Displaced people

Displaced people

Displaced Person (DP; engl. für eine „Person, die nicht an diesem Ort beheimatet ist“) ist eine Verwaltungskategorie der westlichen Alliierten von 1944. Sie bezeichnet eine Zivilperson, die sich aufgrund von Kriegsfolgen zwangsweise außerhalb ihres Heimatstaates aufhält. Diese Verwaltungskategorie unterschied sich absichtlich von Militärs oder Kriegsgefangenen. Die Bezeichnung steht allgemein für Menschen, die infolge von Krieg, Verfolgung oder auch Katastrophen ihr Herkunftsgebiet verlassen mussten und aufgrund der Situation nicht dorthin zurückkehren können. Im Begriff schwingt mit, dass diese Veränderung durch andere veranlasst wurde (konkret damals also meistens durch deutsche Behörden).

Inhaltsverzeichnis

Displaced Persons nach dem Zweiten Weltkrieg

Der Begriff Displaced Persons wurde im Zweiten Weltkrieg vom Hauptquartier der alliierten Streitkräfte (SHAEF) vor allem für die Zwangsarbeiter und Zwangsverschleppten der nationalsozialistischen Herrschaft verwendet, die vornehmlich aus osteuropäischen Staaten aber auch dem ganzen Europa stammten und sich nach April 1945 in Deutschland aufhielten. Insbesondere werden Menschen so bezeichnet, die von den Nationalsozialisten interniert oder verschleppt oder als "Fremdarbeiter" im Ausland angeworben worden waren und am Ende des Zweiten Weltkrieges aus Konzentrationslagern, Zwangsarbeit und teilweise auch aus Kriegsgefangenschaft befreit wurden bzw. durch vom Kriegsende bedingte Umstände frei kamen.

In den späteren westlichen Besatzungszonen befanden sich zum Ende des Zweiten Weltkrieges etwa 6,5 Millionen DPs. Allein in den fränkischen Regierungsbezirken Bayerns gab es zwischen 1946 und 1949 28 DP-Lager (engl.: DP-Camps) für jüdische Holocaustüberlebende, z. B. in Ansbach, Fürth, Hof (Saale), Rehau und Windsheim.

Unter dem Begriff werden auch Personen geführt, die nach dem Pogrom von Kielce (1946) nach Deutschland gekommen waren.

Repatriierung

Angesichts der Kriegswirren ist die genaue Zahl ungeklärt, sie wird mit zwischen 6,5 und 12 Millionen beziffert, wobei sich die letztere Zahl auf alle von den Alliierten befreiten DPs bezieht, also auch auf jene, die sich in den zuvor von Deutschland besetzten Gebieten befanden. Ein großer Teil dieser Menschen konnte relativ schnell von den Alliierten in ihre Ursprungsländer zurückgeführt („repatriiert“) werden. In den Fällen von Staatsangehörigen der westlichen Alliierten stellte die Repatriierung ein geringes Problem dar. Auch die Rückkehr von Zwangsarbeitern aus Nord-, West- und Südeuropa verlief den Umständen entsprechend zügig. Die Repatriierung wurde von der UNRRA, einer Unterorganisation der UNO, unter Leitung der Militäradministrationen der westlichen Besatzungszonen durchgeführt. Bis September 1945 konnten alle bis auf ungefähr 1,2 Millionen DPs repatriiert werden.

Nur die Heimführung von Fremdarbeitern aus Osteuropa, insbesondere der Ukraine, und dem Baltikum dauerte unverhältnismäßig lange. Dies hatte vor allem zwei Gründe. So konnten beispielsweise die ehemaligen Zwangsarbeiter aus Polen erst Ende 1945 aus Ludwigshafen heimkehren, da die Sowjetunion erst auf die Rückführung aller sowjetischer Bürger bestand, bevor sie den Weg durch ihre Besatzungszone auch anderen DPs erlaubte.

Auch kam es vor, dass sich ehemalige polnische Zwangsarbeiter der Rückführung widersetzten, da sie nicht in ihre kommunistisch regierte Heimat zurückkehren wollten. In dieser Haltung wurden sie auch durch Funktionäre der Polnischen Exilregierung bestärkt. Dazu kam die Tatsache, dass der Ostteil Polens von der Sowjetunion annektiert worden war. Häufig wurden DPs gegen ihren erklärten Willen zwangsrepatriiert. Unter den sowjetischen Zwangsarbeitern herrschte oft die Furcht, in der Sowjetunion für ihre Zwangsarbeit bei dem deutschen Gegner nach ihrer Heimkehr bestraft zu werden. Diese Sorge war nicht unbegründet, da es umfangreiche Repressalien gab und von den repatriierten Sowjetbürgern 157.000 wegen des Verdachts auf Kollaboration hingerichtet wurden.[1]

Im Winter 1945/1946 kam die Repatriierung der DPs fast vollständig zum Erliegen. Die verbliebenen DPs wurden großteils als nicht repatriierbar bezeichnet.

Neuansiedlung

Ab Anfang 1947 wurde versucht, die bisher nicht repatriierten DPs in anderen Ländern anzusiedeln. Zu den Aufnahmeländern gehörten unter anderem Großbritannien, Kanada, Belgien, USA, Frankreich, Palästina, Australien. Unter anderem die Auswanderung von Juden nach Palästina führte 1948 zur Gründung des Staates Israel. Da Länder wie die Vereinigten Staaten keine Tuberkulose-Kranken aufnahmen, blieb vielen DPs auch die Neuansiedlung (engl. Resettlement) verwehrt.

Die verbliebenen oder zurückgekehrten Displaced Persons, darunter viele Juden, blieben teilweise jahrelang in DP-Lagern, wo sie von der UNRRA (ab 1947 von ihrer Nachfolgeorganisation IRO) und jüdischen Organisationen wie dem Joint Distribution Committee betreut wurden. Die Situation in den Lagern war anfangs kritisch, was im Harrison-Report zum Ausdruck kam; teilweise handelte es sich bei den Unterkünften um ehemalige Zwangsarbeiter- oder Konzentrationslager (z. B. Bergen-Belsen), in denen die Befreiten nun leben sollten. Zudem wurden sie von der deutschen Bevölkerung und auch der Administration stark diskriminiert. Aufgrund der ungeklärten Perspektive wurden in einigen größeren Lagern Bildungseinrichtungen wie Kindergärten und Lehrerseminare eingerichtet.

Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 erhielten die verbliebenen DPs die Rechtsstellung „heimatlose Ausländer“; einige von ihnen sind bis heute staatenlos.

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard Hausen: Zwangsarbeit im Kreis Olpe. Neues Displaces Persen-Lager im Kreis Olpe bei Wenden entdeckt. ISSN 0177-8153, Herausgeber: Der Landrat des Kreises Olpe, Band 32 der Schriftenreihe
  • Wolfgang Jacobmeyer, Vom Zwangsarbeiter zum Heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in Westdeutschland 1945-1951, Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen 1985, ISBN 3-525-35724-9.
  • Angelika Königseder, Juliane Wetzel, Lebensmut im Wartesaal. Die jüdischen DPs (Displaced Persons) im Nachkriegsdeutschland, Fischer Taschenbuch Verlag: Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-596-10761-X.
  • Andreas Lembeck unter Mitarbeit von Klaus Wessels: Befreit, aber nicht in Freiheit. Displaced Persons im Emsland 1945-1950. 224 S., Edition Temmen, Bremen 1997, ISBN 3-86108-321-3
  • Michael Pegel, Fremdarbeiter, Displaced Persons, Heimatlose Ausländer. Konstanten eines Randgruppenschicksals in Deutschland nach 1945, LIT-Verlag, Münster 1997, ISBN 3-8258-3185-X
  • Jan Rydel, Die polnische Besatzung im Emsland 1945-1948, fibre Verlag, Osnabrück 2003, ISBN 39-2975-9683
  • Stefan Schröder, Displaced Persons im Landkreis und in der Stadt Münster 1945-1951, Veröffentlichung der Historischen Kommission für Westfalen Band XXII, Verlag Aschendorff, Münster 2005, ISBN 3-402-06784-6.
  • Jim G. Tobias: Vorübergehende Heimat im Land der Täter. Jüdische DP-Camps in Franken 1945-1949. Nürnberg, ANTOGO Verlag, 2002. 288 Seiten, 74 Abbi. ISBN 978-3-9806636-3-2
  • Roman P. Smolorz: Displaced Persons (DPs) : Autoritäten und Anführer im angehenden Kalten Krieg im östlichen Bayern. Regensburg, Stadtarchiv, 2006. 146 Seiten, zahl. Abb. ISBN 3-935052-53-7
  • Christian Pletzing, Marianne Pletzing (Hgg.): Displaced Persons. Flüchtlinge aus den baltischen Staaten in Deutschland. München: Martin Meidenbauer 2007. (=Colloquia Baltica 12). ISBN 978-3-89975-066-9, ISBN 3-89975-066-7

Einzelnachweise

  1. Die Zahl stammt aus einem Aufsatz von Ulrike Goeken-Haidl, Repatriierung in den Terror? Die Rückkehr der sowjetischen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen in ihre Heimat 1944-1956, in: Dachauer Hefte 16 (2000) „Zwangsarbeit“, S. 190-209, hier: S. 203ff.

Weblinks


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