Aegidienhof

Aegidienhof
Aegidienhof in Lübeck

Der Aegidienhof in Lübeck ist eines der größten sozialen Wohnprojekte in Schleswig-Holstein.

Inhaltsverzeichnis

Zielsetzung

Das Projekt versucht Jung und Alt, Menschen ohne und mit Behinderungen, Alleinstehende und Familien, Wohnen und Arbeiten einander nicht zu entfremden, sondern in einer neuen urbanen Mischung zusammenzuführen.

Bürgerinnen und Bürger aus Lübeck und Umgebung haben sich Ende 1999 ohne Einschaltung eines Großinvestors zu einer Baugemeinschaft zusammengeschlossen, um ein Stück Lübecker Altstadt zu erhalten und wieder zum Leben zu erwecken. Durch Ankauf und behutsame Sanierung des bau- und kulturgeschichtlich bedeutenden Komplexes um den Aegidienhof wurde aus dem Sozialamt (bis 1997) ein Projekt geschaffen, in dem wieder Menschen wohnen und ihren Arbeitsplatz finden können.

Geschichte

Aegidienhof in Lübeck mit Aegidienkirche im Hintergrund

Der Komplex besteht aus 12 Gebäuden. Er umfasst einen Block der St. Annenstraße zwischen Staven- und Weberstraße, der seit Jahrhunderten von gemeinschaftlicher und sozialer Nutzung geprägt war und eine Spiegelbild der Kirchen- und Sozialgeschichte der Stadt abbildet.

Ägidienkonvent

Kurz nach dem Bau der Aegidienkirche wurde ihrem Chor gegenüber auf der anderen Seite der St. Annen-Strasse um 1270 ein Beginenkonvent gestiftet. Der zweite große Stadtbrand im Jahr 1276 brachte in Lübeck die Wende vom Fachwerk zur Ziegelkonstruktion. Vier Jahre darauf wurde das Aegidienviertel parzelliert. 1288 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung des heutigen Grundstücks in der Aegidienstraße 5, heute Haus 2. Neun Jahre später wurde der Aegidien-Konvent in der heutigen St.-Annen-Straße 3 erbaut. Im Jahr 1301 zogen die Beginen in den Aegidien-Konvent.

Michaeliskonvent

1397 kaufte Berthold Segeberg das an der Ecke Weberstrasse gelegene Grundtstück. um es für ein Armenhaus zu nutzen. Die hier entstehende Gemeinschaft der „Wollschwestern“, Frauen, die sich einer klosterartigen Regel unterwarfen, wurde Segeberg- oder Michaeliskonvent genannt.

Im Jahr 1450 wurde das Michaelishaus, heute St.-Annen-Straße 5, erbaut. Zudem erhielten die „Wollschwestern“ des Michaelis-Stiftes eine neue Ordnung, und die Schwestern vom gemeinsamen Leben (das weibliche Gegenstück der Brüder vom gemeinsamen Leben fanden hier ein Zuhause. Dreizehn Jahre später erfolgte der Bau der nicht mehr existierenden Michaelis-Kapelle auf dem Eckgrundstück hinter dieser Mauer. Bemerkenswert und für die Überlieferung der mittelniederdeutschen Sprache von einzigartiger Bedeutung sind die erhaltenen etwa 100 Bände ihrer Bibliothek, die sich heute in der Stadtbibliothek (Lübeck) befinden.

Im Jahr 1531 hielt Lübeck durch Johann Bugenhagen die Reformation Einzug, und der Konvent wurde aufgelöst. Die Gebäude dienten zunächst als Altenstift.

Waisenhaus

Ab 1556/57 nahm das Haus in der St.-Annen-Straße 5 (bis dahin Michaelis-/Segeberg-Konvent) Waisenkinder auf. Das Haus in der Weberstraße 1-1b wurde als neues Waisenhaus errichtet. 1810 erfolgte der Umzug der Waisenkinder zur Parade (Domhof).

Armenhaus und Sozialamt

In den Jahren 1845/46 erfolgte eine neue Gesamtkonzeption der Einrichtung für Arme und Obdachlose mit dem Amt für Anstalten und Werkstätten. Ein Jahr darauf wurde das Inspektorenhaus in der St.-Annen-Straße 5b neu errichtet. Zudem wurde der alte Aegidien-/Beginenkonvent endgültig aufgelöst und ein freiwilliges Arbeitshaus gegründet. 1890 wurde das freiwillige Arbeitshaus an der Stavenstraße im Stil der Gründerzeit nach Abriss größerer Teile des ehemaligen Aegidien-/Beginen-Konventes neu gebaut, zudem wurde ein Treppenhäuschen in der St.-Annen-Str. 5a errichtet und es erfolgte ein Umbau der beiden Giebelhäuser in der St.-Annen-Straße 3-5.

Im Jahr 1929 wurde das Werkstattgebäude an der südöstlichen Grenze des Aegidienhofes in der Weberstr. 1f gebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1950, wurde das Areal als Sozialamt umgebaut und genutzt. 1998 erfolgte der Auszug des Sozialamtes, es folgte die Entwicklung des Projektes für neues Wohnen und Arbeiten im Aegidienhof. In den beiden darauffolgenden Jahren wurde das Areal saniert und modernisiert. Ab 2000 zogen die ersten neuen Bewohner im Aegidienhof ein.

Literatur

  • Rafael Feismann: Das Memorienbuch des St. Michaelis-Konventes zu Lübeck. Zwei Handschriften aus den Jahren 1463 und 1498. Lübeck: Schmidt-Römhild 1994 (Veröffentlichungen zur Geschichte der Hansestadt Lübeck, Reihe B, Bd. 24)
  • Johann Peter Wurm: Die Gründung des Michaeliskonvents der Schwestern vom gemeinsamen Leben in Lübeck. In: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 85 (2005), S. 25-53

Weblinks

53.86325805555610.6905661111117Koordinaten: 53° 51′ 48″ N, 10° 41′ 26″ O


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