Dom St. Mariae

Dom St. Mariae
Der Mariendom, Nordansicht
Inneres

Der Hildesheimer Dom St. Mariä Himmelfahrt ist die Kathedrale des Bistums Hildesheim. Der erste Dombau an dieser Stelle entstand 872. Gebäude und Kunstschätze gehören zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Bau

Nach der Gründung des Hildesheimer Bischofssitzes 815 entstand zunächst eine Marienkapelle im Bereich der heutigen Apsis. Südlich benachbart baute Bischof Gunthar eine der hl. Cäcilia geweihte Basilika von bescheidenen Maßen mit zwei hohen Rundtürmen, die als erste Dom- und Stiftskirche diente und die Gräber der ersten vier Bischöfe aufnahm. Von beiden Bauten sind nur Fundamentreste erhalten.

Der Hildesheimer Mariendom wurde 872 unter Bischof Altfrid als dreischiffige Basilika auf Kreuzgrundriss mit einem zweistufigen Westwerk erbaut. Das Innere gibt ein frühes Beispiel des Niedersächsischen Stützenwechsels. 1046 erlitt er schwere Brandschäden. Bischof Azelin beabsichtigte, weiter westlich einen größeren Neubau zu errichten, und ließ das Mauerwerk des Langhauses abtragen. Sein Nachfolger Hezilo gab den Neubauplan auf und baute wieder auf den Altfridfundamenten unter Einbeziehung der noch vorhandenen Mauern. Bis zum 14. Jahrhundert erfolgten weitere tiefgreifende Bauveränderungen, ohne dass jedoch vom Grundriss des Altfrid-Baus abgewichen wurde. Aus gotischer Zeit stammen die Seitenkapellen der Nord- und Südseite. Der Vierungsturm ist barock. Das 19. Jahrhundert ersetzte das originale Westwerk durch eine neuromanische Doppelturmfront, die bis 1945 bestand.

Der den Dom umgebende Domhof lässt noch heute klar die Struktur der bernwardinischen Domburg erkennen.

Zerstörung im Zweiten Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Dom so gut wie vollständig zerstört und zwischen 1950 und 1960 neu aufgebaut. Dabei wurde die Barockisierung des Doms aufgegeben und eine Wiedererrichtung in angenommenen frühromanischen Formen durchgeführt. Mit Blick auf das 1200-jährige Bistumsjubiläum im Jahr 2015 wird derzeit eine aufwändige Renovierung und Umgestaltung geplant.

Der Tausendjährige Rosenstock

Weithin bekannt ist das Kirchengebäude wegen einer Besonderheit, die sich außerhalb des Dombaus befindet: der so genannte Tausendjährige Rosenstock. Er wächst an der Außenwand der Apsis, im Innenhof des Kreuzgangs. Das exakte Alter der Rose lässt sich nicht mehr genau bestimmen. Die Rosenstock-Legende nennt das Datum 815.

Damals, so wird erzählt, habe Kaiser Ludwig der Fromme auf der Jagd mitten im Wald eine Messe lesen lassen, wobei das mitgeführte Marien-Reliquiar am Zweig einer Wildrose aufgehängt wurde. Nach der Messe sei es von dem Zweig nicht mehr zu lösen gewesen. Darin habe der Kaiser das Zeichen gesehen, hier – und nicht, wie geplant, in Elze – das neue Bistum zu gründen und es der Gottesmutter Maria zu weihen, deren Symbol die Rose ist.

Kontinuierlich bezeugt ist der heutige Rosenstock seit mindestens vierhundert Jahren.

Während des Zweiten Weltkrieges beschädigten Spreng- und Brandbomben den Dom und die Apsis mit dem Rosenstock am 22. März 1945. Von der Rose blieb unter den Trümmern nur ein verkohlter Stumpf stehen, und man dachte, nun sei das Ende der berühmten Rose gekommen. Doch die Wurzeln der Rose waren weitestgehend unbeschädigt. Schon im Frühjahr 1945 entwickelten sich 20 neue Triebe. Die ersten Blüten zeigten sich 1947, wenn auch erst in geringer Zahl. 1948 belief sich die Anzahl der Blüten schon auf 122. Seither werden die sich neu zweigenden Äste der „Tausendjährigen Rose“ - wie bereits vor der Zerstörung - mit kleinen Blechschildern mit dem Jahr gekennzeichnet, in dem sie neu gewachsen sind. Als die Hildesheimer Bevölkerung sah, dass der Rosenstrauch neue Triebe entwickelte, nahm sie das als Zeichen des guten Neuanfangs, und die Rose wurde zu einem Wahrzeichen der Stadt. Die Hildesheimer Rose gilt als die älteste lebende Rose weltweit.

Innenausstattung, Kunst und Schätze

Heziloleuchter
Taufbecken: Detail Taufe Christi im Jordan
St. Antonius mit Azelinleuchter und Lettner

Weltberühmt sind die Bronzegüsse aus der Zeit Bischof Bernwards (993–1022):

  • die Bernwardstür aus dem Jahre 1015 (mit Darstellungen aus der Heilsgeschichte)
  • die Christussäule aus dem Jahre 1020 (mit Darstellungen der Taten Christi)

Weitere Schätze sind:

  • der Heziloleuchter, ein Radleuchter aus dem 11. Jahrhundert (roman. Leuchterkrone in der Vierung, himmlisches Jerusalem)
  • der Schrein des hl. Epiphanius von Pavia und der Dompatrone unter dem Hauptaltar
  • der Schrein des hl. Godehard in der Krypta
  • das Hildesheimer Marienreliquiar, das Bernwardskreuz sowie weitere prachtvolle Reliquiare und liturgische Geräte, ausgestellt im Dommuseum am südlichen Querhaus
  • das spätromanische Bronze-Taufbecken aus dem Jahre 1225
  • die gotische Tintenfassmadonna am südwestlichen Vierungspfeiler.
  • Von der Nachkriegsausstattung erwähnenswert sind das Marienfenster im Scheitel des Hauptchors (Maria mit Mond und Sternen nach Offb 12) sowie das Apsismosaik, das zugleich an die Kriegszerstörung Hildesheims und den apokalyptischen Weltbrand erinnert. Darüber steht das Psalmwort (Ps 104,30) Renovabis faciem terrae, alleluiaDu erneuerst das Antlitz der Erde, halleluja.
  • Das Postament einer im Seitenschiff stehenden Marienstatue soll der Sage nach aus dem Kernstück der Irminsul bestehen.
  • An der südlichen Außenwand des Chors befindet sich das Grabmal des Priesters Bruno.
  • Vor dem Nordwesteingang steht C.F. Hartzers Bernwardsdenkmal von 1893.
  • Die St.-Antonius-Kirche an der Südseite des Kreuzgangs beherbergt u.a. den Domlettner und den Azelinleuchter.

Glocken

Der Dom verfügt über sieben Glocken, wobei die kleine Nikolausglocke im Nordparadies abgestellt ist und die übrigen übereinander in zwei Glockenstühlen des Westturmes hängen. Der Dachreiter wird im Zuge der Restaurierung des Domes Glocken erhalten.

Nr. Name Gussjahr Gießer, Gussort Durchmesser
(mm)
Gewicht
(kg)
Nominal
(16tel)
Glockenstuhl
1 Canta Bona 1960 Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg 2300 8686 f0 +4 unten
2 Apostelglocke 1765 Johann Martin Roth, Mainz 1940 4895 as0 +6 unten
3 Bernwardsglocke 1960 Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg 1698 3366 b0 +4 unten
4 Godehardsglocke 1960 Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg 1500 2278 c1 +4 oben
5 Epiphaniusglocke 1960 Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg 1260 1343 es1 +6 oben
6 Cäcilienglocke 1960 Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg 1060 1068 f1 +4 oben
Nikolausglocke,
im Nordparadies aufgestellt
1766 Johann Martin Roth, Mainz 950 550 as1 +2
Nr. Inschrift
1 CANTATE DOMINO CANTICUM NOVUM QUIA MIRABILIA FECIT SANCTA MARIA CANTA BONA NOBIS! – Auxilio Matris D.N.J.Ch. confidens me fudit F.W. Schilling Heidelbergensis Anno Domini MCMLIX
(„Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er hat wunderbares getan. Heilige Maria singe uns gute Botschaft! Im Vertrauen auf die Hilfe der Hl. Gottesmutter hat mich F.W. Schilling aus Heidelberg im Jahre des Herrn 1950 gegossen“)
2 Johann Martin Koch von Maintz hat mich gegossen in Hildesheim Anno 1765, APOSTOLIS PETRO ET PAULO COMPATRONIS HILDESIENSIBUS
(„Den Mitpatronen Hildesheims den Aposteln Petrus und Paulus“)
3 SIT PIA PAX ET VOS AMEN CANITE SANCTE BERNWARDE ORA PRO NOBIS
(„Heiliger Friede möge sein und Ihr singt das Amen dazu Hl. Bernward bitte für uns“)
4 STERNE RESISTENTES/STANTES REGE/TOLLE JACENTES. SANCTE GODEHARDE ORA PRO NOBIS
(„Stürze die Trotzenden/Regiere die Stehenden/Erhebe die Liegenden. Heiliger Godehard bitte für uns“)
5 EPIPHANIUS PACIFICATOR PATRONUS EPIPHANIAM DOMINI NUNTIAT. SANCTE EPIPHANI PRECARE PRO NOBIS
(„Epiphanius, der Friedensstifter, kündet als Schutzherr die Erscheinung des Herrn. Heiliger Epiphanius bitte für uns“)
6 CANTANTIBUS ORGANIS CAECILIA DOMINO DECANTANBAT! SANCTA CAECILIA ADJUVA NOS
(„Unter den Klang der Orgel sang Cäcilia das Lob des Herrn. Heilige Cäcilia erflehe uns Hilfe“)

Weltkulturerbe

1985 wurde der Hildesheimer Dom durch die UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.



Literatur

  • Bernhard Gallistl: Der Dom zu Hildesheim und sein Weltkulturerbe, Bernwardstür und Christussäule, Bernward Mediengesellschaft mbH, Hildesheim (2000), ISBN 3-89366-500-5
  • Karin Heise: Der Lettner des Hildesheimer Doms – Die Bildhauerkunst der Münsterschen Werkstätten 1535–1560, 2 Bände, Hildesheim 1998 (= Der Hildesheimer Dom – Studien und Quellen, Bd. 2,1 + 2,2).
  • Ulrich Knapp (Hrsg.), Der Hildesheimer Dom - Zerstörung und Wiederaufbau, (Kataloge des Dom-Museums Hildesheim; Bd. 2), Michael Imhof Verlag, Petersberg (1999), ISBN 3-932526-48-1
  • Ulrich Knapp (Hrsg.), EGO SUM HILDENSEMENSIS - Bischof, Domkapitel und Dom in Hildesheim 815 bis 1810, (Kataloge des Dom-Museums Hildesheim; Bd. 3), Michael Imhof Verlag, Petersberg (2000), ISBN 3-932526-74-0
  • Karl Bernhard Kruse (Hrsg.), Der Hildesheimer Dom - Von der Kaiserkapelle und den Karolingischen Kathedralkirchen bis zur Zerstörung 1945 (Grabungen und Bauuntersuchungen auf dem Domhügel 1988 bis 1999), Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover (2000), ISBN 3-7752-5644-X
  • Annett Laube-Rosenpflanzer ; Lutz Rosenpflanzer: Kirchen, Klöster, Königshöfe : vorromanische Architektur zwischen Weser und Elbe , Halle 2007, ISBN 3898124991

Weblinks


52.1488888888899.94722222222227Koordinaten: 52° 8′ 56″ N, 9° 56′ 50″ O


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