Engelwurz

Engelwurz
Arznei-Engelwurz

Arznei-Engelwurz (Angelica archangelica)

Systematik
Unterklasse: Asternähnliche (Asteridae)
Ordnung: Doldenblütlerartige (Apiales)
Familie: Doldenblütler (Apiaceae)
Unterfamilie: Apioideae
Gattung: Engelwurzen (Angelica)
Art: Arznei-Engelwurz
Wissenschaftlicher Name
Angelica archangelica
Linnaeus

Die Arznei-Engelwurz oder Echte Engelwurz (Angelica archangelica) ist eine in Mitteleuropa an feuchten Standorten vorkommende und als Volksarzneipflanze verwendete Pflanzenart aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae).

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Vegetative Merkmale

Die Arznei-Engelwurz ist eine zwei- bis vierjährige, nur einmal blühende Pflanze (hapaxanth) und erreicht Wuchshöhen von 1,2 bis 3 m, selten nur 0,5 m. Sie besitzt ein dickes Rhizom, das bei Wildpflanzen rübenförmig ausgebildet ist, bei Kulturpflanzen meist kurz und mit vielen Adventivwurzeln besetzt ist.

Die Stängel stehen aufrecht und sind zumindest an der Basis stielrund. Sie sind schwach gerillt, innen markig-hohl, schmecken würzig und oben verzweigt. Selten sind sie rotbraun überlaufen.

Die grundständigen Blätter sind lang gestielt, die oberen Stängelblätter sitzen auf den Blattscheiden und haben eine weniger stark zerteilte Spreite. Die meisten Blätter sind zwei- bis dreifach gefiedert, ihre Spreite ist hellgrün und oft 60 bis 90 cm lang. Die einzelnen Fiederabschnitte sind 5 bis 8 cm lang und lang stachelspitzig, am Rand leicht rau und auf den Unterseiten kahl. Die Blattstiele sind rund und hohl. Die Blattscheiden sind sehr groß und stark aufgeblasen.

Blüten und Früchte

Angelica archangelica subsp. litoralis
Dolde mit vielen Insekten

Die Blütenstände sind endständige, halbkugelige Dolden. Die Doldenstiele sind nur in den obersten Bereichen behaart. Es gibt 20 bis 40 Doldenstrahlen, sie sind mindestens an den Innenseiten rau-flaumig. Eine Doldenhülle ist meist nicht vorhanden. Die Hüllchenblätter sind zahlreich, von lineal-pfriemlicher Form und kürzer als bis gleich lang wie das Döldchen. Die Kelchzähne sind undeutlich ausgebildet. Die Kronblätter sind grünlichweiß bis gelblich und nicht genagelt. Sie sind 1 bis 1,5 mm lang, 0,75 bis 1,25 mm breit, von elliptischer Form und oben in eine eingebogene Spitze verschmälert. Die Griffel sind zur Blütezeit kurz. Die Blüten duften nach Honig und werden durch Insekten bestäubt. Blütezeit ist Juni bis August.

Die Früchte sind 5 bis 8 mm lang und 3,5 bis 5 mm breit, blassgelb und breit-elliptisch. Die rückenständigen Hauptrippen sind fädlich bis leicht gekielt und leicht vorspringend. Die Randrippen sind flügelig ausgebildet und relativ dick. Die Ölstriemen sind zahlreich, klein und umgeben das Nährgewebe ringförmig. Die Griffel sind zur Reife zurückgebogen, bis 2 mm lang, dabei doppelt so lang wie das Griffelpolster.

Inhaltsstoffe

Der Wurzelstock enthält 0,35 bis 1,3 % ätherisches Öl, das sich vorwiegend aus Monoterpenen zusammensetzt. Die wichtigsten Bestandteile sind β-Phellandren (13 bis 28 %), α-Phellandren (2 bis 14 %) und α-Pinen (14 bis 31 %). Daneben wurden über 60 weitere Komponenten identifiziert. Ein kleiner Teil des ätherischen Öls besteht aus Sesquiterpenen, etwa β-Bisabolen, Bisabolol, β-Caryophyllen, und aus macrocyclischen Lactonen. Weitere Bestandteile sind rund 20 photosensibilisierende Furanocumarine, darunter Bergapten, Imperatorin, Xanthotoxin, Angelicin, Archangelicin, oder die C-prenylierten Cumarine Osthenol und Osthol, Umbelliferon.[1]

Außerdem enthalten die Wurzeln Angelica- und Fumarsäure, Chlorogen- und Kaffeesäure, Harze und Flavanone.[2]

Verbreitung und Standorte

Die Arznei-Engelwurz ist in Nord- und Osteuropa sowie Sibirien, Himalaya und Nordamerika verbreitet.

Die Pflanze wächst in feuchten Wiesen, an Ufern und wird auch kultiviert. Sie kommt bevorzugt auf nassen, zeitweise überschwemmten, nährstoffreichen Tonböden vor.

Systematik

Innerhalb der Art werden zwei Unterarten unterschieden:

  • Angelica archangelica subsp. archangelica, die Nominatform, besitzt linealische Hüllchenblättchen, die gleich lang wie das Döldchen sind. Der Stängel ist weich und saftig, schmeckt und riecht würzig. Sie wird als Gewürz- und Heilpflanze angebaut, ihre Heimat ist Nord- und Osteuropa, die Sudeten und Karpaten. In vielen Teilen Europas kommt sie verwildert vor.[3]
  • Küsten-Engelwurz (Angelica archangelica subsp. litoralis) mit pfriemlichen Hüllchenblättern, die etwa halb so lang sind wie das Döldchen. Der Stängel ist hart, schmeckt und riecht scharf und stechend. Die Unterart ist an den Küsten Nordeuropas verbreitet, ansonsten sehr selten. An den Donauufern flussabwärts bis etwa Wien tritt sie als Neophyt auf, wobei die Zugehörigkeit der Populationen zu dieser Unterart nicht vollständig geklärt ist.[3] Sie wächst an feuchte Ufern und in Gebüschen und ist salzertragend.

Nutzung

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Verwendung findet vor allem die Wurzel (als Droge Angelicae radix), die Bitterstoffe und ätherische Öle enthält, also zu den Amara-Drogen gehört. Alkoholische Auszüge oder Tees werden gegen Appetitlosigkeit, leichte Magen- und Darmkrämpfe, Völlegefühl und Blähungen eingesetzt. Engelwurz wirkt karminativ, antimikrobiell und regt die Magensaft- und Pankreas-Sekretion an.

In der Volksmedizin wird das ätherische Öl (als Droge Angelicae aetheroleum) aus den Wurzeln innerlich gegen Schlaflosigkeit und äußerlich gegen Rheuma und Neuralgien angewendet. In größeren Mengen ist das ätherische Öl toxisch[1].

Das Öl aus Wurzeln und Samen ist Bestandteil von Kräuterlikören und Bitterschnäpsen, wie Boonekamp, Bénédictine und Chartreuse[1]. In Frankreich werden kandierte Stängel angeboten. Bestandteil des Schneeberger Schnupftabaks.

Bei Wildsammlungen besteht eine Gefahr der Verwechslung mit dem giftigen Gefleckten Schierling (Conium maculatum). Der kommerzielle Anbau erfolgt vorwiegend in Polen, den Niederlanden und Deutschland, in geringerem Ausmaß auch in Belgien, Frankreich, Italien, Schweiz und Tschechien. Es gibt keine kommerziellen Sorten, angebaut werden vornehmlich Landrassen, die der Varietät sativa der Unterart archangelica zugerechnet werden und die manchmal als eigene Art Angelica sativa bezeichnet wird. Die Ernte erfolgt in der Regel im Oktober und November des zweiten Anbaujahres nach Eintritt der Vegetationsruhe. Die Erträge liegen zwischen 2,5 und 4 Tonnen pro Hektar.

Sehr empfindliche Menschen können bei Hautkontakt mit frischem Pflanzensaft gegen Sonnenlicht sensibilisiert werden (Angelicadermitis).[4]

Belege

  • Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv (CD-Rom), Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2001/2002, ISBN 3-494-01327-6 (Merkmale, Verbreitung)
  • Klaus-Ulrich Heyland, Herbert Hanus, Ernst Robert Keller: Ölfrüchte, Faserpflanzen, Arzneipflanzen und Sonderkulturen. Handbuch des Pflanzenbaus Band 4, Eugen Ulmer, Stuttgart 2006, S. 595-599. ISBN 978-3-8001-3203-4 (Nutzung)

Einzelnachweise

  1. a b c Max Wichtl (Hrsg.): Teedrogen und Phytopharmaka. 4. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 2002, S. 38-41. ISBN 3-8047-1854-X
  2. Heilpflanzenseite, abgerufen 29. Juli 2008.
  3. a b M.A. Fischer, K. Oswald, W. Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. Dritte Auflage, Land Oberösterreich, Biologiezentrum der OÖ Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9
  4. Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis, Band 3, Springer 1972

Weblinks

Literatur

  • Paul Seitz: Die Gartenapotheke. ISBN 3-440-06175-2
  • Rainer Schunk: Heilkraft aus Heilpflanzen. ISBN 3-922019-04-8
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