Eigenbesitz

Eigenbesitz
Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Begriff Besitz, die gleichnamige Gemeinde im Landkreis Ludwigslust siehe unter Besitz (Mecklenburg).

Der Begriff Besitz bezeichnet im Sachenrecht die "tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache" unabhängig von der rechtlichen Beziehung zu dieser Sache.

Umgangssprachlich, vermutlich historisch begründet, bezeichnet „Besitz“ auch die Dinge, über die man unmittelbare Verfügungsgewalt hat: die Habe, rechtlich die Innehabung. Auch Eigentum ist ein anderer Begriff.

Inhaltsverzeichnis

häufige Fehlbenutzung

Besitz wird häufig – im juristischen Sinn fälschlicherweise – gleichbedeutend mit Eigentum verwendet (z.B. Hausbesitzer)[1].

Besitz im deutschen Recht

Definition

Im Bürgerlichen Gesetzbuch bezeichnet der Begriff Besitz die tatsächliche Gewalt einer Person über eine Sache (§ 854 Abs. 1 BGB) unabhängig von der rechtlichen Beziehung zu dieser Sache. Maßgebend für die Frage, ob jemand eine Sache in Besitz hat, ist also nicht, ob diese Sache seinem Eigentum zuzurechnen ist, sondern ob er die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt. Erforderlich hierzu ist neben einem räumlichen Herrschaftsverhältnis über die Sache auch ein Besitzwille.

In diesem Sinne haben auch der Mieter Besitz an der Wohnung und sogar der Dieb Besitz an dem gestohlenen Gegenstand.

Besitzschutz

Eine Besitzentziehung oder Besitzstörung gegen den Willen des Besitzers (Verbotene Eigenmacht) ist normalerweise rechtswidrig, es sei denn, dass die Entziehung oder Störung ausnahmsweise gesetzlich gestattet ist. Ein solcher Rechtfertigungsgrund ist zum Beispiel Notstand (vgl. § 228 , § 904 BGB und § 34 StGB) oder Selbsthilfe (vgl. § 229 BGB). Ob dem Entziehenden bzw. Störer jedoch ein Recht zum Besitz oder sogar das Eigentum an der Sache zusteht, ist unerheblich. So darf der Eigentümer nach Ablauf der Mietzeit dem Mieter nicht einfach die Sache wegnehmen, sondern muss gegebenenfalls gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Der verbotenen Eigenmacht darf sich der unmittelbare Besitzer mit Gewalt erwehren (Besitzwehr). Einen bereits gebrochenen unmittelbaren Besitz darf er zeitlich unmittelbar anschließend wieder mit Gewalt herstellen (Besitzkehr). Der Ladeninhaber darf deshalb den Dieb gewaltsam an der Wegnahme hindern und ihm die erbeutete Sache auch sofort wieder mit Gewalt abnehmen.

Arten des Besitzes

Unmittelbarer und mittelbarer Besitz

Unmittelbarer Besitz liegt vor, wenn nach der Auffassung des täglichen Lebens auf Grund der räumlichen Beziehung und deren Dauer eine unmittelbare Sachherrschaft gegeben ist. Mittelbarer Besitz abstrahiert juristisch bereits wieder von der vorstehenden Definition über die Sachherrschaft und sieht auch den als Besitzer an, der die Sachherrschaft nicht selbst wahrnimmt, sondern durch einen anderen ausüben lässt. Das meist verbreitete Besitzmittlungsverhältnis ist die Miete. Der Eigentümer (Vermieter) lässt die unmittelbare Sachherrschaft durch den Mieter ausüben. Dann ist der Vermieter mittelbarer und der Mieter unmittelbarer Besitzer.

Besitzdiener

Befindet sich derjenige, der die unmittelbare Sachherrschaft tatsächlich ausübt, in Abhängigkeit zu einem anderen, so spricht ihm das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) den Besitz für den Fall ab, dass er diese Sachherschaft für den anderen ausübt. (§ 855 BGB). Weitere Voraussetzung ist ein Rechtsverhältnis zwischen den beiden, in welchem typischerweise nur der Weisungsbefugte "Herr über die Sache" sein soll.

Der Knecht des Bauern hat an dem Pflug, den er führt, der Angestellte des Unternehmers hat an dem Computer, den er bedient, keinen Besitz, sondern ist nur Besitzdiener. Er genießt deshalb keinen Besitzschutz und darf sich der Wegnahme des Pfluges oder des Computers durch den Bauern oder Chef nicht mit Gewalt erwehren. Allerdings darf er die Besitzrechte (aus § 859 BGB - Besitzwehr und Besitzkehr) für den Chef oder den Bauern ausüben. Sobald der Besitzdiener Eigenbesitzwillen begründet, wird er jedoch unmittelbarer Besitzer.

Erbenbesitz

"Der Besitz geht auf den Erben über." bestimmt § 857 BGB ganz schlicht. Abweichend von der Grundregel des § 854 BGB muss der Erbe weder die tatsächliche Sachherrschaft noch einen Besitzwillen bezüglich des Nachlasses haben. Er muss noch nicht einmal vom Erbfall Kenntnis haben. Der Besitzerwerb tritt ipso iure ein.

Allein- und Mitbesitz; Teilbesitz

Übt nur eine Person die Sachherrschaft aus, hat sie Alleinbesitz. Tun dies mehrere Personen zusammen, so steht die Sache in ihrem Mitbesitz. Unter den Mitbesitzern findet Besitzschutz nur statt, wenn der eine den anderen ganz von der Sachherrschaft ausschließt, nicht aber, wenn nur die Grenzen des Gebrauchs der gemeinsam besessenen Sache streitig sind. Sperrt also einer von zwei Mitmietern den anderen aus, darf dieser Besitzschutz üben. Macht er ihm nur den Fernsehsessel während der Sportschau streitig, sind Besitzwehr und Besitzkehr ausgeschlossen. Beim Mitbesitz wird weiterhin unterschieden zwischen dem "schlichten" Mitbesitz (mehrere Bewohner eines Mehrfamilienhauses haben einen Schlüssel zum Fahrradkeller; jeder einzelne kann unabhängig vom anderen Bewohner den Fahrradkeller nutzen) und dem "gesamthänderischen" Mitbesitz (zwei Personen haben je einen Schlüssel eines Tresors, bei dem beide Schlüssel zum Öffnen des Tresors benötigt werden). Darüber hinaus gibt es noch den sog. Teilbesitz, insb. bei Wohneigentum (abgeschlossene Mietwohnung in einem Haus).

Eigen- und Fremdbesitz

Durch das Begriffspaar Eigen- und Fremdbesitz wird der Besitz nach der Willensrichtung des Besitzers differenziert. Eigenbesitz hat, wer die Sache als ihm gehörig besitzt (§ 872 BGB). Fremdbesitzer ist, wer nur aufgrund eines beschränkten Rechts besitzt. Der Eigenbesitz ist Voraussetzung für den Eigentumserwerb durch Ersitzung.

Abgrenzung zum Gewahrsam

Der überwiegend zivilrechtlich und öffentlich-rechtlich verwendete Begriff des Besitzes korrespondiert mit dem überwiegend strafrechtlich verwendeten Begriff des Gewahrsams. Besitz und Gewahrsam unterscheiden sich im Wesentlichen im Bereich von mittelbarem Besitz und Besitzdienerschaft. Der mittelbare Besitzer hat zwar Besitz, nicht aber Gewahrsam an einer Sache. Der Besitzdiener hat keinen Besitz an der Sache, wohl aber Gewahrsam.

Ein weiteres Beispiel für das Auseinanderfallen von Besitz und Gewahrsam kann der Erbenbesitz sein: Gemäß § 857 tritt der Erbe in die Besitzposition des Erblassers ein, ohne dadurch notwendigerweise Gewahrsamsinhaber zu werden.

Arten


Unmittelbarer Besitz

Ist die tatsächliche unmittelbare Gewalt/Herrschaft über eine Sache.

Teilbesitz

Liegt vor, wenn eine Person von einer Sache nur ein Teil besitzt.

Mitbesitz

Beim Mitbesitz besitzen mehrere Personen eine Sache gemeinschaftlich.

Mittelbarer Besitz

Liegt vor, wenn eine Person einer anderen Person auf Zeit die tatsächliche Herrschaft über eine Sache überträgt (Miete, Leihe, Pacht u.s.w.)

Eigenbesitz

  • Der Eigenbesitzer betrachtet die Sache als ihm gehörend.
  • Es ist nicht notwendig, dass die Sache auch tatsächlich ihm gehört - auch ein Dieb kann Eigenbesitzer sein.

Fremdbesitz

Der Fremdbesitzer erkennt das Recht des Eigentümers an.

Selbsthilfe des Besitzers

Wer dem Besitzer einer Sache ohne dessen Willen den Besitz der Sache entzieht oder ihn im Besitz stört, übt verbotene Eigenmacht aus (vgl. § 858 BGB). Gegen die verbotene Eigenmacht darf sich der Besitzer nach § 859 BGB unter Einsatz von Gewalt wehren. So ist der Gewalteinsatz gegen eine drohende Entziehung zulässig, genauso wie gegen eine andauernde Störung (Besitzwehr).

Wurde dem Besitzer die Sache entzogen, darf er sich ihr mittels Gewalt wieder bemächtigen (Besitzkehr). Erforderlich ist sowohl bei beweglichen Sachen, wie auch bei Grundstücken immer ein enger zeitlicher Zusammenhang mit der Besitzentziehung (auf frischer Tat,unmittelbar verfolgt(Nacheile) , bzw. sofort).

Die Gewaltanwendung darf jedoch das erforderliche Maß nicht überschreiten. Insbesondere kann ein Waffengebrauch ein unangemessenes und daher unzulässiges Mittel der Selbsthilfe nach § 859 BGB darstellen.


Österreichisches Recht

Das österreichische ABGB ist als naturrechtliche Kodifikation des beginnenden 19. Jahrhunderts dem Römischen Recht näher als das deutsche BGB. Dies zeigt sich insbesondere beim Besitz, wo das ABGB zwischen Innehabung und (tatsächlichem) Besitz in römischrechtlicher Manier unterscheidet:

Innehabung und Besitz

  • Innehabung: Inhaber ist derjenige, der eine Sache nur in seiner Verfügungsgewalt hat.
  • Besitz: Besitzer ist der, der animus (Wille, die Sache als die seinige zu behalten) und corpus (Innehabung) hat.

Beispiele: Der Entlehner ist Inhaber, da er den Besitzwillen eines anderen anerkennt. Der Dieb ist - unredlicher - Besitzer, da er Innehabung und Eigenbesitzwille hat.

Arten des Besitzes

Im Einzelnen kann man unterscheiden:

  • Sachbesitz - Rechtsbesitz
    • Sachbesitz: Besitz einer körperlichen Sache
    • Rechtsbesitz: Besitz von Rechten, also unkörperlichen Sachen (Immaterielles Gut), wobei sich diese Rechte auf körperliche Sachen (z.B. Mietgegenstand) beziehen und auf dauernde Ausübung gerichtet sein müssen.
  • Rechtmäßigkeit - Redlichkeit - Echtheit
    • rechtmäßiger Besitz: Besitz aufgrund eines gültigen Titels (zum Beispiel Kauf)
    • redlicher Besitz: Der Besitzer hält die Sache "aus wahrscheinlichen Gründen für die seinige".
    • echter Besitz: Besitz nec vi (nicht gewaltsam entzogen), nec clam (nicht heimlich entzogen), nec precario (nicht aufgrund einer Bittleihe)

Besitzschutz

Der Besitz ist geschützt durch:

  • Besitzstörungsklage: Eine Klage auf Feststellung der Störung, Wiederherstellung des ruhigen Besitzstandes und Untersagung weiterer Störungen
  • Actio Publiciana: Ein Klage auf Feststellung der Besitzverhältnisse und deren Herausgabe
  • Selbsthilfe: Käme gerichtliche Hilfe zu spät, darf der Besitzer seinen Besitz durch angemessene Gewalt schützen (§ 344 ABGB).
  • Notwehr: Schädigende Handlungen gegen den Angreifer, wenn sie zur Abwehr eines Angriffs erfolgen

Quellen

  1. W. Theil: "Eigentum und Verpflichtung: einige juristische Aspekte". In: H.J. Stadermann, O. Steiger: "Verpflichtungsökonomik. Eigentum, Freiheit und Haftung in der Geldwirtschaft". S. 175–200 (Online-Version, PDF)
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