- Afro-Asiatische Sprachen
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Die afroasiatischen Sprachen (früher auch als hamito-semitisch oder semito-hamitisch bezeichnet) bilden eine Sprachfamilie, die im Norden Afrikas und in Westasien verbreitet ist. Das Afroasiatische besteht aus sechs separaten Zweigen: dem Ägyptischen, Berberischen, Semitischen, Kuschitischen, Omotischen und dem Tschadischen. Diese umfassen insgesamt etwa 350 Sprachen mit etwa 350 Millionen Sprechern. Etwa 40 der bekannten Sprachen sind heute ausgestorben.
Das Afroasiatische ist eines des vier großen Phyla afrikanischer Sprachen, die Joseph Greenberg in seinen Arbeiten von 1949 bis 1963 etabliert hatte und die heute die Basis aller linguistischen Klassifikationen in Afrika bilden.
Zur Bezeichnung
Die Bezeichnung „Afroasiatisch“ geht auf Joseph Greenberg zurück. Sie hat die irreführende und auch rassistisch belastete alte Benennung „Hamito-Semitisch“ abgelöst. Diese ist irreführend, da sie eine Zweiteilung dieser Sprachfamilie in „semitische“ und „hamitische“ Sprachen suggeriert, die nicht existiert, und im Zusammenhang mit der Hamitentheorie rassistisch konnotiert ist. Als weitere Benennungen wurden Afrasisch (Igor M. Diakonoff), Lisramisch (Carleton T. Hodge) und Erythräisch (Leo Reinisch) vorgeschlagen, diese Termini haben jedoch, mit Ausnahme von Afrasisch, kaum Anhänger gefunden. Anmerkung: Dieses Erythräisch ist nicht zu verwechseln mit der Bezeichnung einer von Christopher Ehret vorgeschlagenen hypothetischen Untergruppe des Afroasiatischen.
Primärzweige, Gliederung und geografische Ausbreitung
Man unterscheidet heute in der Regel folgende sechs Primärzweige des Afroasiatischen:[1]
- Afroasiatisch > 354 Sprachen, davon 43 ausgestorben, 347 Mio Sprecher: Nord-Afrika, Naher Osten
- Ägyptisch-Koptisch † > 1 Sprache, ausgestorben: Ägypten
- Berberisch > 24 Sprachen, davon 5 ausgestorben, 13,5 Mio Sprecher: Nordwest-Afrika
- Semitisch > 62 Sprachen, davon 28 ausgestorben, 261 Mio Sprecher: Nord-Afrika, Naher Osten, Arabien, Malta, Äthiopien
- Kuschitisch > 47 Sprachen, davon 2 ausgestorben, 38 Mio Sprecher: Nordost-Afrika
- Omotisch > 27 Sprachen, 4 Mio Sprecher: Äthiopien, Sudan
- Tschadisch > 193 Sprachen, davon 7 ausgestorben, 31 Mio Sprecher: Südwest-Tschad, Süd-Niger, Nord-Nigeria
Die in Äthiopien gesprochene Sprache Ongota (Birale) gehört sehr wahrscheinlich auch zur afroasiatischen Familie und etabliert (nach H. Fleming) einen unabhängigen weiteren Zweig.
Die früher vorgenommene Teilung in semitische und hamitische Sprachen wird heute nicht mehr vertreten (dazu siehe den Artikel Afrikanische Sprachen). Es existieren mehrere Vorstellungen darüber, in welcher Reihenfolge und wann sich die einzelnen Primärzweige vom Proto-Afroasiatischen abspalteten. Ein linguistisch begründetes Szenario liefert Ehret 1995. Danach hat sich zuerst − vor mindestens 10.000 Jahren – der omotische Zweig vom Kern getrennt (dies wird heute nahezu von allen Forschern so gesehen, während die weiteren Stufen durchaus umstritten sind). Als nächste Zweige spalteten sich das Kuschitische und Tschadische ab, die Trennung des Restes (von Ehret Boreafrasisch genannt) in Ägyptisch, Berberisch und Semitisch erfolgte zuletzt. Es ist nach heutigem Kenntnisstand nicht möglich, eine auch nur annähernde absolute Chronologie dieser Abspaltungen anzugeben. Nach dem Modell von Ehret ergibt sich folgender „dynamische“ Stammbaum des Afroasiatischen:
Stammbaum und interne Gliederung des Afroasiatischen (nach Ehret 1995)
- Afroasiatisch
- Omotisch
- Erythräisch
- Kuschitisch
- Nord-Erythräisch
- Tschadisch
- Boreafrasisch
- Ägyptisch
- Berberisch
- Semitisch
Der von Ehret hier eingeführte Name Erythräisch (für Afroasiatisch ohne Omotisch) wurde von anderen Forschern für die gesamte afroasiatische Sprachfamilie verwendet, er konnte sich aber nicht gegen Afroasiatisch durchsetzen.
Ägyptisch
Hauptartikel: Ägyptische Sprache
Das Ägyptische stellt eine Ausnahme unter den afroasiatischen Primärzweigen dar, da es aus nur einer einzigen Sprache besteht, die eine lückenlose Überlieferung über fast fünf Jahrtausende aufweist. Seine letzte Stufe, das Koptische, starb in der frühen Neuzeit als Alltagssprache aus. Das Ausbreitungsgebiet des Ägyptischen umfasste in historischer Zeit kaum mehr als das nördliche Drittel des Niltales, im 3. Jahrtausend v. Chr. wurde jedoch vermutlich auch in der ägyptischen Westwüste ein dem Ägyptischen nahe verwandtes Idiom gesprochen, von dem sich einzelne Personennamen in ägyptischer Überlieferung finden. Durch seine lange Überlieferungsdauer ist das Ägyptische von besonderem sprachwissenschaftlichem Interesse, jedoch fehlen ihm trotz der frühen Überlieferung einige grundlegende morphologische und möglicherweise auch phonologische Eigenschaften des Afroasiatischen.
Berberisch
Hauptartikel: Berbersprachen
Die Berbersprachen wurden vor der Expansion des Islam und der damit verbundenen Ausbreitung des Arabischen beinahe in der gesamten Sahara gesprochen. Das heutige Hauptverbreitungsgebiet liegt in den Staaten Niger, Mali, Algerien, Marokko, Tunesien und im westlichen Libyen; kleine Sprachinseln haben sich auch im Nordosten der Sahara in Oasen wie Augila (Libyen) und Siwa (Ägypten) sowie im westlichen Mauretanien gehalten. Im Gegensatz zu den anderen Zweigen des Afroasiatischen (außer dem Ägyptischen) zeigen die Berbersprachen untereinander keine starken grammatikalischen Unterschiede, weshalb die hier vorgenommene Einteilung in 24 Sprachen in Details strittig ist. Trotzdem kann von keinem einheitlichen Berberisch gesprochen werden, da vor allem im Wortschatz grössere Unterschiede auftreten. Die bekanntesten Berbersprachen sind Kabylisch, Tamazight, Tachelhit, Tarifit, Ouargla und Mzabitisch im Mzab sowie Tamascheq der Tuareg. Meistens wird auch die libysche Sprache in den aus den letzten vorchristlichen Jahrhunderten stammenden Inschriften in Algerien, Tunesien und Marokko zum Berberischen gerechnet. Ebenso dürfte auch das bis ins 17. Jahrhundert auf den kanarischen Inseln gesprochene Guanche eine Berbersprache gewesen sein.
Semitisch
Hauptartikel: Semitische Sprachen
Das Semitische ist heute mit etwa 260 Millionen Sprechern die sprecherreichste afroasiatische Sprachfamilie und wird im Nahen Osten, Äthiopien und weiten Teilen Nordafrikas sowie auf Malta gesprochen, wobei der größte Anteil auf das Arabische entfällt. Vor der Ausbreitung des Islam im 6. bis 8. Jahrhundert und der südarabischen Expansion nach Äthiopien beschränkte sich das semitische Sprachgebiet auf asiatische Gebiete. Das Semitische wird allgemein in zwei Zweige aufgeteilt, deren einen das ausgestorbene Akkadisch bildet, das für die Rekonstruktion des Proto-Semitischen und damit auch der afroasiatischen Protosprache von besonderem Interesse ist. Auf den anderen, westlichen, Zweig entfallen das Aramäische, die kanaanäischen Sprachen, darunter Hebräisch, das Arabische und die südsemitischen Sprachen (z. B. Ge'ez, altsüdarabisch).
Kuschitisch
Hauptartikel: Kuschitische Sprachen
Die kuschitischen Sprachen werden in Ostafrika in den heutigen Staaten Sudan, Eritrea, Äthiopien, Somalia, Kenia, Uganda und dem nördlichen Tansania gesprochen. Die Einheit der kuschitischen Sprachen ist nicht unumstritten, da die einzelnen Zweige sich wesentlich unterscheiden; insbesondere die Zugehörigkeit des Bedscha wird diskutiert. Im Allgemeinen werden die folgenden Zweige unterschieden:
- Nordkuschitisch: umfasst nur das Bedscha (ca. 1,2 Millionen)
- Zentralkuschitisch/Agaw: Bilen, Quara u. a. (zusammen ca. 585.000)
- Ostkuschitisch (ca. 35,4 Millionen)
- Hochlandostkuschitisch: Sidamo, Kambata u. a. (zusammen ca. 4,5 Millionen)
- Tieflandostkuschitisch
- Dullay (zusammen ca. 52.000)
- Südkuschitisch: Iraqw, Dahalo u. a. (zusammen ca. 483.000)
Omotisch
Hauptartikel: Omotische Sprachen
Die omotischen Sprachen werden von etwa 4 Millionen Sprechern nordöstlich des Rudolfsees im südlichen Äthiopien gesprochen. Sie wurden zunächst für einen Zweig des Kuschitischen gehalten, inzwischen ist die von Harold Fleming begründete Abgliederung weitestgehend anerkannt. Die omotischen Sprachen sind schlechter erforscht als die Vertreter der anderen Zweige, dennoch kann bereits jetzt gesagt werden, dass sie in ihrer Struktur stark von den anderen afroasiatischen Primärzweigen abweichen. Die folgende Gliederung ist, von Einzelheiten abgesehen, allgemein anerkannt:
Tschadisch
Hauptartikel: Tschadische Sprachen
Die tschadischen Sprachen werden rund um den namensgebenden Tschadsee, hauptsächlich im Tschad, Niger und in Nigeria, gesprochen. Die bei weitem bekannteste und bedeutendste tschadische Sprache ist das Hausa, das in einem großen Gebiet um den Tschadsee als Lingua franca dient. Das Tschadische wird in vier Zweige aufgeteilt:
- Westtschadisch: Hausa, Bole, Bade u. a. (zusammen ca. 27 Millionen)
- Biu-Mandara: Kamwe, Buduma u. a. (zusammen ca. 2,9 Millionen)
- Osttschadisch: Kera, Nancere u. a. (zusammen ca. 500.000)
- Masa: Masana, Musey u. a. (zusammen ca. 650.000)
Forschungs- und Klassifikationsgeschichte
Die Verwandtschaft der semitischen Sprachen untereinander war Juden und Muslimen im Orient schon lange bekannt, in Europa erkannte dies erstmals Guillaume Postel im Jahre 1538. Durch die wissenschaftliche Erforschung afrikanischer Sprachen in Europa, die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts einsetzte, wurde bald die Verwandtschaft weiterer Sprachen mit dem Semitischen erkannt. So rechnete Hiob Ludolf 1700 die äthiopischen Sprachen Ge'ez und Amharisch erstmals zum Semitischen, bald darauf fielen auch Ähnlichkeiten mit dem Koptischen und – nach der Entzifferung der Hieroglyphen – dem antiken Ägyptisch auf. 1781 führte August Ludwig von Schlözer den Begriff Semitische Sprachen ein, in Anlehnung daran prägte Johann Ludwig Krapf 1850 die Bezeichnung Hamitische Sprachen zunächst für die nicht-semitischen schwarzafrikanischen Sprachen. 1877 fügte F. Müller dieser Gruppe die afroasiatischen Berber- und Kuschitensprachen zu, während das ebenfalls afroasiatische Tschadisch unberücksichtigt blieb. Gleichzeitig fasste er bestimmte hamitische Sprachen und die semitischen Sprachen zum Hamito-Semitischen zusammen. Eine Neudefinition erfuhr der Begriff der hamitischen Sprachen durch Karl Richard Lepsius, der nun die flektierenden Sprachen Afrikas mit Genussystem unter dieser Bezeichnung zusammenfasste. Damit hatte Lepsius schon die wesentliche Masse der nichtsemitischen afroasiatischen Sprachen erfasst, jedoch erweiterte er diese Gruppe 1888 um einige nichtafroasiatische Sprachen, ebenso benutzte auch Carl Meinhof in seinem 1912 erschienenen Werk Die Sprachen der Hamiten hamitisch in einem sehr weiten Rahmen. In der Folgezeit wurde der Hamito-Semitische Sprachstamm um einige Sprachen reduziert und entsprach in den Grundzügen der heutigen Klassifikation, strittig blieb jedoch die Zugehörigkeit der tschadischen Sprachen, die erst in den 1950er Jahren von Joseph Greenberg endgültig etabliert wurde. Gleichzeitig prägte er den Begriff afroasiatisch als Ersatz für den eine ungerechtfertigte Aufteilung in hamitische und semitische Sprachen implizierenden Begriff hamito-semitisch, welcher auf die Hamitentheorie Bezug nahm. Die heutige Form erhielt die Klassifikation des Afroasiatischen 1969 durch Harold Flemings Ausgliederung einiger äthiopischer Sprachen aus der kuschitischen Familie, die von da an als Omotisch einen eigenen Primärzweig des Afroasiatischen bildeten.
Protosprache und Urheimat
Die Rekonstruktion der afroasiatischen Protosprache gestaltet sich aufgrund der kurzen Überlieferungsgeschichte der meisten Zweige und der teilweise gravierenden Unterschiede zwischen den einzelnen Hauptzweigen sowohl im Bereich der Grammatik als auch im lexikalischen Bereich wesentlich schwieriger als z. B. die Rekonstruktion des Proto-Indogermanischen. Diese gravierenden Unterschiede lassen sich auf die verhältnismäßig große Zeittiefe des Proto-Afroasiatischen zurückführen, nach glottochronologischen Untersuchungen soll das Proto-Afroasiatische um 10.000-9.000 v. Chr. gesprochen worden sein.[2]
Die Lage der Urheimat ist umstritten, da jedoch die Mehrzahl der afroasiatischen Sprachen in Afrika beheimatet ist, liegt eine Herkunft aus Afrika auf der Hand. Besonders die östliche Sahara wird favorisiert. Aufgrund lexikalischer Übereinstimmungen des Afroasiatischen mit dem Indogermanischen, den kaukasischen Sprachen und dem Sumerischen sowie der kulturellen Stellung des rekonstruierten proto-afroasiatischen Vokabulars vertreten einige Wissenschaftler wie z. B. Alexander Militarev dagegen eine Urheimat in der Levante.
Verschriftlichung und früheste Belege
Die früheste durch Schriftquellen belegte afroasiatische Sprache ist das Alt- bzw. − genauer − Frühägyptische, dessen älteste Zeugnisse bis zum Ende des vierten vorchristlichen Jahrtausends zurückreichen. Einige Jahrhunderte später setzt die Überlieferung des Semitischen, zunächst des Akkadischen und im zweiten Jahrtausend v. Chr. westsemitischer Idiome ein. Die aus den Jahrhunderten vor Christi Geburt stammenden libyschen Inschriften aus Nordafrika werden zwar allgemein zum Berberischen gerechnet, sind aber bislang unverständlich; die frühesten Belege für das Kuschitische, Tschadische und Omotische finden sich sogar erst im Mittelalter bzw. der Neuzeit. Nur ein kleiner Teil der zahllosen tschadischen, kuschitischen und omotischen Sprachen ist heute zu Schriftsprachen geworden, unter diesen befinden sich Sprachen wie das Somali, das Hausa und das Oromo. Trotz des enormen zeitlichen Abstandes zwischen den frühesten Zeugnissen des Ägyptischen und afrikanischer Sprachen von vier Jahrtausenden steht das Altägyptische dem Proto-Afroasiatischen nicht unbedingt näher als erst im 20. Jahrhundert dokumentierte Sprachen.
Phonologie
Konsonanten
Das Konsonantensystem des Proto-Afroasiatischen wird übereinstimmend mit etwa 33/34 Phonemen und teilweise auch velarisierten, palatalisierten und sonstigen Varianten rekonstruiert. Die Lautkorrespondenzen der Hauptzweige untereinander sind jedoch in zahlreiche Fällen unsicher, besonders gravierend sind die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Ägyptischen, die sich stark auf die innerägyptologische Diskussion auswirken. Beispielsweise ist umstritten, ob das Ägyptische emphatische Konsonanten aufwies und ob das ägyptische Phonem ʿ, das spätestens seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. den Lautwert [ʕ] besaß, auf proto-afroasiatisches ʕ oder eine Reihe stimmhafter Plosive und Frikative zurückgeht. Dennoch sind einige allgemeine Aussagen möglich. Die meisten bzw. alle afroasiatischen Hauptzweige haben neben stimmhaften und stimmlosen konsonantischen Phonemen auch eine dritte Reihe, deren Mitglieder in Abhängigkeit von der Sprache glottalisiert, pharyngalisiert, ejektiv, velarisiert oder implosiv realisiert werden und traditionell als emphatisch bezeichnet werden. Oft bilden stimmhafte, stimmlose und emphatische Konsonanten triadische Gruppen. In mehreren Hauptzweigen sind pharyngale Frikative ([ħ], [ħʾ ], [ʕ]) vorhanden.
Als klassisches Beispiel für ein typisch afroasiatisches Konsonantensystem kann dasjenige des Altsüdarabischen gelten. Es weist das konservativste System innerhalb des Semitischen auf und dürfte darüber hinaus dem proto-afroasiatischen Konsonanteninventar nahekommen:[3]
Bilabial Dental Alveolar Postalveolar Palatal Velar Uvular Pharyngal Glottal nicht emph. emphatisch nicht emph. emphatisch Plosive stl. t tˀ k q ʔ sth. b d g Frikative stl. f θ s sˀ ʃ x ħ h sth. ð ðˀ z ɣ ʕ Nasale m n Laterale l Vibranten r Approximanten w j laterale Frikative stl. ɬ ɬˀ Vokale
Hinsichtlich der Vokale sind wenige Gemeinsamkeiten erkennbar. Protosemitisch, Altägyptisch und möglicherweise das Protoberberische wiesen die drei Vokalphoneme a, i und u auf, die Beziehungen dieser Vokale zu denen anderer Sprachen, die durchgehend mehr Vokale aufweisen, sind kaum gesichert. Zwar sind einige afroasiatische Sprachen Tonsprachen, doch ist unklar, ob das Proto-Afroasiatische deshalb ebenfalls eine Tonsprache war.
Morphologie
Für das Semitische, Berberische und Ägyptische ist eine extensive Nutzung einer Wurzelmorphologie typisch, in der die lexikalische Information fast ausschließlich durch eine rein konsonantische Wurzel übermittelt wird, der die grammatische Information vor allem in Form von Vokalen beigefügt wird. Im Tschadischen und Kuschitischen findet sich nur ein begrenzt eingesetzter Ablaut; die Morphologie des Omotischen basiert dagegen fast ausschließlich auf Suffigierung und ist teilweise agglutinierend. Die Forschung geht davon aus, dass das Proto-Afroasiatische zwar, beispielsweise zur Bildung von Aspektstämmen (siehe unten), ablautende Formen besaß, dass aber der Zustand des Semitischen, Berberischen und Ägyptischen auf eine sekundäre Entwicklung zurückgeht.
Nominalmorphologie
Für das Proto-Afroasiatische lässt sich ein zweiteiliges Genussystem mit den Genera Maskulinum und Femininum rekonstruieren. Zu den sichersten Gemeinsamkeiten in der Nominal- und auch Pronominalmorphologie gehört ein feminines Bildungslement t: akkadisch šarr-at-um „Königin“; mittelägyptisch sn.t „Schwester“; kabylisch t-aqšiš-t „Mädchen“. Während das Maskulinum in der Nominalmorphologie des Berberischen, Ägyptischen und Semitischen unmarkiert ist, wenden die anderen Primärzweige, soweit sie das Genussystem erhalten haben, hierzu analog zum Femininum in bestimmten Fällen Morpheme wie k und n an.
Kuschitisch, Berberisch und Semitisch haben außerdem ein Kasussystem gemeinsam, von dem sich mögliche Spuren auch im Ägyptischen und Omotischen[4] finden, wobei die Interpretation bzw. überhaupt Existenz des ägyptischen Befundes umstritten ist.
Funktion Suffix Einzelsprachliche Reflexe Semitisch Kuschitisch[5] Berberisch[6] Ägyptisch
(?)Omotisch
(?)Absolutiv *-a *-a
(Akkusativ)*-a *ā- *-a Nominativ *-u *-u *-i / *-u *wā- -w *-u Genitiv *-i *-i *-i *-i *-i Andere mögliche Kasus wie ein Lokativ/Terminativ auf *-is (z. B. akkadisch -iš, ägyptisch -js „wie“) sind unsicher.
Alle Zweige des Afroasiatischen kennen die Numeri Singular und Plural, im Semitischen und Ägyptischen kommt ein Dual hinzu, für den sich ein Suffix *-y rekonstruieren lässt. Die Pluralbildung erfolgt allgemein, mit Ausnahme des Ägyptischen, in dem sich ein Suffix -w durchgesetzt hatte, auf vielfältige Art und Weise. Aufgrund ihrer großen Verbreitung können die Pluralsuffixe -n, -w und die Pluralbildung durch Veränderung der Vokalstruktur (besonders nach dem Muster CVCaC u. ä.), Gemination und Reduplikationen als proto-afroasiatische Merkmale angesehen werden:
- Mit -w:
- Ägyptisch nbw.w „Herren“ zu nbw „Herr“
- Berberisch: Tuareg măss-aw „Herren“ zu məssi „Herr“, măssawăte „Herrinnen“ zu măssa „Herrin“
- Kuschitisch: Afar lubak-wa „Löwen“ zu lubak „Löwe“
- Semitisch: akkadisch šarrū (< *šarruw)[7] „Könige“ zu šarru- „König“
- Tschadisch: Hausa itaat-uuwà „Bäume“ zu itààc-èè „Baum“[8]
- Mit -a-:
- Berberisch: ijḍaḍ „Vögel“ zu ajiḍiḍ „Vogel“
- Kuschitisch: Beja bak „Ziegen“ zu book „Ziege“
- Semitisch: Arabisch kilāb „Hunde“ zu kalb „Hund“
- Tschadisch: Ngizim gàmsàk „Männer“ zu gə̀msə̀k „Mann“
Über die ganze Sprachfamilie verbreitet sind außerdem einige Präfixe zur denominalen bzw. deverbalen Nominalbildung, beispielsweise *m-, das zur Bildung deverbaler Substantive, vor allem Nomina loci, instrumenti und agentis dient:
- Lokal:
- Ägyptisch *mĕ́sḏ˘r „Ohr“ zu sḏr „schlafen“.
- Berberisch: Tuareg emăsăww „Quelle“ zu əsəw „trinken“
- Semitisch: Ge'ez makwannān „Gerichtshalle“ zu kwannana „herrschen, richten“
- Tschadisch: Bade màkfān „Eingang“ zu ə̀kfu „hereingehen“
- Instrumental:
- Ägyptisch *mắ3q.t „Leiter“ zu j3q „hinaufsteigen“.
- Semitisch: Akkadisch našpartum „Brief“ zu šapāru „senden“
- Tschadisch: Bade marbə̀cən „Schlüssel“ zu ə̀rbə̀cu „öffnen“
- Nomina agentis:
- Ägyptisch mḏ3jw „Widersacher“ zu ḏ3j „kreuzen, sich widersetzen“
- Berberisch: Tuareg amidi „Freund“ zu idaw „begleiten“
- Semitisch: Ge'ez makwannən „Herrscher, Richter“ zu kwannana „herrschen, richten“
- Tschadisch: Bade màsūyān „Fischer“ zu sūy „fischen“
Pronomina
Sehr konsistent ist das System der Personalpronomina. Den Kern bildete die folgende, in allen Zweigen erhaltene Reihe (Tabelle im Wesentlichen nach Hayward 2000; für das Ägyptische sind rekonstruierte vokalisierte Formen aus einer vor-urkoptischen Zeit angegeben; die angegebenen Pronomina sind oft in mehreren einzelsprachlichen Reihen verteilt.):
Person Proto-Afroasiatisch[9] Ägyptisch Semitisch Berberisch: Tuareg[10] Kuschitisch Tschadisch: Hausa Omotisch: Dizi Singular 1. *i, *yi -j *-ī, *-yaʾ (Genitiv), *-nī (Akkusativ) -i *yV ni, wa yin 2. m. *ku, *ka *-ku *-ka -k *ku ka 2. f. *ki **-ki > *-ṯi, ***kim > **ṯim > **ṯin *-ki -m *ki ki, kin 3. m. *si, *isi *-su *-šu -s *-su / *-sa shi iz-n 3. f. *-si *-ši -s *-sii ta iž-n Plural 1. *nV *-ina *-nV -năɣ *nV mu, mun in 2. m. *kūna *-kīna > *-ṯīna *-kumu -wăn *kun(V) / *kin(V) ku, kun 2. f. *-kina -kmăt 3. m. *su, *usu *-sina *-šumu -săn *ʔisun(V) / *ʔisin(V) su, sun íš-n 3. f. *-šina -snăt Diese Pronomina stehen in vielen Einzelsprachen enklitisch, daneben lässt sich eine zweite, weniger weit verbreitete Reihe rekonstruieren, deren Mitglieder offenbar absolut stehen konnten und die vermutlich aus einem Element ʔan- und einer Reihe von Personalelementen, die auch zur Verbalkonjugation benutzt wurden, zusammengesetzt waren.
Die Demonstrativpronomina werden in vielen afroasiatischen Sprachen aus kleinen Elementen zusammengesetzt, besonders genusanzeigenden Elementen *n-, *k- (Maskulinum), *t- (Femininum), die mit weiteren kleinen Elementen kombiniert werden:[11]
- Somali (Kuschitisch) kan (m.), tan (f.), kuwan (pl.) „dieser, -e, -e“.
- Altägyptisch pn (m.), tn (f.), jpn (pl. m.), jptn (pl. f.), nn (neutrisch) „dieser, -e, -e“.
- Miya (Westtschadisch) náka (m.), táka (f.), níyka (pl.) „jener, -e, -e“.
Verbalmorphologie
Konjugation
In der Verbalmorphologie zeigen sich zwischen den Primärzweigen ähnliche Unterschiede wie sie schon bei der Substantivdeklination erkennbar wurden: Semitisch, Kuschitisch und Berberisch besitzen die Präfixkonjugation, die durch Ablaut mehrere Aspektestämme unterscheidet (siehe unten). Die folgende Tabelle illustriert das System der Personalaffixe der Präfixkonjugation:
Semitisch: Akkadisch Kuschitisch: Bedscha Berberisch: Tamazight 1. P. Sg. a-prus ʔa-dbíl dawa-ɣ 2. P. Sg. m. ta-prus ti-dbil-à t-dawa-d 2. P. Sg. f. ta-prus-ī ti-dbil-ì 3. P. Sg. m. i-prus ʔi-dbíl i-dawa 3. P. Sg. f. ta-prus ti-dbíl t-dawa 1. P. Pl. ni-prus ni-dbíl n-dawa 2. P. Pl. m. ta-prus-ā ti-dbil-nà t-dawa-m 2. P. Pl. f. t-dawa-nt 3. P.Pl. m. i-prus-ū ʔi-dbil-nà dawa-n 3. P.Pl. f. i-prus-ā dawa-nt Im Ägyptischen haben sich keine Spuren der Präfixkonjugation erhalten, stattdessen findet sich hier schon seit den frühesten Texten die (ägyptische) Suffixkonjugation, die keine Personalkonjugation kannte, aber das pronominale Subjekt durch suffigierte Personalpronomina ausdrückte: sḏm=f „er hört“, sḏm.n nṯr „der Gott hörte“. Die Evolution dieser Art der Konjugation ist umstritten, in Frage kommen hauptsächlich mit Nomen rectum als logisches Subjekt versehene Nomina actionis und Partizipien.
Das Tschadische besitzt zwar eine Konjugation durch meist präverbale Morpheme, doch ist diese genetisch mit der Präfixkonjugation nicht verwandt, vielmehr stellen die Personapräfixe des Tschadischen modifizierte Formen der Personalpronomina dar. Beispiel: Hausa kaa tàfi „du gingst“. Im Omotischen erfolgt die Konjugation auf verschiedene Weise durch pronominale Elemente; das Verbalsystem des Proto-Omotischen ist höchstens in Ansätzen rekonstruierbar.
Neben der Präfixkonjugation besaß das Proto-Afroasiatische noch eine zweite Konjugationsmethode, in der die Personen durch Suffixe unterschieden wurden. Diese Art der Konjugation hat sich im Semitischen, Ägyptischen und Berberischen erhalten, sie verlieh dem Verb – im Akkadischen auch Substantiven und Adjektiven – offenbar eine stativische Bedeutung.[12] Nach der Meinung einiger Wissenschaftler ist auch die Suffixkonjugation des Kuschitischen genetisch verwandt, bei ihr kann es sich aber auch, wie heute mehrheitlich angenommen wird, um eine sekundäre Bildung aus Verbalstamm plus präfixkonjugiertem Hilfsverb handeln. (Anmerkung: Altägyptisch und Altakkadisch besaßen zudem noch Dualformen. Paradigmawörter: nfr „gut“, hninə- „mitleidig sein“, zikarum „Mann“):
Altägyptisch Semitisch: Akkadisch Berberisch: Kabylisch 1. P. Sg. nfr.kw zikar-āku hnin-əɣ 2. P. Sg. m. nfr.tj zikar-āta hnin-əḍ 2. P. Sg. f. zikar-āti 3. P. Sg. m. nfr.j zikar hnin 3. P. Sg. f. nfr.tj zikar-at hnin-ət 1. P. Pl. nfr.wjn zikar-ānu hnin-it 2. P. Pl. m. nfr.twnj zikar-ātunu 2. P. Pl. f. zikar-ātina 3. P. Pl. m. nfr.wj zikar-ū 3. P. Pl. f. nfr.tj zikar-ā Aspektstämme
Aspektstämme werden in vielen afroasiatischen Sprachen, vor allem solchen mit Reflexen der Präfixkonjugation, durch Ablaut gebildet. Die meisten Theorien zum Verbalsystem der Protosprache gehen davon aus, dass sie bereits mindestens zwei Aspektstämme gekannt hat: ein imperfektiver und ein perfektiver Stamm. Dem imperfektivem Stamm werden Ablaut nach a und/oder Gemination des vorletzten Stammkonsonantes als typische Bildungsmerkmale zugeordnet. Belege für diese Bildungsweisen finden sich in allen Hauptzweigen außer dem Ägyptischen und Omotischen, wenngleich deren Deutung als Reste eines ursprachlichen Imperfektstammmes vor allem im Tschadischen angezweifelt wird:
- Berberisch: Tamazight: -fəɣ- (Aorist) – -ffaɣ- (Habitual)
- Kuschitisch: Afar: -erd- (Perfekt) – -ard- (Imperfekt)
- Semitisch: Akkadisch -kbit- (Perfekt) – -kabbit- (Imperfekt)
- Tschadisch: Ron: mot – mwáat (Habitativ).
Einige Wissenschaftler halten auch einen intransitiven Perfektstamm mit -a-, dessen Reflexe sich im Berberischen, Semitischen und Kuschitischen finden sollen, für rekonstruierbar. Das Beja (Nordkuschitisch) und die Berbersprachen besitzen in der Präfixkonjugation auch negative Verbalstämme, deren Bezug zum protosprachlichen System aber kaum erforscht ist.
Bildung
Allen Hauptzweigen des Afroasiatischen ist ein hauptsächlich aus Affixen bestehendes System zur deverbalen Verbalbildung gemeinsam. Sehr weit verbreitet ist ein Affix *-s-, das zur Bildung kausativer, faktitiver und transitiver Verben dient:
- Ägyptisch s-mn „festsetzen“ zu mn „bleiben“
- Berberisch: Kabylisch ss-irəd „waschen“ zu irid „gewaschen werden“
- Kuschitisch: Oromo dammaq-s „aufwecken“ zu dammaq „aufwachen“
- Omotisch: Aari: lanq-s- „müde machen“ zu lanq- „müde sein“.
- Semitisch: Ugaritisch šlḥm „füttern“ zu lḥm „essen“
- Tschadisch: Hausa karànta-s / karànta-r „lehren“ zu karàntaa „lernen“
Weitere weit verbreitete Affixe sind *-t- und *-m-, die Reflexivität, Reziprozität, Passivität, Intransivität und das Medium ausdrücken:
- Berberisch: Kabylisch m-ẓər „sich (gegenseiteig) sehen“ zu ẓər „sehen“
- Kuschitisch: Afar -m-ḥukum- „gerichtet werden“ zu -ḥkum „richten“
- Omotisch: Gamo bakˀett-ees „geschlagen werden“ zu bakˀkˀ-ees „schlagen“
- Semitisch: Akkadisch mitḫurum „einander gegenüberstehen“ zu maḫarum „gegenüberstehen“
- Tschadisch: Bade jədù „nehmen“ zu ju „gehen“
Reduplikation dient in vielen Sprachen zum Ausdruck verbaler Intensivität oder Pluralität:
- Ägyptisch: wnwn „umhergehen“ zu wnj „eilen“
- Kuschitisch: Oromo duddubbaddh „wieder und wieder sprechen“ zu dubbaddh „sprechen“.
- Tschadisch: Hausa sàssayàà „wieder und wieder kaufen“ zu sàyaa „kaufen“
Syntax
Die Syntax von prähistorischen Sprachen zu rekonstruieren, ist im Allgemeinen schwierig. Einige Eigenschaften der Wortstellung sind im Afroasiatischen jedoch so weit verbreitet, dass sie Erwähnung verdienen. In den meisten Sprachen folgen Objekte dem Verb, pronominale Objekte stehen dabei oft vor nominalen Objekten. Sind beide Objekte pronominal, folgt das direkte dem Indirekten; indirekte nominale Objekte folgen jedoch direkten. Diese drei Regeln sind im Ägyptischen, vielen semitischen Sprachen, dem Tschadischen und Berberischen nahezu universell gültig:
Akkadisch
(Semitisch)aṭrud akku šu ich schickte dir ihn „Ich schickte ihn dir.“ Altägyptisch rḏj.n=j n=k jr.t Ḥr.w hiermit gebe ich dir Horusauge „Hiermit gebe ich dir das Horusauge.“ Bole
(Tschadisch)Bamoi kàppū mòrɗo ḿ bō-nì gà jàɗà Bamoi pflanzte Hirse für Vater – sein mit Hacke „Bamoi pflanzte für seinen Vater Hirse mit einer Hacke.“ Wortschatz
Der allen Zweigen gemeinsame Wortschatz dürfte mehrere hundert Lexeme groß sein, seine Rekonstruktionen (Cohen 1947, Diakonoff et al. 1993-7, Ehret 1995, Orel-Stolbova 1995) weichen jedoch, nicht zuletzt aufgrund der Unsicherheiten hinsichtlich der Rekonstruktion der Lautkorrespondenzen, stark voneinander ab. Beispiele für sichere Wortgleichungen gibt die folgende Tabelle.
Die Rekonstruktionen proto-afroasiatischen Wurzeln wurden Ehret 1995 entnommen (dort: ă=tiefer Ton; â=hoher Ton). Die einzelsprachlichen Reflexe sind verschiedenen Veröffentlichungen entnommen. Einzelne Reflexe erfordern gegensätzliche Lautentsprechungen, so fordert die Gleichung jdmj „roter Leinenstoff“ < Proto-Afroasiatisch *dîm-/*dâm- „Blut“ die Beziehung ägyptisch d < proto-afroasiatisch *d, während ägyptisch ˁ3j „groß sein“ als Reflex von *dăr- „größer werden/-machen“ die Beziehung ägyptisch ˁ < proto-afroasiatisch *d voraussetzt. Folglich kann nur eine dieser beiden Gleichungen richtig sein, in der Forschung haben jedoch beide Lautbeziehungen eine signifikante Anzahl an Anhängern. Wo die Bedeutung des einzelsprachlichen Reflexes mit der rekonstruierten Wurzelbedeutung übereinstimmt, wurde diese nicht wiederholt.
Proto-Afroasiatish Semitisch Ägyptisch[13] Tschadisch Omotisch Berberisch Kuschitisch Arabisch Akkadisch Hausa Ngizim Bole Dime Bench Mocha Tamazight Kabylisch Oromo Somali *k'os- „Knochen“ qs (*qĕ́s) ƙàshii ḳus ixṣṣ īɣəs *sŭm-, sĭm- „Name“ ism šumu smj „berichten“ suunaa sun sum isəm *-pîr- „fliegen“ farra „fliehen“ naparruru „auseinanderlaufen“ p3 „auffliegen“, prj „hinausgehen“ fìrá „in die Luft schwirren“ (vom Vogel) farfaran afru fərfər „flattern“; fel „weggehen, überschreiten“ barara fuul- „aufsteigen“ *dîm-, *dâm- „Blut“ dam dâmu jdmj „(roter?) Leinenstoff“ jinii dədəm dòm 'damo idamm idamən *-dăr- „größer werden/-machen“ darr „im Überfluss vorhanden sein“ ˁ3j „groß sein“ dorg „fett, stark“ dheeraa „groß, hoch“ *-gâd-, *-gûd- „groß sein“ ǧadd „bedeutend“ ḏd3 „fett“ gòdoŋ „viel“ gääd „groß“ guddaa „viel, groß“ *nim-, nam- „Person“ nummā „irgendjemand“ nə̀n „jemand“ naamo „Sohn“ nama nin *-maaw- „sterben“ māta mâtu mwt mutù mə̀tu motu mmut əmmət *-ʔâr „wissen“ raʔā „sehen, erkennen“ jr.t „Auge“, jr „sieh!“ (?) er „wissen“ arihä „wissen“ il „Auge“ *-lis'- „lecken“ lisān „Zunge“ lišānu „Zunge“ ns (*lĕ́s) „Zunge“ harshèè „Zunge“ lisìm „Zunge“ lits'- iləs „Zunge“ *ma, mi „was?“ mā mannum „wer?“ m „wer?, was?“ mèè *-m- „nass sein“ māʾ „Wasser“ mû „Wasser“ mw (*mắw) „Wasser“ (Plural) âm „Wasser“ àmma „Wasser“ màss- „waschen“ mask „waschen“ 'amiyo „regnen“ aman „Wasser“ Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Sprecherzahlen gemäß Ernst Kausen, Die Klassifikation der afroasiatischen Sprachen.
- ↑ Orel-Stolbova 1995, S. 9; A. Militarev: Sovremennoe sravnitel'no-istoricheskoe afrazijskoe jazykoznanie: chto ono mozhet dat' istoricheskoj nauke?. In: Lingvisticheskaja rekonstrukcija i drevnejshaja istorija Vostoka. Teil 3, 3-26, 44-50. Moskau 1984.
- ↑ Rekonstruktion nach: N. Nebes, P. Stein: Ancient South Arabian. in: Roger D. Woodard (Hrsg.): The Cambridge encyclopedia of the World's ancient languages. Cambridge University Press, Cambridge 2004, S. 454-487. ISBN 0-521-56256-2
- ↑ so Hayward 2000
- ↑ Vergleiche: Hans-Jürgen Sasse: Case in Cushitic, Semitic and Berber. In. James Bynon (Hrgs.): Current Progess in Afro-Asiatic Linguistics. John Benjamins, Amsterdam/Philadelphia 1984. ISBN 90-272-3520-1. Seite 111-126
- ↑ Rekonstruktion nach: Karl-G. Prasse: Manuel de grammaire touarègue (tăhăggart). 3 Bände, Kopenhagen 1972-1974. ISBN 87-500-1489-7, ISBN 87-500-1310-6, ISBN 87-505-0205-0
- ↑ Diese Ableitung ist in der Semitistik nicht allgemein akzeptiert, vergleiche: Robert R. Ratcliffe: The "Broken" Plural Problem in Arabic and Comparative Semitic: Allomorphy and Analogy in Non-Concatenative Morphology. John Benjamins, Amsterdam/Phildalphia 1998, ISBN 1-556-19884-1
- ↑ nach Newman aber nicht auf das Proto-Tschadische zurückführbar. Paul Newman: Nominal and verbal plurality in Chadic. Foris, Dordrecht 1990. ISBN 90-6765-499-X, S. 36.
- ↑ nach Ehret 1995; ohne die dort angegebenen Töne
- ↑ Karl-G. Prasse: Manuel de grammaire touarègue (tăhăggart). Bd 1. Kopenhagen 1972, S.164 ff. ISBN 87-500-1489-7
- ↑ Insbesondere zu pronominalen Bildungen mit n: Stephen J. Lieberman: The Afro-Asiatic Background of the Semitic N-Stem: Towards the Origins of the Stem-Afformatives of the Semitic and Afro-Asiatic Verb. In: Bibliotheca Orientalis. Nederlands Instituut voor het nabje Oosten te Leiden, Leiden 43.1986, S. 577-628. ISSN 0006-1913
- ↑ Einige Wissenschaftler haben sich in jüngerer Zeit auch für die Existenz eines dynamischen und eines statischen Konjugationsmusters ausgesprochen, vergleiche: Wolfgang Schenkel: śč̣m.t-Perfekt und śč̣m.ti-Perfekt. Die beiden Pseudopartizipien des Ägyptischen. In: Heike Behlmer (Hrsg.): Quaerentes scientiam. Festgabe für Wolfhart Westendorf zu seinem 70. Geburtstag. Seminar für Ägyptologie und Koptologie, Göttingen 1994, S. 157-182; Rainer Voigt: Die beiden Suffixkonjugationen des Semitischen (und Ägyptischen). In: Zeitschrift für Althebraistik. Kohlhammer, Stuttgart 15/16.2002/2003, S.138-165. ISSN 0932-4461
- ↑ Die vokalisierten Rekonstruktionen folgen dem Regelwerk von Jürgen Osing: Die Nominalbildung des Ägyptischen. Zabern, Mainz 1976. ISBN 3-8053-0031-X
Siehe auch
Literatur
- Überblick
- Igor M. Diakonoff: Afrasian languages. Nauka, Moskau 1988.
- Richard Hayward: Afroasiatic. In: Bernd Heine, Derek Nurse (Hrsg.): African Languages. Cambridge University Press, 2000. ISBN 0-521-66629-5
- Joseph Greenberg: The Languages of Africa. Mouton, The Hague and Indiana University Center, Bloomington 1963. ISBN 0-87750-115-7 (3. Ausgabe)
- Hans-Jürgen Sasse: Afroasiatisch. In: Bernd Heine, Thilo C. Schadeberg, Ekkehard Wolff (Hrsg.): Die Sprachen Afrikas. Buske, Hamburg 1981, S. 129–148. ISBN 3-87118-496-9
- Lexikon und Phonologie
- Igor M. Diakonoff u. a.: Historical-Comparative Vocabulary of Afrasian. In: St. Petersburg Journal of African Studies. Bd. 2–6. St. Petersburg 1993–1997.
- Christopher Ehret: Reconstructing Proto-Afroasiatic (Proto-Afrasian), Vowels, Tone, Consonants, and Vocabulary (University of California Publications in Linguistics. Bd. 126). University of California Press, Berkeley 1995. ISBN 0-520-09799-8
- Vladimir E. Orel, Olga V. Stolbova: Hamito-Semitic Etymological Dictionary. Materials for a Reconstruction (Handbuch der Orientalistik. Abt. I, Bd. 18). Brill, Leiden 1995. ISBN 90-04-10051-2 (aufgrund methodischer Unzulänglichkeiten stark in der Kritik)
- Marcel Cohen: Essai comparatif sur la vocabulaire et la phonétique du chamito-sémitique. Champion, Paris 1947. (von historischem Interesse)
Weblinks
- Ernst Kausen: Die Klassifikation der afroasiatischen Sprachen. (DOC)
- Afroasiatisch > 354 Sprachen, davon 43 ausgestorben, 347 Mio Sprecher: Nord-Afrika, Naher Osten
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