Dreiflügelfrüchte

Dreiflügelfrüchte
Wilfords Dreiflügelfrucht
Systematik
Abteilung: Bedecktsamer (Magnoliophyta)
Klasse: Dreifurchenpollen-
Zweikeimblättrige
(Rosopsida)
Ordnung: Spindelbaumartige (Celastrales)
Familie: Spindelbaumgewächse (Celastraceae)
Gattung: Dreiflügelfrüchte
Art: Wilfords Dreiflügelfrucht
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Tripterygium
Hook.f.
Wissenschaftlicher Name der Art
Tripterygium wilfordii
Hook.f.

Wilfords Dreiflügelfrucht (Tripterygium wilfordii) ist eine Art aus der Familie der Spindelbaumgewächse und der einzige Vertreter ihrer Gattung. Die kletternde Pflanze ist in Ostasien beheimatet und wird als Zierpflanze kultiviert. Sie ist in allen Bestandteilen sehr giftig, hat aber auch wegen ihrer Inhaltsstoffe medizinische Bedeutung.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Wilfords Dreiflügelfrucht ist eine laubabwerfende, als Jungpflanze filzig behaarte, an schattigen Standorten im Alter kahle, schwach verholzende Ranke oder ein kletternder Strauch. Die Pflanze erreicht eine Wuchshöhe von 2 bis 6 (selten bis 10) Meter.

Die Blätter sind wechselständig angeordnet. Der Blattstiel ist 1 bis 2 Zentimeter lang. Nebenblätter sind vorhanden, sie sind linealisch und hinfällig. Die papierene und je nach Lichtmenge krautige bis lederige Blattspreite ist meist eiförmig oder rundlich-eiförmig, gelegentlich länglich-rund oder elliptisch-eiförmig, 8,6 bis 12,5 (selten 4,6 bis 18,4) Zentimeter lang und 5,7 bis 8,9 (3,1 bis 12,3) Zentimeter breit. Sie ist kahl oder schwach filzig mit rotbraunen Haaren besetzt. Der Blattgrund ist breit keilförmig oder rundlich bis herzförmig. Der Blattrand ist ganz oder gelegentlich feingezähnt. Zum äußeren Ende hin läuft das Blatt spitz zu, die Spitze ist oft stumpf.

Die Blütezeit ist Mai bis Oktober. Die thyrsenähnlichen, Blütenstände sind achselbürtig oder endständig und setzen sich aus mehreren bis vielen kleineren Thyrsen zusammen. Sie erreichen eine Länge von 12,5 bis 23,6 (4,5 bis 38) Zentimeter und eine Breite von 4,7 bis 9,3 (2,3 bis 15) Zentimeter. Die fünfzähligen Blüten sind weißlich, gelblich oder gelbgrün, zwittrig oder eingeschlechtig männlich, in letzterem Fall aber unfruchtbar und 4 bis 6 Millimeter lang und breit. Der Kelch ist fünflappig, halbkugelförmig und 1 Millimeter lang. Die fünf Kronblätter sind länglich rund bis annähernd eiförmig, zum Ansatz hin verschmälert, zum äußeren Ende hin abgerundet und 2 bis 2,5 Millimeter lang.

Der fünflappige hellgrüne Diskus ist fleischig mit aufgewölbtem Rand und hat einen Durchmesser von rund 2 Millimeter. Die fünf an seinem Rand verankerten Staubbeutel weisen zum Blütenzentrum und öffnen sich längs. Der oberständige Fruchtknoten ist unvollständig dreifächrig, mit drei rund 1 Millimeter hervorstehenden Lappen. Die je Fach zweifach vorhandenen Samenanlagen stehen aufrecht. Der Griffel ist kurz und die hellviolette Narbe köpfchenförmig.

Fruchtzeit ist August bis November. Die Frucht ist eine meist grüne und zur Reife grünbraune, seltener rosa oder rosa-violette papierene Flügelnuss mit drei seitlichen Flügeln. Sie wird 1,3 bis 1,9 (1 bis 2,3) Zentimeter lang und 1,2 bis 1,5 (0,7 bis 1,9) Zentimeter breit. Der rund 5 Millimeter lange und 1,3 bis 3 Millimeter breite Samen ist dreikantig und eiweißhaltig. Die Chromosomenzahl beträgt 2n=24.

Verbreitung

Wilfords Dreiflügelfrucht ist vom Nordosten Myanmars über Südchina, Taiwan und Korea bis Japan verbreitet. Sie findet sich in Mischwäldern, an Waldrändern, in Woodlands und Strauchwerk in Höhenlagen zwischen 100 und 3500 Meter.

Systematik und Botanische Geschichte

Wilfords Dreiflügelfrucht ist die einzige Art der Gattung und wurde 1862 von Joseph Dalton Hooker erstbeschrieben, der Gattungsname verweist auf die Dreiflügeligkeit der Früchte[1], das Art-Epitheton ehrt den britischen Pflanzensammler Charles Wilford.

Die Gattung wird innerhalb der Familie der Spindelbaumgewächse (Celastrales) in die Unterfamilie der Celastroideae eingeordnet, die Unterfamilie ist allerdings als paraphyletisch bekannt.

Lange wurden Tripterygium hypoglaucum und Tripterygium regelii als eigenständige Arten angesehen. Sie gelten heute als Synonyme.

Verwendung

Zierpflanze

Die Pflanze wird wegen ihrer Blüten und Früchte als Zierpflanze kultiviert, ist aber nur bedingt frosthart. Sie bedarf durchlässiger Böden, gilt jedoch ansonsten als anspruchslos. [2]

Triptolid, einer der potentesten Inhaltsstoffe von Wilfords Dreiflügelfrucht
Tripdiolid, ein weiterer Inhaltsstoff von Wilfords Dreiflügelfrucht

Inhaltsstoffe

Die Pflanze enthält eine Reihe hochwirksamer und teils auch toxischer Wirkstoffe auf der Terpen-Basis, meist Diterpene. Als wichtigste wurde aus den über 70 Inhaltsstoffen die Verbindung Triptolid (auch als PG490 bezeichnet) isoliert und charakterisiert, aber auch Tripdiolid, Triptolidenol, Tripchlorolid und 16-Hydroxytriplid. Die toxischen Inhaltsstoffe befinden sich im wesentlichen in der Wurzelrinde, daher werden meist nur geschälte Wurzeln verwendet. Die Diterpene sind vom Abietan-Typ; die pentazyklischen Triterpene haben ein Oleanan-Grundkörper. Daneben befinden sich auch verschiedene Alkaloide, wie beispielsweise Wilfordin, in der Pflanze. Wirkung und Toxizität werden im wesentlichen von Wilfordin und den Diterpen-Derivaten bestimmt. Als besonders wirksam hat sich dabei das Triptolid erwiesen, das unter anderem die Lipopolysaccharid-induzierte (LPS) Prostaglandinsynthese hemmt und dadurch entzündungshemmend wirkt.[3]

Die aus Wilfords Dreiflügelfrucht als Pflanzenextrakt isolierten Terpene sind in der Lage Spermien zu immobilisieren, ohne dabei den Hormonhaushalt des Mannes zu beeinflussen.[4]

Eine der wichtigsten Nebenwirkungen reiner Extrakte von Wilfords Dreiflügelfrucht ist eine Immunsuppression, die aber – beispielsweise bei Autoimmunkrankheiten – auch vorteilhaft sein kann. Bisher vorliegende Ergebnisse präklinischer und klinischer Forschungen zeigen intrazellulär eine Cortison-ähnliche Wirkung. Fachgerechte Aufbereitung des Extraktes und sorgsame Dosierung können die Toxizität weitgehend unterdrücken. In einer randomisierten Doppelblindstudie an Patienten mit rheumatoider Polyarthritis trat nach 12-wöchiger Behandlungsdauer eine Besserung der Symptome auf.[5]

In verschieden präklinischen und klinischen Studien wird die Wirksamkeit von T. wilfordii-Extrakten oder daraus isolierter Einzelsubstanzen, bei unterschiedlichen Krankheiten untersucht. Dabei stehen Entzündungen[6], Arthrosen[7], rheumatische Erkrankungen[8][9][10] Autoimmunkrankheiten[11] und verschiedene Krebserkrankungen[12][13][14] im Fokus.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) werden Extrakte von Wilfords Dreiflügelfrucht beispielsweise zur Behandlung von Herpes Zoster-Infektionen (Gürtelrose), Psoriasis und rheumatischen Erkrankungen verwendet.[15] Die ersten Überlieferungen über die Anwendung der Pflanze gehen bis in das 16. Jahrhundert zurück.[16]

Nachweise

  • M. P. Simmons: Celastraceae. In: Klaus Kubitzki (Hrsg.): The Families and Genera of Vascular Plants - Volume VI - Flowering Plants - Dicotyledons - Celastrales, Oxalidales, Rosales, Cornales, Ericales, 2004, S. 53, ISBN 978-3-540-06512-8
  • M. Jin-shuang und M. Funston: Tripterygium In: Flora of China, Bd. 11, S. 486, Online

Einzelnachweise

Die Informationen dieses Artikels entstammen zum größten Teil den unter Nachweise angegebenen Quellen, darüber hinaus werden folgende Quellen zitiert:

  1. Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3. Auflage, Birkhäuser, Basel 1996 (Nachdruck ISBN 3-937872-16-7)
  2. Gordon Cheers (Hrsg.): Botanica, S. 897, 2003, ISBN 3-8331-1600-5
  3. R. Bauer: Drogen der chinesischen Medizin. In: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg
  4. S. Czajka: Biosynthesen zum Tüfteln. In: Pharmazeutische Zeitung 1999
  5. S. Chrubasik: Effectiveness of Tripterygium wilfordii Hook F extract for rheumatoid arthritis - Commentary. In: Focus on Alternative and Complementary Therapies 8/2003, S. 28.
  6. D. Qui, P. N. Kao: Immunosuppressive and anti-inflammatory mechanisms of triptolide, the principal active diterpenoid from the Chinese medicinal herb Tripterygium wilfordii Hook F. In: Drugs R D 4/2003, S. 1–18.
  7. S. Ahmed u. a.: Biological basis for the use of botanicals in osteoarthritis and rheumatoid arthritis: a review. In: Evidence-based Complementary and Alternative Medicine 2/2005, S. 301-308.
  8. X. Tao u. a.: Benefit of an extract of Tripterygium wilfordii Hook F in patients with rheumatoid arthritis. Arthritis Rheum 46/2002, S. 1735–1743.
  9. X. Tao u. a.: A phase I study of ethyl acetate extract of the chinese antirheumatic herb Tripterygium wilfordii hook F in rheumatoid arthritis. In: J Rheumatol 28/2001, S.2160–2167.
  10. J. Cibere u. a.: A randomized double blind, placebo controlled trial of topical Tripterygium wilfordii in rheumatoid arthritis: reanalysis using logistic regression analysis. In: J Rheumatol 30/2003, S.465–467.
  11. X. Tao u. a.: Benefit of an extract of Tripterygium Wilfordii Hook F in patients with rheumatoid arthritis: a double-blind, placebo-controlled study. In: Arthritis Rheum 46/2002, S. 1735-1743.
  12. Y. Ren u. a.: Induction of mitochondrion-mediated apoptosis of CHO cells by tripchlorolide. In: Cell Research 13/2003, S. 295–300.
  13. S. Frese u. a.: PG490-mediated sensitization of lung cancer cells to Apo2L/TRAIL-induced apoptosis requires activation of ERK2. In: Oncogene 22/2003, S. 5427–5435.
  14. X. H. Jiang u. a.: Functional p53 is required for triptolide-induced apoptosis and AP-1 and nuclear factor-B activation in gastric cancer cells In: Oncogene, 20/2001, S. 8009-8018.
  15. A. W. Meikle: Hormone Replacement Therapy. Humana Press, 1999, ISBN 0-896-03601-4
  16. L. A. Coleman: Nutrition and Rheumatic Disease. Springer, 2007, ISBN 1-588-29976-7 S. 103.

Weiterführende Literatur

  • B. M. Schmidt u. a.: Revisiting the ancient concept of botanical therapeutics. In: Nature Chemical Biology 3/2007, S. 360–366.
  • S. M. Kupchan u. a.: Triptolide and tripdiolide, novel antileukemic diterpenoid triepoxides from Tripterygium wilfordii. In: J Am Chem Soc 94/1972, S. 7194–7195. PMID 5072337
  • X. Tao, P. E. Lipsky: The Chinese anti-inflammatory and immunosuppressive herbal remedy Tripterygium wilfordii Hook F. In: Rheum Dis Clin North Am 57/2000, S. 1221–1227.
  • W. Z. Gu u.a.: Inhibition of type II collagen induced arthritis in mice by an immunosuppressive extract of Tripterygium wilfordii Hook f. In: J Rheumatol 19/1992, S. 682–688.
  • J. Sylvester u. a.: Tripterygium wilfordii Hook F extract suppresses proinflammatory cytokine-induced expression of matrix metalloproteinase genes in articular chondrocytes by inhibiting activating protein-1 and nuclear factor-kappaB activities. In: Mol Pharmacol 59/2001, S. 1196–1205.
  • Y. Chen u. a.: PG27, an extract of Tripterygium wilfordii hook f, induces antigen-specific tolerance in bone marrow transplantation in mice.In: Blood 95/2000, S. 705–710. PMID 10627483
  • J. Ma u. a.: Anti-inflammatory and immunosuppressive compounds from Tripterygium wilfordii. In: Phytochemistry 68/2007, S. 1172–1178.
  • I. Wagner: Pharmakologische und klinische Untersuchungen zur Wirksamkeit eines standardisierten Weidenrindenextraktes. Dissertation, Eberhard-Karls-Universität Tübingen, 2003, S. 20.

Weblinks


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