Dreiphasenbrand

Dreiphasenbrand

Als Dreiphasenbrand, (auch: Dreistufenbrand), wird ein Brennverfahren in der Keramikproduktion des antiken Griechenland bezeichnet. Schon bronzezeitliche Gefäße weisen die für dieses Verfahren typische Dreifarbigkeit (Tongrund gelblich, orange-rot o. ä., Dekor braun-rot und schwarz) auf. Etwa im 7. Jahrhundert v. Chr. wurde das Verfahren in Griechenland perfektioniert, sodass nun hochglänzende schwarze Oberflächen möglich wurden, und bis um 300 v. Chr. zur Herstellung schwarzfiguriger und rotfiguriger Vasen eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Oxidationsstufen des Eisens

Alle Farbtöne der griechischen schwarz-rot-Malerei und der Terra Sigillata entstehen durch verschiedenen Eisengehalt des Tones und die verschiedenen Oxidationsstufen des Eisens im gebrannten Ton. Eisen hat die besondere Eigenschaft, dass es verschiedenfarbige Oxide bilden kann, sowohl graues Eisen(II)-oxid (FeO), rotes Eisen(III)-oxid (Fe2O3), als auch tiefschwarzes Magnetit (Eisen(II,III)-oxid Fe3O4). Welche dieser Oxidationsstufen vorliegt, hängt von Sauerstoffgehalt und Temperatur des Reaktionsgemisches ab: ein hoher Anteil an Sauerstoff fördert die Produktion von Fe2O3, bei Sauerstoffmangel entsteht tendenziell eher FeO oder Fe3O4.

Die Farbe eisenhaltiger Tone lässt sich im Dreiphasenbrand also über das Steuern der Atmosphäre im Ofen zwischen „reduzierend“ (d. h. sauerstoffarm, kohlenstoffreich) und „oxidierend“ (d. h. sauerstoffreich) beeinflussen.

Partikelgröße des Tons: Kontrolle des Sinterpunktes

Um jedoch mehr als nur eine Farbe pro Gefäß zu erzeugen, ist noch ein weiterer Trick notwendig: man muss verhindern, dass sich das schwarze Fe3O4 wieder in mattrotes Fe2O3 umwandelt, der Sauerstoffaustausch muss also in den später schwarzen Bereichen unterbunden, die Oxidpartikel müssen „versiegelt“ werden. Eine weitere Eigenschaft der Tone ermöglicht diese Versiegelung: Der Sinterpunkt – also die Temperatur, bei der die einzelnen Tonpartikel miteinander verschmelzen – hängt von der Zusammensetzung des Tons und seiner Partikelgröße ab.[1] Kleine Tonpartikel und ein hoher Kaliumgehalt senken den Sinterpunkt.[2] Die Herstellung feindisperser Malschlicker konnte durch Aufschlämmen und schichtweises Abschöpfen erfolgen.[3]

Durch Zugabe „peptisierender“ Substanzen (also Substanzen, die die Tonpartikel aufbrechen und deren erneutes Zusammenkleben verhindern) kann die Partikelgröße weiter vermindert werden. Dazu eignen sich zum Beispiel Ätznatron (NaOH), Ammoniak (NH3), Pottasche (K2CO3) und Polyphosphate wie Calgon (NaPO3)6: diese lagern sich mit starken Wasserstoffbrücken an die Tonpartikel an, und verhindern ähnlich wie Tenside, dass diese sich gegenseitig miteinander verbinden und verkleben. Die Tonpartikel befinden sich damit in kolloidaler Suspension.[4]

Der Brand

Vor dem Brand wurden die Tongefäße dicht im Ofen gestapelt. Da attische Keramik keine komplett schmelzende Glasur erhielt, konnten sich Gefäße im Ofen durchaus berühren. Dabei war es jedoch wichtig, eine gute Luft/Gas-Zirkulation zu ermöglichen, um Fehlbrände zu vermeiden.[5]

Phase 1: Anheizen (oxidierend)

Der typische Brand erfolgte vermutlich bei einer Temperatur von 850 bis 975 Grad Celsius.[6] Bei ständiger Befeuerung des Ofens wurde diese Temperatur nach etwa 8 bis 9 Stunden erreicht. Die im Ofen untergebrachten Gefäße verloren hierbei zunächst die Restfeuchtigkeit des angetrockneten Tons. Bei einer Temperatur von 500 Grad setzte nach 6 bis 7 Stunden der eigentliche Brand der nun glühenden Gefäße ein. Unter ständiger Sauerstoffzufuhr und bei weiter steigender Temperatur oxidiert der stark eisenhaltige Glanzton und nimmt wie der Gefäßton eine rote Farbe an. Das Eisen wird hierbei in tiefrotes Eisen(III)-oxid (Fe2O3) umgewandelt.

Es ist nicht notwendig, aber sehr wahrscheinlich, dass diese Anheizphase in oxidierender Atmosphäre stattfand: man kann ein sauerstoffreiches Feuer schon allein deshalb annehmen, weil es viel effektiver Wärme erzeugt. Auch wurde die starke Rauchentwicklung des reduzierenden Feuers sicher schon in der Antike als störend empfunden, und deshalb vermutlich auf die vergleichsweise kurze 2. Phase beschränkt.

Korinthischer Pinax: Ofen mit Luke und Schauloch (?), lässt sich als Darstellung der reduzierenden Brandphase interpretieren: der CO-Überschuss sorgt für Stichflammen aus Feuerloch und Abzug.

Phase 2: Reduzieren (Versintern des Glanzschlickers)

Ab etwa 900 °C wird die Sauerstoffzufuhr unterbunden, es werden reduzierende Bedingungen geschaffen, rotes Fe2O3 wandelt sich in tiefschwarzes Fe3O4. Dies konnte in der Antike etwa durch Verschließen der Belüftungsöffnungen und Zugabe von grünem Reisig und frischem, feuchtem Holz geschehen, das jetzt nur unvollständig zu Kohlenmonoxid (CO statt CO2) verbrannte.[7] Bei vermutlich etwa 945 °C wurde die Temperatur für einige Zeit gehalten, um ein vollständiges Aufschmelzen und Sintern des Malschlickers aus feinen Partikeln sicherzustellen.[8]

Anschließend sank die Temperatur wieder bis unterhalb des Sinterpunktes des Malschlickers, noch immer in reduzierender Atmosphäre.[9] Jetzt ist die Glanztonschicht „versiegelt“, und unterbindet den Sauerstofftransport, so dass die in diesen Schichten eingelagerten Fe3O4-Oxide von nun an ihre schwarze Farbe behalten werden.

Phase 3: Re-Oxidation und Abkühlen

In der letzten Phase des Brandes werden die Zuluft-Öffnungen des Ofens wieder geöffnet: es werden erneut oxidierende Bedingungen geschaffen. In den Bereichen der Gefäße, die nicht in der zweiten Phase versiegelt wurden, kommt es jetzt zur Re-Oxidation: schwarzes Fe3O4 wandelt sich erneut in rotes Fe2O3.[10] Nach der vollständigen Oxidation der roten Bereiche konnten Ofen und Inhalt langsam abgekühlt und danach ausgeräumt werden.

Abschließende Bemerkungen

Voraussetzung für den Dreiphasenbrand war ein regulierbarer Brennofen. Anscheinend wurde die hierfür notwendige Technik im 7. Jahrhundert v. Chr. in Korinth entwickelt. Die nun verwendeten Kuppelöfen mit Abzugsloch ermöglichten erst die Produktion schwarzfiguriger und in ihrer Folge rotfiguriger Keramik.[11] Die Kontrolle der Temperatur konnte entweder optisch durch ein Guckloch, oder auch durch kleinere Probestücke im Ofen erfolgen.[12]

Literatur

  • Marie Farnsworth: Draw Pieces as Aids to Correct Firing. In: AJA 64 (1960), p. 72–75, pl. 16.
  • U. Hofmann: The Chemical Basis of Ancient Greek Vase Painting. In: Angewandte Chemie 1 (1962), p. 341–350.
  • Joseph Veach Noble: The Technique of Attic Vase Painting. In: AJA 63 (1960).
  • Joseph Veach Noble: The Techniques of Painted Attic Pottery. New York 1965.
  • Ingeborg Scheibler: Griechische Töpferkunst. Herstellung, Handel und Gebrauch antiker Tongefäße. Ch. Beck, 2., neubearb. und erw. Aufl., München 1995. ISBN 3-406-39307-1
  • Theodor Schumann: Oberflächenverzierung in der antiken Töpferkunst. Terra sigillata und griechische Schwarzrotmalerei. In: Berichte der deutschen keramischen Gesellschaft 32 (1942), S. 408–426.
  • Adam Winter: Die Technik des griechischen Töpfers in ihren Grundlagen. In: Technische Beiträge zur Archäologie, Band 1. Mainz (1959).
  • Adam Winter, Roland Hampe: Bei Töpfern und Töpferinnen in Kreta, Messenien und Zypern. Mainz (1962).

Anmerkungen und Quellennachweise

  1. Die Erkenntnis, dass sich Tongrund und Farbe in ihrer chemischen Zusammensetzung kaum oder nicht unterscheiden und sich nur in der Aufbereitung unterscheiden, wurde erstmals veröffentlicht von Schumann (1942). Später aufgegriffen und mit spektrographischen Analysen belegt durch Noble (1960).
  2. Dies und der Hinweis, dass mehr als nur eine Versiegelung nötig ist, also verschiedene Sinterpunkte der verschiedenen Farben zur gleichzeitigen Darstellung von glänzendem Schwarz, purpur-rot, und intentional red (auch coral red, korallenrot, z. B. zu sehen als flächige Hintergrundfarbe der berühmten Exekias-Schale mit dem segelnden Dionysos, München Antikensammlungen 2044) stammt von Hofmann (1962).
  3. Ausführlich behandelt bei Winter (1959).
  4. Schumann (1942) verwendete für seine Experimente Ätznatron und Ammoniak, Hofmann (1962) Tannine, Noble (1960/1965) nennt Calgon ((NaPO3)6) und Pottasche. In der Antike ist der Gebrauch von Pottasche anzunehmen, da diese als natürliches Abfallprodukt beim Verbrennen von Holz im Töpferofen anfällt.
  5. Gerade aus der Frühzeit sind uns viele unvollständig reduzierte Vasen erhalten, bei denen Teile des Gefäßes noch rot, andere Teile vollständig schwarz sind, obwohl beide mit demselben Malschlicker bemalt wurden. Jedoch erreichte die kohlenstoffreiche Atmosphäre diese Partien nicht, oder die Temperatur war in diesen Bereichen des Ofens nicht ausreichend, um die Oberfläche zu versiegeln.
  6. Noble (1960) erhitzte probeweise antike Fragmente, oberhalb von 975 °C kam es zum Aufschmelzen und zur Re-Oxidation der schwarzglänzenden Oberflächen. Experimente mit modernen attischen Tonen zeigten, dass diese durch einen Brand oberhalb von 1005 °C eine sehr helle rötliche Farbe erhielten. Brenntemperaturen unterhalb von 1000 °C erzeugten dagegen Farbtöne sehr ähnlich dem Ton antiker attischer Gefäße.
  7. In modernen Elektroöfen kann feuchtes Sägemehl durch Guckloch oder Zu-/Abluftöffnungen des Ofens gegeben werden. Vgl. Dazu Gustav Weiß: Reduktion im Elektroofen. In: Keramiklexikon. Auch Joseph Veach Noble verwendete Sägemehl: Noble (1960), p. 310-311.
  8. Noble (1960) gibt eine „soaking period“ von mindestens einer halben Stunde an.
  9. Der genaue Sinterpunkt variiert von Ton zu Ton, Noble beendete diese Phase in seinen Experimenten bei 875 °C (Noble 1960, p. 311).
  10. Die verschieden rauen und damit unterschiedlich durchlässigen Oberflächen der versinterten und nicht versinterten Gefäßteile sind sehr schön visualisiert in den elektronenmikroskopischen Aufnahmen im Aufsatz von Hofmann (1962).
  11. Selbstdarstellungen von Töpfern bei ihrer Arbeit vom Tonabbau bis zum Brand, mit Bildern von Öfen auf den korinthischen Votivtafeln von Penteskoupha (heute im Alten Museum in Berlin). Rekonstruktion eines Töpferofens bei Winter (1959). Beschreibungen heutiger Töpferwerkstätten und Öfen: Winter/Hampe (1962).
  12. Noble (1960/65) und Hofmann (1962) argumentieren, dass die optische Kontrolle ausreichend sei. Farnsworth (1960) untersuchte uns erhaltene Probestücke aus der Umgebung ausgegrabener antiker Töpferöfen.

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