Electromote

Electromote
1882 in Halensee bei Berlin: Das Elektromote von Werner Siemens

Elektromote – seltener auch Electromote geschrieben – war die Bezeichnung für den ersten Oberleitungsbus der Welt. Hierbei handelte es sich um eine elektrisch angetriebene Kutsche beziehungsweise Droschke. Diese wurde ab dem 29. April 1882 von Werner Siemens auf einer 540 Meter langen Versuchsstrecke in der damals noch selbstständigen Villen- und Mietshaussiedlung Halensee bei Berlin vorgeführt, heute Teil des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf.

Das Versuchsfahrzeug wies bereits alle Merkmale eines Oberleitungsbusses auf und gilt somit als weltweit erster Vertreter dieses Verkehrssystems. Das Elektromote ist damit älter als der erste kraftstoffbetriebene Omnibus der Welt, dieser wurde erst 1895 von Carl Benz gebaut und bei der Netphener Omnibusgesellschaft eingesetzt.

Die Bezeichnung Elektromote leitete sich aus dem englischen Begriff electric motion für elektrische Bewegung ab. Bei der Entwicklung des Systems stand Werner Siemens in engem Kontakt mit seinem nach England emigrierten Bruder Carl Wilhelm Siemens.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Werner Siemens
Carl Wilhelm Siemens

Auf der Berliner Gewerbeausstellung des Jahres 1879 präsentierte Werner Siemens – beziehungsweise sein Unternehmen Siemens & Halske – die erste erste elektrische Eisenbahn der Welt. Im Mai 1881 erfolgte in Lichterfelde bei Berlin schließlich die Eröffnung der weltweit ersten elektrischen Straßenbahn. Unmittelbar im Anschluss daran konzentrierte sich Siemens darauf, der Öffentlichkeit auch einen elektrisch betriebenen Omnibus vorzuführen. Zuvor kannte man hingegen nur Pferdeomnibusse und Dampfomnibusse beziehungsweise Dampfwagen.

Mit der Errichtung der entsprechenden Versuchsanlage in Halensee wurde ebenfalls noch im Laufe des Jahres 1881 begonnen.[2] Wiederum wurde dazu bewusst ein Gelände in unmittelbarer Nähe zur Hauptstadt ausgewählt. Die Idee zu dem Projekt eines elektrisch angetriebenen Straßenverkehrsmittels ist jedoch deutlich älter, schon 1847 erwähnte Werner Siemens in einem Brief den Wunsch:[3]

„Wenn ich mal Muße und Geld habe, will ich mir eine elektromagnetische Droschke bauen, die mich gewiss nicht im Dreck sitzen lässt… “

Werner Siemens, 1847

Parallel dazu beschäftigte sich auch sein Bruder Carl Wilhelm mit dieser Idee, er schrieb 1880:[1]

„Another arrangement by which an ordinary omnibus might be run upon the street would have a suspender thrown at intervals from one side of the street to the other, and two wires hanging from these suspenders; allowing contact-rollers to run on these two wires, the current could be conveyed to the tram-car, and back again to the dynamo machine at the station, without the necessity of running upon rails at all. “

Carl Wilhelm Siemens, 1880

Die Elektromote-Teststrecke verlief nordöstlich des Bahnhofs Halensee und war komplett eben. Sie begann in der Straße Nr. 5, der heutigen Joachim-Friedrich-Straße, kreuzte in südliche Richtung verlaufend den Kurfürstendamm und endete in der Straße Nr. 13, der heutigen Johann-Georg-Straße. Die Gegend jenseits der Ringbahn war zu dieser Zeit noch unbebaut, die Versuchsstrecke befand sich daher auf einem Feldweg. Die Anlage diente rein experimentellen Zwecken, eine öffentliche Personenbeförderung war dort nie beabsichtigt.[4] Die technische Ausführung und die Leitung dieser Versuchsfahrten lagen in Händen des damaligen Siemens-Oberingenieurs Carl Ludwig Frischen.[5]

1893: Das Gelände der Versuchsstrecke (rechts oben), auch elf Jahre später ist dieses noch weitgehend unbebaut

Bereits nach nur etwas mehr als sechs Wochen wurde der Versuchsbetrieb am 13. Juni 1882 eingestellt, die Teststrecke wurde bis zum 20. Juni 1882 wieder abgebaut. Das System erwies sich zwar prinzipiell als geeignet, wurde aber aufgrund der damals allgemein schlechten Straßenverhältnisse zunächst nicht weiterentwickelt. Vor allem wirkten sich diese negativ auf einen ruhigen Lauf des Stromabnehmers aus. Außerdem widmete sich Siemens damals vorrangig der Weiterentwicklung der elektrischen Straßenbahn.[6] Den Durchbruch ihrer Erfindung erlebten die Gebrüder Siemens schließlich nicht mehr, Carl Wilhelm starb 1883, Werner 1892. Die ersten Oberleitungsbusse im regulären Linienbetrieb verkehrten hingegen erst 1900 anlässlich der Weltausstellung in Saint-Mandé bei Paris.

Allerdings wurde das Prinzip des Kontaktwagens noch zu Lebzeiten Werner Siemens’ bei den ersten elektrischen Straßenbahnen angewandt. So bereits 1882 auf einer Versuchsstrecke zwischen Charlottenburg und dem Gelände zwischen dem Spandauer Damm und der Reichsstraße, dem sogenannten „Spandauer Bock“.[7] Ab 1883 dann auch bei der Lokalbahn Mödling–Hinterbrühl in der Nähe von Wien und ab 1884 bei der Frankfurt-Offenbacher Trambahn. Im Gegensatz dazu erhielt die erste elektrische Straßenbahn der Welt ihren Strom bis 1890 über die isolierten Schienen ihres Gleises zugeführt.

Beschreibung der Anlage

Die Versuchsstrecke...
...auf freiem Feld

Die zweipolige Oberleitung bestand aus Kupferdrähten und war an 50 stählernen Oberleitungsmasten aufgehängt. Diese ließ Werner Siemens zuvor in London bei der Firma seines Bruders, der Landore Siemens Steel Company, produzieren.[1] Die stromerzeugende Zentrale bestand aus einer Dampfmaschine die mit einem elektrischen Generator verbunden war, die Anlage war in einem Schuppen neben der Strecke untergebracht.[5]

Der Fahrstrom wurde durch einen vierachsigen, achträdrigen Kontaktwagen entnommen, dieser fuhr auf den Fahrleitungsdrähten. Ein flexibles Kabel zog diesen ähnlich einer Laufkatze auf der Oberleitung nach. Dieses führte zu einem mittig auf dem Wagen montierten Holzmast und versorgte zwei Elektromotoren mit einer Gleichspannung von 550 Volt. Die beiden Motoren leisteten jeweils 2,2 Kilowatt und wirkten über einen Kettenantrieb auf die Hinterräder.

Das Versuchsfahrzeug selbst war ein leichter und offener vierrädriger Kutschenwagen – auch Jagdwagen oder Landauer genannt. Es war mit eisenbereiften Holzspeichenrädern ausgestattet. Wie damals üblich, waren die Hinterräder deutlich größer als die Vorderräder. Das Fahrzeug bot – neben dem Fahrer – acht Personen Platz, diese saßen auf zwei Längssitzbänken für jeweils vier Passagiere. Nicht überliefert ist hingegen die Höchstgeschwindigkeit des Elektromote.[5]

Literatur

  • Ludger Kenning, Mattis Schindler: Obusse in Deutschland, Band 1, Verlag Kenning, Nordhorn 2009, ISBN 978-3-933613-34-9

Einzelnachweise

  1. a b c Trolleybus history - current collector design
  2. Von der ersten elektrischen Straßenbahn zum Transrapid: Meilensteine im Bereich der Bahn- und Automobiltechnik.
  3. Gedankensplitter von Werner von Siemens
  4. Berliner Obus-Versuchsbetriebe auf www.berliner-verkehrsseiten.de
  5. a b c Omnibus-Geschichte: Der erste Obus anno 1882
  6. Oberleitungs-Busse auf www.omnibusarchiv.de
  7. Die Elektrische Straßenbahn in Berlin 1900 bis 1949, Berlins und Charlottenburgs erste Elektrische

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