- Elektromagnetische Einheiten
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In der geschichtlichen Entwicklung der Physik sind verschiedene Einheitensysteme für elektrische und magnetische Größen entwickelt worden, die zum Teil bis heute koexistieren. Ganz überwiegend hat sich zwar das SI durchgesetzt; zumindest in der theoretischen Physik wird jedoch von vielen Autoren stattdessen die Gaußsche Variante des CGS-Systems bevorzugt.
Für ein Verständnis grundlegend ist die Bemerkung, dass nicht nur die konkrete Auswahl, sondern auch die Anzahl der Basisgrößen in einem physikalischen Einheitensystem willkürlich ist: Man kann Basisgrößen aus einem Einheitensystem eliminieren, indem man stattdessen den Proportionalitätsfaktor in einem linearen „Naturgesetz“ als dimensionslose Zahl wählt. So arbeitet man in der theoretischen Atom- und Teilchenphysik mit einem Einheitensystem, das eine einzige Basisgröße hat, da man Lichtgeschwindigkeit und Plancksches Wirkungsquantum gleich 1 setzt.
Grundlagen
Elektromagnetische Größen sind durch mehrere lineare Gesetze mit mechanischen Größen verknüpft. Für die Wahl des Einheitensystems relevant sind insbesondere folgende Zusammenhänge:
Das Coulomb-Gesetz, das die Kraft F zwischen zwei Punktladungen Q1 und Q2 im Abstand r angibt,
das Ampèresche Gesetz, das die Kraft F zwischen zwei von Strömen I1 und I2 durchflossenen Leitern der Länge L im Abstand d angibt,
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und das Faradaysche Induktionsgesetz,
Die von statischen Ladungen ausgeübte Coulomb-Kraft und die von bewegten Ladungen ausgeübte Lorentzkraft kann man unmittelbar miteinander vergleichen; der Zusammenhang enthält die Lichtgeschwindigkeit c.
Damit bleiben zwei unabhängige Proportionalitätskonstanten k1 und k3 übrig, die die willkürliche Wahl einer elektrischen und einer magnetischen Basiseinheit erlauben. In Maßsystemen, die die elektromagnetischen Größen explizit auf mechanische Größen zurückführen, kann man beide Konstanten als dimensionslose Zahlen oder als mechanische Größen willkürlicher Dimension wählen.
Das elektrostatische CGS-System geht ersteren Weg, setzt also k1 = k3 = 1; damit ist k2 = c − 2.
Aufgrund der bisherigen Argumentation ist jedoch klar, dass die Wahl von k1 und k3 als fundamentale Konstanten vollkommen willkürlich ist; man könnte genauso gut k2 und k3 auswählen. Das elektromagnetische CGS-System tut genau dies; es setzt k2 = k3 = 1; damit ist k1 = c2.
Das Gaußsche CGS-System wählt wie das elektrostatische System k1 = 1 und damit k2 = c − 2; es setzt sodann k3 = c − 1, wodurch erreicht wird, dass die Lichtgeschwindigkeit in den Maxwell-Gleichungen in perfekt symmetrischer Form auftritt.
Das Heaviside-Lorentz-Einheitensystem wählt ebenfalls k3 = c − 1, unterscheidet sich aber vom Gaußschen System durch die Wahl . Der Faktor 4π nimmt eine Integration über den Raumwinkel vorweg; er macht das Coulombsche Gesetz komplizierter, vereinfacht dafür aber die Berechnung der Kapazität eines Plattenkondensators.
Das SI führt das Ampere als eigenständige Basiseinheit ein. Die amtliche Definition des Ampere impliziert eine Festlegung der Proportionalitätskonstante k2 als . Die magnetische Permeabilität des Vakuums wird so definiert, dass k2 als geschrieben werden kann. Für die Konstante k1 des Coulomb-Gesetzes schreibt man . Die Wahl des Faktors 4π ist genauso begründet wie für das Heaviside-Lorentz-System. Aus folgt, dass die elektrische Permittivität als gegeben ist.
Wichtige Formeln
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Gestalt der wichtigsten Gleichungen der Elektrodynamik in den verschiedenen Einheitensystemen:
Thema Formel Konstante K (bzw. Ka, Kb)
in folgenden Einheitensystemen:SI elektro-
statischelektro-
magnetischGauß Heaviside-
LorentzCoulomb-
Gesetz1 c2 1 Kraftwirkung
paralleler Ströme1 Biot-Savart-
GesetzLorentz-Kraft 1 Dielektrische Polarisation , 1 1, 4π 1, 1 Magnetisierung μ0, μ0 1, 4π 1, 1 Maxwell-
Gleichungen1 4π 1 - - - - - 1 1 1 1, 1 , , Literatur
- John David Jackson: Classical Electrodynamics. Appendix on Units and Dimensions (auch auf deutsch erschienen unter dem Titel Klassische Elektrodynamik.)
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