- Dominoeffekt
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Als Domino-Effekt bezeichnet man eine Abfolge von – meist ähnlichen – Ereignissen, von denen jedes einzelne zugleich Ursache des folgenden ist und die alle auf ein einzelnes Anfangsereignis zurückgehen. Die Kettenreaktion kann als Spezialfall des Domino-Effekts angesehen werden.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Seinen Namen hat der Domino-Effekt von einem Geschicklichkeitsspiel mit den Steinen des Dominospiels, bei dem die Steine hochkant in einer Reihe so aufgestellt werden, dass beim Umwerfen des ersten Steins, dieser den zweiten umwirft, dieser den dritten usw. bis alle Steine zum liegen gekommen sind.
Grundlagen
Der Länge einer solchen Ereigniskette sind physikalisch keine Grenzen gesetzt, da (beispielhaft am Dominospiel erläutert) jeder fallende Stein genügend Energie an den nächsten abgibt, um ihn ebenfalls zu Fall zu bringen. Jeder Dominostein hat durch das Aufstellen potenzielle Energie gespeichert und befindet sich zugleich in einem metastabilen Gleichgewicht – die Menge gespeicherter Energie kann durch Einwirkung einer kleineren Menge kinetischer Energie freigesetzt werden. Da die Bewegungsenergie eines umfallenden Dominosteins genügt, um mehrere andere umzuwerfen, muss die Ereigniskette nicht linear bleiben, sondern kann sich in beliebig viele Ketten aufspalten und so zu einem exponentiellen Anwachsen von Ereignissen führen. Praktisch begrenzt wird die Ereigniskette allein durch die Anzahl aufgestellter Steine, deren Ausmaße (bei endlicher Größe können sie maximal im Kreis angeordnet werden und so von einem Zentrum wegführen; die Ausbreitung wäre damit nicht mehr exponentiell, sondern nur noch quadratisch) und den zur Verfügung stehenden Raum.
Verallgemeinert kann von einem Domino-Effekt immer dann gesprochen werden, wenn a. ein Anfangsereignis mindestens soviel Energie freisetzt, wie zu seiner unmittelbaren Herbeiführung aufgewendet werden muss (einschließlich aller Verluste durch Reibung u. ä.) und b. die freigesetzte Energie ein oder mehrere Folgeereignisse auslöst, die ebenfalls die Bedingungen a und b erfüllen. Wird an einer Stelle der Ereigniskette eine dieser Bedingungen nicht erfüllt, kommt sie zum Erliegen. (Ausnahme: Bei einer Verkettung ungleicher Ereignisse braucht Bedingung a in bestimmten Einzelfällen nicht erfüllt zu werden: immer dann, wenn das Auslösen des Folgeereignisses weniger Energie verbraucht, als das Auslösen des vorhergehenden. Für eine dauerhafte Ereigniskette muss dann eines der nachfolgenden Ereignisse wieder mehr Energie freisetzen als zu seiner Herbeiführung aufgewendet wurde.)
Der Domino-Effekt vermittelt die Illusion, ein „Fingerschnippen“ genüge, um eine beliebig große Wirkung zu erzielen. Tatsächlich löst es aber nur eine Kaskade von Umwandlungen vorher gespeicherter Energie in Bewegungsenergie aus. Am Beispiel der Dominosteine bedeutet das: Zur Arbeit des Fingerschnippens muss die des Aufstellens aller Steine hinzugerechnet werden.
Übertragene Bedeutung
Der Begriff Domino-Effekt wird seiner Anschaulichkeit wegen auch beispielsweise für soziale oder politische Prozesse verwendet, die aus einer Folge sich bedingender Ereignisse bestehen. Im Rückblick können Domino-Effekte durchaus festgestellt werden. Problematisch ist aber bei Planungen und Prognosen die nicht genau zu quantifizierende „Energiebilanz“ solcher gesellschaftlicher Prozesse und die dabei grundsätzlich unvollständige Kenntnis aller „Dominosteine“, ihrer „Position“ zueinander und damit auch die möglicher Wechselwirkungen.
Ein bekanntes Beispiel der Übertragung des Domino-Effekts auf politische Prozesse ist die Dominotheorie, die prognostizierte, dass der kommunistische Umsturz in einem Land den Kommunismus in weiteren, benachbarten Ländern nach sich ziehen würde. Diese Dominotheorie diente den USA als eine Begründung für ihre Teilnahme am Vietnamkrieg. In einer Variante brachte die US-Regierung die Dominotheorie auch als eine Begründung des von ihr begonnenen dritten Golfkriegs vor: Der Sturz der Regierung Saddam Husseins und die folgende Demokratisierung des Irak solle Demokratisierungsbestrebungen in benachbarten Staaten auslösen und so in einem Domino-Effekt langfristig die Umwandlung nahöstlicher Diktaturen in demokratische Gemeinwesen bewirken, wodurch auch dem islamistischen Terrorismus der Boden entzogen würde.
Störfall
In der deutschen Störfallverordnung vom 26. April 2000 (BGBl. I, Seite 603) ist Domino-Effekt zugleich ein Rechtsbegriff, der eine Situation beschreibt, in welcher eines Störfalles wegen ein Eintritt weiterer Störfälle in dafür anfälligen Betrieben in der Umgebung möglich ist. Die Betreiber der in Betracht kommenden Betriebe sind einander in einem solchen Fall zur gegenseitigen Information verpflichtet. Die Behörden müssen in einem solchen Fall die Öffentlichkeit informieren (§ 6 in Verbindung mit § 15 der Verordnung über Störfälle).
Kunst
Der Film Der Lauf der Dinge (1987) von Fischli und Weiß zeigt spielerisch eine höchst komplizierte Verkettung von Ereignissen, die über rund dreißig Minuten durch den Domino-Effekt miteinander verknüpft sind.
Siehe auch
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