Deutsche Westfront (Erster Weltkrieg)

Deutsche Westfront (Erster Weltkrieg)
Englischer Schützengraben an der Westfront
Stab einer Infanterie-Division beim Überschreiten einer genommenen englischen Stellung (1918)

Westfront ist die deutsche Bezeichnung für die sich über rund 750 km Länge vom Ärmelkanal bis an die Schweizer Grenze erstreckende Front des Ersten Weltkrieges in Frankreich und Belgien.

Die Westfront entstand nach dem Erstarren der deutschen und alliierten Frontlinien im Oktober/November 1914, verlief auf belgischem, französischem und reichsdeutschem Gebiet (in Deutsch-Lothringen und dem Elsass) und änderte sich während des Krieges in ihrem Verlauf nur unwesentlich - abgesehen vom Rückzug der Deutschen 1917 in die Siegfriedstellung und den deutschen Frühjahrsoffensiven 1918.

Die Front im Westen stabilisierte sich im August 1914 im Sundgau, nahe der Schweizer Grenze, verlief weiter hinauf auf den östlichen Vogesenkamm, über den Hartmannsweilerkopf, über die Höhen bei Munster, Urbeis, über den Bonhomme-Pass, den Ste.-Marie-Pass, sodann abfallend auf die westliche Kammseite bis hinein in die westlichen Ausläufer der mittleren Vogesen, dort über die Höhe 607 und La Fontenelle, den Chapelotte-Pass, weiter auslaufend in die hügelige Ebene Lothringens. Hier hatte sich die feste Front Mitte September 1914 ausgebildet, da es den deutschen Truppen in der Schlacht vor Lunéville (bei Rozelieures und Gerbéviller) nicht gelungen war, auf Épinal durchzustoßen und den französischen Nordarmeen in den Rücken zu fallen.

An der Mosel bei Pont-à-Mousson erreichte die Westfront den südlichen Schenkel des Frontbogens von St. Mihiel, verlief dort durch den Priesterwald, weiter vor Flirey und Limey in Ost-West-Richtung südlich des die Ebene dominierenden Montsec bis vor Apremont, dort durch den Wald von Apremont und Ailly, unterhalb des Ende September 1914 von bayerischen Truppen genommen Fort Camp des Romains, kreuzte die Maas vor St. Mihiel, um dann wieder auf dem östlichen Ufer die bewaldeten Höhen zu erklimmen und dort die Zwillingshöhen von Combres und Les Eparges zu erreichen.

Die Front zog sich, von den Maashöhen herunterkommend, bis zum Beginn der Schlacht von Verdun 1916 in einem großen Bogen in nordwestlicher Richtung vor Étain und unterhalb der Höhen entlang, erreichte nördlich von Verdun die Maas, von dort weiter in westlicher Richtung über die Höhe von Vauquois bis an den Rand der Argonnen verlaufend, die Argonnen durchquerend und in das Tal der Aisne hinabsteigend.

Vom Westrand der Argonnen verlief die Front westlich über die Höhen der kargen nördlichen Champagne, vorbei am Kanonenberg, im Bereich der im Krieg ausgelöschten Dörfer Perthes, Mesnil-lès-Hurlus, Tahure, Ripont, vorbei an der Navarin-Ferme, hinauf auf die der Stadt Reims östlich vorgelagerte Höhenkette des Cornillet, östlich an Reims vorbei, die Aisne bei Berry-au-Bac und die Höhe 108 kreuzend und weiter in nordwestlicher Richtung bis an den Fuß des Chemin des Dames.

Der dominierende Höhenzug des Chemin des Dames, im Dreieck Reims - Laon - Soissons gelegen, war bis zur französischen Frühjahrsoffensive 1917 fest in deutscher Hand und bildete den Dreh- und Angelpunkt der Westfront zwischen deren nördlichem und südlichem Ende. Die Front zog sich in westlicher Richtung entlang des Bergrückens, stieg bei Vendresse hinab in das Tal der Aisne, umschloss Soissons von Nordosten und Norden, um anschließend auf das Plateau des Soissonnais hinaufzusteigen. Das Plateau von Nouvron war Schauplatz der Frontkämpfe um die Quennevières-Ferme; die Front verlief hier westlich/nordwestlich bis an die Oise südlich von Noyon, durch das Bergland von Thiescourt und Dreslincourt, vorbei am Plémont, um dann in die Weiten der Picardie hinabzusteigen.

Bis zum Rückzug in die Siegfriedstellung zog sich die Westfront in nordwestlicher Richtung durch die endlosen Felder der "Kornkammer" Frankreichs, westlich vorbei an Roye, die alte Römerstraße zwischen Amiens und St. Quentin kreuzend, westlich von Péronne an die Somme stoßend, um nördlich des Flusses in nordwestlicher Richtung auf Albert und die Höhen der Ancre zuzulaufen. Im Frontbogen der Somme lagen bis zur alliierten Offensive 1916 die zerstörten, aber von den Deutschen zu Festungen ausgebauten Frontdörfer von Mametz, Fricourt, Ovillers, La Boisselle, Thiepval, Beaumont-Hamel, Beaucourt, Serre und Gommecourt, dem westlichsten Punkt der Westfront.

Weiter ging es in nordöstlicher Richtung in weitem Bogen um die von den Alliierten zäh verteidigte Stadt Arras und im weiteren Verlauf der Front in nördlicher Richtung über St.Laurent-Blangy, Roclincourt, Neuville-St.Vaast und durch das berüchtigte Labyrinth auf die Höhenkette von Vimy, die 1915 von den Franzosen eingenommenen Orte Souchez, Ablain-St.Nazaire und Carency einschließend, hinauf auf die Loretto-Höhe. Hier tobten 1915 und 1917 heftige Kämpfe um die Dominanz über die Höhen und den damit verbundenen kilometerweiten Ausblick in die Ebene des strategisch wichtigen Kohlebeckens von Lens.

Die Frontlinie verlief weiter in nordöstlicher Richtung, Lens auf deutscher Seite einbeziehend, dann nach Norden schwenkend durch die Gruben- und Schlackenlandschaft des Artois, vorbei an Loos, Hulluch, dem berüchtigten Hohenzollernwerk bis an den Kanal von Béthune nach La Bassée. Von dort zog sich die Front in nordöstlicher Richtung durch Französisch-Flandern, über Givenchy, Neuve Chapelle, Fromelles, Aubers bis an die Straße Lille - Armentières, letztgenannte Kleinstadt östlich umfassend, um dann südlich des Ploegsteert-Waldes auf belgisches Territorium zum gelangen.

Flandern wurde vier Jahre von der Frontline durchzogen, die sich über den Rücken von Messines und Wytschaete erstreckte und über einen flache Hügelkette in einem Halbkreis östlich von Ypern verlief. Namen wie Höhe 60, Zillebeke, Zonnebeke, Passchendaele, Bikschoote, Langemark und Steenstraat wurden zum Fanal des Krieges. Die Frontlinie stieß letztlich an die nördlich von Ypern nach Nieuwpoort fließende Yser, vorbei an Diksmuide und erreichte bei Nieuwpoort ihren nördlichsten Punkt an der Nordsee.

Der Krieg an der Westfront steht für unermessliches Leid der Soldaten beider Seiten. Dies schloss Großangriffe der Infanterie gegen stark ausgebaute und von Maschinengewehren verteidigte Stellungen, den Gaskrieg, tagelangen Artilleriebeschuss und Artillerieduelle bis dato ungekannten Ausmaßes, die ersten Luftkämpfe und den mittelalterlich anmutenden Minenkrieg mit ein. Millionen von Soldaten wurden an dieser Front verwundet oder getötet. Hunderttausende Gefallene liegen entlang der Westfront in hunderten von Soldatenfriedhöfen oder bis heute unentdeckt in der zerwühlten und nur mühsam rekultivierten Erde.

Die Kampfhandlungen - dabei vor allem der intensive Einsatz der Artillerie - ließen stellenweise eine Kraterlandschaft zurück. Der Frontverlauf des Stellungskrieges ist bis heute, fast ein Jahrhundert später, noch an vielen Stellen zu erkennen.

Siehe auch: Zweifrontenkrieg

Literatur

  • Dieter Storz: Die Westfront 1918, in Militärgeschichte Heft 3/2008, MGFA, ISSN 0940-4163


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