Daniel Caspar von Lohenstein

Daniel Caspar von Lohenstein
Daniel Caspar von Lohenstein im Todesjahr 1683

Daniel Caspar (auch: Daniel Casper, lat.: Caspari), ab 1670 Caspar von Lohenstein[1] (* 25. Januar 1635 in Nimptsch, Niederschlesien; † 28. April 1683 in Breslau, Niederschlesien) war ein deutscher Jurist, Diplomat, Dichter des schlesischen Barocks und einer der Hauptvertreter der Zweiten Schlesischen Dichterschule.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Die Familie Casper bzw. Caspar (lat.: Caspari) stammte aus dem Fürstentum Brieg und wurde erst durch die Verdienste des Dichters und Diplomaten bekannt.

Daniel Caspar war der Sohn des kaiserlichen Zoll-, Akzise- und Biergefälle-Einnehmers Johann (Hans) Casper (um 1600-nach 1670), Ratsherr und Stadtvogt von Nimptsch, und der Susanna Schädel von Greiffenstein (1612-1652). Vater Hans erhielt 1642 einen Wappenbrief und wurde am 17. Juli 1670 in den erblichen Reichsadelsstand mit Namensmehrung „von Lohenstein“ erhoben.

Daniel Caspar wurde 1635 im fürstlichen Schloss zu Nimptsch geboren, in das sich die Eltern während des Dreißigjährigen Krieges zurückgezogen hatten, und starb 1683 an einem Schlaganfall in Breslau.

Er heiratete am 30. Oktober 1657 in Breslau Elisabeth Herrmann († 1708 in Zettritz, Landkreis Landsberg (Warthe), Mark Brandenburg), die Tochter des Caspar Herrmann, Amtmann über die Landgüter des Rats der Stadt Breslau.

Leben

Jugend

Nach anfänglichem Privatunterricht durch den Schulleiter in Nimptsch schickte ihn sein Vater nach Breslau, wo Caspar von 1642 bis 1651 die Magdalenen-Schule besuchte, die 1643 zum Gymnasium (Maria-Magdalenen-Gymnasium) erhoben worden war. Im Mittelpunkt des Unterrichts stand die philologisch-rednerische Ausbildung. Schon als elfjähriger Schüler disputierte an antiken Beispielen über die Qualifikationen, die für einen Edelmann erforderlich sind. Als Fünfzehnjähriger verfasste er sein erstes Trauerspiel, „Ibrahim“, das auch aufgeführt wurde. Lohenstein war befreundet mit Heinrich Mühlpfort.

Nach Abschluss des Gymnasiums musste Caspar Breslau verlassen, da es dort noch keine Universität gab. An der Universität Leipzig studierte er bei Benedikt Carpzov (1595-1666), dem Begründer der deutschen Strafrechtswissenschaft, und an der Universität Tübingen bei Wolfgang Adam Lauterbach (1618-1678), bei dem er am 6. Juni 1655 seine Disputation vorlegte („Disputatio Juridica De Voluntate“).

Nach Beendigung des Studiums schloss er sich der damals üblichen Bildungsreise an, die ihn zunächst an Fürstenhöfe in Deutschland, aber auch in die Schweiz, nach Leiden, Utrecht und Wien führte. Wegen der grassierenden Pest konnte er nicht nach Italien reisen. So verbrachte er einige Zeit in Ungarn, wo er mit dem türkisch-orientalischen Kulturkreis in Berührung kam.

Von seinem Vater zurückgerufen, kam er auf seiner Heimreise per Schiff in ein starkes Unwetter, bei dem er, selbst in Seenot, den Untergang von dreizehn Schiffen erlebte - ein Erlebnis, das er sein ganzes Leben lang nicht vergessen konnte. Nach der Heimkehr ließ er sich als Rechtsanwalt in Breslau nieder, wo er 1657 mit 22 Jahren heiratete.

Regierungsrat in Oels

1665 hatte er das Produkt seiner dichterischen Nebenarbeit, das Trauerspiel „Aggrippina“, der Herzogin Louise von Liegnitz-Brieg-Wohlau gewidmet, geborene Prinzessin von Anhalt-Dessau, deren regierende Fürstin-Mutter Elisabeth Marie ihn 1668 als Regierungsrat nach Oels berief. Caspar war als Gelehrter der Berater der Herzogin Louise und war ihr auch bei Entwurf und Bau der Piasten-Gruft in Liegnitz behilflich. Herzog Christian bemühte sich, ihn als Geheimen Rat an seinen Hof zu ziehen, doch zog Caspar es vor, 1670 nach Breslau zurückzukehren, wohin ihn eine Erfolg versprechende Karriere lockte.

Schon als Schüler war er in den patrizischen Kreisen der Breslauer Stadtrepublik ein- und ausgegangen. Jetzt setzte sich der Ratsälteste Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679) für ihn ein, den Caspar als Dichter und Menschen - wie seine berühmte Grabrede von 1679 auf diesen bezeugt - sehr bewunderte. Es kam hinzu, dass der Obersyndikus Peter Muck von Muckendorff 1670 abdankte, um die Präsidentenstelle des Herzogtums Lauenburg zu übernehmen, und dass der zweite Syndikus, Andreas von Assig, in seine Stelle als Obersyndikus berufen wurde. Auf diese Weise konnte Caspar von Lohenstein als Syndikus an die Stelle Assigs berufen werden.

Syndikus und Diplomat in Breslau

Dadurch kam er in eines der wichtigsten und bestbezahlten Ämter der Stadt. Die Erhebung seiner Familie in den Adelsstand wenige Wochen später dürfte eher ihm als seinem Vater gegolten haben. Im Jahr 1675 musste Assig sein Amt krankheitshalber aufgeben und an seine Stelle als Obersyndikus kam Caspar von Lohenstein, der dieses Amt nun acht Jahre bis zu seinem Tod innehatte.

Die Verhältnisse in Schlesien nach dem Dreißigjährigen Krieg waren durch gegenreformatorische Bestrebungen stark geprägt. Als ein kaiserliches Edikt die Absetzung aller evangelischen Schullehrer befahl, war die Gefahr einer Besetzung Breslaus durch kaiserliche Truppen unter Führung des Generals Kop so groß, dass der Breslauer Rat Caspar von Lohenstein zu Verhandlungen nach Wien entsandte. Dem diplomatischen Geschick des weltmännisch geschulten Mannes gelang es tatsächlich, den Kaiser zu bewegen, seine Forderung fallen zu lassen. Seine hohen diplomatischen Fähigkeiten hat sich die Stadt noch öfter zunutze gemacht und ihn auf Gesandtschaftsreisen geschickt. In mehr als einer Hinsicht hat er sich als Diplomat und Politiker bewährt und als Jurist viel geleistet.

Daniel Caspar von Lohenstein besaß etliche Güter. 1673 erwarb er Kittelau von der Herzogin Louise von Brieg und erbte im gleichen Jahr Reisau und Roschkowitz von Tobias von Kleindienst. Als anerkannter Dichter, geadelter Obersyndikus und Gutsbesitzer stand Caspar in den 1670er Jahren auf der Höhe seines Lebens. 1675 wurde er, der sich immer stärker den Positionen Habsburgs zuwandte, zum Kaiserlichen Rat ernannt.

Wirken

Erstaunlich ist, was er als Dichter neben seinem Beruf als Jurist und Diplomat geleistet hat. Der überaus produktive Caspar von Lohenstein wurde vor allem als Autor von durch den französischen Klassizismus geprägten Theaterstücken bekannt. Daneben trat er als Autor von Gedichten und als Übersetzer hervor. Neben Gryphius war er einer der bedeutendsten Dramatiker des Barock.

Sein „Großmütiger Feldherr Arminius“, der 1689-90 erschien und etwa 3000 Seiten umfasste, war ein Höhepunkt Barocker Romankunst, allerdings auch, was die oft schwülstig-überladene Sprache betrifft. Er thematisierte darin die Lage des Deutschen Reiches nach dem Dreißigjährigen Krieg und versucht eine Bestandsaufnahme des zeitgenössischen Wissens.

Seine Lyrik wurde in periodischen Zeitschriften veröffentlicht (Von Lohensteins Lyrik als eLib Austria Volltexte).

Daniel Casper von Lohenstein benützte Übertreibung und Verzerrung in seinen Werken, die den Kontrast zur „besseren“ Realität herausarbeiten sollen. Er steht damit in der Tradition von Senecas Grauens-Tragödie.

Der Normen- und Geschmackswandel, der einherging mit der konkreten Ausgestaltung des absolutistischen Systems seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert und den damit verbundenen gesellschaftlichen Umstrukturierungen, hat die Grundlagen für das unmittelbare Verständnis dieser Werke zerstört: Waren Lohensteins Werke für die Zeitgenossen und noch die beiden folgenden Generationen die unvergleichlichen Hervorbringungen eines in einem Atemzug mit den größten Namen der abendländischen Dichterfürsten zu nennenden Dichterfürsten, so gelten sie für die nächsten zwei Jahrhunderte als Inbegriff der Anti-Dichtung. Erst eine literaturgeschichtliche Betrachtung, die sich aus den Fesseln einer von Klassik und Romantik bestimmten, sich selbst aber als überzeitlich verstehenden Literaturästhetik befreit hat, vermochte wieder einen Zugang zu dieser Literatur zu eröffnen.[2]

Seine Auffassungen zur Staatsklugheit und Kunst des Regierens hat Daniel Caspar von Lohenstein in vielen seiner Schriften und Übersetzungen niedergelegt und so, ähnlich wie Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, eine Übereinstimmung mit der Praxis erzielt.

Werke (Auswahl)

  • „Ibrahim“, 1649/50 (wurde erst nach seinem Tod 1685 gedruckt)
  • „Cypress-Tafel“, Trauergedicht, 1652
  • „Denk- und Dankaltar“, 1652
  • „Ibrahim“, Trauerspiel, 1653
  • „Rechtsstreit der Schönheit und Freundlichkeit“, 1657
  • „Trauer- und Trostgedanken“, 1658
  • „Schuldiges Ehren-Gedächtnis“, 1660
  • „Cleopatra“, Drama, 1661
  • „Redender Totenkopf“, 1662
  • „Erlangte Ewigkeit“, 1664
  • „Agrippina“, Trauerspiel, 1665
  • „Epicharis“, Trauerspiel, 1665
  • „Ibrahim Sultan“, Schauspiel, 1673
  • „Blumen“, Gedichte, 1680
  • „Geistliche Gedanken“, Gedichte, 1680
  • „Trauer- und Lustgedichte“, 1680
  • „Sophonisbe“, Drama, 1680
  • „Großmütiger Feldherr Arminius“, Roman, 1689-90

siehe auch Sophonisbe

Literatur

  • Thomas Borgstedt: Reichsidee und Liebesethik. Eine Rekonstruktion des Lohensteinschen Arminiusromans (Studien zur deutschen Literatur 121). Niemeyer, Tübingen 1992, ISBN 3-484-18121-4
  • Gerhard Dünnhaupt: Daniel Casper von Lohenstein (1635-1683). In: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. Band 4. Hiersemann, Stuttgart 1991, ISBN 3-7772-9122-6, S. 2589-2606 (Werk- und Literaturverzeichnis)
  • Bernhard Asmuth: Daniel Casper von Lohenstein (Sammlung Metzler 97). Metzler, Stuttgart 1971
  • Bernhard Asmuth: Lohenstein und Tacitus. Eine quellenkritische Interpretation der Nero-Tragödien und des 'Arminius'-Romans (Germanistische Abhandlungen 36). Metzler, Stuttgart 1971
  • Dieter Kafitz: Lohenstein's Arminius. Disputatorisches Verfahren und Lehrgehalt in einem Roman zwischen Barock und Aufklärung (Germanistische Abhandlungen 32). Metzler, Stuttgart 1970
  • Oskar Pusch: Die Breslauer Rats- und Stadtgeschlechter in der Zeit von 1241 bis 1741, Bd. 3, S. 44 ff. (Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ostmitteleuropa an der Universität Dortmund/Reihe B; Bd. 38). Dortmund 1988, ISBN 3-923293-25-9
  • Erich Schmidt: Daniel Casper von Lohenstein. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 19, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 120–124. (1884)
  • Gerhard Spellerberg: Verhängnis und Geschichte. Untersuchungen zu den Trauerspielen und dem Arminius-Roman Daniel Caspers von Lohenstein. Gehlen, Bad Homburg v.d.H. 1970
  • Elida M. Szarota: Lohensteins Arminius als Zeitroman. Sichtweisen des Spätbarock. Francke, Bern 1970
  • Max Wehrli: Das barocke Geschichtsbild in Lohensteins Arminius (Wege zur Dichtung 31). Verlag Huber, Frauenfeld 1938
  • Wolf Wucherpfennig: Klugheit und Weltordnung. Das Problem politischen Handelns in Lohensteins Arminius (Deutsche Literatur- und Sprachstudien/Reihe A; Bd. 2). Becksmann, Freiburg/B. 1973

Weblinks

Fußnoten

  1. Der Nachname des Dichters ist Caspar bzw. Casper, nach der Nobilitierung (1670) entsprechend Caspar/Casper von Lohenstein, der Vorname nur Daniel; wegen der irritierenden Doppeldeutigkeit des Namens Caspar wird dieser selbst von Lexika und Archiven oft falsch als Vorname angesehen, ist aber Bestandteil des Nachnamens (siehe unten im Abschnitt „Familie“)
  2. Gerhard Spellenberg: Daniel Casper von Lohenstein. In: „Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts. Ihr Leben und Werk“. Hrsg.: Harald Steinhagen und Benno Wiese. Berlin 1984

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