Deutsches Humangenomprojekt

Deutsches Humangenomprojekt

Das Humangenomprojekt (HGP, engl. Human Genome Project) wurde im Herbst 1990 mit dem Ziel gegründet, das Genom des Menschen vollständig zu entschlüsseln, d. h. die Abfolge der Basenpaare in der menschlichen DNA auf ihren einzelnen Chromosomen durch Sequenzieren zu identifizieren. Das menschliche Genom enthält alle Informationen, die die für einen Menschen notwendigen Proteine mit den Basenpaaren in seiner DNA kodieren. Die vollständige Sequenzierung dieses Genoms bildet unter anderem die Grundlage für die Möglichkeit, Erbkrankheiten zu erforschen und molekulare Mechanismen der Krebsentstehung besser zu verstehen.

Durch Vergleich des menschlichen Erbguts mit dem anderer Lebewesen erhoffen sich die Genetiker weitere Erkenntnisse über den Ursprung bestimmter Krankheiten und neuer Therapiemöglichkeiten. Schimpansen, deren Erbgut dem des Menschen zu 96 Prozent gleicht, sind immun gegen Krankheiten wie AIDS und Malaria. Die Wissenschaftler gehen davon aus, mit der Entdeckung jener Erbanlagen, die Affen vor diesen Infektionen schützen, entsprechende Schutzmaßnahmen entwickeln zu können. Die Ergebnisse sollen helfen, für einzelne Patienten maßgeschneiderte Arzneimittel zu erzeugen, welche keine Nebenwirkungen aufweisen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Projekt wurde in den USA im Oktober 1990 als Projekt eines öffentlich finanzierten internationalen Forschungsverbunds gegründet. Geleitet wurde das HGP zuerst von James Watson, einem der Entdecker der DNA-Struktur. 1992 verließ er das Projekt jedoch nach einem Streit mit NIH-Chef Bernadine Healy, weil er Healys Versuche ablehnte, Gensequenzen patentieren zu lassen. Sein Nachfolger wurde der renommierte Genetiker Francis Collins. Am Projekt nahmen zu Beginn über 1.000 Wissenschaftler in 40 Ländern teil. Ziel war die Sequenzierung des menschlichen Genoms bis 2010. 1992 veröffentlichte das Projekt Genkarten für die Chromosomen 21 und Y. Im Juni 1995 schloss sich auch Deutschland dem internationalen Humangenomprojekt der Human Genome Organisation an und nahm seine Arbeit ein Jahr darauf auf. Das Deutsche Humangenomprojekt (DHGP) wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert. Die Human Genome Organisation bekam 1998 durch die neu gegründete US-Firma Celera private Konkurrenz. Bis 1999 erfolgte die Sequenzierung des Chromosoms 22. 2000 wurde das Chromosom 21 vollständig sequenziert, wodurch die Möglichkeiten zur Erforschung der Auswirkungen einer Trisomie 21 wachsen.

Das HGP fand in der Öffentlichkeit seinen vorläufigen Höhepunkt, als 2001 unabhängig von beiden Forschungsunternehmungen die vollständige Sequenzierung des menschlichen Genoms verkündet wurde, die in den Medien häufig als „Entschlüsselung“ tituliert wurde.

2003 wurde endgültig die Fertigstellung im Rahmen der angelegten Maßstäbe verkündet. Das Deutsche Humangenomprojekt beendete erfolgreich im Juni 2004 seine Aktivitäten. Auf die Arbeiten des Deutschen Humangenomprojekts aufbauend, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung seit 2001 das Nationale Genomforschungsnetz (NGFN). Im Mittelpunkt der Arbeiten steht die Erforschung der genetischen Ursachen von häufigen Krankheiten. Als Nachfolgeprojekt wurde vom National Human Genome Research Institute (NHGRI) das ENCODE-Projekt gestartet.

Erkenntnisse 2005

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Korrektur der Anzahl Gene

Ursprünglich wurde angenommen, der Mensch habe 100.000 Gene, später ging man davon aus, es seien um die 40.000. Heute wissen wir, dass der Mensch 20.000 bis 25.000 Gene aufweist.[1] Das IGHC beziffert die Zahl der Basenpaare im menschlichen Genom auf 3,08 Milliarden, wovon bereits 2,88 Milliarden analysiert sind. Die Sequenzdaten sind über die frei zugänglichen Datenbanken des öffentlich finanzierten Genomprojektes abrufbar.

Fehlerbereinigung

Das menschliche Genom wurde bislang des Öfteren als entziffert benannt. 2001 behaupteten dies das öffentlich finanzierte IGHC und das privat finanzierte konkurrierende Biotechnikunternehmen Celera. Celera ist inzwischen mangels Finanzierung aus dem Rennen ausgestiegen. Die damals präsentierten Daten beider Projekte erwiesen sich als fehler- und lückenhaft. Laut Matthias Platzer, dem Leiter der Genomanalyse am Institut für Molekulare Biotechnologie in Jena, enthielten 58 Prozent der 2001 vorgestellten Daten Fehler.

komplettierte DNA-Sequenzen

Die an Genen reichen und damit für das Gros der Lebensprozesse wichtigen Regionen sind zu 99,99999 Prozent erfasst. Auf 100.000 richtig gelesene Bausteine käme nur ein falscher. Es ist nun bekannt, welches Gen auf welchem Chromosom liege. 2001 gab es noch 150.000 Lücken im Genom. Inzwischen sind es nur noch 341. Davon lassen sich 33 mit den vorhandenen Methoden nicht lesen. Die übrigen 308 werden gesondert erforscht. Eine „endgültige“ Version der menschlichen Erbgutsequenz ist jedoch nicht zu erwarten, weil selbst die Genome zweier Menschen um bis zu 0,1 Prozent variieren.

Mit dem Chromosom 1 wurde 2005/06 das letzte der 23 menschlichen Chromosomenpaare sehr genau analysiert. Durch über 160 Wissenschaftler um Simon Gregory vom Wellcome Trust Sanger Institute in Großbritannien (Cambridgeshire) und den USA wurden die Sequenzdaten in der Ausgabe 441 (S. 315) des Fachblatts „Nature“ publiziert. Sie geben die Genauigkeit der Sequenz nun mit mehr als 99,99 Prozent an. (Frankfurter Rundschau u. Deutsche Presseagentur vom 17. Mai 2006)

Kosten

2006 beliefen sich die Kosten für die Sequenzierung von drei Milliarden Basenpaaren auf rund 10 Millionen US$. Es ist zu erwarten, dass durch verbesserte und/oder neue Sequenziertechniken die Kosten in Zukunft deutlich reduziert werden können[2]. Die amerikanische Firma Complete Genomics hat angekündigt, ab Frühling 2009 die Sequenzierung eines menschlichen Genoms für 5000 US$ anzubieten.[3]

Zukünftige Aufgaben

Insgesamt sind bislang etwa 1500 „Krankheitsgene“ identifiziert. Da an der Entstehung von fast allen erblichen Krankheiten mehrere Gene beteiligt sind, steht die Forschung nun vor der Aufgabe, langfristig deren Zusammenspiel im Detail zu klären und entsprechende Medikamente zu entwickeln. Auf die Entzifferung des Erbgutes folgt auch die Entschlüsselung des Lebens im Rahmen der Proteomik.

Siehe auch

Literatur

  • S. G. Gregory, K. F. Barlow, K. E. McLay u. a.: The DNA sequence and biological annotation of human chromosome 1. In: Nature 441, 315-321 (18 May 2006) | doi:10.1038/nature04727; Received 24 December 2005; Accepted 13 March 2006
  • J. Gerhards, M.S. Schäfer (2006): Die Herstellung einer öffentlichen Hegemonie: Mediale Diskurse über Humangenomforschung in deutsch-amerikanischen Vergleich. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. (zur Medienberichterstattung über die Sequenzierung des Genoms)

Einzelnachweise

  1. Nature, Bd. 431, S. 931
  2. (Nature, Bd. 441, S. 130)
  3. Five Thousand Bucks for Your Genome

Weblinks


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