Erbverzicht

Erbverzicht
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Das Erbrecht ist als subjektives Recht das Grundrecht, Verfügungen über das Eigentum oder anderer veräußerbarer Rechte zum Eintritt des eigenen Todes hin zu regeln und andererseits auch Begünstigter solcher Verfügungen zu werden (zu „erben“). Der Begriff Erbrecht bezeichnet im objektiven Sinn auch die Rechtsnormen, die sich mit dem Übergang des Vermögens einer Person (Erblasser) bei ihrem Tod auf eine oder mehrere andere Personen befassen.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Situation in Deutschland

Verfassungsgebot

Das Erbrecht ist in Art. 14 GG ausdrücklich garantiert. Es ist jedoch im Grundgesetz nur aus traditionellen Gründen wie in der Weimarer Reichsverfassung erwähnt. Der Inhalt und die Schranken des Erbrechts bestimmen sich nach den einfach-rechtlichen Vorschriften. Grundrechtlich gesichert sind die Testierfreiheit, die auch durch die Privatautonomie gedeckt wird, und das Erbrecht der Verwandten.

Bürgerliches Recht

Im Bürgerlichen Gesetzbuch lautet der Titel des fünften (und letzten) Buches „Erbrecht“. Die Bedeutung des Erbrechts hat zugenommen und wird in Zukunft erheblich zunehmen: Zwischen 2000 und 2010 sollen Werte in Höhe von 2,5 Billionen Euro vererbt werden. Wer erbt, erbt alles, was ihm testamentarisch oder gesetzlich zusteht (sofern er das Erbe antritt) - Aktiva und Passiva (Vermögenswerte und Schulden). Der Erbe oder die Erbengemeinschaft wird mit dem Tod des Erblassers (Vonselbsterwerb) nach dem das deutsche Recht beherrschenden Prinzips der Universalsukzession Gesamtrechtsnachfolger (§ 1922 BGB).

Gesetzliche Erbfolge

Wird kein Testament und kein Erbvertrag errichtet, so greift die gesetzliche Erbfolge. Sie ist in Deutschland auf natürliche Personen beschränkt und kennt den Fiskus als Erben z.B. dann, wenn kein Verwandter gefunden wird. Der Fiskus erbt auch dann, wenn die Erbschaft vom letztmöglichen Erben ausgeschlagen wurde. Der Fiskus kann als gesetzlicher Erbe die Erbschaft nach § 1942 BGB nicht ausschlagen (Zwangserbe).

Das Erbrecht des Ehegatten

Ehegatten konkurrieren mit den Verwandten der ersten und zweiten Ordnung, sowie mit den Großeltern des Erblassers. Die Einzelheiten sind im Artikel gesetzliche Erbfolge dargestellt. Der eingetragene Lebenspartner hat ebenfalls ein solches Erbrecht (§ 10 LPartG).

Hausstand

Wer dem Hausstand angehört, kann gemäß § 1969 BGB beim Tod des Erblassers bis zum dreißigsten Tag nach dem Tod Gewährung von Unterhalt verlangen. Dies kann auch die Nutzung von Wohnung und Haushaltsgegenständen einschließen.

Kosten der Bestattung und Grabpflege

Der Erbe hat die Kosten der Bestattung zu tragen (§ 1968 BGB). Die Bestattung durchzuführen hat der Bestattungspflichtige (aufgrund des Bestattungsgesetzes des jeweiligen Bundeslandes). Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen seit 1. Januar 2004 keine Sterbegelder zur Finanzierung der Bestattung mehr. Den nahen Angehörigen steht aber das Recht zur Totenfürsorge zu, das die Auswahl von Bestattungsart und -ort sowie die Grabgestaltung umfasst. Hingegen besteht keine gesetzliche Verpflichtung der Erben zur Grabpflege; es sei denn der Verstorbene hat eine solche testamentarisch verfügt.

Verfügung von Todes wegen

Der Erblasser kann die Erbfolge auch selbst durch Testament oder Erbvertrag regeln. Pflichtteilsberechtigte (also die Abkömmlinge, der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und im Falle der Kinderlosigkeit, die Eltern) können den Pflichtteil verlangen, wenn sie durch eine Verfügung von Todes wegen von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden. Der Pflichtteil beträgt 50% des gesetzlichen Erbteils und kann nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 2333 - 2338 BGB entzogen oder beschränkt werden.

Weiterer möglicher Inhalt einer Verfügung von Todes wegen

Vermächtnis

Ohne jemanden als Erben einzusetzen, kann der Erblasser beliebige Personen mit einem Vermächtnis begünstigen (§ 1939). Das Vermächtnis ist lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch des Berechtigten (Anspruchsgrundlage § 2174); jedoch ist der Erbe zur Erfüllung verpflichtet. Es findet also kein automatischer Eigentumsübergang statt.

Auflage

Eine Verfügung von Todes wegen, die einen Erben oder Vermächtnisnehmer zu einer Leistung verpflichtet, wird Auflage genannt. Ein klagbarer Anspruch des Begünstigten wie beim Vermächtnisnehmer besteht nicht. Derjenige, der durch den Wegfall des mit der Auflage Beschwerten begünstigt würde, hat aber einen klagbaren Anspruch auf Erfüllung der Auflage.

Vollstreckung des Testaments

Der Erblasser kann anordnen, dass sein Wille durch eine andere Person ausgeführt werden soll. Der Testamentsvollstrecker (TV) hat den Nachlass zu verwalten oder auseinanderzusetzen. Er ist berechtigt, Verbindlichkeiten für den Nachlass einzugehen soweit dies im Rahmen der Verwaltung erforderlich ist. Weiterhin darf der Testamentsvollstrecker als Partei kraft Amtes aus Rechten die der Testamentsvollstreckung unterliegen klagen. Der Testamentsvollstrecker ist dabei nur dem Willen des Erblassers, nicht aber den Weisungen der Erben unterworfen. Dem TV steht eine angemessene Vergütung zu.

Erbschein

Wer seine Stellung als Erbe nachweisen will, benötigt einen Erbschein oder eine vor einem Notar errichtete Verfügung von Todes wegen zusammen mit dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichtes.

Der Erbschein bzw. die Eröffnungsniederschrift werden durch das Amtsgericht ausgestellt. Das Amtsgericht ist hier als Nachlassgericht tätig. Im württembergischen Teil des Landes Baden-Württemberg werden die Aufgaben des Nachlassgerichts vom staatlichen Notariat wahrgenommen (§ 38 Ba-Wü LFGG).

Besondere Regelungen

Erbunwürdigkeit

Die gesetzliche oder gewillkürte Erbfolge ist ausgeschlossen, wenn der Erbe erbunwürdig ist. Erbunwürdig ist

  • wer den Erblasser vorsätzlich getötet oder dies versucht hat (§§ 211, 212 StGB),
  • wer den Erblasser durch Täuschung oder Drohung zur Errichtung der Verfügung von Todes wegen gebracht oder an der Aufhebung gehindert hat,
  • wer den Erblasser bei einer letztwilligen Verfügung durch Drohung oder Täuschung bestimmt hat,
  • wer eine letztwillige Verfügung ge- oder verfälscht hat.

Zur Verfassungsmäßigkeit der Erbunwürdigkeit siehe BVerfG, Urteil vom 19. April 2005.

Annahme und Ausschlagung

Die Privatautonomie gestattet es dem Erben, eine Erbschaft auch auszuschlagen, also auf sie zu verzichten. Der Erbe kann die Erbschaft innerhalb von sechs Wochen, seitdem er weiß, dass er Erbe ist, ausschlagen, falls er sie nicht bereits zuvor, eventuell konkludent, angenommen hat. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, so beginnt die Frist nicht vor der Verkündung der Verfügung. Die Frist beträgt sechs Monate (§ 1944 Abs.3 BGB), wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält. Die Ausschlagung erfolgt durch persönliche Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht zu Protokoll der Geschäftsstelle oder in notariell beglaubigter Form. Nach Ablauf der Frist gilt das Erbe als angenommen. Rechtsgrundlagen: §§ 1944 ff. BGB. Die Annahme oder auch die Ausschlagung einer Erbschaft kann unter den Voraussetzungen des § 1954 BGB angefochten werden; die Versäumung der Ausschlagungsfrist gem. § 1956 BGB.

Erb- und Pflichtteilsverzicht (abdicatio heredis)

Verwandte sowie der Ehegatte des Erblassers können durch Vertrag mit dem Erblasser – also noch vor dem Erbfall – auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtende ist dann von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte; er hat auch kein Pflichtteilsrecht. Der Erbverzicht kann auf das Pflichtteilsrecht beschränkt werden. Ein Sonderfall ist der in § 2352 BGB normierte Zuwendungsverzicht. Wer durch Testament als Erbe eingesetzt oder mit einem Vermächtnis bedacht ist, kann danach durch Vertrag mit dem Erblasser auf die Zuwendung verzichten. Die hier genannten Verträge müssen notariell beurkundet sein.

Kauf eines Erbteils

Der Erbteil ist ein verkäufliches Gut. Der Vertrag bedarf gemäß § 2371 BGB der notariellen Beurkundung. Den Miterben steht im Fall des Verkaufs eines Erbteils an einen Nichterben das Vorkaufsrecht zu (§ 2034 BGB).

Erbschaftsteuer

Der Bundesgesetzgeber hat eine progressive Steuer gestaltet. Ab einem Freibetrag wird je nach Höhe der Erbschaft ein Steuersatz fällig. Je näher der Erbe an dem Erblasser familiär steht, desto geringer ist der Steuersatz (dreiklassige Steuer). Die Steuer bestimmt sich nach dem Erbschaftsteuergesetz (§§ 15, 19).

Das Bundesverfassungsgericht hat das alte Erbschaftsteuergesetz und insbesondere die ungleiche Bewertung von Grund- und Kapitalvermögen mit Beschluss vom 7. November 2006 für verfassungswidrig erklärt. Zum 1. Januar 2009 soll nun ein neues Gesetz über die Erbschaft- und Schenkungssteuer in Kraft treten. Über die Grundzüge dieses neuen Gesetzes hat sich die Berliner Koalition nunmehr geeinigt.

Es soll Veränderungen bei den Steuersätzen und den Freibeträgen geben. Auch die Besteuerung bei der Vererbung von Unternehmen wird neu geregelt. Experten bezweifeln bereits heute vor Inkrafttreten des Gesetzes, dass die neue Erbschaftsteuer den Erfordernissen der Verfassung genügt.

Todesfälle in der DDR

Die Erbfolge bei Todesfällen in der DDR vor dem 3. Oktober 1990 vollzieht gemäß des Einigungsvertrages weitgehend nach dem dort seit 1976 gültig gewesenen Zivilgesetzbuch (ZGB).

Reform

Das Bundeskabinett hat am 30. Januar 2008 den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts beschlossen. Hauptanliegen der Reform ist die Modernisierung der Pflichtteilentziehungsgründe, wobei die Höhe des Pflichtteils nicht angetastet werden soll. Zudem sollen die bisher geltenden Stundungsregelungen erweitert werden. Weiterhin sieht der Entwurf eine gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilergänzungsanspruch und eine bessere Honorierung von Pflegeleistungen beim Erbausgleich vor. Ein weiteres Hauptziel der Reform ist die Abkürzung der Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen, die zukünftig der Regelverjährung von drei Jahren und nur in Ausnahmefällen der dreißigjährigen Verjährung unterliegen soll.[1]

Erbrecht in Österreich

Siehe zum österreichischen Erbrecht unter: Verlassenschaftsverfahren und Einantwortung.

Quellen

  1. *Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts PDF

Literatur

  • Lehrbücher:
    • Brox: Erbrecht. 21. Aufl. 2004, ISBN 3-452-25850-5.
    • Frank: Erbrecht. 3. Aufl. 2005, ISBN 3-406-53085-0.
    • Lange, Kuchinke: Erbrecht. 5. Aufl. 2001, ISBN 3-406-47253-2.
    • Leipold: Erbrecht. 16. Aufl. 2006, ISBN 3-16-148936-5.
    • Michalski: BGB-Erbrecht. 3. Aufl. 2006, ISBN 3-8114-9015-X.
    • Olzen: Erbrecht. 2. Aufl. 2005, ISBN 3-89949-239-0.
    • Schlüter: Erbrecht. 15. Aufl. 2004, ISBN 3-406-51691-2.
    • Karl Winkler: Erbrecht von A - Z. Dt. Taschenbuch-Verl., München 2005, ISBN 3-423-05061-6.
  • Sonstiges:
    • Jens Beckert: Unverdientes Vermögen. Soziologie des Erbrechts. Campus-Verlag, Frankfurt am Main/New York, 2004. ISBN 3-593-37592-3.
    • Deinert, Jegust: Todesfall- und Bestattungsrecht. Sammlung bundes- und landesrechtlicher Bestimmungen, 2. Aufl. 2005, ISBN 3-89817-476-X.
    • Roth: Erbrecht und Betreuungsfall. München 2005, ISBN 3-406-53459-7.
    • Zimmermann: Rechtsfragen bei einem Todesfall. 5. Aufl. 2004, ISBN 3-406-52055-3
    • Johannes Schulte: Testamentsgestaltung. Verlag C.H. Beck 2006, ISBN 3-406-55234-X
    • Jünemann: Immobilien erben und vererben. 2. Aufl. 2009, ISBN 978-3-448-09385-8

Siehe auch

Weblinks

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