- Elektrische Wirkleistung
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Die Wirkleistung P ist die elektrische Leistung, die für die Umwandlung in andere Leistungen (z. B. mechanische, thermische oder chemische) verfügbar ist. Sie ist abzugrenzen von der Blindleistung, die für diese Umwandlung nicht verwendbar ist.
Die Wirkleistung P wird in der Einheit Watt angegeben. Bei gleichbleibender Spannung und gleichbleibendem Strom ist die Wirkleistung das Produkt von Spannung U und Strom I:
Bei veränderlichen Werten ist die Wirkleistung der arithmetische Mittelwert der Augenblicksleistung p.
Für periodische Spannungen und Ströme ist über eine Periode mit der Periodendauer T zu mitteln:
Inhaltsverzeichnis
Festlegungen bei sinusförmiger Wechselspannung
Einen wichtigen Anwendungsfall bildet das elektrische Energieversorgungsnetz oder Drehstromnetz. Nur dieser wird hier behandelt. Die Spannung hat einen sinusförmigen zeitlichen Verlauf; Spannung und Strom sind Wechselgrößen mit derselben Frequenz. Für diesen Fall gibt es Festlegungen in DIN 40108 und DIN 40110, die für diesen Artikel zu beachten sind.
Wirkleistung bei sinusförmigem Strom
Zeitfunktionen
Der sinusförmige Verlauf des Stromes tritt nur dann auf, wenn sich ausschließlich lineare Verbraucher im Netz befinden. Bei ohmschen Verbrauchern verlaufen Spannung und Strom gleichphasig. Beim Auftreten kapazitiver oder induktiver Verbraucher tritt zusätzlich eine Phasenverschiebung zwischen dem Verlauf von Strom und Spannung auf. Mit den Effektivwerten von Spannung U und Strom I, den Scheitelwerten und , dem Phasenverschiebungswinkel φ sowie der Kreisfrequenz wird
Durch Anwenden der trigonometrischen Beziehung
folgt
und mit der Verwendung der Effektivwerte U und I
Der Ausdruck enthält
- einen zeitunabhängigen Summanden, die Wirkleistung , und
- einen zeitlich mit doppelter Frequenz und der Amplitude schwingenden Summanden, dessen Mittelwert gleich null ist. Die Größe S nennt man die Scheinleistung.
Komplexe Darstellung
In der Elektrotechnik ist es üblich, die Wechselstromrechnung (also das Rechnen mit sinusförmigen Wechselgrößen) mit Hilfe eines Zeigerdiagramms in der komplexen Ebene geometrisch durchzuführen, da dieses wesentlich einfacher ist als die analytische Berechnung im Zeitbereich. Zum Anschluss der Leistungsgrößen an die komplexe Wechselstromrechnung wird die komplexe Scheinleistung S definiert, die Wirk- und Blindleistung in einer komplexen Größe zusammenfasst. Sie berechnet sich aus dem Produkt des komplexen Effektivwertes der Spannung und dem konjugiert komplexen Effektivwert der Stromstärke.
Die Scheinleistung S, also der Betrag der komplexen Scheinleistung S, ist die geometrische Summe aus Wirk- und Blindleistung. Die Wirkleistung P ist der Realteil, die Blindleistung Q der Imaginärteil der komplexen Scheinleistung.
Vorzeichenfragen
Die Konventionen über Zählrichtungen der Spannungen und Ströme durch Erzeuger- und Verbraucher-Bepfeilung bringen es mit sich, dass bei Energiefluss vom Erzeuger zum Verbraucher die Wirkleistung positiv ist. Das Bild des zeitlichen Verlaufs zeigt auch negative Werte von p; dann wird Energie zurückgespeist. Die Wirkleistung wird dadurch kleiner als die Scheinleistung; sie bleibt aber positiv.
Bei Netzen mit mehreren Quellen und Lasten kann sich zwischen Netzabschnitten die Richtung des Energieflusses nicht nur für Bruchteile einer Periodendauer umkehren. In Blick auf die Leistung beschreibt man dieses durch Vorzeichenumkehr der Wirkleistung, so dass auch Werte P < 0 Sinn haben können.
Wirkleistung bei nichtsinusförmigem Strom
Wenn die Spannung sinusförmig ist, der Strom aber nicht, bleibt die Gleichung unter der Einschränkung gültig, dass I und φ Parameter der Grundschwingung des Stromes sind. Oberschwingungen gehen in P nicht ein.
Messungen im Energieversorgungsnetz
Messgeräte
Ein Leistungsmesser hat einen Strompfad und einen Spannungspfad. Er multipliziert Augenblickswerte von Spannung und Stromstärke, mittelt über die Augenblickswerte des Produktes und ist somit gemäß der Definition der Wirkleistung ein Wirkleistungsmesser. Das dazu geeignete elektromechanische Messwerk ist durch elektronische Messumformer abgelöst worden.
Zu jedem Messgerät gehört ein Messbereich, der nicht überschritten werden darf, weil sonst keine Fehlergrenze garantiert wird. Darüber hinaus gehören zum Leistungsmesser Nennwerte von Spannung und Strom, die nur in geringem Maße gemäß Herstellerangaben überschritten werden dürfen, weil sonst das Gerät beschädigt wird. Diese Art von Überlastung kann durchaus auftreten, ohne den Messbereich zu überschreiten!
Zur vorzeichen-richtigen Messung ist auf korrekten Anschluss zu achten, der durch korrekte Schaltpläne vorzugeben ist. Für den Regelfall wird innerhalb dieses Artikels, in Übereinstimmung mit DIN 43807, konsequent eingehalten:
- Positiver Messwert,
- wenn positiver Energiefluss im Strompfad von links nach rechts
- und positiver Energiefluss im Spannungspfad von unten nach oben.
Falls P negativ ist, aber kein negativer Messwert ausgegeben werden kann, kann man sich durch bewusste Vertauschung der Richtung im Spannungspfad (oder Strompfad) helfen. An Laborgeräten sind die Klemmen eingangsseitig häufig mit einem Stern versehen; Geräte zur dauerhaften Installation tragen eine Klemmen-Nummerierung gemäß DIN 43807; Beispiele siehe Bild.
Jeder Leistungsmesser hat einen Eigenverbrauch
- im Strompfad durch einen Spannungsabfall (wie beim Strommesser),
- im Spannungspfad durch eine Stromaufnahme (wie beim Spannungsmesser).
Damit ist beim realen Messgerät zwischen Erzeuger- und Verbraucher-Wirkleistung zu unterscheiden.
Einphasennetz
Es gibt zwei Möglichkeiten, den Leistungsmesser anzuschließen, siehe zugehöriges Bild. Keine der Schaltungen erfasst aber die Erzeuger- oder Verbraucher-Wirkleistung, sondern gemessen wird
- in der oberen Schaltung Erzeuger-Spannung mal Verbraucher-Strom, (Spannungsfehlerschaltung)
- in der unteren Schaltung Verbraucher-Spannung mal Erzeuger-Strom (Stromfehlerschaltung).
In der bevorzugt verwendeten oberen Schaltung werden die Kosten des Energie-Verbrauchs des Messgerätes getragen
-
- soweit vom Spannungspfad herrührend durch den Erzeuger,
- soweit vom Strompfad herrührend durch den Verbraucher.
Drehstromnetz
Vierleiter-Stromkreis mit Neutralleiter
Der umfassendste Fall ist der Vierleiter-Stromkreis mit Neutralleiter und drei Außenleitern, wie er im Niederspannungsnetz mit U1N = 230 V bzw. U12 = 400 V verbreitet ist, in Verbindung mit beliebiger Belastung. Beliebig soll hier heißen: In den drei Außenleitern können Ströme mit unterschiedlichen Amplituden und unterschiedlichen Phasenverschiebungen zur jeweiligen Bezugsspannung fließen. Dann ist
Dieses ist messbar mit drei Leistungsmessern bzw. einem Kombinations-Gerät.
Dreileiter-Stromkreis
Durch den fehlenden Neutralleiter im Dreileiter-Stromkreis ist
- .
Mit
und
wird
wobei der letzte Summand und damit i2 verschwindet. Im Dreileiter-Stromkreis mit beliebiger Belastung reichen also zwei Leistungsmesser, wenn man sie in Aronschaltung gemäß der letzten Gleichung betreibt.
mit
und ,
wobei = Winkel zwischen und
und = Winkel zwischen und
Hinweise hierzu:
- Formal kann ein Leiter, hier L2, als Rückleiter aufgefasst werden.
- P1 und P3 haben keine anschauliche Bedeutung, nicht einmal im Vorzeichen. Z. B. ist bei reiner Blindlast P = 0, aber .
- Weil , ist aufzupassen, ob der Leistungsmesser, der auf die Spannung U1N ausgelegt ist, auch die höhere Spannung U12 verträgt. Wenn durch einen Vorwiderstand oder einen Spannungswandler die Spannung um den Faktor vermindert wird, ist diese Überlastungsgefahr behoben. Wegen der so verkleinerten Spannung muss allerdings der Messwert um den Faktor rechnerisch vergrößert werden.
Symmetrische Belastung
Bei symmetrischer Belastung reicht die Verwendung nur eines Leistungsmessers für den Leistungs-Bezug durch einen der Außenleiter. Die gesamte Leistung ist davon das Dreifache.
- .
Im Dreileiter-Stromkreis ist dazu das Neutralleiter-Potential durch einen Sternpunkt gemäß Bild künstlich zu schaffen mit zwei Widerständen, die genauso groß sind wie der Widerstand des Spannungspfades im Leistungsmesser.
Weitere Benennungen
Benennung Größe Anwendung Leistungsfaktor | P | / S = λ allgemein Verschiebungsfaktor | P | / S = | cosφ | bei Sinusgrößen Wirkfaktor P / S = cos φ bei Sinusgrößen Blindfaktor Q / S = sin φ bei Sinusgrößen Verlustfaktor | P / Q | = tan δ bei Sinusgrößen
bei Kondensatoren und SpulenAlle Angaben stimmen mit DIN 40110-1:1994 überein.
Siehe auch
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