- Einsatzgrundzeit
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Die Hilfsfrist ist das wichtigste Planungs- und Qualitätsmerkmal für die Einsätze von Feuerwehr und Rettungsdienst. In den Gesetzen der Länder zum Rettungsdienst und Brandschutz sowie kommunalen Brandschutzbedarfsplänen werden Höchstwerte für die Hilfsfrist bzw. zusätzlich Schutzziele (Hilfsfrist und Personalstärke) beim Brandschutz festgelegt. Danach richtet sich die Dichte des Netzes an Rettungswachen und Feuerwehrstandorten sowie deren Personal- und Sachmittelausstattung. Die Einhaltung der Hilfsfrist kann durch die Einsatzdokumentationen der Leitstellen überprüft werden.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Es gibt unterschiedliche Definitionen zur Hilfsfrist. Meist wird sie nicht ab dem Eintreten eines Notfalles/Brandes, sondern erst vom Beginn der Notrufabfrage in der Leitstelle an bis zum Eintreffen adäquater Hilfe am Einsatzort definiert. Dieses Zeitintervall ist planbar. Die Zeit bis zum Notrufeingang in der Leitstelle, auch Meldefrist genannt, hängt dagegen von Zufällen ab und ist nicht planbar. Rauchmelder in Privathaushalten und Brandmeldeanlagen in besonders gefährdeten Gebäuden sowie ein dichtes Netz an Notrufeinrichtungen können diese Zeit entscheidend verkürzen. Die Hilfsfrist endet mit dem Eintreffen der Einsatzkräfte am Einsatzort und der Einleitung effektiver Hilfsmaßnahmen.
Die Hilfsfrist lässt sich in drei wesentliche Zeitabschnitte unterteilen, die Gesprächs- und Dispositionszeit in der Leitstelle, die Ausrückzeit der Einsatzkräfte und die Anfahrtzeit bis zum Einsatzort.
Gesprächs und Dispositionszeit: Nach Eingang des Notrufes in einer Leitstelle nimmt der Disponent den Schadensfall auf, entscheidet nach den Informationen des Anrufers und unter Berücksichtigung der entsprechenden Alarmpläne, welche Einsatzkräfte alarmiert werden müssen, und alarmiert diese. Die planerische Durchschnittszeit für die Gesprächs- und Dispositionszeit liegt bei ca. 1 Minute im Rettungsdienst und 1,5 Minuten beim Brandschutz (Sollwert nach AGBF)
Ausrückzeit: Die Ausrückzeit beginnt mit der Alarmierung der Einsatzkräfte über automatisierte Alarmierungssysteme im Rettungsdienst und bei hauptamtlich besetzten Feuerwachen bzw. durch das Anlaufen der Sirene bzw. des Funkmeldeempfängers (Piepser) bei Freiwilligen Feuerwehren. Sie enthält den Weg vom Aufenthaltsbereich zur Fahrzeughalle im Rettungsdienst und bei hauptamtlich besetzten Feuerwachen bzw. die Anfahrt der ehrenamtlichen Helfer zur Feuerwache sowie das Anlegen der persönlichen Schutzkleidung bei Brandeinsätzen. Mit der Abfahrt des besetzten Fahrzeuges endet die Ausrückzeit.
Die planerische Durchschnittszeit schwankt von ca. 1 Minute im Rettungsdienst bis 4 Minuten bei Freiwilligen Feuerwehren (Sollwert nach AGBF)
Anfahrtzeit: Die Anfahrtzeit vom Fahrzeugstandort zum Einsatzort stellt in der Praxis eine Planungsvariable in der Hilfsfrist dar. Sie soll zu 95 % innerhalb der gesetzlichen Regelungen für die Hilfsfrist bleiben. Die Abweichung von 100 % ergibt sich durch besondere Ereignisse wie extreme Wetterlagen, Unfall auf dem Einsatzweg, Duplizitätsfälle. Der planerische Sollwert für Freiwillige Feuerwehren liegt bei 4 Minuten (nach AGBF).
Einsatzgrundzeit ist ein in Rheinland-Pfalz gebräuchlicher Begriff, der die Ausrückzeit und die Anfahrtszeit zusammenfasst. [1]
Um die Genesung eines Notfallpatienten zu gewährleisten, müssen lebensrettende Sofortmaßnahmen durch geschultes Rettungsfachpersonal möglichst zeitnah durchgeführt werden. Die Erfolgschancen bei einer Reanimation nach drei Minuten liegen bei 75 %, nach zehn Minuten bei 5 %.
Beim standardisierten Schadensereignis „kritischer Wohnungsbrand“ nach AGBF sind vom Brandausbruch bis zu einer möglichen Rauchvergiftung nur 17 Minuten Zeit. 18 Minuten nach Brandausbruch muss mit einem Flashover gerechnet werden. Deshalb gibt die AGBF eine Hilfsfrist von 9,5 Minuten vor. Die Erträglichkeitsgrenze für eine Person im Brandrauch laut Orbit-Studie beträgt ca. 13 Minuten. Die Reanimationsgrenze für eine Person im Brandrauch beträgt laut Orbit-Studie etwa 17 Minuten und die Zeit vom Brandausbruch bis zum Flashover 18 bis 20 Minuten.
Politische und Institutionelle Vorgaben
In Deutschland sind die Bundesländer zuständig für den Rettungsdienst. Dementsprechend sind die gesetzlichen Vorgaben zur Hilfsfrist in 16 unterschiedlichen Rettungsdienstgesetzen geregelt. Die Hilfsfrist beginnt nach diesen Regelungen überwiegend mit dem Eingang des Notrufes, mit der Einsatzeinscheidung (Niedersachsen), der Einsatzeröffnung (Bremen) oder dem Beginn der Anfahrt (Bayern, Saarland). Die Hilfsfrist selbst reicht von 8 Minuten in dicht besiedelten Gebieten Nordrhein-Westfalens bis hin zu maximal 17 Minuten in ländlichen Gebieten Thüringens (bei einer Versorgung von 95 % der Bevölkerung im Rettungsdienstbereich bis 15 Minuten).
Brandschutz dagegen ist eine kommunale Aufgabe. Gemeinden legen in Brandschutzbedarfsplänen entsprechend den örtlichen Gegebenheiten das anzustrebende Schutzziel und den dabei einzuhaltenden Erreichungsgrad fest. Überprüft werden diese Vorgaben von den Bundesländern.
Da es keine bundesweit einheitlichen gesetzlichen Regelungen und Richtlinien gibt, haben die von der Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren (AGBF) entwickelten Schutzzieldefinitionen für unterschiedliche Szenarien (Schadenereignisse) große Bedeutung als Richtschnur. Von besonderer Bedeutung ist das Schadensereignis „kritischer Wohnungsbrand“, bei dem von Menschenleben in Gefahr in einer brennenden Wohnung ausgegangen wird. Neben rein zeitlichen Vorgaben zur Hilfsfrist werden dabei auch die erforderlichen Personalstärken für einen effektiven Einsatz sowie die nötige Eigensicherung festgelegt. Die meisten Brandschutzbedarfspläne halten sich eng an diese Vorgaben. Zusätzlich sollten besondere Gefährdungsbereiche berücksichtigt werden.
Hintergrund
An der Hilfsfristvorgabe hat sich die konkrete Organisationsplanung (Standorte der Rettungs- und Feuerwachen, personelle und materielle Ausstattung) auszurichten, was wiederum wesentlich die Vorhaltekosten der Gefahrenabwehr bestimmt.
Wo Standorte von Feuerwehr und Rettungsdienst historisch gewachsen sind, sind diese häufig in zentralen Orten konzentriert (z. B. mehrere Hilfsorganisationen in einer Kreisstadt), während in der Fläche solche Standorte fehlen. Eine Standort- und Ausstattungsplanung anhand der Hilfsfristvorgabe soll eine annähernd gleich gute Versorgung aller Menschen im Planungsgebiet ermöglichen.
Der geforderte reale Erreichungsgrad muss zwangsläufig geringer als 100 % sein, weil Vorkommnisse wie ungewöhnlich viele gleichzeitige Einsätze in einem Gebiet, Unfälle oder Defekte von Einsatzfahrzeugen auf der Anfahrt oder nicht passierbare Straßen nicht abschließend planbar sind.
Hilfsfrist als Qualitätsmaß
Der reale Erreichungsgrad der Hilfsfrist in einem Gebiet kann nachträglich anhand von Einsatzstatistiken festgestellt werden. Er dient dann als Qualitätsmaß. Weicht dieser Wert signifikant von der Hilfsfristvorgabe ab, dann muss die Organisation des Brandschutzes bzw. Rettungsdienstes überprüft werden, insbesondere die Anzahl und die Positionierung von Rettungsfahrzeugen.
Weblinks
Quellen
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