Emmett Louis Till

Emmett Louis Till
Emmett Till und seine Mutter Mamie Bradley (ca. 1950)

Emmett Louis Till (* 25. Juli 1941 in Chicago, Illinois; † 28. August 1955 in Money, Mississippi) wurde im Alter von vierzehn Jahren in den Südstaaten der Vereinigten Staaten von Roy Bryant und dessen Halbbruder J.W. Millam aus rassistischen Motiven brutal misshandelt und ermordet.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Tod Tills

Emmett Louis Till wurde als einziges Kind von Louis Till und seiner Ehefrau Mamie, geb. Wright, in Chicago geboren. Mamie Till zog den Jungen allein groß, da sein Vater im Zweiten Weltkrieg in Frankreich fiel. Er stotterte leicht aufgrund der Folgen einer Polioerkrankung. Im Juli 1955 besuchte Emmetts Onkel Moses Wright die Familie in Chicago. Moses war Prediger in Money. Er besaß ein Stück Land, auf dem er mit seiner Familie Baumwolle anbaute. Da Emmett noch Schulferien hatte, plante er einen Verwandtenbesuch. Seine Mutter lehnte die Idee ab, da die Rassentrennung in den Südstaaten der USA noch immer verbreitet war. Die Mutter befürchtete Repressalien durch Weiße gegen Emmett, da sich der in Chicago aufgewachsene nicht mit den Besonderheiten und Gepflogenheiten der Südstaaten auskannte.

Emmett genoss seine Ferien auf dem Land. Er half auf dem Feld seines Onkels, ging mit seinen Cousins schwimmen und angeln. An einem Nachmittag fuhren die Jungen nach Money um im Grocery Store and Meat Market, dessen Besitzer Roy (1931-1994) und dessen Frau Carolyn Bryant (* 1934) waren, Süßigkeiten und Limonade zu kaufen. Carolyn Bryant, Mutter zweier Kinder und ehemalige Schönheitskönigin an der High School, stand allein im Laden. Emmett Till und die Jungen bestellten und bezahlten ihre Einkäufe. Auf dem Weg nach draußen soll Emmett: „Bye, Babe“ und einen bewundernden Pfiff in Richtung der Ladenbesitzerin zugeworfen haben. Panik ergriff die schwarzen Jungen und sie fuhren schnell nach Hause. Auf der Fahrt dorthin flehte Emmett sie an nichts dem Onkel zu sagen. Die Tage nach dem Pfiff vergingen und nichts passierte. Am Samstagabend fuhren die Freunde nach Greenwood, um ins Kino zugehen.

In den frühen Morgenstunden des 28. August 1955 klopfte es an der Haustür des Predigers Moses Wright. Dieser öffnete und draußen standen Roy Bryant und dessen Halbbruder John William Milam (1919-1981). Sie verlangten nach dem schwarzen Jungen aus Chicago. Onkel Moses erklärte ihnen, dass der Junge über die Sitten und Gebräuche im Süden nichts wisse und er entschuldigte sich im Namen seines Neffen. Seine Frau Elisabeth bot den Männern sogar Geld zur Gutmachung an. Aber die Männer stürmten in das Haus und schlugen sie mit dem Gewehrkolben nieder. Als sie den verängstigten Emmett fanden, befahlen sie ihm sich anzuziehen. Immer wieder brüllten sie zur Eile. Schließlich verließen sie gemeinsam mit dem Jungen das Haus. An deren Chevrolet-Pickup angekommen, hört der Onkel, wie eine Frauenstimme sagte: „Ja, das ist er“. Daraufhin luden sie den Jungen auf die Ladefläche des Wagens und fuhren davon. Als am nächsten Morgen der Junge nicht zurück war, ahnten alle, dass Emmett Louis Till nicht mehr lebend zurückkehren werde. Sein Onkel Moses erstattete schließlich wegen Entführung Anzeige gegen Roy Bryant und J.W. Milam.

Untersuchungen und Prozess

Drei Tage später, am 31. August 1955 angelte Roy Hodges am Pecan Point einer Uferstelle des Tallahatchie River. Dort sah er einen Arm aus dem Wasser ragen. Wenige Stunden später wurde die Leiche aus dem Fluss gefischt. Am Hals der Leiche war mit Stacheldraht ein 30 Kilo schwerer Ventilator einer Baumwollmaschine befestigt, um diese zu beschweren. Dem Toten fehlte ein Auge, die Nase war gebrochen, mehrere Wunden am Körper sowie ein Schussloch an der rechten Seite des Schädels wurde festgestellt. Durch die Obduktion des Gerichtsmediziners Chester Miller wurde festgestellt, dass sich in den Lungen Wasser befand - somit war Emmett Louis Till trotz des Kopfschusses noch am Leben gewesen. Dies sagte der Mediziner auch beim Prozess aus. Zur Identifizierung wurde Moses Wright und dessen Sohn Simeon gerufen. Beide konnten anhand eines Ringes, der am Finger der Leiche steckte, diese als Emmett Louis Till identifizieren. Der Sheriff aus Money wollte den Toten so rasch wie möglich beerdigen. Aber Mamie Till widersetzte sich der Polizei und bestand darauf, dass der Leichnam ihres Sohnes nach Chicago überführt wird. Bei der Trauerfeier defilierten rund 50.000 Menschen am offenen Sarg des geschändeten Jungen vorbei.

Proteste gegen den Freispruch der Mörder von Emmett Till in New York City am 11. Oktober 1955

Das Schicksal des schwarzen Jungen, Emmett Louis Till, aus Chicago wurde mit Bild im „Jet Magazine“ abgedruckt - ein Aufschrei ging durch die Welt und über das Land. Nur nicht im Süden. Dutzende von Reportern strömten in die Kleinstadt Sumner, um den Prozess zu verfolgen. Der Rassismus der Südstaaten wurde damit zu einer nationalen Angelegenheit. Ein Zeitungsreporter beschrieb folgende Szenen: „Im Zuschauerraum wurde geplaudert, gelacht und auf den für Weiße reservierten Plätzen wurden wahre Picknicks veranstaltet. Während des ganzen Prozesses saßen die Angeklagten bei ihren Familien und auf deren Schoß saßen deren Kinder“. Im Staat Mississippi bereitete man sich auf den Prozess gegen zwei weiße Männer vor, die sogar den Mord gestanden hatten. Anklagepunkt: Mordverdacht und Entführung eines schwarzen Jungen. Die Jury bestand aus zwölf weißen Männern. Diverse Zeugen der Anklage verschwanden auf mysteriöse Weise und diejenigen, die aussagten, riskierten ihr Leben. So auch Willie Reed und Onkel Moses Wright.

Die Verteidigung manipulierte den Fall und brachte eine groteske Verschwörungstheorie an, in dem sie der Jury erklärte, der Körper sei nicht der von Emmett Till. Schwarze Aktivisten hätten dem Jungen unter Mithilfe seines Onkels den Ring abgenommen und einer Leiche übergestreift, um Mississippi in ein schlechtes Licht zu rücken. Emmett sei am Leben und befände sich wahrscheinlich irgendwo im Norden. Der Verteidiger J.W. Kellum sprach mit den Worten zu den Geschworenen „Eure Vorfahren drehen sich im Grab um, wenn ihr diese Männer nicht freilasst“. Nach nur fünf Verhandlungstagen und einer gut einstündigen Beratung der Jury fiel das Urteil „Nicht schuldig“. Die Angeklagten konnten das Gericht als freie Männer verlassen. Die Jury ließ sich bis zur Urteilsverkündung 67 Minuten Zeit, um den anwesenden Journalisten Ernsthaftigkeit vorzutäuschen. Während dieser Zeit war aus dem Sitzungsraum immer wieder Lachen vernehmbar. Der Freispruch löste große Proteste unter der schwarzen Bevölkerung der Südstaaten aus.

Nachwirkungen

Monate später verkauften Roy Bryant und John William Milam ihr Geständnis für 4000 US-Dollar an das „Look Magazine“. Dort schilderten sie ihre Tat in einem Interview akribisch - ohne jegliche juristische Konsequenz, da sie nach dem geltenden Recht nachträglich nicht mehr verurteilt werden konnten. Jedoch hielt ihr Glück über den Freispruch nicht lange an, da sie fortan gesellschaftlich verachtet und von allen Seiten geschnitten wurden. Sie starben schließlich einsam und verarmt, von Frauen und Kindern verlassen, in Mississippi. Die Proteste gegen den Freispruch der Mörder Emmett Tills gelten neben den auf die Inhaftierung der Bürgerrechtlerin Rosa Louise Parks folgenden Verkehrsmittelboykott als Beginn der schwarzen Bürgerrechtsbewegung.

Jahrzehnte später recherchierte der Filmemacher Keith Beauchamp für seinen Dokumentarfilm „The Untold Story of Emmett Louis Till“ viereinhalb Jahre in Money und Umgebung. Für den Film hat er zahlreiche Augenzeugen befragt und neue Hinweise auf weitere Tathelfer gefunden[1]. Darin wird erklärt, dass Keith Beauchamp mittlerweile an mindestens zehn Tatbeteiligte glaubt. Die Bundespolizei vernimmt seither Zeitzeugen, Augenzeugen, Verdächtige und Informanten. Ende Mai 2005 exhumierte das FBI den Leichnam Emmett Tills und ließ ihn gerichtsmedizinisch am 2. Juni untersuchen. Als Hauptverdächtige gilt Carolyn Bonham, geschiedene Bryant, die nach den Recherchen Keith Beauchamps heute vollkommen zurückgezogen lebt und ihr Haus in Greenville kaum noch verlässt. Emmett Tills Mutter, die zeitlebens durch das Land fuhr und die Geschichte ihres Sohnes an die Öffentlichkeit trug, erlebte die Neuaufnahme der Ermittlungen nicht mehr. Sie starb im Januar 2003.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ein ausführlicher Bericht über den Fall erschien im Magazin „Stern Biographie“ Nr. 3, 2005

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