Entführer

Entführer

Unter einer Entführung versteht man einen kriminellen Akt, bei dem eine Person oder Personengruppe, häufig auch ein Kind (daher engl. auch kidnapping), teilweise auch eine Sache (Flugzeugentführung) mit Gewalt oder heimlich an einen anderen Ort gebracht wird.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliches

In der deutschen Strafrechtswissenschaft werden unter dem Oberbegriff Entführungsdelikte die Straftaten Menschenraub, erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme, Entziehung Minderjähriger und Verschleppung als Sonderfälle des allgemeinen Delikts der Freiheitsberaubung zusammengefasst.

Das frühere, eigentliche Delikt der Entführung mit und gegen den Willen der Entführten, bei denen der Wille des Täters darauf gerichtet sein musste, an der entführten Frau außereheliche sexuelle Handlungen vorzunehmen, ist im Zuge der Reform der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aufgehoben worden. (Zum „Frauenraub“ als kirchenrechtliches Ehehindernis siehe Raptio.)

Abgrenzung zwischen Entführung, Geiselnahme und Verschleppung

Im kriminologischen Sinne spricht man von Entführung, wenn der Aufenthalt des Opfers unbekannt ist, d. h. das Opfer an einem nur dem Täter bekannten Ort verbracht wurde. Dagegen ist Kennzeichen einer Geiselnahme, dass die Opfer sich an einem der Polizei bekannten Ort befinden, jedoch daran gehindert werden, diesen Ort zu verlassen.

Bei einer Geiselnahme sind die unmittelbar genötigten Personen mehr oder minder zufällig Opfer bei der Tatausführung, da sie sich (z. B. bei einem Bankraub) am Tatort als Angestellte oder Kunden aufhalten. Sie dienen dann entweder als Druckmittel, um die Tat zu befördern, oder sozusagen als „lebende Schutzschilde“, um den polizeilichen Zugriff zu verhindern.

Im Unterschied zu einer Geiselnahme, bei der das oder die Opfer in der Regel am eigentlichen Tatort festgehalten und vielleicht zusätzlich zur Deckung der Flucht benutzt werden, ist es das Kennzeichen einer Entführung, dass das Opfer unmittelbares und ausgesuchtes Ziel der kriminellen Handlung ist und seine Verbringung an einen anderen (geheimen) Ort bereits ursprünglich zur Tatausführung gehört. Bei Geiselnahme etwa durch Flugzeugentführungen oder Schiffsentführungen werden die Opfer zwar auch an einen anderen Ort verbracht, dieser ist aber allenfalls kurzfristig unbekannt; d. h. eigentlich ist es der Tatort, der mobil ist.

Als weitere Abgrenzung und Spezifizierung wird eine Entführung aus dem Grund, sich Fähigkeiten und Eigenschaften der Entführten zunutze zu machen, als Verschleppung bezeichnet.

Ziel und Zweck

Ziel einer Entführung – d. h. im juristischen Sinne eines erpresserischen Menschenraubs – ist es überwiegend, ein sogenanntes Lösegeld zu erpressen. Ein weiteres Ziel kann es sein, die Freilassung von Häftlingen zu erzwingen. Auch Kombinationen aus beiden Zielen sind möglich.

Opferfolgen

Für die Opfer einer Entführung bedeutet die Situation auch die Gefahr, verletzt oder getötet zu werden. Die psychischen Folgen können gravierend sein. Eine länger andauernde Entführung oder Geiselnahme kann dazu führen, dass sich Opfer und Täter emotional immer mehr annähern. Dieser Effekt wird als Stockholm-Syndrom bezeichnet, weil er im Zusammenhang mit einer Geiselnahme in einer Bank in Stockholm zum ersten Mal beschrieben wurde.

Alle Entführungsdelikte sind nach deutschem Recht als Verbrechen eingestuft. Schon deshalb sind sie Offizialdelikte und werden von Amts wegen verfolgt, auch wenn das Opfer, u. U. aufgrund des Stockholm-Syndroms, keinen Strafantrag stellt.

Kindesentführungen

Bei Entführungen von Kindern können unterschiedliche Tatmotive und Hintergründe eine Rolle spielen.

Zum einen werden Kinder wohlhabender Persönlichkeiten immer wieder Opfer von Entführungen, da sich die Täter ein hohes Lösegeld erhoffen. Bekannte Fälle dieser Art in der deutschen Kriminalgeschichte waren beispielsweise die Entführung von Ursula Herrmann, die Entführung von Nina von Gallwitz, die Entführung der Schlecker-Kinder oder die Entführung von Jakob von Metzler.

In anderen Fällen werden Kinder von psychisch und/oder sexuell gestörten Tätern entführt, die Befriedigung darin finden, ihre Opfer gefangen zu halten, zu misshandeln oder zu missbrauchen und sie mitunter sogar töten. Bekannte Fälle dieser Art aus der jüngsten Zeit waren in Deutschland die Entführung von Levke Straßheim und die Entführung von Stephanie R.. Durch die ungewöhnlich lange Gefangenschaft der Opfer über viele Jahre hinweg besonders erschütternd waren die Niigata-Kindesentführung in Japan und die Entführung von Natascha Kampusch aus Österreich. International große Aufmerksamkeit und Anteilnahme erregten auch die Fälle der Entführung von Elizabeth Smart in den USA und das bis heute ungeklärte Verschwinden von Madeleine McCann.

In Kreisen des organisierten Verbrechens hat es auch Fälle gegeben, in denen die Kinder von Ermittlern oder konkurrierenden Bandenchefs entführt und als Geiseln festgehalten worden sind, um die Betreffenden unter Druck zu setzen und zum Wohlverhalten zu zwingen.

Ein anderes Motiv für Kindesentführungen ist die künftige „Vermittlung“ der geraubten Kinder zur Adoption an zahlungskräftige Familien aus der westlichen Welt. Kinderlose Paare aus Amerika und Europa zahlen immer wieder horrende Summen für eine illegale Auslandsadoption. Das Motiv spielt in manchen Entwicklungsländern eine Rolle, besonders in einzelnen Ländern Lateinamerikas und Afrikas, und steht im Zusammenhang mit dem internationalen Kinderhandel. Ein bekannter Fall aus der letzten Zeit war die spektakulär gescheiterte Verbringung angeblicher Waisenkinder aus dem Tschad nach Frankreich. Zu einem regelrechten Wirtschaftszweig hat sich die Adoption entführter oder ihren Müttern abgekaufter Kinder in Guatemala entwickelt, hier wurden im Laufe des Jahres 2007 allein bis Oktober bereits etwa 5000 Adoptionen durchgeführt, viele davon illegal und ohne die Herkunft der Kinder und das Einverständnis der leiblichen Eltern korrekt nachzuweisen[1]. Schutz vor derartigen Missbräuchen soll das „Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption“ bieten.

Bücher, Filme, Theater

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Weltspiegel vom 21.10.2007 Guatemala - Der geheime Kinder-Klau

Weblinks

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