- Einsasse
-
Der Bauernstand (auch die Bauernschaft, das Bauerntum) besteht aus Eigentümern oder Pächtern, die als Hauptberuf selbstständig einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb betreiben.
Im geschichtlichen Kontext unterscheidet sich unfreies und freies Bauerntum.
Inhaltsverzeichnis
Aufgabe
Die Aufgabe des Bauernstands ist die Gewinnung der Nahrung (Landwirtschaft). Das Bauerntum ist nicht nur ein Berufsstand, sondern für manche eine Lebensform. Das Bild des unabhängigen, organisch gewachsenen, religiös gebundenen Bauerntums ist von der Romantik bis heute in der Auseinandersetzung mit den Problemen der industriellen Gesellschaft idealisiert worden.
Größe der Güter und Betriebe
In manchen Gegenden unterscheidet man auch heute noch nach der Betriebsgröße Vollbauern (Vollspänner, Hufner, Einsassen) und Halbbauern (Halbspänner, Halbhufner).
- Großbäuerliche Betriebe verfügen über 80 Hektar und mehr Land,
- mittelbäuerliche Betriebe verfügen über 20 bis 80 Hektar Land und
- kleinbäuerliche über weniger als 20 Hektar Land.
Die Betriebsgröße allein sagt allerdings wenig über die wirtschaftliche Größe eines Betriebes aus, da dazu auch Kriterien, wie Bodenqualität, Wasservorkommen, Witterungsbedingungen und andere Kriterien hinzugerechnet werden müssen und diese im deutschsprachigen Raum höchst unterschiedlich sind. Für eine wirtschaftlich sinnvolle Bearbeitung ist außerdem die Größe der jeweiligen Einzelflächen von Bedeutung.
Kleinere Bauernbetriebe reichen für eine Selbstversorgung oft nicht mehr aus; ihre Besitzer (Kossäten, Büdner, Hüttner, Häusler, Arbeiter) sind auf einen Nebenberuf angewiesen. Größere Betriebe sind Gutswirtschaften. - Für die historische Entwicklung dieser Betriebsgrößen und Bezeichnungen siehe den folgenden Abschnitt und unter ländliche Sozialstruktur.
Geschichte der Bauern in Mitteleuropa
Nach sächsischem Recht war Grundbesitz unteilbar und wurde auf einen Sohn vererbt. Nach fränkischem Recht wurde Grundbesitz dagegen unter den Söhnen geteilt. Seit dem hohen Mittelalter gerieten die Bauern in wachsende Abhängigkeit von ihren Grundherren, nur vereinzelt behaupteten die Bauern ihre Freiheit (z. B. Dithmarschen, Tirol, Bregenzerwald). Außerhalb dieser Gebiete gab es nur wenige Freibauern. Einige Bauern waren zwar persönlich frei, aber die Verfügung über ihr Eigentum war durch die Abhängigkeit von der Grundherrschaft beschränkt. Ein großer Teil der Bauern waren sogar selber Leibeigene. In vielen Gegenden Westdeutschlands hatten Bauern in Haufendörfern keinen dauerhaften Besitz an ihren Äckern, sondern ihren Anteil an der Gewanneflur, die regelmäßig neu aufgeteilt wurde. In Gegenden mit Streusiedlung dagegen hatte jeder Bauernhof seine Ackerfläche. In Gegenden, die im Lauf des Mittelalters kolonisiert wurden, gehörte zu jedem Bauernhof eine Hufe.
Städter, die sich von der Landwirtschaft ernährten, wurden nicht Bauern genannt, sondern Ackerbürger. Adelige, die nicht von Fronabgaben lebten, sondern eine eigene Landwirtschaft betrieben, wurden ebenfalls nicht Bauern genannt, sondern waren Gutsherren. War ihr Gut so klein, dass sie mit auf dem Feld arbeiten mussten, sprach man von Krautjunkern.
Unter den Bauern, die feudalen Grundherren untertan waren, gab es eine starke soziale Differenzierung nach Besitzgröße und rechtlicher Stellung. Die Besitzstruktur entwickelte sich regional unterschiedlich, je nach dem, ob der Landbesitz geteilt wurde, oder nicht geteilt werden durfte (Anerbenrecht). Die in der dörflichen Gemeinde vollberechtigten Bauern werden auch als Nachbarn bezeichnet. Je nachdem, ob sie mit Pferden oder ohne zu Fronleistungen verpflichtet waren, unterschied man Spannbauern und Handbauern. Umfasste der Besitz des Spannbauern eine Hufe, wurde dieser Vollbauer, lokal und zeitlich unterschiedlich, als Anspänner, Pferdner, Hüfner, Vollspänner oder Ackermann bezeichnet. Nur wenige Bauerngüter, oft die der Erbrichter, umfassten mehrere Hufen. In Niedersachsen und Westfalen wie auch in Österreichischen wurden freie Großbauern als Meier bezeichnet. Männer, die die Erbin eines Meierhofes heirateten, übernahmen oft den Familiennamen ihrer Frau. In vielen Gegenden gab es eine Mehrzahl von Teilhüfnern, die als Dreiviertelhüfner, Halbbauer, Halbspänner, Halbhüfner, Viertelbauer, Einspänner, Spitzspänner oder Kärrner in den Quellen bezeichnet werden. - Teilhüfner mit in der Regel kleinerem Besitz von etwa einer Viertel- oder Achtelhufe waren aber auch die Handbauern bzw. Handfronbauern, die in den Quellen als Hintersättler, Hintersassen, Hintersiedler, Kötner, Kotsassen oder Kossäten, in Mitteldeutschland bzw. Kursachsen aber als Gärtner bezeichnet werden. Bauern, die ihre Milchkuh vor Pflug oder Wagen spannten, weil sie keine Pferde besaßen, nannte man auch Kuhbauern.
→ Siehe hierzu: Der Gärtner als Kleinbauer im Artikel Gärtner.Jedem Versuch, eine Ordnung in die auftretenden Bezeichnungen (siehe auch Begriffsgeschichte) zu bringen, sind durch die Vielzahl der in den Quellen auftretenden Variationen Grenzen gesetzt. Bis weit ins 17. Jahrhundert wurden die Bauern in vielen Dörfern in den Kirchenbüchern nicht als solche gekennzeichnet, sondern es wird nur Name und Ort genannt, so aber auch bei den nicht-bäuerlichen Dorfbewohnern. Unterschiedslos für alle Dorfbewohner wurde lokal auch Inwohner und später Einwohner verwendet. Nur aufgrund heimatgeschichtlicher Ortskenntnisse und vor allem durch die Heranziehung der Gerichtshandelsbücher und von Steuerlisten lässt sich im Einzelfall entscheiden, ob sich hinter Bezeichnungen wie "begütert", "begüterter Inwohner", "erbangesessen" usw. mit Sicherheit ein Bauer verbirgt und mit welcher Besitzgröße. Deshalb sollten derartige Angaben zu Besitzgröße, Steuereinstufung und Verkaufspreis der Güter in heimatgeschichtlichen, ortsgeschichtlichen und genealogischen Arbeiten nicht fehlen und ebenso obligatorisch wie die Lebensdaten der Personen sein. In diesen Arbeiten sollten auch stets die in den Quellen vorgefundenen Originalbezeichnungen wie Hüfner, Anspänner usw. verwendet werden und nicht etwa durch Bauer oder Landwirt ersetzt werden, da so wertvolle soziale und sprachliche Information verloren ginge.
In Dörfern, in denen es vorwiegend Vollbauern gab, wurden bis ins 17. Jahrhundert Ämter in der Gemeinde und Kirchengemeinde, wie Schulze bzw. Richter, Kirchvater, Schöffe usw. fast ausschließlich an Vollbauern übertragen, so dass, wenn in den Kirchenbüchern nur ein derartiges Amt angegeben ist, fast mit Sicherheit darauf geschlossen werden kann, dass es sich um einen Vollbauern handelt. Jedoch beginnen in Sachsen bereits im 18. Jahrhundert an manchen Orten Gärtner oder sogar Häusler, derartige Ämter zu übernehmen.
Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert vollzog sich in der ländlichen Sozialstruktur eine dynamische Entwicklung, durch die sich die Anteile der bäuerlichen Besitzgrößen nicht nur objektiv verschoben haben, sondern auch subjektiv die Grenzen, bei denen ein Dorfbewohner der einen oder anderen Kategorie zugerechnet wurde. Ein "besessener Mann" konnte im 18. Jahrhundert z. B. etwas anderes sein als im 16. Jahrhundert. Für jeden, der sich mit der Sozialgeschichte, Wirtschaftsgeschichte und Bevölkerungsgeschichte dieser Zeit befasst, gehören die Unterschiede, die sich in der ländlichen Sozialstruktur niederschlagen, zum Grundwissen, da diese soziale Ungleichheit in Zusammenhang steht mit dem Heiratskreis und der sozialen Mobilität der Personen und Familien.
Der Versuch, diese feudale Ordnung durch Bauernaufstände aufzulösen, scheiterte. Im 19. Jahrhundert vollzog sich die Bauernbefreiung bzw. die Ablösung von der Abhängigkeit zur Grundherrschaft.
Als Kern des Bauerntums wurde in Mitteleuropa stets der Hofbauer gesehen, d. h. der Landwirt, der nur mit seiner Familien oder mit Arbeitskräften (Knecht, Magd) seinen eigenen Betrieb bewirtschaftet. Das durch Verbesserung der Anbautechnik, seit 1870 auch durch überseeische Einfuhren, vergrößerte Getreideangebot führte zu einer wachsenden Verschuldung der Bauern (Agrarkrise) und damit zu einer Massenabwanderung in die neu entstandenen Industriegebiete (Landflucht). Bäuerliche Selbsthilfe-Einrichtungen wurden die Genossenschaften, staatliche Maßnahmen zum Schutz der Bauern waren besonders die 1879 eingeführten Schutzzölle (Agrarpolitik).
Der Nationalsozialismus setzte bereits vor 1933 konzipierte Bestrebungen um, durch das Erbhofrecht (Reichserbhofgesetz) eine Neuordnung (Unteilbarkeit des Grundbesitzes, Erbfolge, Ariernachweis) zu erreichen.
Die nach 1947 in den westlichen Besatzungszonen erlassenen Landesgesetze stützen sich wieder auf das alte Höferecht. Die sowjetische Besatzungszone bzw. die DDR erlebten nach 1945 die Gründung von Neubauerngütern und später die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft.
Erbhofgesetze gelten weiterhin in Österreich und Südtirol.
Siehe auch
Literatur
- Wilfried Gerbig: Standesbezeichnungen der bäuerlichen Bevölkerung im deutschen Sprachraum. Familienkundliche Nachrichten 8/1992, Nr. 13, S. 305-307b.
- Herrmann Grees: Unterschichten mit Grundbesitz in ländlichen Siedlungen Mitteleuropas. In: Gerhard Henkel (Hrsg.): Die ländliche Siedlung als Forschungsgegenstand der Geographie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983, S. 193-223 (= Wege der Forschung 616) – Mit Tabelle auf S. 194 über die Bezeichnungen für bäuerliche Schichten und Unterschichten und ihre regionale Verbreitung.
- Heinrich Niehaus: Der Bauer in der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. 1948
- Werner Rösener: Die Bauern in der europäischen Geschichte, Beck, München 1993 (= Europa bauen) ISBN 3-406-37652-5.
- Rudolf Schmidt: Die kursächsischen Ämter im Bereich des unteren Muldentals von der Mitte des 16. bis zum Anfang des 18. Jahrhundert (Soziale Gliederung der bäuerlichen Bevölkerung und Amtsverfassung). In: Mitteilungen für Geschichte der Stadt Meißen 9/1913, H. 1-3 (auch Dissertation), Leipzig 1912
- Johann Schwendimann: Der Bauernstand im Wandel der Jahrtausende. Benziger, Einsiedeln-Köln 1945
Weblinks
Wikimedia Foundation.