Der Roswell-Zwischenfall

Der Roswell-Zwischenfall
Lage von Roswell in New Mexico

Der Roswell-Zwischenfall ist der Titel eines Buchs des US-amerikanischen Schriftstellers Charles Berlitz. In diesem Buch veröffentlichte der Autor seine Gedanken über ein Ereignis, über das 1947 angeblich in verschiedenen Medien berichtet wurde. In den entsprechenden Meldungen soll es um Verlautbarungen des Luftwaffenstützpunktes Roswell (New Mexico) gegangen sein. Demnach hatte die US-amerikanische Luftwaffe gemeldet, ein „unbekanntes Flugobjekt“ in ihrem Besitz zu haben, und dies kurze Zeit später dementiert.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Der wichtigste Zeuge des von Berlitz geschilderten damaligen Geschehens war laut einer Meldung der Zeitung „Roswell Daily Record“ der Farmer Mac Brazel, der am 14. Juni 1947 auf einer von ihm verwalteten Farm ungewöhnliche Trümmerteile gefunden haben soll.

Der Zeitungsmeldung nach unterrichtete Mac Brazel die örtliche Wetterstation von seinem Fund, weil er, nach Aussage seines ältesten Sohnes, Bill Brazel, davon ausging, dass er Teile eines Wetterballons gefunden hatte.

Mac Brazel soll am 7. Juli 1947 dem Sheriff Wilcox in der Stadt Roswell seinen Fund gemeldet haben.

Am gleichen Tag soll er mit Hauptmann Sheridan Cavitt (Nachrichtendienstoffizier der Luftwaffe), Major Jesse Marcel und dem Stabsfeldwebel Lewis S. Rickett zu der Fundstelle auf der Farm gefahren sein.

Die Wrackteile wurden angeblich später von Militärpersonal eingesammelt und zunächst zum Armeeflugplatz Roswell gebracht. Von dort sollen sie zum Wright Field in Dayton, Ohio geflogen worden sein.

Am 8. Juli 1947 soll Walter Haut, der Pressesprecher des Roswell-Militärstützpunktes, telefonisch Rundfunkstationen und Zeitungen über den Fund unterrichtet haben. Dabei soll er davon gesprochen haben, dass die „... vielen Gerüchte über die fliegenden Scheiben ... gestern Wirklichkeit [wurden]“. Einige Stunden später soll die Aussage widerrufen worden sein.

Gefundenes Material

Berlitz schreibt in seinem Buch, daß die Aussagen der Zeugen sich ähneln in ihren Angaben darüber, was gefunden wurde. Beispielsweise gilt dies für folgende Angaben: Es wurden nur kleine Teile und ein dünnes, aluminiumfolienartiges, mattsilbriges Material gefunden und Stöcke, die wie Balsaholz aussahen, sowie Klebebänder mit Markierungen darauf und Ballon- und Gummiteile.

Mac Brazel selbst soll über die Trümmer nach Aussage seiner Tochter Bessie Brazel Schreiber gesagt haben: „Oh, es ist nur ein Haufen Abfall“. Der Reporter J. Bond Johnson, der damals bei der Zeitung Fort Worth Star-Telegram beschäftigt war, wird mit den Worten „Es war kein beeindruckendes Zeugs. Es war einfach nur ein Haufen Müll.“ zitiert.

Der damals an den Untersuchungen beteiligte Oberstleutnant Sheridan Cavitt sagte aus, dass er damals keinen Geigerzähler besaß. Da er eidesstattlich bestätigte, dass an der Absturzstelle keine Radioaktivität gemessen wurde und auch in den Berichten und Aussagen von 1947 nie die Rede davon ist, kann davon ausgegangen werden, dass weder Messungen stattfanden, noch eine erhöhte Radioaktivität festgestellt wurde.

Herkunft der Trümmer

Die an der Absturzstelle gefundenen Trümmerteile entsprechen den Bestandteilen von Ballonzügen, die damals aus jeweils drei bis sieben Neoprenballons mit drei bis fünf daran befestigten Radarreflektoren vom Typ MC-307 bestanden. Jeder der Radarreflektoren hatte eine Seitenlänge von ca. einem Meter. Mit Hilfe der Reflektoren sollten in der Tropo- und Stratosphäre die Schockwellen von Raketen gemessen werden, die die Schallmauer durchbrachen. Was aber noch wichtiger war: Mit diesen Geräten hätte man auch eine Atombombenexplosion feststellen können und somit die erste Zündung einer russischen Atombombe sofort erkannt. Der Codename dieses Projektes war MOGUL und unterlag der höchsten Geheimhaltungsstufe, die vergeben werden konnte. Dieser Geheimhaltungsstufe der Priorität Top Secret A-1 war damals nur noch das Manhattan-Projekt zugeteilt.

Das Team des Projekts MOGUL hatte erst Ende Mai 1947 in New Mexiko seine Tätigkeiten aufgenommen. Dies ist neben der hohen Geheimhaltungsstufe der Grund, warum keiner der Beteiligten zu diesem Zeitpunkt von der Existenz dieser Wetterballons gehört hatte oder vorher ähnliche Trümmerteile gefunden worden waren.

Charles B. Moore, ein Wissenschaftler, der am Projekt MOGUL damals mitarbeitete, konnte die exakte Flugrichtung des damals in Roswell abgestürzten MOGUL Fluges Nr. 4 – der am 4. Juni 1947 gestartet war – rekonstruieren: Bis zum Ort Arabela, der nur 17 Meilen von der Foster-Ranch entfernt liegt, konnte der Ballonzug verfolgt werden, als der Kontakt abbrach. Der MOGUL Flug Nr. 4 bewegte sich damals auf einer Flugrichtungsachse Südwest/Nordost, und auch die beiden Hauptzeugen Mac Brazel und der Major Jesse Marcel hatten diese Flugrichtung für sehr wahrscheinlich gehalten.

Mögliche Vertuschung durch das Militär

Möglicherweise gab es eine Vertuschungsaktion seitens des Militärs, da von der Existenz des hoch geheimen Projekts MOGUL während des Kalten Kriegs aus naheliegenden Gründen weder die amerikanische Öffentlichkeit noch die Sowjetunion etwas erfahren durften. Daher präsentierte General Roger Ramey ebenfalls am 8. Juli 1947 die Reste des MOGUL-Ballons und erklärte, es handle sich um Teile eines ganz normalen Raywin-Wetterballons. Am 10. Juli erschien in der Zeitung Alamogordo News ein Bericht mit der Überschrift „Die Phantastereien über ‚Fliegende Scheiben‘ werden hier aufgeklärt: Zeitungsreporter beobachtet, wie eine Armee-Radar-Einheit eine 'Scheibe' startet.“. Charles B. Moore deutete das als ein Ablenkungsmanöver, das für die Presse veranstaltet wurde.

Danach war es lange Zeit still um Roswell und die Vorgänge dort.

Spätere Spekulationen um ein außerirdisches Raumschiff und seine Insassen

Im Februar des Jahres 1978 wurde Major Jesse Marcel von dem UFO-Forscher Stanton T. Friedman interviewt. Friedman war erstaunt, dass Marcel sich keine Aufzeichnungen über Vorgänge in Roswell gemacht hatte und das damit begründete, dass es damals Wichtigeres für ihn gab und er daher die Ereignisse aus seinem Gedächtnis verdrängt habe. In einem Interview mit Bob Pratt im Jahre 1979 sagte Marcel zwar, dass „was auch immer da gefunden wurde, nicht von der Erde stammte“, doch inzwischen – und das erwähnte er auch in dem Gespräch mit Pratt – glaubte er an die reale Existenz von UFOs im Sinne von außerirdischen Raumschiffen.

Mit der Veröffentlichung des ersten Buches über die Vorgänge in Roswell von Charles Berlitz und William L. Moore im Jahr 1980 wurde der Fall einer breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis gegeben. Erst seit dieser Zeit wird behauptet, dass es sich bei dem Objekt, das an jenem Tag abstürzte, um ein Alien-Raumschiff handelte. Es wird auch behauptet, dass an der Absturzstelle ein Alien-Körper gefunden wurde, der vom Militär zur berühmten Area 51 in Nevada gebracht wurde.

Allerdings wusste keiner der Augenzeugen des Jahres 1947 etwas über tote Aliens zu berichten. Der ehemalige Leichenbestatter Glenn Dennis (ein Freund von Walter Haut) brachte als Zeugin die Krankenschwester Naomi Maria Selff ins Spiel, die angeblich im Sommer 1947 die Leichen von Außerirdischen im Krankenhaus des Armee-Flugplatzes von Roswell sah. Mittlerweile aber konnte bewiesen werden, dass diese Dame nie existiert hat. Zwei weitere „Zeugen“, die von Alien-Leichen berichten – Kaufmann (alias Osborne/MacKenzie/Mr. X) und Ragsdale – können keine Beweise für ihre Behauptungen vorlegen.

Roswell als Inspiration für Bücher und Filme

Der Vorfall war eine große Inspiration für fiktionale Geschichten rund um UFOs, und der UFO-Tourismus ist heute eine bedeutende Einnahmequelle für die Einwohner von Roswell. Der Ort wird außerdem in vielen Büchern, Comics, Filmen und Fernsehserien erwähnt. Im Star-Trek-Universum war das Flugobjekt beispielsweise ein Ferengi-Schiff aus der Zukunft. Eine andere Erklärung bietet die Folge Roswell gut – alles gut der Zeichentrickserie Futurama [1]. Große Bekanntheit erreichte auch die Fernsehserie Roswell.

Am 5. Mai 1995 wurde ein Film, der sogenannte Santilli-Film, aus dem Besitz des Londoner Filmproduzenten Ray Santilli bekannt. In dem Film, der vorgeblich aus den 1940er-Jahren sein sollte, werden die Bilder einer angeblichen Autopsie eines Außerirdischen von der Absturzstelle gezeigt. Der Santilli-Film entfachte die Debatte um den Roswellvorfall erneut. Santilli hatte den Film angeblich von einem ehemaligen amerikanischen Militärkameramann erworben. 2006 hat der britische Special-Effects-Spezialist und Erfinder von Max Headroom, John Humphreys, zugegeben, dass er das Modell des Aliens geschaffen hat. Der Film wurde erst 1995 gedreht. Männer in Ärztekitteln operieren an Innereien herum, mit denen eine Latexpuppe ausgestattet worden war.[2].

Werner Herzog nimmt im Film The Wild Blue Yonder von 2005 den Vorgang als ein fiktives Ausgangsmaterial für eine Geschichte mit Außerirdischen.

Tourismus

Der Ort Roswell zieht seit den 1980er-Jahren Alien-Crash-Touristen in größeren Mengen an. Es gibt dort mehrere verschiedene Absturzstellen mit Eintrittsgeld, Alien-Museen, Festivals und Kongresse.

Literatur

Veröffentlichungen der US Air Force

  • USAF: The Roswell Report – Fact Vs. Fiction In The New Mexico Desert. Headquarters of the United States Air Force 1995
  • USAF: The Roswell Report – Case Closed, Headquarters of the United States Air Force, Government Printing Office 1997

Deutschsprachige Literatur

  • Charles Berlitz, William L. Moore: Der Roswell-Zwischenfall. München 1998, ISBN 3-426-72207-0
  • Stanton Friedman/Don Berliner: Der UFO-Absturz bei Corona, Kopp Verlag 1997, ISBN 3-930219-03-4
  • Philip J. Corso, William J. Birnes: Der Tag nach Roswell. München 1998, ISBN 3-442-55299-0
  • Michael Hesemann: Jenseits von Roswell. Der Schweigevorhang lüftet sich …. Güllesheim 1996, ISBN 3-923652-15-1
  • Uli Thieme: Neue UFO-Desinformation. In: CENAP-REPORT Nr. 238, Band 1, Mannheim 1997
  • Uli Thieme (1997): 50 Jahre Roswell – Ein UFO-Mythos stürzt ab. Schwäbisch Hall 1997
  • Uli Thieme: 10 Fragen und Antworten zum sogenannten Roswell-Zwischenfall von 1947. In: Der UFO-Student Nr. 2, Band 2/2000

Englischsprachige Literatur

  • Philip J. Klass: The Real Roswell Crashed Saucer Coverup. Buffalo, New York 1997 ISBN 1-57392-164-5
  • Karl K. Korff: The Roswell UFO Crash: What They Don´t want You to Know. Buffalo, New York 1997 ISBN 1-57392-127-0
  • Charles B. Moore, Benson Saler, Charles A. Ziegler: UFO Crash at Roswell, The Genesis of a Modern Myth. Washington 1997 ISBN 1-58834-063-5
  • Karl T. Pflock: Roswell In Perspective. Fund of UFO Research Inc. P.O. Box 277, Mount Rainier, MD 20712 1994
  • Kevin D. Randle, Donald R. Schmitt: UFO Crash at Roswell. New York 1991, ISBN 0-380-76196-3

Einzelnachweise

  1. Roswell gut – alles gut. Beschreibung der Futurama-Folge „Roswell that Ends well“ mit Standbildern, graphischer Episodenübersicht und Transkript.
  2. „Augsburger Allgemeine“ vom 5. Mai 2007

Weblinks

Aufgrund des amerikanischen Freedom of Information Act sind die Akten über die damaligen Vorfälle inzwischen veröffentlicht, soweit vorhanden.


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