Elaphurus

Elaphurus
Davidshirsch
Davidshirsch

Davidshirsch

Systematik
Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hirsche (Cervidae)
Unterfamilie: Echte Hirsche (Cervinae)
Gattung: Elaphurus
Art: Davidshirsch
Wissenschaftlicher Name
Elaphurus davidianus
Milne Edwards, 1866

Der Davidshirsch oder Milu (Elaphurus davidianus) ist eine Säugetierart aus der Familie der Hirsche (Cervidae). Ursprünglich im östlichen Asien beheimatet, ist er in freier Wildbahn seit mehreren hundert Jahren ausgerottet und konnte nur durch Haltung in einem kaiserlichen Park von Peking und später in europäischen Wildgehegen überleben.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Die Kopfrumpflänge beträgt 183 bis 216 Zentimeter, wozu noch ein 22 bis 36 Zentimeter langer Schwanz kommt. Die Schulterhöhe beträgt 122 bis 137 Zentimeter und das Durchschnittsgewicht 214 Kilogramm bei Männchen und 159 Kilogramm bei Weibchen. Damit ist der Davidshirsch ein vergleichsweise großer Hirsch und nur etwas kleiner als der Rothirsch. Das Fell ist im Sommer kräftig rotbraun und im Winter blass hellbraun gefärbt. Mit den langen, schlanken Beinen erinnert der Davidshirsch gestaltlich ein wenig an ein Rentier. Der lange, eselartige Schwanz endet in einer schwarzen Quaste. Auffälligstes Merkmal ist aber das Geweih, das nach hinten gerichtete Verzweigungen aufweist, wobei die erste fast so groß wie die Hauptstange ist. Hierdurch scheint das Geweih dem Betrachter in die „verkehrte“ Richtung gewachsen zu sein.

Verbreitung und Lebensraum

Die ursprüngliche Verbreitung des Davidshirsches war lange Zeit unbekannt. Jüngere Fossilfunde zeigen, dass er im Pleistozän noch nahezu in ganz China, sowie in Korea und Japan vorkam. Als vermeintliches Aussterbedatum des Davidshirsches in freier Wildbahn findet man immer wieder das Jahr 200 n. Chr. Wie auch immer die Überlieferung dieses Datums zustande gekommen ist, heute gilt als gesichert, dass Davidshirsche sehr viel länger überlebten. Nach Angaben des chinesischen Forschers Xia Jingshi lebten die letzten Herden wohl während der Ming-Dynastie, und die verbliebenen Einzelhirsche wurden im 17. oder vielleicht auch im 18. Jahrhundert getötet. Unbestätigten Berichten zufolge wurden noch im 19. Jahrhundert auf der Insel Hainan zwei Felle gefunden.

Wie auch immer, nach der Ausrottung in freier Wildbahne überlebte die Art, weil in den kaiserlichen Gärten von Peking eine Herde von 120 Tieren über Jahrhunderte gehegt wurde. Die heutigen Bestände (siehe Bedrohung und Schutz) stammen allerdings sämtlich von europäischen Zoohirschen ab.

Der einstige Lebensraum des Davidshirsches waren Sumpfgebiete. Seine stark vergrößerten, spreizbaren Klauen sind eine Anpassung an die Umwelt und bewahrten ihn vor dem Einsinken.

Lebensweise und Ernährung

Davidshirsche

Der chinesische Zoologe Xia Jingshi schrieb unter Berufung auf alte Quellentexte, dass zur Zeit der chinesischen Reichsgründung (etwa 200 v. Chr.) Tausende von wilden Davidshirschen in großen Herden umherstreiften. An den sehr viel kleineren Herden der heutigen Zeit kann man sehen, dass die männlichen Hirsche zur Zeit der Brunst heftige Kämpfe ausfechten, um einen Harem zu etablieren. Hierbei kämpfen sie nicht nur mit den Geweihen, sondern stellen sich auch auf die Hinterbeine, um mit den Vorderhufen nach dem Konkurrenten zu treten.

Zur Nahrung des Davidshirsches gehören hauptsächlich Gräser, ergänzt durch Wasserpflanzen und Laub.

Fortpflanzung

Die Tragzeit beträgt rund neun Monate und zählt damit zu den längsten innerhalb der Hirsche - Vermutungen über eine mögliche Keimruhe wie beim Reh haben sich nicht bestätigt. Üblicherweise kommen ein oder zwei Junge zur Welt, die bei der Geburt rund 11 Kilogramm wiegen und wie viele junge Hirsche zunächst ein geflecktes Fell haben. Die Geschlechtsreife tritt mit zwei Jahren ein, das Höchstalter eines Tieres betrug 23 Jahre.

Bedrohung und Schutz

Auf dem Gelände der Woburn Abbey in Bedfordshire wurden Davidshirsche in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gezüchtet

Wie oben erwähnt, waren spätestens im 19. Jahrhundert die Bestände auf eine Herde im kaiserlichen Nan Hai-Tsu-Park bei Peking beschränkt. Als wohl erster Europäer sah der französische Pater Armand David (nach welchem die Art auch benannt ist) 1865 diese Hirsche, indem er trotz Verbots auf die Mauer kletterte. Durch Bestechung der Wachen gelangte David später an zwei Felle, die er nach Europa sandte, wo der Zoologe Henri Milne Edwards die Art anhand dieser erstbeschrieb. Milne-Edwards gab der Art aufgrund eines Übermittlungsfehlers auch den Namen Milu; dies ist jedoch der chinesische Name für den Sikahirsch, wurde dem Davidshirsch also irrtümlich zugeordnet. Trotzdem findet man noch heute in Zoos oft die Bezeichnung Milu oder Miluhirsch, wenn ein Davidshirsch gezeigt wird.

Später bekamen französische, britische und deutsche Diplomaten lebende Davidshirsche geschenkt. Diese wurden nach Europa verschifft und in den dortigen Zoos untergebracht. Einige kamen auch im Berliner Zoo unter; sie wurden jedoch mit Rothirschen gekreuzt, wodurch der Bestand bald nicht mehr reinblütig war.

In China selbst kam zur Wende zum 20. Jahrhundert das Ende für die dortige Herde. Eine Flutkatastrophe 1895 zog den Park in arge Mitleidenschaft, etliche Tiere ertranken, andere entkamen durch die zerstörte Mauer und wurden bald von hungernden Menschen getötet und gegessen. Nur rund 20 bis 30 Tiere überlebten zunächst, diese wurden aber während der Wirren des Boxeraufstands fünf Jahre später ebenfalls getötet und verspeist. Ein letzter Davidshirsch überlebte bis 1922 im Zoo von Peking, ehe er dort starb.

Nachdem das Aussterben in China bekannt geworden war, entschieden sich alle Zoos, die Davidshirsche hielten, ihre Tiere in die Obhut des Herzogs von Bedford (England) zu geben, der verschiedenste exotische Hirscharten in seinen Gärten bei Woburn hielt und erfolgreich züchtete. 18 Exemplare stellten den weltweiten Restbestand dar. Hiervon waren ein Hirsch und fünf Hirschkühe noch fortpflanzungsfähig. Die kleine Herde, für die ein Internationales Zuchtbuch eingerichtet wurde, war ausgesprochen fruchtbar. Sie umfasste 1914 bereits neunzig Tiere und war 1946 auf dreihundert Hirsche angewachsen. Kleine Zuchtgruppen wurden auf verschiedene Zoos verteilt und züchteten überall erfolgreich.

1956 erhielt der Zoo von Peking fünf Davidshirsche. Erst 1985 wurden 39 Davidshirsche in ihrer ursprünglichen Heimat in das Dafeng Milu Naturreservat in der Provinz Jiangsu ausgewildert. Heute gibt es ausgewilderte Davidshirsche auch im Beijing Milu Park bei Peking. 2005 bestand die Weltherde aus 1.300 Exemplaren, von denen rund 1.000 in China leben. Daraufhin wurde das Zuchtbuch eingestellt. Die IUCN listet den Davidshirsch als vom Aussterben bedroht (critically endangered).

Der Zoo Wuppertal konnte am 8. Mai 2008 einen Zuchterfolg vermelden, zwei Jungtiere im Abstand von vier Tagen wurden geboren.[1]

Literatur

  • Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. The Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-5789-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Seltener Milus-Nachwuchs im Zoo Westdeutsche Zeitung (Online), vom 8. Mai 2008

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