Daniel Dattel

Daniel Dattel

Dany Dattel (bürgerlich Daniel Dattel; * 1940), war der letzte Abteilungsleiter der Devisenabteilung der im Juni 1974 insolvent gegangenen Herstatt-Bank. Er wurde in den 1970er Jahren außerdem als gefragter Experte für Währungsfragen im Fernsehen bekannt. Dany Dattel war 1944 im Konzentrationslager Auschwitz interniert.

Dattel absolvierte ab 1958 eine Banklehre bei Herstatt und erlebte dort die Freigabe der fixen Wechselkurse im Jahre 1971. Erst das dann folgende floating, also die freie Bildung der Devisenkurse ohne pflichtgemäße Intervention der Nationalbanken, ermöglichte einen spekulativen internationalen Devisenhandel, den auch deutsche Banken für ihren Eigenhandel (also das nicht kundengetriebene Geschäft) nutzten. Anfänglich brachten die Geschäfte hohe Gewinne, wobei Herstatt im Devisenhandel 1973 einen Umsatz von etwa 24 Mrd. DM generiert hatte. Die Gewinne waren Hauptgrund für Dattels Aufstieg zum Abteilungsleiter. Zu jener Zeit führte Dattel eine Abteilung von sechs sehr jungen Devisenhändlern (Bankier Iwan David Herstatt nannte sie seine „Goldjungs“) nebst Abwicklungsbereich.

Entgegen Dattels Prognose sinkt jedoch ab etwa März 1974 der US-Dollar-Kurs. Glattstellungen der offenen Devisenpositionen führen zu steigenden Verlusten (siehe Artikel Herstatt-Bank), die schließlich das Eigenkapital aufzehren und zur Überschuldung der Bank führen.

Dattel wurde im Rahmen von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft am 26. August 1976 wegen des Verdachts auf Untreue, Betrug und Bilanzfälschung gemeinsam mit dem Bankier Iwan David Herstatt und sechs weiteren Managern der Bank vorübergehend in Untersuchungshaft genommen. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten nach Prozessbeginn am 23. März 1979 Untreue und Beihilfe zum besonders schweren Bankrott vor: die Angeklagten hätten „in der Zeit vom März 1971 bis zur Schließung der Bank am 26. Juni 1974 durch Devisenspekulationen größeren Ausmaßes, die in keinem vertretbaren Verhältnis zu den ausgewiesenen Eigenmitteln der Bank standen, das Vermögen der Einleger gefährdet und geschädigt“. Das astronomische Ausmaß dieser Transaktionen kann damit veranschaulicht werden, dass pro Geschäftstag im Durchschnitt rund 180 Geschäfte mit einem Volumen von über 4 Mrd. DM abgeschlossen wurden.

Am 31. August 1983 verurteilt das LG Köln zwei andere Verantwortliche wegen der genannten Tatvorwürfe zu einer Haftstrafe von jeweils 2 Jahren und 5 Monaten nebst einer Geldstrafe von jeweils 45.000 DM. Ob Dattel eine ähnliche Strafe hätte treffen können, wird für immer verborgen bleiben, da sein Verfahren gegen ihn noch 1979 eingestellt worden ist. Er wurde für verhandlungsunfähig erklärt, da Gutachter ihm bescheinigten, dass er am sogenannten KZ-Syndrom litt.

Der ehemalige Bankier Herstatt erhob in seiner Autobiografie „Die Vernichtung“ Vorwürfe gegen Dattel. Dessen Fehlspekulationen und falsche Informationen hätten die wahren Ausmaße der Schieflage verschleiert und die Pleite maßgeblich verursacht. Bis heute ist allerdings nicht vollständig geklärt, wie die Schuldzuweisung an der größten deutschen Bankinsolvenz der Nachkriegszeit zu verteilen ist. Dattel selbst klagte bis 2006 beim Bezirksgericht Luxemburg auf die Herausgabe von 2,822 Mio. DM, die angeblich seiner Familie gehörten und im Rahmen der Herstatt-Insolvenz beschlagnahmt wurden. Seine Klagen blieben letztlich erfolglos, verzögerten allerdings die Abwicklung der Herstatt-Insolvenz nicht unerheblich.[1]

Dattel lebt heute öffentlichkeitsscheu in Köln. Nach Auskunft der Creditreform hat er im Jahr 2004 gemeinsam mit seiner Frau Margot eidesstattliche Versicherungen über die Vermögensverhältnisse abgelegt.[2]

Dies und Das

In dem Theaterstück „Kölner Devisen“ von Jan Stephan Hillebrand, welches die Herstatt-Pleite zum Thema hat, wird Dany Dattel in der Rolle des „Felix Feige“ dargestellt.

Einzelnachweise

  1. Kölner Rundschau vom 9. August 2006
  2. Handelsblatt vom 19. Mai 2004

Weblinks


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