- Emmanuele Riva
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Emmanuelle Riva (* 24. Februar 1927 in Cheniménil, Vosges; eigentlich Paulette Germaine Riva) ist eine französische Schauspielerin.
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Biografie
Emmanuelle Riva wurde 1927 als Paulette Germaine Riva in Lothringen, im Osten Frankreichs geboren.[1] Ehemals Näherin[2], begann sie mit weiteren Amateurdarstellern in ihrer Heimatstadt Theater zu spielen. Riva fand gefallen an der Schauspielerei und entschloss sich gegen den Willen ihrer Eltern 1953 nach Paris zu ziehen und eine seriöse Karriere als Schauspielerin zu starten. Sie begann Kurse am École de la rue Blanche zu nehmen und war Schülerin von Jean Meyer. Zu alt, um sich für eine Ausbildung am renommierten Pariser Conservatoire d'art dramatique zu bewerben, erhielt sie eine Rolle in René Dupuys Inszenierung von George Bernhard Shaws Helden, der unter anderem weitere Auftritte in Henri Bernsteins Espoir, Shaws Frau Warrens Beruf, oder Jean Racines Oper Britannicus und eine Statistenrolle in Denys de La Patellières Spielfilm Die großen Familien (1958) folgten. Durch ein Foto Rivas aus dem Theaterstück L'épouvantail wurde der französische Dokumentarfilmer Alain Resnais auf die Schauspielerin aufmerksam[3] und bedachte sie mit der weiblichen Hauptrolle in seinem Spielfilmdebüt Hiroshima, mon amour (1959). Dem Drama, das über die kurze Liebesbegegnung zwischen einer französischen Filmschauspielerin und einem japanischen Architekten (gespielt von Eiji Okada) in Hiroshima handelt, war großer Erfolg bei Publikum und Kritikern beschieden, die die blonde, mit einem hellen Teint versehene Riva für ihre hervorragende Schauspielleistung lobten[4], mit der sie „jedem Wort und Phrase Bedeutung und Zärtlichkeit gäbe“.[5] 1960 erhielt sie den Étoile de Cristal als beste französische Darstellerin, dem ein Jahr später eine Nominierung als beste ausländische Schauspielerin für den britischen BAFTA-Award folgte, der jedoch an die US-Amerikanerin Shirley MacLaine (Das Appartement) verliehen wurde.
Durch Hiroshima, mon amour einem internationalen Publikum bekannt geworden, agierte Emmanuelle Riva 1960 in Antonio Pietrangelis satirisch gefärbter Komödie Adua und ihre Gefährtinnen, in dem Simone Signoret und Marcello Mastroianni die Hauptrollen bekleideten. Es folgten die Rolle der Konzentrationslagerinsassin Therese in Gillo Pontecorvos Oscar-nominierten Kriegsdrama Kapo neben Susan Strasberg und Laurent Terzieff und die weibliche Titelrolle in Jean-Pierre Melvilles Eva und der Priester, in dem sie als allein erziehende Mutter im Frankreich der Kriegsjahre durch Jean-Paul Belmondo zum katholischen Glauben zurück findet. Einen weiteren Erfolg feierte sie 1962 mit der Titelrolle in Georges Franjus Drama Die Tat der Thérèse D. In der romangetreuen Verfilmung nach François Mauriac ist die Schauspielerin als junge und sensible Ehefrau des besitzstolzen Philippe Noiret zu sehen, die nach ihrer Einheirat in eine Landpatrizierfamilie versucht, der provinziellen Atmosphäre kleinbürgerlicher Enge und verbissener Standes- und Familienehre durch den versuchten Mord an ihrem Gatten zu entrinnen. Rivas „schmerzgeplagte Darstellung“[6] der Thérèse in Franjus im Vergleich zum Roman reduzierter „Klage über den Menschen“[7] brachte ihr auf den Filmfestspielen von Venedig 1962 die Coppa Volpi als beste Darstellerin ein, wo sie sich gegen so renommierte Schauspielkolleginnen wie Thelma Ritter (Der Gefangene von Alcatraz) oder Shelley Winters (Lolita) durchsetzen konnte.
Nach dem Erfolg in Venedig arbeiteten Franju und Riva 1964 ein zweites Mal gemeinsam an der Jean-Cocteau-Verfilmung Thomas, der Betrüger zusammen, in der sie neben Jean Servais als unredliche Pariser Herzogin Krankentransporte im Ersten Weltkrieg organisiert. Daraufhin konnte die französische Schauspielerin ab Mitte der 1960er Jahre nicht mehr an frühere Erfolge anknüpfen, obwohl sie in den folgenden vier Jahrzehnten regelmäßig in Kino- und später in Fernsehproduktionen agierte und Rollenangeboten in ihrem Heimatland Frankreich ebenso folgte, wie in Italien. Einem größeren französischen Publikum blieb Riva in den 1990er Jahren durch Altersrollen in Erinnerung, so als Mutter von Juliette Binoche in Krzysztof Kieślowskis Drei Farben: Blau (1993) oder zusammen mit Micheline Presle als verständnisvolle Tanten von Nathalie Baye in Tonie Marshalls preisgekrönter Komödie Schöne Venus. Neben der Arbeit für Film und Fernsehen spielte sie weiterhin Theater. Fabelhafte Kritiken erhielt Riva 1997 für Jorge Lavellis Inszenierung von José Sanchis Sinisterras Le Siège de Léningrad am Théâtre de la Colline neben Judith Magre.[8][9] Im Jahr 2000 vertraute ihr Regisseur Jacques Lassalle auf dem Theaterfestival von Avignon den auf eine Person reduzierten Chor der korinthischen Frauen in seiner Inszenierung von Euripides Tragödie Medea an, in der Isabelle Huppert die Titelrolle verkörperte.[10] Zuletzt war Riva als Großmutter erneut an der Seite von Nathalie Baye in Martial Fougerons Kinofilm Mon fils à moi (2006) und in Pascal Bonitzers Agatha-Christie-Verfilmung Le Grand Alibi (2008) zu sehen.
Filmografie (Auswahl)
- 1958: Die großen Familien (Les grandes familles)
- 1959: Hiroshima, mon amour (Hiroshima mon amour)
- 1960: Adua und ihre Gefährtinnen (Adua e le compagne)
- 1960: Kapo (Kapò)
- 1961: Eva und der Priester (Léon Morin, prêtre)
- 1962: Die Nacht und die Versuchung (Climats)
- 1962: Die Tat der Thérèse D. (Thérèse Desqueyroux)
- 1963: Stunden der Liebe (Le ore dell'amore)
- 1964: Thomas, der Betrüger (Thomas l'imposteur)
- 1964: Sein größter Dreh (Le gros coup)
- 1965: Der Gnadenstoß (Le coup de grâce)
- 1967: Verleumdung (Les risques du métier)
- 1972: Unternehmen Feuertor (Les portes de feu)
- 1973: Ich werde laufen wie ein verrücktes Pferd (J'irai comme un cheval fou)
- 1982: Die Erbtöchter (Les filles héréditaires)
- 1982: Die Augen, der Mund (Gli occhi, la bocca)
- 1983: Freiheit, die Nacht (Liberté, la nuit)
- 1993: Drei Farben: Blau (Trois couleurs: Bleu)
- 1993: Der Schatten des Zweifels (L'ombre du doute)
- 1995: Verschwörung im Dunkeln (A che punto è la notte, TV)
- 1999: Schöne Venus (Vénus beauté (institut))
- 2003: Nicht zu verheiraten (Vert paradis)
- 2006: Mon fils à moi
- 2008: Le Grand Alibi
Auszeichnungen
BAFTA-Award
- 1961: nominiert als Beste ausländische Darstellerin für Hiroshima, mon amour
Étoile de Cristal
- 1960: Beste Darstellerin für Hiroshima, mon amour
Weitere
Internationale Filmfestspiele von Venedig
- 1962: Coppa Volpi als Beste Darstellerin für Die Tat der Thérèse D.
Weblinks
- Emmanuelle Riva in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
Fußnoten
- ↑ vgl. Passek, Jean Loup (Hrsg.): Dictionnaire du cinéma. Paris : Larousse, 1987. – ISBN 2-03-720031-5
- ↑ vgl. Profil bei allmovie.com (englisch)
- ↑ vgl. Biografie bei cinema.aliceadsl.fr (französisch)
- ↑ vgl. Hiroshima, mon amour. In: film-dienst 18/1960
- ↑ vgl. Weiler, A. H.: Hiroshima, Mon Amour : French-Japanese film opens at Fine Arts. In: The New York Times, 17. Mai 1960
- ↑ vgl. Crowther, Bosley: Therese Is Here. In: The New York Times, 13. November 1963
- ↑ vgl. Die Tat der Thérèse D. In: film-dienst 38/1963
- ↑ vgl. Théatre + Les ombres d'un communisme défunt. In: La Tribune, 3. Juni 1997, Aujourd'hui, S. 1
- ↑ vgl. Cournot, Michel: Les visions de drapeau rouge de José Sanchis Sinisterra. In: Le Monde, 21. Mai 1997, Culture
- ↑ vgl. Sucher, C. Bernd: Das Tor zum Himmel. In: Süddeutsche Zeitung, 14. Juli 2000, Feuilleton, S. 15
Personendaten NAME Riva, Emmanuelle ALTERNATIVNAMEN Riva, Paulette Germaine (bürgerlicher Name) KURZBESCHREIBUNG französische Schauspielerin GEBURTSDATUM 24. Februar 1927 GEBURTSORT Chenimenil, Vosges
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