 MHz und 2400–2480 MHz.

DECT verwendet einen Rahmen von 10 ms Dauer, der in 24 Zeitschlitze aufgeteilt ist. Jeder Zeitschlitz kann sowohl im Uplink als auch im Downlink verwendet werden. Durch Koppelung von Zeitschlitzen sind auch asymmetrische Übertragungsraten bis zum Verhältnis 23:1 möglich.

In diesem Zeitschlitz von 416,7 µs Dauer wird ein Burst gesendet, der üblicherweise 368 µs dauert und 424 Bits enthält. Daraus ergibt sich eine Bitdauer von 868 ns und eine Bitfrequenz von 1,152 MHz.

Als Modulation wird Gaussian Frequency Shift Keying (GFSK) verwendet. Eine binäre Eins wird durch eine Frequenzerhöhung von 288 kHz, eine binäre Null durch eine Frequenzverringerung von 288 kHz übertragen. Bei stabilen Funkverbindungen kann auch eine 4-level- oder 8-level-Modulation verwendet werden, wodurch bei jedem Schritt 2 bzw. 3 Bit übertragen werden.

Die 424 Bits eines Bursts werden in folgende Felder aufgeteilt:

  • 32 Bits Synchronisation (S-Feld)
  • 388 Bits Daten (D-Feld), davon
    • 64 Bits Headerfeld (A-Feld)
    • 320 Bits Nutzdaten (B-Feld)
    • 4 Bits zur Bestimmung der Kanalqualität (X-Feld)
  • 4 Bits zur Bestimmung der Kanalqualität (Z-Feld)

Die sich daraus ergebende Standarddatenrate bei den Nutzdaten beträgt 32 kbit/s, die in beide Richtungen zur Verfügung steht.

Außer dem normalen Basic Burst zu 424 Bit in 368,1 μs gibt es noch drei weitere:

  • Short Burst mit 96 Bit in 83,3 μs zu Beginn eines Zeitschlitzes. Dieser Burst kann zum Beispiel verwendet werden, wenn die Basisstation kein Gespräch überträgt, aber dennoch ihre Kennung ausstrahlen muss.
  • Low Capacity Burst mit 184 Bit in 159,7 μs. Dieser Burst belegt nur die Hälfte eines Zeitschlitzes, so dass zwei Bursts innerhalb eines Zeitschlitzes gesendet werden können. Das B-Feld für die Nutzdaten verkleinert sich dabei aber überproportional von 320 auf 80 Bit, so dass sich die Datenrate auf ein Viertel verkleinert.
  • High Capacity Burst mit 904 Bit in 784,7 μs. Dieser Burst belegt zwei Zeitschlitze und beginnt immer in einem geradzahligen Zeitschlitz. Das B-Feld vergrößert sich auf 800 Bit, so dass sich die Netto-Datenrate um den Faktor 2,5 vergrößert.

Die Wahl von Sendefrequenz und Zeitschlitz erfolgt bei DECT immer durch das Mobilgerät.

DECT leistet dynamische Kanalauswahl und -zuweisung. Zu diesem Zweck führen alle DECT-Geräte eine RSSI-Liste (Received Signal Strength Indication). In regelmäßigen Intervallen (mindestens alle 30 Sekunden) werden alle Idle-Kanäle gescannt und in die Liste eingetragen. Wird ein neuer Kanal benötigt, wählt das Mobilgerät oder die Basisstation den Kanal mit den wenigsten Interferenzen anhand der RSSI-Liste.

Sendeleistung und gesundheitliche Aspekte

Für einen reibungslosen Betrieb sendet eine DECT-Basisstation auch außerhalb der Gesprächszeit dauerhaft Impulse, um den Mobilgeräten die Synchronisation zu ermöglichen. Dafür können Short Bursts verwendet werden, die nur ein Viertel der Dauer der normalen Bursts haben, so dass sich die mittlere Sendeleistung entsprechend verringert. Die Maximalleistung dagegen bleibt unverändert, unabhängig von der Entfernung von der Basisstation zum Mobilteil oder sonstigen Empfangsbedingungen. DECT-Geräte stehen daher wegen hoher Elektrosmogbelastung in der Kritik.

Die maximale Sendeleistung von Basisstation und Mobilteil beträgt jeweils 250 mW. Die mittlere abgestrahlte Leistung eines DECT-Gerätes beträgt max. ca. 9 mW. Daraus resultieren spezifische mittlere Absorptionsraten (SAR) von unter 0,1 W/kg, die weit unter dem empfohlenen Grenzwert von 2 W/kg liegen. Die Absorptionsraten während der gepulsten Bursts liegen jedoch um den Faktor 27 höher und überschreiten damit (wenn auch nur jeweils für kurze Zeitabschnitte) den Grenzwert. Da sich die elektromagnetischen Grenzwerte in Europa ausschließlich an der Erwärmung von menschlichem Gewebe orientieren, wird hier jedoch nur die mittlere Absorptionsrate berücksichtigt. Vermutete Auswirkungen, die nicht von der Erwärmung verursacht sind, werden dabei nicht berücksichtigt. Bisher konnten durch nichtionisierende Strahlung, wie es auch die Frequenzbereiche von DECT darstellen, in zahlreichen Untersuchungen keinerlei Wirkungen außer der unschädlichen geringen Erwärmung (thermische Wirkung) nachgewiesen werden.

Dennoch wird vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in einer Pressemitteilung vom 31. Januar 2006 folgende Empfehlung veröffentlicht: „Um möglichen gesundheitlichen Risiken vorzubeugen, empfiehlt das BfS, die persönliche Strahlenbelastung durch eigene Initiative zu minimieren. Dabei helfen die folgenden Tipps, falls Sie nicht auf ein schnurloses Telefon verzichten möchten: Stellen Sie die Basisstation dort auf, wo Sie sich nicht ständig aufhalten, zum Beispiel im Flur. Stellen Sie sie nicht direkt auf den Schreibtisch. Führen Sie nur kurze Telefonate. Setzen Sie neu entwickelte DECT-Telefone ein, die strahlungsfrei sind, wenn das Handgerät in der Basisstation steckt.“[5]

Unter dem Aspekt einer vorsorglichen Reduzierung der Exposition forderte das Bundesamt für Strahlenschutz im Januar 2006 die Hersteller auf, dass die Basisstationen im Stand-by-Betrieb automatisch abgeschaltet und die Telefone mit einer bedarfsgerechten Regelung der Sendeleistung ausgestattet werden.[5] Strahlungsarme DECT-Telefone („Low Radiation“) reduzieren die Sendeleistung des Mobilteils, wenn es sich in ausreichender Nähe zur Feststation befindet, und das besonders kritisierte Dauersenden der Basisstation beim Auflegen des Mobilteils in die Feststation ist beendet. Der Begriff ECO-DECT findet immer weitere Verbreitung, um diese Funktionen zu beschreiben.[6]

Sicherheit

Unbefugte Benutzung und unbefugtes Mithören werden bei DECT, wie bei anderen Mobilfunksystemen auch, durch drei Methoden erschwert:

  1. Anmelden: Der mobile Teilnehmer meldet der Basisstation seine Empfangsbereitschaft.
  2. Ausweisen: Bei jedem Rufaufbau muss sich das Mobilgerät bei der Basisstation durch Verwendung eines geheimen Schlüssels ausweisen.
  3. Verschlüsseln: Die Nutzdaten (Sprache oder Daten) werden während der Funkverbindung kodiert und auf der Gegenseite dekodiert, wobei ein Schlüssel verwendet wird, der beiden Gegenstellen bekannt ist, aber selbst nicht über Funk übertragen wird. Der verwendete Verschlüsselungsstandard nennt sich DECT Standard Cipher.

Die Verschlüsselung ist ein optionaler Teil der DECT-Spezifikation und wird von vielen Geräten nicht benutzt.

Laut Presseberichten können per DECT geführte Gespräche mit wenig Aufwand abgehört werden [7]. So ist es beispielssweise mit einer eigentlich für VoIP vorgesehenen PC-Karte, der Com-On-Air Karte, möglich, ein über DECT geführtes Gespräch abzuhören. Dazu ist eine spezielle Software unter Linux nötig [8], die von Mitgliedern des Chaos Computer Club und Wissenschaftlern der TU Darmstadt entwickelt wurde. Die abgehörten Gespräche werden auf dem Rechner gespeichert und können dann vom Angreifer digital weiterverarbeitet werden. Kritisiert wird vor allem auch, dass auf der Verpackung des Geräts nicht erkennbar ist, ob das Telefon eine Verschlüsselung implementiert hat oder nicht. [9]

Profil DECT-GAP

Eine Teilmenge von DECT, DECT-GAP (Generic Access Profile) erlaubt die Kommunikation von DECT-Geräten unterschiedlicher Hersteller untereinander. GAP ist nur eines der von ETSI definierten Profile, die DECT, das für sich genommen quasi nur das Datenkabel ersetzt, in größere Netze einbinden helfen. Während es früher Kompatibilitätsprobleme zwischen Geräten verschiedener Hersteller gab, werden mittlerweile kaum noch DECT-Telefone ohne GAP angeboten.

GAP garantiert zwar, dass ein Mobilteil eines Herstellers an der Basisstation eines anderen Herstellers funktioniert, jedoch erstreckt sich das nur auf reine Telefonie, nicht aber auf Komfortfunktionen wie beispielsweise das Abhören des Anrufbeantworters oder das Blättern im Telefonbuch. Zudem muss dafür auch das Mobilgerät zuerst an der Basisstation angemeldet werden. Da sich die Anmeldeprozeduren der Hersteller untereinander unterscheiden, ist mit Schwierigkeiten zu rechnen.

Technische Problematik

DECT-Telefone und DECT-Basisstationen können den TV-Empfang bestimmter Kanäle via Satellitenfernsehen stören, wenn die Verkabelung vom LNB zum Receiver nicht ausreichend abgeschirmt ist, da DECT den gleichen Frequenzbereich nutzt, der beim Signaltransport bestimmter Transponder zwischen LNB und Receiver verwendet wird. Bei Analog-SAT-Empfang über Astra 19,2° Ost beispielsweise liegt die Zwischenfrequenz der Sender CNN (1877 MHz) und n-tv (1891 MHz) auf der DECT-Frequenz und die 10 ms langen DECT-Frames können Störstreifen am oberen und unteren Ende des TV-Bildes verursachen. (Die „Taktfrequenz“ von DECT entspricht mit 100 Hz genau dem Doppelten der 50-Hz-Halbbildfrequenz von PAL.) Bei Digital-Sat-Empfang über Astra wird der BetaDigital-Transponder gestört, weshalb die Programme der ProSieben-Sat.1-Gruppe, die diesen Transponder nutzten, seit April 2007 auf einem anderen Transponder abgestrahlt werden.

Weitere Profile

  • Public Access Profile (PAP)
  • Radio in the Local Loop Access Profile (RAP)
  • DECT Packet Radio System (DPRS)
  • DECT Multimedia Profile (DMAP)
  • Multimedia in the Local Loop Access Profile (MRAP)
  • Data Service Profiles (DSP)
  • ISDN Interworking Profiles (IIPs)
  • CTM Access Profiles (CAP)
  • DECT/GSM Interworking Profile (GIP)
  • DECT/UMTS Interworking Profile (UIP)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Bundesnetzagentur warnt vor Nutzung alter Schnurlos-Telefone nach 2008. Heise Zeitschriften Verlag. Abgerufen am 28. Mai 2008.
  2. Schnurlos telefonieren - aber bitte nicht mit Geräten der ersten Generation. Bundesnetzagentur. Abgerufen am 28. Mai 2008.
  3. Schnurlose Telefone FAQ. Bundesnetzagentur. Abgerufen am 15. Januar 2009.
  4. Allgemeinzuteilung von Frequenzen für die Benutzung durch die Allgemeinheit für Schnurlose Telekommunikationsanlagen des Systems DECT - Verfügung 54/2008 (pdf). Bundesnetzagentur. Abgerufen am 15. Januar 2009.
  5. a b DECT – Strahlenquelle in der Wohnung Pressemitteilung 002 vom 31. Januar 2006. Bundesamt für Strahlenschutz. Abgerufen am 31. Januar 2006.
  6. Strahlungsarme DECT-Schnurlostelefone Veröffentlichung. Bundesamt für Strahlenschutz. Abgerufen am 29. Oktober 2007.
  7. 25C3: Schwere Sicherheitslücken beim Schnurlos-Telefonieren mit DECT Veröffentlichung. Heise Newsticker. Abgerufen am 30. Dezember 2008.
  8. deDECTed.org Projektseite
  9. Abhören leicht gemacht Veröffentlichung. ZDF. Abgerufen am 20. Januar 2009.

Weblinks


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