Entschiedenheit

Entschiedenheit
Eine Richtungsentscheidung am Scheideweg: Links, rechts, geradeaus oder zurück?

Eine Entscheidung ist eine bewusste Wahl zwischen Alternativen oder zwischen mehreren unterschiedlichen Varianten anhand bestimmter Präferenzen von einem oder mehreren Entscheidungsträgern. Sie kann spontan bzw. emotional, zufällig oder rational erfolgen. Ein rational begründeter Entscheid richtet sich nach bereits vorgängig abgesteckten Zielen oder vorhandenen Wertmaßstäben. Der Entscheid wird durch den oder die Entscheidungsträger nach objektiven und subjektiven Entscheidungskriterien getroffen.

Die Eigenschaft, ohne Verzug zu entscheiden und dabei zu bleiben, wird mit Entschiedenheit bezeichnet (vgl. Führung).

Wichtig für die Entscheidungsfindung sind die antizipierten erwünschten und unerwünschten Folgen des Entscheids. Dem Entscheid folgt dessen Umsetzung oder zumindest der Versuch hierzu, sonst handelt es sich nicht um einen Entscheid, sondern nur um eine Gedankensimulation. Der Entscheid geht also dem Handeln voraus. Vor dem Entscheid muss man sich also damit befassen was zu tun ist. Vor dem Entscheid erfolgt in aller Regel eine Planung der Ziele und Maßnahmen. Auch die Möglichkeit, sich nicht festzulegen (Unterlassungsalternative) kann eine zulässige Alternative darstellen. Dabei kann die Wahl auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, was allerdings voraussetzt, dass die wählbaren Alternativen erhalten bleiben.

Anhand der effektiv bewirkten Folgen des Entscheids kann zu einem späteren Zeitpunkt der Erfolg einer Entscheidung gemessen werden. Die Güte eines Entscheides wird daran gemessen, wie gut die Konsequenzen aus dem Entscheid die Entscheidungskriterien erfüllen und allfällig weitere Randbedingungen nicht verletzten.

Aus einer rückblickenden Bewertung der Entscheidungsqualität können Lehren gezogen werden für künftige Entscheide. Ein intelligentes System oder Individuum kann dabei aus vergangen Fehleinschätzungen lernen und künftig zu besseren Entscheidungen kommen. Dies setzt allerdings voraus, dass sich die Umweltfaktoren und Wirkmechanismen, welche die Entscheidungssituation und die auf den Entscheid folgende Konsequenzen bestimmen, nicht drastisch verändern. Erfahrungen und aus der Vergangenheit abgeleitete Lerneffekte verbessern das Entscheidungsverhalten jedoch nur dann, wenn die aktuelle Entscheidungssituation mit den vergangenen Situationen vergleichbar ist. Entscheidungen sind in sämtlichen Bereichen der Wissenschaft und in allen Lebensbereichen üblich, notwendig und erforderlich. Sie führen in jedem Fall eine Veränderung beim Entscheidungsgegenstand herbei.

Die Statistik und Ökonomie befasst sich in der Entscheidungstheorie mit der Frage nach der optimalen Entscheidung.

Das Wort soll von ent-scheiden, also z. B. das Schwert aus dessen Scheide ziehen stammen, da man sich dann eben zwischen kämpfen bzw. nicht kämpfen entschieden hat.

Inhaltsverzeichnis

Entscheidungsschritte

Komplexe Entscheidungen vollziehen sich in mehreren Schritten:

  1. Feststellen eines Entscheidungsbedarfs (siehe auch Agenda Setting)
  2. Analyse des Entscheidungsumfeldes
  3. Ermittlung der Entscheidungsalternativen
  4. Beurteilung der möglichen Konsequenzen jeder Alternative
  5. Entscheidung und Umsetzung einer Alternative (bedingt Handlungsfähigkeit und Tatkraft)
  6. Beobachtung des Weiteren Verlaufs und allenfalls Revision des Entscheides bzw. laufende Prüfung auf Bedarf nach Folgeentscheiden

Entscheidungsobjekt

Entscheidungen können in Bezug auf den Entscheidungsgegenstand unterteilt werden:

Entscheidungsgegenstand Konsequenzen Betrifft, Betroffene Beispiel
Wahl einer Handlungsalternative Handlung und ihre Folgen Dinge, Sachen, Menschen, Aufgaben, Anweisungen, Aufträge Handlungsentschluss von Individuen, Gruppen. Demokratische Gesellschaften oder deren legitimierten Vertreter begründen staatliches Handeln oder beschließen steuernde Eingriffe in dasselbe.
Meinungsbildung Eine Beurteilung wird durch die gewählte Meinung abgeschlossen Kognitive und soziale Prozesse der Meinungsbildung
Zielfindung Künftige Entscheide und Handlungen richten sich an diesen Zielen aus. Präferenzen der Entscheidungsträger und Betroffenen Beschluss von strategischen Zielsetzungen, Entscheid für einen bestimmten Weg und die damit verbundenen Anstrengungen
Eingehen oder Beenden einer sozialen Beziehung Entscheid zu Veränderung von sozialen Beziehungen mit inhärenter Veränderung künftiger Entscheidungssituationen. Soziale Dynamik Kontaktaufnahme, –vertiefung, -abbruch zu anderen Entscheidungsträgern mit Bildung einer Dyade bzw. einer Gruppe. Kontaktanbahnung, Annahme einer Offerte, Schließen eines Vertrages, Eintritt oder Austritt aus einer Kooperationsbeziehung
künftige Entscheidungsverfahren Verfahrensfestlegung Organisationen Festlegung von Verfahren zu Entscheidungsverfahren

Kybernetische Betrachtung

Unter kybernetischer Betrachtung bilden die Entscheidungen eines Systems (oder einer Entität) einen zeitdiskreten Regelungskreislauf, in dem das System mit der Systemumwelt interagiert. Die gleiche Entscheidung kann z. B. mehrmals oder immer wieder getroffen werden (z. B. Verlasse ich eine mittelmäßige Party oder bleibe ich noch?). Wichtig ist in dem Zusammenhang auch die Frage, ob ein Entscheid unbewusst getroffen werden kann und wer oder was überhaupt die Fähigkeit zum Entscheiden hat.

Im weiten Sinn setzt ein Entscheid nicht notwendig ein Bewusstsein voraus, so wie die entscheidende Entität nicht notwendig ein Mensch sein muss. So kann ein Lebewesen oder auch eine Maschine, ein technisches Gerät bzw. eine Anlage Entscheidungen treffen. Insbesondere wird Software als programmierter Automat und virtuelle Maschine verstanden.

So entscheidet sich eine Amöbe, ob sie sich auf eine Reizquelle hin oder von ihr weg bewegt und eine Heizungsregelung stellt den Brenner an, wenn der Thermostat eine Temperatur unterhalb des unteren Schwellwertes misst. In praktisch jeder Software bestehen bedingte Anweisungen, welche sich anhand eines logischen Ausdrucks für eine von zwei alternativen Folgeanweisungen entscheiden.

Auch menschliche Entscheide sind oft unbewusst und instinktartig automatisiert. Ein Mensch trifft i. d. R. tausende von Entscheidungen täglich ohne lange zu überlegen, die oft in Sekundenbruchteilen erledigt sind. Dem Kybernetiker Heinz von Foerster zufolge hat der Mensch jedoch einen besonderen Entscheidungsbereich: „Nur die Fragen, die prinzipiell unentscheidbar sind, können wir entscheiden.“[1]

Die meisten Computerprogramme dienen der Unterstützung von menschlichen Entscheiden. Es gibt aber durchaus auch Programme, die autonome Entscheidungen treffen, von denen unser Leben abhängen kann (Beispiel: ABS-Bremse). Bewusstsein und Willensfähigkeit scheinen aber die Voraussetzung zu sein für komplexe Entscheidungen. In verschiedenen gesellschaftlichen Teilsystemem wie Politik, Unternehmen, Medien laufen unterschiedliche komplexe Entscheidungsprozesse, welche für diese Teilsysteme charakteristisch sind.

Entscheidungsträger

Der Entscheid erfolgt durch einen oder mehrere Entscheidungsträger, welche für den Entscheid legitimiert sind. Ein Entscheid ist immer auch geprägt durch die subjektiven Grundlagen der Entscheidungsträger, durch deren Präferenzen, Gefühle, Vorlieben, Abneigungen, Wertvorstellungen und Erfahrungen. Aufgrund dieser Einflüsse unterliegt ein Entscheid in der Regel nur einer beschränkten Rationalität (Bounded Rationality). Ein Entscheid zieht geplante, oft aber auch unerwartete Konsequenzen nach sich, für welche sich die Frage stellt, wieweit diese Verantwortung von den Entscheidungsträgern zu tragen ist.

Entscheidungsgegenstand

Je nach Art der Entscheidung beziehen sich die Alternativen auf unterschiedliche Kategorien von Entscheidungsgegenständen. Nach dem Gegenstand der Entscheidung kann unterschieden werden nach

  • Handlungsentscheid: Wahl aus zwei oder mehreren Handlungsalternativen
  • Zielentscheid: Festlegung von einem oder mehreren Zielen (siehe Zielbestimmung), welche für die weiteren Handlungsentscheide maßgebend sein sollen
  • Beziehungsentscheid: Kontaktaufnahme oder –abbruch, Eingehen sozialer Beziehungen und deren Gestaltung und Pflege, Bindungen oder Verträge
  • Gestaltungsentscheid: Wahl der Rahmenbedingungen, Normen oder Regeln, welche für die weitere soziale Interaktion verbindlich sein soll.

Entscheidungsfolgen

Die Auswirkungen eines Entscheides können kurz-, mittel oder langfristiger Natur sein. Weiter bestimmen die Folgen und Auswirkungen eines Entscheides, ob er allenfalls rückgängig gemacht oder abgeändert werden kann, oder ob er unwiderruflich ist. Oft bringt ein Entscheid durch Veränderung der Situation die Notwendigkeit von Folgeentscheiden.

Besonders wichtig sind Entscheidungen, die normative und langfristige Folgen haben und die verschiedene menschliche Gemeinschaften betreffen, z. B. politische Entscheidungen.

Akzeptanz und Anfechtung eines Entscheides

Im sozialen, gesellschaftlichen und politischen Kontext sind neben den Entscheidungsträgern oft auch andere Menschen von den Folgen eines Entscheides betroffen. Diese haben nur einen begrenzten oder gar keinen Einfluss auf das Entscheidungsverfahren. Dennoch ist es für den Zusammenhalt der Gruppen bzw. die Stabilität der Gesellschaftsordnung wichtig, dass zumindest eine Mehrheit der Betroffenen einen Entscheid und seine Folgen akzeptiert. Ohne Akzeptanz eines Entscheides und des oder der Entscheidungsträger kommt es oft zu Kritik, Protest und Streit. In der modernen Gesellschaft sind deshalb der Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der Individuen durch die staatliche Rechtsordnung Schranken gesetzt. So wie sich die Entscheidungsträger für manche Entscheidungen legitimieren müssen, muss sich oft auch der Gegner eines Entscheides für die Anfechtung legitimieren. Auch im Unternehmen wird die Akzeptanz des Entscheides durch die Betroffenen in der Regel von den Entscheidungsträgern wichtig genommen. Die Folgen eines Entscheides können

Natürlich kann ein Entscheid auch zu nicht vorausgesehenen Folgen führen.

Entscheidungskriterien

In der Mikroökonomie wird das Menschenbild des rationalen Entscheiders (Homo Oeconomicus) entworfen, der sich seiner Präferenzen klar bewusst ist und mit jedem Entscheid versucht, seinen Nutzen zu maximieren. Die Theorie der Rationalen Entscheidung wurde jedoch wegen ihrer Annahmen kritisiert. So verfügen die Wirtschaftssubjekte in der Regel nicht über die vollständige Information über alle potenziell entscheidungsrelevanten Faktoren.

Die Theorie der beschränkt rationalen Entscheidungen erweitert hier den Modellrahmen, indem diese Unvollständigkeiten im Wissen und in der Informationsverarbeitung mit einbezogen werden. Neben Eigennutz können Entscheide aber auch durch andere Wertesysteme wie Altruismus, ethische Werte oder Emotionen bestimmt werden.

Daher sind Entscheidungen oft umstritten, da jeder die verbleibende Unsicherheit mit anderen Annahmen belegt.

Entscheidungsverfahren

(Siehe auch Hauptartikel: Entscheidungsverfahren)

Die wichtigste Regel zum Treffen von Entscheidungen ist, dass die Entscheidung umso leichter fällt, je kleiner die Unsicherheit ist – jede Entscheidung fällt leichter, wenn mehr Informationen zum Entscheidungsbedarf vorliegen.

In der Entscheidungstheorie werden Methoden wie z. B. die einfache Nutzwertanalyse (NWA) oder der präzisere Analytic Hierarchy Process (AHP) angewandt, bei dem Kriterien im Sinne von Gesichtspunkten und Alternativen im Sinne von Lösungsvorschlägen dargestellt, verglichen und bewertet werden, um die optimale Lösung zu einer Entscheidung oder Problemstellung zu finden.

Entscheidungen können auch durch Zufall getroffen werden, wie zum Beispiel das Lotterielos.

Ärztliche Diagnose

In der Medizin entscheidet ein Arzt in einer Diagnose aufgrund der vorliegende Symptome für eine von ggf. mehreren möglichen Krankheiten und stützt die Behandlung auf diesen Diagnoseentscheid ab. Der Diagnoseentscheid hat hier oft den Charakter einer Hypothese. Spricht der Patient nicht auf die Behandlung an, müssen andere Hypothesen überprüft und ggf. der Diagnoseentscheid revidiert werden.

Sonstige Entscheidungen

In der Rechtsprechung sind Entscheidungen bestimmte Verdikte (vgl. Beschluss und Urteil). Beim Sport gelten die Entscheidungen des Schiedsrichters unanfechtbar für die Zeit des Spiels (Tatsachenentscheidung).

Siehe auch

Quellen

  1. Heinz von Foerster: Wahrnehmen wahrnehmen in Philosophien der neuen Technologien, Berlin 1989, S.27ff; auch enthalten in H.v.Foester: KybernEthik, 1993, S. 153, ISBN 3-88396-111-6

Literatur

  • Domschke, W. und Scholl A.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre – Eine Einführung aus entscheidungsorientierter Sicht. Springer Verlag 2003. ISBN 3-540-43993-5
  • Dinkelbach, W. und Kleine A.: Elemente einer betriebswirtschaftlichen Entscheidungslehre, Springer Verlag 1996. ISBN 3-540-61569-5
  • Gigerenzer, Gerd: Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. Bertelsmann, München 2007, ISBN 978-3-570-00937-6 (engl.: Gut Feelings. Viking, New York 2007, ISBN 978-0-670-03863-3)
  • Heinen, E., Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, Wiesbaden: Gabler-Verlag 1992. ISBN 3-409-32750-9
  • Jungermann, H., Pfister, H.-R. und Fischer, K. (2005). Die Psychologie der Entscheidung. Eine Einführung (2. Auflage). Berlin und Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag. ISBN 3-8274-1568-3
  • Annette Krenovsky und Wilfried Reiter: Es irrt nicht nur der Chef.. Kösel. ISBN 3-466-30630-2
  • Luhmann, Niklas: Soziologische Aspekte des Entscheidungsverhaltens, Kapitel 8 (S. 272–301) in Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1988, ISBN 3-518-28752-4
  • Mag, W.: Entscheidung und Information, München: Verlag Franz Vahlen 1988. ISBN 3-8006-0617-8
  • Simon, H. A.: Models of Man Taylor & Francis 1987. ISBN 0-8240-8217-6
  • Eva-Christiane Wetterer: Die Kunst der richtigen Entscheidung. 40 Methoden die funktionieren. Hamburg: Murmann-Verlag 2005. ISBN 3-938017-23-6
  • Werner, L.: Entscheidungsunterstützungssysteme. Heidelberg: Physica-Verlag 1992. ISBN 3-7908-0637-4

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