Durchbruchmüller

Durchbruchmüller

Georg Bruchmüller (* 11. Dezember 1863 in Berlin; † 26. Januar 1948 in Garmisch-Partenkirchen), genannt Durchbruchmüller, war ein deutscher Artillerieoffizier im Ersten Weltkrieg und gilt als Begründer des modernen und systematischen Schießens der Artillerie.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Bruchmüller entstammte der Mittelklasse und trat 1885 in die Kaiserliche Armee ein. Hier begann seine Laufbahn bei der Fußartillerie. Nach einer unspektakulären Karriere schied er 1913 aufgrund gesundheitlicher Probleme (Diabetes) aus dem aktiven Dienst aus.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde er reaktiviert und als Artilleriekommandeur zur 86. Infanteriedivision an die Ostfront versetzt. Bruchmüller erkannte recht schnell die Ineffektivität langandauernden Artilleriebeschusses bei der Vorbereitung von Offensiven. Das damalige Verfahren sah einen mehrtägigen bzw. mehrwöchigen Beschusse sog. Trommelfeuer zur Vernichtung der Verteidiger vor. Die praktischen Folgen dieses Verfahrens waren der enorme Munitionsverbrauch, der exorbitante Verschleiß an Geschützmaterial, das Verwandeln des Angriffsgeländes in eine unpassierbare Mondlandschaft, welche Mensch und Tier nur unter größten Schwierigkeiten überwinden konnten und nicht zuletzt der taktisch bedeutsame Verlust des Überraschungsmomentes.

Bruchmüller ging bei seinen Überlegungen davon aus, dass die eigentliche Aufgabe des Artilleriefeuers darin bestand, den Gegner niederzuhalten bis die Infanterie dessen Stellungen erobert hat. Dies könnte man mit einer möglichst hohen Feuergeschwindigkeit erreichen, bei der in kurzer Zeit ein Maximum an Explosivstoffen punktgenau und konzentriert auf den (eingegrabenen) Gegner und auf dessen Artilleriestellungen geschossen wird. Um die Effektivität zu steigern, unterteilte er die Artillerie nach Kalibergrößen und Reichweite in Fernkampfartillerie, Infanteriekampfartillerie und schwerstes Flachfeuer zur Bekämpfung der feindlichen Artillerie und der Reserven, schweres Flachfeuer und leichtes Flachfeuer zum Beschuss der vorderen Linien. Diese Arten wurden aufgrund der schlechten Nachrichtenverbindungen minutiös in einem exakten Zeitplan eingearbeitet. Die Verbindung aller Feuerarten ergab die sog. Feuerwalze, bei der das Geschützfeuer auf einen der angreifenden Infanterie unmittelbar vorausschreitenden Geländeabschnitt konzentriert wurde. Entsprechend einem vorher festgelegten Schema wurde von der Artillerie ein breiter Streifen wenige Minuten beschossen, dann „sprang“ der Beschuss meist ca. 100 Meter in Feindrichtung, während die Infanterie - möglichst nahe folgend - in den zuvor beschossenen Abschnitt aufrückte.

Bruchmüller wandte diese Taktik erstmals im April 1916 bei der Schlacht am Naratsch-See an, wobei damit große Erfolge erzielt wurden. Ausgebaut wurde dieses Verfahren im September 1917 bei der Schlacht von Riga. Hier wurden erstmals die teilweise noch heute gültigen Regeln des Artilleriekampfes angewandt. Dazu gehörte in erster Linie die Aufklärung des Gefechtsfeldes mittels Luftbildfotografie und das Übertragen dieser Ergebnisse in Karten um das Einschießen der Geschütze überflüssig zu machen. Die Aufstellung eines komplexen Zeitplans für den Artillerieeinsatz, bestehend aus Feuerwirkung, Feuerwalze und Buntschießen zum Niederhalten der feindlichen Artillerie und die zeitliche Kürze des Feuers. Der durchschlagende Erfolg, d.h. der russisch Brückenkopf von Riga wurde innerhalb weniger Tage eingedrückt und die Stadt erobert, gab ihm recht. Zug um Zug begann der weitere Ausbau dieser Taktik zur Anwendung bei großen Angriffsvorhaben. Bruchmüller kombinierte sein Verfahren mit der Taktik der Sturmtruppen und brachte weitere Neuerungen ein: Dazu zählte die Verwendung von Gefechtsfeldartillerie. Das waren insbesondere die leichter und von Mannschaften zu transportierenden Minenwerfer bzw. besondere Infanteriebegleitgeschütze (Sturmkanonen), die der Infanterie im Gefecht folgen konnten, um Widerstandsnester im direkten Beschuss bekämpfen zu können. Das taktische Konzept der vorn angreifenden Sturmtruppen wurde dementsprechend modifiziert, dass sie Widerstandsnester nicht erobern sondern zu umgehen und die Bekämpfung folgenden regulären Infanterie-Einheiten zu überlassen habe und sich damit voll auf den Durchbruch konzentrieren kann. In den letzten deutschen Offensiven (siehe Schlacht von Karfreit 1917 und Frühjahrsoffensive 1918) wurde sein Verfahren äußerst wirkungsvoll und mit vollem Erfolg eingesetzt. Neu war bei beiden Schlachten der Einsatz einer doppelten Feuerwalze: Die erste Walze, die flüchtige Reizstoffe (Blaukreuz) und tödliche Lungenkampfstoffe (Grünkreuz) beim sog. Buntschießen zum Maskenbrechen auf die gegnerischen Artilleriestellungen verfeuerte hatte ein Verhältnis von 30% Sprenggranaten zu 70% Gasgranaten. Die zweite Walze bestand nur aus Sprenggranaten.

Werke

  • Die deutsche Artillerie in den Durchbruchschlachten des Weltkrieges. 124 S. Berlin: E.S.Mittler&Sohn 1922
  • Die Artillerie beim Angriff im Stellungskrieg. 216 S. Berlin/Charlottenburg: Verlag „Offene Worte“ 1926
  • Sippen meiner Ahnen und ihre engere Heimat. 400 S. Berlin 1938

Literatur

  • Hans Linnenkohl: Vom Einzelschuss zur Feuerwalze. Der Wettlauf zwischen Technik und Taktik im Ersten Weltkrieg. Bonn: Bernard & Graefe 2001 ISBN 978-3763759668
  • David T. Zabecki: Steel wind: Colonel Georg Bruchmüller and the birth of modern artillery. Westport, Conn.: Praeger 1994 ISBN 0275947491

Weblinks



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