Deliberativstimme

Deliberativstimme

Deliberation ist ein aus dem lateinischen entlehntes Fremdwort mit der Bedeutung „Beratschlagung“, oder „Überlegung“, das zugehörige Verb lautet deliberieren, das Adjektiv deliberativ.[1]

Inhaltsverzeichnis

Deliberation als Rechtsbegriff

Der Begriff entstammt dem Umfeld des römischen Rechts. Das lateinische Deliberatio bedeutete „Beratschlagung, Betrachtung, das Bedenken“. Deliberare stand für „beratschlagen, abreden, in Bedenken ziehen, Aufschub nehmen“.[2] Publilius Syrus wird das Rechtssprichwort zugeschrieben:

Deliberandum est diu quod statuendum est semel.
Es ist längere Zeit zu bedenken, was ein für allemal festzusetzen ist.[3]

Der lateinische Terminus für Deliberationsrecht ist Deliberandi ius. Wie dieser entstammt auch der Begriff Deliberationsfrist dem römischen Recht. Letzterer bezeichnet die Frist, im Sinne einer Bedenkzeit (Spatium deliberandi, Beneficium deliberandi), die einem Erben zugestanden wird, um sich bezüglich der Annahme oder Ablehnung einer Erbschaft zu entscheiden.[4]

Deliberation im Rahmen der Entscheidungsfindung von öffentlichen Gremien

Eine Deliberativstimme ist eine nur beratende, d.h. in Erwägung zu ziehende, aber nicht abstimmungsberechtigte Stimme, der Gegenbegriff zur Dezisivstimme.[5]
Im älteren Staatsrecht kam das Deliberationsrecht z.B. den Ständen oder der Volksvertretung zu. In heutiger Zeit findet man Kammern mit beratender Stimme („beratende Kammer“, auch: „Konsultativkammer“ oder „Konsultativrat“) zumeist nur noch als Ergänzung zu einer legislativen Kammer (Parlament), eine Ausnahme bilden mehrheitlich die Monarchien der arabischen Golfstaaten, wo weiterhin deliberative Elemente vorherrschen (vgl. hierzu auch Madschlis sowie Schura).

Deliberative Demokratie

Eine spezielle Bedeutung besitzt Deliberation als Terminus im Kontext der Theorie der Deliberativen Demokratie. Es ist dort eine Bezeichnung für den Prozess der demokratischen Konsensfindung. Das Demokratiemodell der Deliberativen Demokratie wurde in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt. Es ist verwandt mit der Diskurstheorie von Jürgen Habermas und setzt auf den öffentlichen und kommunikativen Diskurs, insbesondere vor dem Hintergrund der modernen Kommunikationstechnologien. Benjamin R. Barber spricht in seinem 1984 erschienenen Buch Strong Democracy: Participatory Politics for A New Age vom „never-ending process of deliberation, decision and action“.[6]

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. allgemeine Bedeutung des Substantives nach Duden. Fremdwörterbuch, 8. Auflage, 2005. Dort wird auch das Verb erwähnt. Adjektiv nach Mackensen - Großes Deutsches Wörterbuch, 1977
  2. nach Samuel Oberländer [Hrsg.]: Lexicon Juridicum Romano-Teutonicum, Unveränderter Nachdruck der 4. Auflage Nürnberg 1753, Böhlau Verlag, 2000. Dortige Schreibweise übernommen
  3. lat.+deutsch nach Detlef Liebs: Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, C.H. Beck, 1982,1997
  4. nach Duden. Fremdwörterbuch und (Deliberandi jus) nach Lexicon Juridicum Romano-Teutonicum sowie Konrad Fuchs, Heribert Raab: Wörterbuch zur Geschichte. Band 1. dtv, München 1996, ISBN 3-423-03364-9
  5. nach Duden. Fremdwörterbuch, 8. Auflage, 2005
  6. Absatz und Zitat nach Dieter Nohlen [Hrsg.] Lexikon der Politik, Band 7, C.H. Beck, 1998, Lemma Deliberative Demokratie
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