- Dünnpfennig
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Brakteaten (von lat.: bractea „dünnes Metallblech“ abgeleitet) sind bestimmte Arten von Medaillen oder Münzen. Gemeinsames Merkmal aller Brakteaten ist, dass sie einseitig geprägt wurden, im Gegensatz z. B. zu den doppelseitig geprägten Denaren.
Inhaltsverzeichnis
Spätantike und Frühmittelalter
Bei Brakteaten aus dem 5. und 6. Jahrhundert handelt es sich um kreisrunde, einseitig geprägte Schmuckscheiben aus Edelmetall. Ihren Ursprung haben Brakteaten in der Imitation spätantiker römischer Kaisermedallions. Von den über 900 bisher gefundenen Brakteaten der Völkerwanderungszeit stammen etwa je 300 aus Dänemark und Schweden, 190 aus Norwegen, 30 aus England und 20 vom europäischen Kontinent südlich von Dänemark.
Neben der Abbildung von Personen (in der Regel Götter) finden sich Tierdarstellungen, darunter Borstentiere, Vögel, Pferde und Phantasietiere, wobei Pferdebilder häufig durch ihre stilisierten Vorderläufe auffallen (Tierstil). Etwa ein Drittel der Brakteaten tragen Runeninschriften, die sich aber nur zum Teil deuten lassen. Sie hatten überwiegend die magische Funktion von Amuletten.[1]
Für die Mythologie sind Brakteaten weniger wegen ihrer Runeninschriften von Bedeutung, sondern weil sie in den bildlichen Darstellungen die Imitation des römischen Kaiserportraits schnell zu Gunsten der Darstellung nordischer Vorstellungen aufgaben und somit eine Fülle von Bildmaterial aus einer ansonsten schriftlosen Zeit liefern.
Mittelalter
Mittelalterliche Brakteaten sind einseitig geprägte silberne mittelalterliche Hohl-Pfennigmünzen mit einem Durchmesser von 30 bis 65 mm. Diese Fläche ließ viel Platz für hochwertige künstlerische Darstellungen.
Brakteaten waren von Mitte des 12. Jahrhunderts bis ins 14. Jahrhundert fast im gesamten deutschsprachigen Raum (mit Ausnahme des Rheinlands, Westfalens und des Mittelrheingebiets) die vorherrschende regionale Münzsorte. Der Begriff Brakteat ist keine zeitgenössische Bezeichnung und soll erstmals im 17. Jahrhundert für diesen Münztypus verwendet worden sein. In einigen Regionen wurden die Brakteaten in regelmäßigen Abständen verrufen (in Magdeburg im 13. Jh. mehrmals jährlich), mussten also gegen neues Brakteatengeld eingetauscht werden. Dabei waren z. B. drei neue gegen vier alte Münzen zu wechseln. Die einbehaltene 4. Münze wurde als Schlaggeld bezeichnet und war oft die einzige Steuereinnahme des Münzherrn (Renovatio Monetae). Das Schlaggeld hatte zur Folge, dass die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erhöht wurde. Durch das Verrufen wurde das Geld als Anlagegut unattraktiv und seine Rolle als universelles Tauschmittel wurde gestärkt (Doppelfunktion des Geldes). Geldvermögen zu besitzen war unattraktiv, weswegen in Sachwerte investiert wurde, was einen Aufschwung des Handwerkes und der Künste mit sich brachte. Die deutschen Städtebünde hatten an solchen „Umtauschaktionen“ natürlich kein Interesse und führten dann ab 1413[2] einen sogenannten „Ewigen Pfennig“ ein, der den Beginn des Endes der Brakteatenzeit bedeutete, indem man wieder zur vorher üblichen dickeren doppelseitigen Münzform zurückkehrte. Die letzten Brakteaten waren Wanderbrakteaten, also Präsenzzeichen von Pilgern, und waren bis zum 17. Jahrhundert in Verwendung.[3]
Für die Brakteaten gibt es nach einem alten Handelslexicon von 1848 auch die deutsche Bezeichnung Strubben, da sie sich beim Verpacken „sträubten“. In einigen Schweizer Kantonen wurden noch bis ins 18. Jahrhundert brakteatenartige Rappen, Haller und Angster hergestellt. Brakteaten wurden, im ggs. zu den normalen Münzen, nicht in Geldbeuteln, sondern in „Brakteatenbüchsen“ transportiert, wo bis zu 40 Stück übereinandergelegt Platz fanden.
Eine über den gesamten Zeitraum des Mittelalters gebräuchliche Form ist der Hohlpfennig (Schüsselpfennig oder aufgrund des dünnen Bleches auch Dünnpfennig). In Norddeutschland ist er wahrscheinlich schon im 10. Jahrhundert von den Dänen oder Slawen übernommen worden, mindestens aber ist er seit dem 12. bis ins 16. Jh. in Gebrauch gewesen.
Üblich waren drei Werte, ein Zweipfennigstück (Blaffert) mit aufwendigem Bild, ein Einpfennigstück (auch Hohlpfennig genannt) mit grobem Bild und Hohlmünzen im Wert von einem halben Pfennig (Scherf). Allen dreien ist gemeinsam, dass sie mit gebogenem Rand geschlagen wurden, welcher häufig mit Strahlen Verziert ist. Sie tragen weder Wertzahl noch Text, auf einigen sind Buchstaben zu finden. Das Material ist fast ausschließlich Silber, nur sehr selten wurden Hohlpfennige aus Gold oder Kupfer gefunden.
Die Prägetechnik variierte je nach Region und Epoche. Die meisten Typen waren rund und unterschiedlich groß. In einigen Regionen wurden auch quadratische Schrötlinge verwendet, so dass durch den Prägevorgang eine vierzipflige Form entstand. Beim Prägen von dünneren Münzen wurden teilweise mehrere Münzen „übereinanderliegend" gleichzeitig hergestellt, woraus das bei vielen Hohlpfennigen unscharfe Münzbild resultiert. Beim Schlagen von einzelnen Münzen wurde der Schrötling auf die vertiefte Form aufgelegt und mit einem lederbezogenen Stempel in die Form geschlagen.
Eine Besonderheit bei den Brakteaten ist das Vorkommen von geteilten Stücken. Da derartige Stücke auch in Hortfunden angetroffen werden, muss davon ausgegangen werden, dass derartige Teilungen üblich waren und nicht nur versehentlich auftraten: Um den vereinbarten Preis zu zahlen, wurden die Münzen einfach geteilt.
Spezielle Brakteaten:
- Köthener Bernhards-Brakteat
- Landsberger Hohlpfennig
Fußnoten
- ↑ Düwel (1992) S. 36.
- ↑ Luschin von Ebengreuth, A.: Allgemeine Münzkunde. Seite 273.
- ↑ Luschin von Ebengreuth, A.: Allgemeine Münzkunde. Seite 92 sowie Seite 90.
Literatur
- Karl Hauck, Klaus Düwel: Goldbrakteaten aus Sievern : Spätantike Amulett-Bilder d. Dania Saxonica u.d. Sachsen-Origo bei Widukind von Corvey. In: Münstersche Mittelalterschriften Bd. 1. W. Fink, München 1970.
- Karl Hauck: Der religions- und sozialgeschichtliche Quellenwert der völkerwanderungszeitlichen Goldbrakteaten. In: Heinrich Beck, Detlef Ellmers, Kurt Schier (Hrsg.): Germanische Religionsgeschichte, Ergbd. 5 zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. de Gruyter, Berlin – New York 1992, ISBN 3-11-012872-1.
- M. Axboe, U. Clavadetscher, K. Düwel, K. Hauck, L. v. Padberg: Die Goldbrakteaten der Völkerwanderungszeit : Ikonographischer Katalog. In: Münstersche Mittelalter-Schriften. Bd. 24, Fink, München 1985–1989, ISSN 0178-0425.
- Klaus Düwel: Buchstabenmagie und Alphabetzauber : Zu den Inschriften der Goldbrakteaten und ihrer Funktion als Amulette. In: Frühmittelalterliche Studien. Nr. 22, De Gruyter, Berlin 1988, ISSN 0071-9706, S. 70–110.
- Klaus Düwel: „Zur Auswertung der Brakteatinschriften. Runenkenntnis und Runeninschriften als Oberschichten-Merkmale.“ In: Karl Hauck (Hrg): Der historische Horizont der Götterbild-Amulette aus der Übergangsepoche von der Spätantike zum Frühmittelalter. Göttingen 1992.
- Karl Walker: Das Geld in der Geschichte. Conzett/Oesch, Zürich 1999, ISBN 3-905267-12-8 (online ; Stand: 3. September 2007).
- Martin Herzog: Freiwirtschaft : Brakteaten als Muster für die wundersame Wirkung von Schwundgeld im Mittelalter. 28. Juli 2002 (Stand: 3. September 2007).
- O. C. Gaedechens; Verein für Hamburgische Geschichte (Hrsg.): Hamburgische Münzen und Medaillen. Hamburg 1854.
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