Englische Erziehung

Englische Erziehung
Dieser Artikel behandelt die sexuelle Praktik des Flagellantismus. Für die religiöse Praktik der Geißler siehe Flagellanten, für das Auspeitschen im Allgemeinen Flagellation.
Flagellations-Demonstration auf der Folsom Street Fair 2004 (Flogging).

Der Flagellantismus (vom lateinischen flagellum: Peitsche, Dreschflegel, Geißel) bezeichnet eine sexuelle Vorliebe dafür, sich entweder selbst zu schlagen oder von einem Partner schlagen zu lassen. Beim Flagellantismus spielt das Phänomen des Lustschmerzes eine wichtige Rolle.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Die Geißelung wird auch Flagellation und die Anhänger dieser Sexualpraktik werden Flagellanten genannt. Hier besteht jedoch eine Verwechslungsgefahr mit der ebenfalls Flagellanten genannten christlichen Laienbewegung („Die Geißler“).

Der Flagellantismus ist eine Untergruppe des „Sadomasochismus“ genannten Teilbereichs des BDSM. Nach veraltetem Verständnis sind passive Flagellanten Masochisten. Heute bezeichnet „Masochismus“ jedoch eine medizinische Diagnose, unter die die meisten Mitglieder der BDSM-Subkultur nicht fallen. Die allgemeine und neutrale Bezeichnung für einen passiven Flagellanten ist „Bottom“, also derjenige, der „unten“ ist.

Der Flagellantismus ist mit dem Spanking verwandt, aber nicht identisch. Unter den Begriff Spanking fallen speziell solche Praktiken, bei denen primär und meist ausschließlich auf das Gesäß geschlagen wird. Spanking kann mit Erziehungsspielen, Rollenspielen und/oder mit Ageplay verbunden sein, muss aber nicht.

Im Gegensatz dazu begrenzen Flagellanten die Züchtigungen nicht auf das Gesäß, sondern beziehen auch andere Körperteile wie z. B. Rücken, die Schenkel oder die Fußsohlen mit ein. Während beim Spanking eine Vielzahl von Züchtigungsgeräten verwendet wird (z. B. Rohrstöcke, Paddles oder auch nur die flache Hand), bevorzugen Flagellanten meist Peitschen, Gerten oder Rohrstöcke – Paddles eignen sich nur für das Gesäß und die flache Hand gilt als nicht schmerzhaft genug. Rollen- und Erziehungsspiele sind beim Flagellantismus eher selten, meist steht der Schmerz und dessen Umwandlung und Wahrnehmung als Lustschmerz im Vordergrund.

Die Peitsche in der Literatur

Therese philosophe ist das erste bekannte Werk, das Flagellationen zum Gegenstand der Literatur machte. Dem folgte Marquis de Sade mit mehreren Werken, in denen er die Flagellation thematisierte. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden bestimmte sexuelle Vorlieben bestimmten Völkern zugeordnet. Für die Flagellation war dies vor allem England, so dass in der flagellantischen Literatur die Hauptakteure vor allem Engländer sind. Die meisten Bücher zu diesem Thema erschienen auch tatsächlich in England, oft im bigott verlogenen Stil der viktorianischen Zeit als Manifeste des Erziehungsflagellantismus.

Soziologisch sind Parallelen zu den Bestrafungspraktiken in den britischen Kolonien zur Hochzeit des Kolonialismus zu ziehen, zumal die flagellantische Literatur in ihrem „Mutterland“ England in allen Bevölkerungsschichten außerordentlich populär und auch im Stil der „Heftchenliteratur“ in hohen Auflagen am Markt war. Johann Heinrich Meibom veröffentlichte eine medizinische Würdigung der Flagellation, der er ein Supplement hinzufügte, das sich ausschließlich mit der englischen Flagellanten-Literatur befasst. Henry Spencer Ashbee gab 1877 unter dem Pseudonym Pisanus Fraxi den Index Librorum Prohibitorum: being Notes Bio-Biblio-Icono-graphical and Critical, on Curious and Uncommon Books heraus, in dem er eine ausführliche Bibliographie pornographischer Texte mit Inhaltsangaben erstellte, aus der die große Rolle flagellantischer Literatur hervorgeht.

Der berühmteste Autor flagellantischer Literatur ist Algernon Swinburne. Er schöpfte seine Phantasien aus den Erlebnissen, die er 1849 als Zwölfjähriger in Eton hatte, wo harte Züchtigungen (birchings) auf dem noch heute erhaltenen Flogging-Block zum Schulalltag gehörten. Ein Großteil seines literarischen Schaffens und seiner Faszination für das Thema kreist um dieses Gerät und die Züchtigungen, die er dort selbst erfuhr oder als Zeuge miterlebte, wenn andere Schüler mit der Rute auf das entblößte Gesäß gezüchtigt wurden. Unter anderem in der Novelle Lesbia Brandon (postum 1952) verlegt er seine Züchtigungsphantasien teilweise aber auch in den häuslichen Bereich. Auch James Joyce widmete einige Texte der Flagellation.[1]

Einzelnachweise

  1. James Joyce: Portrait of the Artist as a Young Man. New York 1964. Dt.: Ein Porträt des Künstlers als junger Mann. Übersetzt von Klaus Reichert. Frankfurt 1972; ders.: Ulysses Übersetzt v. Hans Wollschläger. Frankfurt 1975 (dort die Circe-Episode); sowie die Briefe an Nora in ders.: Selected Letters. Hrsg. von Richard Ellmann. London 1966.

Literatur

  • Andreas Antje: Spanking, Lust und Leidenschaft. Marterpfahlverlag 2001.
  • Niklaus Largier: Lob der Peitsche. Eine Kulturgeschichte der Erregung. München 2001. ISBN 3-406-48093-4
  • Johann Heinrich Meibom: Die Nützlichkeit der Geißelhiebe in den Vergnügungen der Ehe, so wie in der ärztlichen Praxis, und die Verrichtungen der Lenden und Nieren. In: Johann Scheible (Hrg.): Der Schatzgräber in den literarischen und bildlichen Seltenheiten, Sonderbarkeiten etc., hauptsächlich des deutschen Mittelalters. Stuttgart 1847, 4. Teil, S. 292–365.
  • Bettina Tegtmeier (Hg.): Schmerz – Strafe – Lust. 25 Bekenntnisse von aktiven und passiven Flagellanten(innen). Siegburg 1998 (2. Aufl.)

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Englische Bulldogge — FCI Standard Nr. 149 Gruppe 2: Pinscher und …   Deutsch Wikipedia

  • Englische Fräulein — (Englische Nonnen), 1) (Angelicae moniales, Engelsschwestern, Angeliken), Nonnenorden, gestiftet 1530 in Mailand von der Gräfin Luise Torelli mit dem Kloster zu Pauli Bekehrung, zu einem Leben in Engelsreinheit; Anfangs den regulirten Geistlichen …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Englische Fräulein — Englische Fräulein,   Institut der seligen Jungfrau Maria, lateinisch Institutum Beatae Mariae Vịrginis, Abkürzung IBMV, katholische Frauenkongregation mit Schwerpunkt Erziehung un …   Universal-Lexikon

  • Englische Fräulein — (katholische adlige Fräulein aus England, Institut Mariä), Kongregation für Unterricht und Erziehung der weiblichen Jugend, ohne Klausur, hervorgegangen aus den von Maria Ward 1609 gestifteten, von Urban VIII. 1631 aufgehobenen Jesuitinnen (s.… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Englische Fräulein — Englische Fräulein, ein in Bayern und Österreich verbreiteter Frauenorden zur Erziehung von Mädchen, zuerst gegründet 1609 von Maria Ward in York nach jesuitischem Muster (daher Jesuitinnen), aber vom Papst unterdrückt; dann die daraus… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Englische Fräulein — Englische Fräulein, heißen die Mitglieder eines von Maria Ward 1609 zu York für Erziehung der weiblichen Jugend und für Krankenpflege gestifteten Ordens. Sie sind nicht mit den Angeliken (s. d.) zu verwechseln, theilen sich in adelige Fräulein,… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Erziehung — Zuchtlose Liebe Erziehung und erziehen (lt. Duden von ahd. irziohan herausziehen) bedeutet, jemandes Geist und Charakter zu bilden und seine Entwicklung zu fördern. Im Allgemeinen versteht man unter Erziehung soziales Handeln, welches bestimmte… …   Deutsch Wikipedia

  • Erziehung — Bildung; Ausbildung; Schule; Zucht * * * Er|zie|hung [ɛɐ̯ ts̮i:ʊŋ], die; : 1. das Erziehen: eine freie, autoritäre Erziehung; er hat eine gute Erziehung genossen (er ist gut erzogen worden). Zus.: Kindererziehung, Kunsterziehung. 2. in der… …   Universal-Lexikon

  • englische Literatur. — ẹnglische Literatur.   Im umfassenden Sinn gilt englische Literatur als weltweit in englischer Sprache verfasste Literatur, im engeren Sinn als die Literatur Großbritanniens und Irlands, wobei allerdings heute die nationale beziehungsweise… …   Universal-Lexikon

  • Autoritäre Erziehung — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”