- Dr. Mario
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Tetris (russisch: Тетрис) ist ein Computerspiel, bei dem man nacheinander einzeln von oben herunterfallende, stets aus vier Quadraten zusammengesetzte Formen in einem rechteckigen Spielfeld in 90-Grad-Radien so drehen und platzieren muss, dass sie am unteren Rand horizontale, möglichst lückenlose Reihen bilden. Sobald eine Reihe von Quadraten komplett ist, wird sie entfernt, und alle darüber liegenden Reihen rücken nach unten und geben damit einen Teil des Spielfeldes wieder frei. Für das gleichzeitige Tilgen mehrerer Reihen erhält der Spieler eine höhere Punktzahl pro Reihe als für eine einzelne Reihe. Der Name des Spiels rührt von dem griechischen Wort für vier, tetra, und bezeichnet das gleichzeitige Tilgen von vier Reihen sowie die Zahl der Quadrate pro Form.
Die Steine verhalten sich dabei nicht physikalisch korrekt. Die Formen bleiben in der Position liegen, in der sie landen, statt eventuell physikalisch korrekt zu kippen. Die nachrückenden Reihen füllen in vielen Versionen keine vorher vorhandene Lücken auf. Auf diese Weise können Steine das Vervollständigen darunterliegender Reihen erschweren. Das Spiel endet, sobald sich die nicht abgebauten Reihen bis zum oberen Spielfeldrand aufgetürmt haben. Wenn eine bestimmte Gesamtzahl an Reihen entfernt worden ist, wird die Fall-Geschwindigkeit der Formen erhöht. Das Spielprinzip lehnt sich an das Spiel Pentamino an; im Unterschied zu diesem besitzt Tetris jedoch nur fünf statt zwölf Formen. Diese Formen werden häufig mit den lateinischen Buchstaben bezeichnet, denen sie ähneln. Während „I“, „O“ und „T“ symmetrisch sind, gibt es bei den Formen „Z“ und „L“ zwei spiegelbildliche Varianten („J“ / „L“ und „S“ / „Z“), woraus sich die abgebildete Gesamtzahl von sieben ergibt.
Tetris gilt inzwischen als Computerspiel-Klassiker und ist wie kaum ein anderes Spiel in vielen Versionen und Variationen für nahezu jedes System erschienen. Am bekanntesten ist wahrscheinlich die (schwarz/weiße) Version für die tragbare Spielekonsole Game Boy von Nintendo, da die ersten Game Boys nur mit Tetris lieferbar waren. Unter anderem erschienen Tetris-Spiele auch von den Herstellern Atari, THQ und Nintendo für verschiedene stationäre Spielekonsolen. Von Electronic Arts erschien eine Version für das iPhone. Tetris war inklusive Verweis auf Alexei Paschitnow und Wadim Gerasimow im ersten Microsoft Windows Entertainment Pack enthalten. Die Windowsversion selbst ist von Dave Edson. Auch Unix Desktop Environments wie GNOME oder KDE enthalten Tetris-Klone. Sogar für Editoren wie Emacs oder Vim gibt es entsprechende Nachahmungen. Tetris zählt zu den von Fremdherstellern am meisten nachgeahmten Computerspielen überhaupt (allein für den Commodore 64 gibt es über 100 Varianten des Spiels, denn viele Hobbyprogramierer erstellen selbst neue Versionen).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Idee und Erfolg im Ostblock
Der Russe Alexei Paschitnow, damals beim Computerzentrum der sowjetischen Hauptstadt Moskau angestellt, kam im Frühling 1985 auf die Idee, das Puzzlespiel Pentamino, das er aus seiner Kindheit kannte und sehr mochte, in ein Computerspiel umzusetzen. Die erste Version, von Paschitnow auf seiner Electronica 60 entwickelt und noch ohne Sound und Farbe, war bald fertig und zog nach und nach die ganze Belegschaft in ihren Bann. Vadim Gerasimov portierte es kurze Zeit später auf einen IBM-PC. Im Sommer 1985 entstand die erste Farbversion, die Paschitnow dann auch nach außen weitergab. Das Spiel wurde immer weiterkopiert und breitete sich schnell in der Sowjetunion und danach im ganzen Ostblock aus.[1]
Erste Verkäufe im Westen
Ungarn war zu der Zeit recht erfolgreich mit dem Export von Puzzlespielen und Computertechnologie, so dass dort der Geschäftsmann Robert Stein von Andromeda Software erstmalig auf Tetris aufmerksam wurde. Seine Anfrage beim Computerzentrum wurde recht emotionslos aufgenommen, da man dort Tetris wenig ernst nahm. Steins Angebot beantwortete man aber mit der Bekundung von Interesse. Da formlose Vereinbarungen in der Softwareindustrie üblich waren, sah dieser die Antwort als Zusage an. Er nahm Kontakt mit Mirrorsoft auf, dem Softwareflügel der Maxwell Corporation, die 1986 ein großes britisches Medienimperium war. Auch bei Mirrorsoft fand das Spiel großen Anklang. Stein gelang zudem der Verkauf an Spectrum HoloByte in Kalifornien.
Kampf um die Videospiellizenz
Als aber die erste Version auf dem Markt erschien, erhielt Stein ein Telex von Elorg, einer in Moskau ansässigen Staatsfirma, die für die zentrale Vermarktung von sowjetischen Softwareprodukten zuständig war. Diese erklärte ihm, dass die Rechte nie vergeben worden waren. Stein gelang es aber bei einem Besuch in Moskau, die Rechte für Personal Computer zu erhalten.
Der große Spielemarkt lag damals aber bei den Spielekonsolen, so dass Mirrorsoft mit Atari Kontakt aufnahm, eine Version für diese zu produzieren. Allerdings war man sich nicht bewusst, dass man die Rechte für diese Gerätegattung gar nicht besaß. Henk Rogers von Bullet Proof Software entdeckte das Spiel bei einer Computermesse auf dem Stand von Atari und brachte es nach Japan zu Nintendo, wo man mit der Entwicklung einer eigenen Version begann und sie verkaufte. Man wollte Tetris bei der Markteinführung dem neu entwickelten Game Boy beilegen. Henk Rogers sollte daher Nintendo schnell die Rechte sichern. Robert Stein hatte diese schon mit Mirrorsoft weitgehend abgeklärt, wollte Rogers aber als potenziellen Abnehmer für andere Software bei der Stange halten.
Obwohl sich das Spiel erfolgreich verkaufte, blieben die Lizenzzahlungen in der Verwertungskette hängen, so dass Elorg nie die vereinbarten Zahlungen von Andromeda Software erhielt. Nikolai Belikow untersuchte bei Elorg im Auftrag der sowjetischen Regierung den Fall. Die Angelegenheit wurde zunehmend ein Politikum, da der Chef der Maxwell Corporation, Robert Maxwell, einer der reichsten Männer der Welt war und gute Kontakte zu Gorbatschow hatte.
Da nicht gezahlt wurde, blieben die weiteren Verhandlungen stecken. Rogers fühlte sich von Stein hingehalten und flog selbst nach Moskau. Auch Stein war in Moskau, und Mirrorsoft hatte heimlich Kevin Maxwell, den Sohn von Robert Maxwell, geschickt, um sich die Rechte zu sichern. Während die beiden Termine bei Elorg hatten, erschien Rogers unvorbereitet und unerwartet in Moskau. So ergab es sich, dass alle drei am selben Tag bei Elorg erschienen, wobei man allerdings vermied, dass sie sich begegneten. Rogers war der erste und zeigte Belikow die japanische Tetris-Version, die bei Atari und damit indirekt bei Robert Stein lizenziert war. Es stellte sich heraus, dass die Rechte hierfür gar nicht Stein vergeben worden waren. Rogers war geschockt, offerierte aber seine guten Kontakte mit Nintendo. Stein war der zweite Besucher des Tages und hatte gehofft, er könnte sich weitere Rechte an Tetris sichern, sah sich dann aber wegen der Lizenzüberschreitungen und ausbleibenden Zahlungen nur mit Vorwürfen konfrontiert. Maxwell erschien als dritter und brach die Verhandlungen schnell ab, da ihm die Lizenzverstöße bis dahin unbekannt waren und er zuerst Rücksprache halten musste.
Belikow gelang es durch eine geschickte Verhandlungstaktik, die Rechte für Stein präzise auf bestimmte Geräte einzugrenzen, ohne dass sich dieser dessen bewusst war - letztendlich legte der neue Vertrag weitgehend die sowieso schon abgeschlossenen Rechte fest. Rogers hatte sich derweil mit Paschitnow angefreundet. Da Maxwell zudem arrogant auftrat, entschied Elorg sich, die Handheld-Rechte an Rogers zu vergeben. Bei Nintendo wollte man sich auch die Konsolenrechte sichern und flog heimlich nach Moskau und schloss dort einen Vertrag mit Elorg ab, der einen Betrag von 500.000 US-Dollar zuzüglich 0,50 US-Dollar pro Kopie festlegte.
Politischer Druck
Als man sich bei Maxwell bewusst wurde, dass man die Rechte nicht erhalten hatte, war man wütend und drohte am 23. März 1989 in einem Telex an Belikow, bei Gorbatschow persönlich bei dessen Staatsbesuch in Großbritannien Druck auszuüben. Belikow wurde auch von sowjetischer Seite unter Druck gesetzt, aber da die Situation sich durch die Perestroika verändert hatte, waren die Auswirkungen für ihn nicht so fatal, wie sie noch wenige Jahre zuvor hätten ausfallen können.
Desaster für Atari und Maxwell
Für Atari entwickelte sich die Angelegenheit zu einem Desaster und wurde so zu einem der Gründe für den Niedergang der Firma. Man hatte schon Millionen in Entwicklung und Vermarktung investiert, als Nintendo die Firma davon in Kenntnis setzte, dass sie die Videospielrechte nicht hätten. Atari strengte einen Prozess gegen Nintendo an, bei dem Belikow als Zeuge aussagen sollte. Dieser wurde vor seinem Abflug vor einen staatlichen Ausschuss zitiert, wo man ihm drohte, ihn für alle Verluste verantwortlich zu machen, die der Sowjetunion entstehen würden, wenn Atari den Prozess gewänne. Im November 1989 fiel die Entscheidung zugunsten Nintendos. Atari musste Hunderttausende von Spielmodulen in ihrem Lager vernichten. Das unprofessionelle Vorgehen in dieser Sache hatte aber auch noch weiterreichende Effekte, besonders für die Maxwell Corporation: Am 5. November 1991 verschwand Robert Maxwell von seiner Yacht und wurde später tot im Wasser gefunden. Es stellte sich heraus, dass die Firma hoch verschuldet war und dass 414 Millionen Britische Pfund in ihren Rentenfonds fehlten.
Nintendos und Paschitnows größter Erfolg
Für Nintendo wurde Tetris ein großer Erfolg. Sie verkauften acht Millionen Kopien für das Nintendo Entertainment System. Der Game Boy wurde auch durch das im Lieferumfang enthaltene Tetris zu einem Erfolg und verkaufte sich insgesamt 17 Millionen mal.
Paschitnow erhielt allerdings nichts aus den gezahlten Geldern und entschied sich 1991, in die USA auszuwandern und in Seattle eine Firma aufzubauen. Seit 1996 arbeitet er für Microsoft. Die ursprünglich vergebenen Rechte liefen ebenfalls 1996 aus, so dass er ab dort auch Geld für das von ihm entwickelte Spiel erhielt. Allerdings machten die Gewinne zu diesem Zeitpunkt nur noch einen Bruchteil der in den vorangegangenen Jahren gezahlten Summen aus.
Tetris für Game Boy
Die Game-Boy-Variante von Tetris kann mit zwei Game Boys über ein Link-Kabel zu zweit gespielt werden. Hierbei kann man durch gleichzeitiges Abbauen von zwei oder mehr Zeilen dem Gegner eine unvollständige Zeile von unten in sein Spielfeld schieben. Zwei komplette Zeilen ergeben eine Zeile beim Gegner, drei Zeilen entsprechend zwei. Nur bei einem „Tetris“ – also vier Zeilen auf einmal – werden auch vier Zeilen zum Gegner geschickt. Die Zeilen enthalten eine freie Spalte, wodurch sie, falls diese Spalte nicht durch andere Steine verdeckt ist, mit einer passenden Form eliminiert und so zurückgeschickt werden können.
Tetrisphere
Tetrisphere erschien 1997 für Nintendo 64 und ist nach BlockOut und anderen ähnlichen Tetrisspielen das erste und einzige, das Tetris auch erfolgreich in 3D darstellt und spielbar macht. Erreicht wurde dies durch die Ansicht auf eine frei drehbare Kugel (nicht wie in den anderen Versionen eine Röhre), die abgebaut werden muss, um einen im Kern eingesperrten Bot zu befreien. Das Spiel besitzt einen Kampagnenmodus mit fortschreitendem Schwierigkeitsgrad.
Tetris-ähnliche Spiele
- Dr. Mario: In einer Flasche sind zufällig Viren in unterschiedlicher Farbe verteilt. Zufällig fallen zweifarbige Kapseln von oben herunter, die man lenken kann. Treffen wenigstens drei gleichfarbige Kapselteile mit einem Virus der gleichen Farbe zusammen, dann lösen sich Virus und Kapseln auf. Ein Level ist gewonnen, wenn alle Viren beseitigt worden sind.
- Triptych: Triptych ist ein komplexes Tetris-ähnliches Spiel mit elastischen Steinen, die den Gesetzen der Physik gehorchen. Berühren sich drei Blöcke gleicher Farbe, lösen sie sich auf.
- BlockOut: Dies ist im Prinzip eine dreidimensionale Variante, d. h. der Spieler hat noch zwei Achsen mehr um die er die herunterfallenden Spielsteine drehen kann.
- TetriNET: TetriNET ist ein kostenloses Mehrspieler-Tetris, das über das Internet mit bis zu sechs Mitspielern gespielt werden kann. Es gibt im Gegensatz zum normalen Tetris besondere Bausteine mit denen man beispielsweise Mitspielern die Blöcke durcheinanderwürfeln kann. Zudem können Teams gebildet werden.
- 3D Tetris: 3D Tetris ist ein dreidimensionales Online-Tetris-Spiel. Die Spielsteine lassen sich komplett räumlich drehen. Interessant hierbei ist, dass sich sogar die Spielszene dreidimensional im Raum drehen lässt. Das Spiel wird auch zum Download und als Handyspiel angeboten.
- Ghextris: Dieses ist unter Linux ein hexagonales Tetris, d.h. es fallen vier zusammenhängende Sechsecke herab, so dass es mehr u.a. mehr verschiedene Steine und dadurch mehr spiegelbildliche Paare gibt.
Musik
Bekannt geworden durch ihre eingängige Melodie ist die Musik der GameBoy-Ausgabe von Tetris (Music A). Es basiert auf dem Lied Korobeiniki, welches auf dem 1861 geschriebenen gleichnamigen Gedicht von Nikolai Alexejewitsch Nekrassow basiert, nicht zu verwechseln mit dem russischen Volkstanz "Kalinka" von Iwan Petrowitsch Larionow aus dem Jahre 1860. Dieses Lied hat den Charakter eines russischen Tanzes und wird normalerweise mit einer stetigen Tempobeschleunigung (Accelerando) gespielt. Music C in der GameBoy-Version ist eine modifizierte Adaption des Menuetts der dritten französischen Suite von Johann Sebastian Bach (eine Tanzsammlung für Tasteninstrumente, in h-Moll, BWV 814). Auf dem GameBoy erklingt das zweistimmige Stück in a-Moll.
Die berühmte Musik ist auch in dem Spiel Super Smash Bros Brawl zu finden: Eine orchestrale und volkslied-ähnliche Variante des Typ A und eine eher arabische Version des Typ B. Beide Titel spielen in der Luigi's Mansion-Stage.
Die C64-Version des Spiels hat einen dreistimmigen Soundtrack mit einer Länge von fast 26 Minuten.
Weblinks
- Tetris.com, die offizielle Website des Rechtevermarkters The Tetris Company
- Stern.de: „20 Jahre Klötzchenbauen“, 6. Dezember 2005
- Golem.de: Interview mit Alexey Pajitnov, 13. November 2007
- Vadim Gerasimov: „The Tetris Story“ (engl.)
- einestages: Spieleklassiker Tetris
Literatur
- David Sheff: Nintendo – “Game Boy”. Ein japanisches Unternehmen erobert die Welt. München 1993, S. 370ff.
- Ilja Karenovics: "Fallende Ost-Blöcke. Tetris oder Wie die Sowjetunion den Game Boy zum Superstar machte", in: Osteuropa 5/2007: Der Osten im Westen - Importe der Populärkultur, S. 83-93.
- Salomon W. Golomb: “Checkerboards and Polyominoes”, in: The American Mathematical Monthly, Vol. 61, No. 10, December, 1954.
- Solomon W. Golomb: Polyominoes [1967], Revised edition, Princeton University Press, 1994 (russ. Ausgabe: Polimino, М.: Мир, 1975).
- Maria Koth, Notburga Grosser: Das Pentomino-Buch. Köln 2004.
Einzelnachweise
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