Entfernter Prozeduraufruf

Entfernter Prozeduraufruf

Remote Procedure Call (RPC, sinngemäß „Aufruf einer fernen Prozedur“) ist eine Technik zur Realisierung von Interprozesskommunikation. Sie ermöglicht den Aufruf von Funktionen in anderen Adressräumen. Im Normalfall werden die aufgerufenen Funktionen auf einem anderen Computer als das aufrufende Programm ausgeführt. Es existieren viele Implementierungen dieser Technik, in der Regel sind sie untereinander nicht kompatibel.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Verbreitung

Der Grundgedanke von RPC wurde erstmals 1976 von James E. White im RFC 707 publiziert[1]. Eine der ersten Implementierungen ist Xerox Courier, das ein Teil des Xerox Network Systems (XNS) ist und auch in Novells Netware benutzt wird[2][3]. Der genaue Aufbau von RPC ist in RFC 1057 und RFC 1831 beschrieben.

Die am weitesten verbreitete Variante ist das ONC RPC (Open Network Computing Remote Procedure Call), das vielfach auch als Sun RPC bezeichnet wird. ONC RPC wurde ursprünglich durch Sun Microsystems für das Network File System (NFS) entwickelt. Für diese RPC-Variante findet sich unter anderem auch eine Implementierung in Linux.

Die Implementierung Distributed Computing Environment Remote Procedure Call (DCE RPC) ist ebenfalls weit verbreitet. Microsoft leitete Microsoft RPC (MSRPC) von der DCE RPC 1.1 Referenzimplementation ab. Auf dieser Grundlage wurde später DCOM implementiert. Die Erfahrungen aus DCOM flossen in .NET Remoting ein.

Ablauf

RPC ist eine Möglichkeit ein Client-Server-Modell zu implementieren. Die Kommunikation beginnt, indem der Client eine Anfrage an einen bekannten Server schickt und auf die Antwort wartet. In der Anfrage gibt der Client an, welche Funktion mit welchen Parametern ausgeführt werden soll. Der Server bearbeitet die Anfrage und schickt die Antwort an den Client zurück. Nach Empfang der Nachricht kann der Client seine Verarbeitung fortführen.

Beim Einsatz von RPC können durch Kommunikationsfehler unterschiedliche Fehlerkonstellationen auftreten, die beachtet und bearbeitet werden müssen.

Fehlersemantik

Im Falle eines Fehlers können implementierungsabhängig keine Ergebnisse empfangen werden, genau ein Ergebnis oder viele Ergebnisse. Hierzu können die folgenden "Fehlersemantiken" auf der Seite des Clients ausgewählt werden: maybe, at-least-once, exactly-once und at-most-once.

Falls Fehler auftreten, kann dann je nach spezifizierter Fehlersemantik das Folgende passieren:

(Falls keine Fehler auftreten, garantieren alle Semantiken die einmalige Ausführung der Prozedur.)

Typ Ein Request wird im Fehlerfall ... Filterung empfangener Duplikate
maybe ... nicht noch einmal verschickt. keine Behandlung
at-least-Once ... noch einmal verschickt. nein Die entfernte Prozedur wird bei einem empfangenen Duplikat wiederholt ausgeführt (nur empfehlenswert für idempotente Operationen).
at-most-once ... noch einmal verschickt. ja Duplikate werden gefiltert, entweder komplette Ausführung des Auftrags, oder Fehlermeldung.
exactly-once ... noch einmal verschickt. ja Duplikate werden ebenfalls gefiltert. Weiterhin wird auch bei Ausfall des Systems die Ausführung des Auftrags über den Wiederanlauf hinaus gewährleistet. In einigen Büchern wird jedoch angegeben, dass exactly-once bei verteilten Systemen nicht möglich ist.

Generell gilt jedoch: Es kann keinerlei Garantie gegeben werden. Denn falls z. B. ein Netzwerk-Knoten dauerhaft ausfällt, ist in jedem Fall auch keine einzige Ausführung möglich.

Funktionsweise

Um eine fremde Prozedur aufzurufen, muss eine Nachricht vom Client-Prozess zum Server-Prozess versendet werden. In dieser müssen der Name der Prozedur (oder eine ID) und die zugehörigen Parameterwerte enthalten sein. Die Nachricht sollte letztlich bei einem Server-Prozess ankommen, der genau diese Prozedur implementiert (hierzu erforderlich beim Server: register (Bekanntmachung, Sicherstellen des öffentlichen Zugangs); hierzu erforderlich beim Client: lookup und binding).

Die Suche nach einem entsprechenden Server kann durch Broadcast (in einem lokalen Netz) realisiert werden oder durch Inanspruchnahme eines Verzeichnisdiensts. (Der Verzeichnisdienst hält ein global verfügbares Objekt, genauer ein Verzeichnis von Servern und den von ihnen implementierten Prozeduren bereit.)

Die Suche und die Codierung, aber auch z. B. notwendige Recovery-Maßnahmen (error recoveries) erledigt auf der Seite des Clients der client stub.

Die wichtigste Komponente auf der Serverseite ist der Portmapper-Daemon, der bei ONC RPC auf dem UDP- und TCP-Port 111 lauscht; bei DCE RPC übernimmt diese Funktion der Endpointmapper, welcher auf dem UDP- und TCP-Port 135 lauscht. Portmapper resp. Endpointmapper übernehmen die Koordination der durch den Client gewünschten Funktionsaufrufe. Jedes Programm, das auf dem Server RPC-Dienste zur Verfügung stellen will, muss ihm daher bekannt sein.

Wenn der Rechner, auf dem der Server-Prozess läuft, die Anfrage empfängt, so wird mit Hilfe des Portmappers entweder erst der Prozess erschaffen, der die Prozedur ausführt. Oder alternativ kann ein Prozess auch nur aktiviert werden (in diesem Fall wird eine vordefinierte Anzahl von Prozessen bereitgehalten). Oder aber es wird ein neuer Thread erzeugt.

Siehe auch

  • CORBA ist eine Möglichkeit zur Realisierung von RPC.
  • Java RMI stellt einen RPC-Mechanismus für Java bereit.
  • XML-RPC ist ein RPC-Ableger, der auf XML-Dokumenten und http basiert.
  • Webservices können wie RPC genutzt werden.

Einzelnachweise

  1. James E. White; Proceedings of the 1976 National Computer Conference (Hrsg.): RFC 707: A High-Level Framework for Network-Based Resource Sharing. 1976. 
  2. Andrew D. Birrell, Bruce Jay Nelson; Xerox Palo Alto Research Center (Hrsg.): Implementing Remote Procedure Calls. ACM Transactions on Computer Systems, Vol.2 No.1, February 1984, Seiten 39-49, 1984 (http://www.cs.yale.edu/homes/arvind/cs422/doc/rpc.pdf). 
  3. Günther Bengel: Grundkurs verteilte Systeme. Vieweg und Teubner Verlag, 2005, ISBN 3528257385. 

Weblinks


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