Elektroentstaubung

Elektroentstaubung

Elektrofilter, auch: EGR (Elektrische Gasreinigung), Elektro-Staubfilter, Elektrostat (engl.: ESP electrostatic precipitator) sind Anlagen zur Abscheidung von Partikeln aus Gasen, die auf dem elektrostatischen Prinzip beruhen. Da es sich strenggenommen um keinen Filter im klassischen Sinne handelt, ist die wissenschaftlich korrekte Bezeichnung Elektroabscheider oder Elektro-Staubabscheider.

Prinzipskizze eines Plattenelektrofilters mit Drahtelektrode

Inhaltsverzeichnis

Historie

  • Erste überlieferte Aufzeichnung der elektrischen Abscheidung von Rauch durch W. Gilbert um 1600.
  • Eine Studie von B. Franklin um 1745 befasst sich mit Korona-Entladungen.
  • Experimentelle Reinigung eines Nebels in einem Glasgefäß durch Hohlfeld im Jahr 1824.
  • Veröffentlichung von O. Lodge 1884 über dieses Phänomen.
  • Erster kommerzieller Versuch der elektrischen Abscheidung 1885 durch Walker, Hutchings und Lodge in einer Bleihütte, der allerdings misslang, da Bleistaub außerordentlich schlecht abscheidbar ist.
  • Versuche von F. Cottrell um 1906 führten zur ersten erfolgreichen kommerziellen Anwendung bei der Abscheidung von Schwefelsäurenebel in den Pulverfabriken von Pinole und der Selby-Hütte.
  • W. A. Schmidt, ein früherer Student von Cottrell, entwarf um 1910 die ersten Elektrofilter in der Zementindustrie.
  • Ableitung des exponentiellen Abscheidegesetzes durch W. Deutsch im Jahr 1922.

Prinzip

Die Abscheidung im Elektrofilter kann in 5 getrennte Phasen unterteilt werden:

Die Staubteilchen besitzen zwar oft eine natürliche Ladung, diese reicht aber bei weitem nicht aus, um das Teilchen mit ausreichender Kraft zur entgegengesetzt geladenen Elektrode zu beschleunigen. Deshalb werden sie in einem elektrischen Feld stark aufgeladen. Das Feld wird zwischen der emittierenden negativen Sprühelektrode mit einer Hochspannung von 20 kV bis 80 kV und der geerdeten Niederschlagselektrode gebildet. Der für die Verhältnisse im Elektrofilter maßgebliche Mechanismus der Ladungserzeugung ist die „Stoßionisation“. Die im Gas vorhandenen freien Elektronen werden im elektrostatischen Feld der Koronahaut in der Umgebung der Sprühelektrode stark beschleunigt (Gasentladung). Beim Auftreffen auf Gasmoleküle werden entweder weitere Elektronen abgespalten oder an die Gasmoleküle angelagert. Im 1. Fall entstehen so neue freie Elektronen und positive Gasionen, im 2. Fall negative Gasionen. Die positiven Gasionen werden vom Sprühgitter neutralisiert, während die negativen Ladungen (freie Elektronen und Gasionen) in Richtung der Niederschlagselektrode wandern.

Die Aufladung eines Staubteilchens beginnt mit seinem Eintritt in den vom Sprühstrom durchflossenen Raum und wird verursacht durch die Anlagerung von negativen Ladungen, wenn diese mit dem Staubkorn zusammenstoßen. Der Aufladevorgang erfolgt durch Feldaufladung bzw. durch Diffusionsaufladung. Bei der Feldaufladung treffen die Gasionen auf Grund ihrer gerichteten Bewegung auf die Staubpartikeln und laden diese soweit auf, bis eine Sättigung eintritt. Für sehr kleine Teilchen (d < 0,1 µm) verschwindet der Einfluss der Feldaufladung. Die Staubteilchen werden durch von der thermischen Bewegung der Gasmoleküle verursachte Stoßvorgänge aufgeladen.

Die aufgeladenen Staubpartikeln wandern durch die einwirkende elektrische Kraft des anliegenden Gleichspannungsfeldes quer zur Strömungsrichtung des Gases zur Niederschlagselektrode, wo sie ihre Ladungen abgeben. Da die Driftgeschwindigkeit zur Niederschlagselektrode relativ gering ist (Gesetz von Stokes), muss der Elektrofilter lang sein und darf nur langsam von der zu reinigenden Luft durchströmt werden.

Nachdem die Staubteilchen ihre Ladung abgegeben haben, werden sie durch Haftkräfte gebunden, die im wesentlichen durch die elektrische Feldstärke innerhalb der anhaftenden Staubschicht bestimmt werden. Ein Staubkorn gilt als „abgetrennt“, wenn die Haftkräfte größer sind als die Strömungskraft des Gases.

Die sich auf der Niederschlagselektrode bildende Staubschicht muss in regelmäßigen Abständen abgereinigt werden. Dies geschieht in den meisten Fällen durch Klopfschläge mit einem Hammerwerk. Der Staub löst sich und fällt in einen Sammelbunker. Allerdings wird ein gewisser Prozentsatz der Staubteilchen vom Gasstrom wieder mitgerissen und muss erneut aufgeladen und abgeschieden werden.

Anwendung

Ihre hauptsächliche Anwendung finden Elektrofilter in der Reinigung von Rauchgasen, beispielsweise bei der Stromerzeugung aus Kohle, bei der Verhüttung oder der Zementherstellung. Dort werden Gesamtabscheidegrade bis zu 99,9 % erreicht, was bei einem Kohlekraftwerk die Emission von bis zu 10 t Staub pro Tag verhindert. Ein Kraftwerksfilter ist unter Umständen einige zehn Meter hoch, die Plattenabstände liegen im Bereich von einigen zehn Zentimetern, bis zu mehrere hundert Filtergassen können parallel geschaltet sein. Abhängig von der Art des eingesetzten Klopfungssystems entsteht ein nicht zu vernachlässigender Verschleiß sowohl an den klopfenden Teilen und deren Antrieben selbst als auch an den geklopften Niederschlags- bzw. Sprühelektroden und deren Aufhängungen und den (meistens keramischen) Isolatoren.

Über den Einsatz von Elektrofiltern in Pkws wurde nachgedacht, bisher ist dies jedoch nicht zu verwirklichen.

In der metallbe- und verarbeitenden Industrie finden elektrostatische Abscheider insbesondere bei der Absaugung und Filterung von Aerosolen, bestehend aus Kühlschmierstoffen (KSS) und Stoffabriebpartikeln, Anwendung. Siehe auch: Ölnebelabscheider

Bauformen

Elektrofilter unterscheiden sich in Form und Größe der Filtergasse (Rohre, Platten), der Form der Sprühelektroden (Helix, Draht, Dornelektrode), der Betriebsspannung (Gleichspannung, Wechselspannung, gepulste Gleichspannung, pulsüberlagerte Gleichspannung) und der Art der Reinigung (Klopfen, Spülen). In aggressiven Atmosphären werden Spezialstähle oder sogar Blei verbaut.

Herausforderungen

Die Abscheidung von besonders giftigen Feinststäuben im Bereich unter ein Mikrometer stellt eine besondere Herausforderung an die Abscheiderate von Elektrofiltern dar. Solche Stäube gelangen in die Lunge (sie sind lungengängig) und können daher nicht abgehustet werden. Sie stellen je nach Substanz ein erhebliches Krebsrisiko dar.

Siehe auch


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