Dedowschina

Dedowschina

Dedowschtschina (russisch Дедовщина, „Herrschaft der Großväter“) ist die in der russischen Armee bis heute teilweise übliche Schikane von Dienstälteren an Rekruten. Dabei handelt es sich nicht um klassische Initiationsriten, wie sie häufig bei der Aufnahme in geschlossene Gemeinschaften üblich sind (vgl. Bizutage), sondern um kontinuierliche Praktiken über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Schikanen erreichen nicht selten menschenunwürdiges Ausmaß (Knochenbrüche, Körperverletzungen mit Todesfolge). Sie ist Ursache des häufigen unerlaubten Entfernens von der Truppe in der russischen Armee. Das Phänomen der Dedowschtschina lässt sich bis in die Zarenzeit zurückverfolgen. Bei der in der DDR stationierten Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland wurde das mit der Dedowschtschina zusammenhängende Entfernen von der Truppe mit drakonischen Strafen belegt. Die Flüchtigen wurden häufig mit Hunden verfolgt. Viele kamen bei den verzweifelten Fluchtversuchen um.

Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums starben im Jahr 2005 16 Soldaten an den Folgen von Misshandlungen in den russischen Kasernen, 276 begingen nach Quälereien und Erniedrigungen durch Vorgesetzte Selbstmord[1], andere Quellen sprechen von über 500 Opfern[2]. Es werden jedes Jahr Soldaten als Invaliden aufgrund von Misshandlungen, Vergewaltigungen und psychischen Peinigungen aus der russischen Armee entlassen.

Inhaltsverzeichnis

Der Fall Andrej Sytschow

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2006 wurde der Fall des 20-jährigen Wehrpflichtigen Andrei Sytschow auch außerhalb Russlands bekannt. Dieser wurde von Vorgesetzten so schwer misshandelt, dass ihm beide Beine, die Genitalien und Teile der rechten Hand amputiert werden mussten. Gegen zwölf ehemalige Vorgesetzte wurde Anklage erhoben. Ein medizinisches Gutachten der Militärstaatsanwaltschaft attestiert eine Venenerkrankung als Ursache der Amputationen.

Am 26. September 2006 verurteilte das Garnisons-Gerichts in Tscheljabinsk den Hauptangeklagten Alexander Siwjakow zu vier Jahren Haft und erkannte ihm für drei Jahre den Dienstgrad als Unteroffizier ab. Zwei weitere Angeklagte, die Soldaten Kusmenko und Bilimowitsch, erhielten eine Freiheitsstrafe von anderthalb Jahren auf Bewährung.

Literatur

  • Françoise Daucé, Elisabeth Sieca-Kozlowski: Dedovshchina in the Post-Soviet Military: Hazing of Russian Army Conscripts in a Comparative Perspective. (Vorwort von Dale Herspring) Reihe Soviet & Post-Soviet Politics & Society Nr. 28, Ibidem-Verlag: Stuttgart 2006, ISBN 3898216160.

Siehe auch

Quellen

  1. www.dw-world.de/dw/article/0,2144,1912566,00.html
  2. http://de.rian.ru/analysis/20060127/43221893-print.html

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