Ergänzungsbetreuer

Ergänzungsbetreuer

Ein Verhinderungsbetreuer ist ein Betreuer, der zusätzlich zu einem bereits bestellten Betreuer seitens des Vormundschaftsgerichtes für bestimmte Situationen bestellt werden kann. Rechtsgrundlage ist § 1899 Abs. 4 BGB.

Hier sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden:

  1. Rechtliche Verhinderung des Betreuers
  2. Tatsächliche Verhinderung des Betreuers


Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Verhinderung des Betreuers

Ein Verhinderungsbetreuer kann bestellt werden, wenn der Betreuer in eigener Person ein Rechtsgeschäft mit dem Betreuten nicht abschließen kann (verbotenes Insichgeschäft, § 181 BGB) oder wenn der Betreuer wegen eines Rechtsgeschäftes zwischen dem Betreuten und dem Ehegatten, Lebenspartner oder Verwandten des Betreuers (in gerader Linie) verhindert ist (BayObLG BtPrax 1998, 32 = NJW-RR 1998, 869; BayObLG FamRZ 2002, 61)

Des Weiteren bestehen weitere Vertretungshindernisse, die in § 1795 Abs. 1 Nr. 2 und 3 genannt sind. Rechtlich verhindert dürfte der Betreuer auch sein, wenn der Betreute gegen ihn wegen Pflichtverletzungen (§ 1833 i.V.m. § 1908 i BGB) belangen will oder im umgekehrten Fall der Betreuer gegen den Betreuten Erb- oder Pflichtteilsansprüche (vgl. BayObLG BtPrax 2001, 252; BayObLG BtPrax 2004, 32; OLG Zweibrücken FGPrax 1999, 182 = Rpfleger 1999, 534; OLG Nürnberg NJW-FER 2001, 316) oder Schadensersatzansprüche nach § 823 oder § 812 BGB geltend machen will. Außerdem kann das Gericht dem Betreuer gem. §§ 1796 BGB die Vertretungsmacht für einzelne Angelegenheiten entziehen, insbesondere, weil ein Interessenkonflikt droht (BayObLG FamRZ 1999, 1303).

Die Bestellung des Verhinderungsbetreuers, der in diesem Falle auch als Ergänzungsbetreuer bezeichnet wird (um die Nähe zur Ergänzungspflegschaft des § 1909 BGB zu betonen), wird sich in der Regel auf einen kleinen, näher bezeichneten Aufgabenkreis, z.B. den Abschluss eines bestimmten Rechtsgeschäftes oder die Führung eines bestimmten Prozesses beziehen. Die Aufgaben des Ergänzungsbetreuers, und damit der Umfang der vergütungsfähigen Tätigkeiten, reichen nur so weit, wie die Verhinderung des eigentlichen Betreuers gegeben ist.

Die Ergänzungsbetreuung endet nicht kraft Gesetzes mit der Erledigung des Rechtsgeschäftes, an der der eigentliche Betreuer verhindert war bzw. mit dessen Wiederherstellung der Geschäftsfähigkeit. Die Ergänzungsbetreuung ist daher gem. § 1908d Abs. 1 BGB ausdrücklich aufzuheben. Zum Betreuungsverfahren siehe § 69i Abs. 3 FGG

Tatsächliche Verhinderung des Betreuers

Die Verhinderung des Betreuers kann jedoch auch auf tatsächlichen Gründen beruhen, z.B. Krankheit oder Urlaub. In diesem Fall ist zur gleichen Zeit immer nur entweder der Betreuer oder der Verhinderungsbetreuer tätig. Diese Form der Verhinderungsbetreuung wird in der Praxis auch Vertretungsbetreuung genannt.

Wichtigste Anwendung der Verhinderungsbetreuung bei tatsächlicher Verhinderung dürfte die urlaubsbedingte Nichterreichbarkeit des Betreuers sein (LG Stuttgart BtPrax 1999, 200; LG Frankfurt/Oder FamRZ 1999, 1221). Jedoch auch Krankheit des Betreuers kann tatsächliche Verhinderung sein (LG Cottbus BtPrax 2001, 172). Die Kontroverse in der Literatur, ob eine Vertretungsbetreuung aus tatsächlichen Gründen überhaupt zulässig ist (dagegen LG Hamburg FamRZ 1999, 797), hat sich durch die ausdrückliche Erwähnung in Satz 2 seit 1. Juli 2005 erledigt. Einige Gerichte meinen, eine solche Verhinderungsbetreuung sei nur für einen konkret bevorstehenden Verhinderungsfall zulässig (LG Frankfurt/Oder FamRZ 1999, 1221).

Dies ist nicht praktikabel; zulässig ist auch, für alle künftigen (tatsächlichen) Verhinderungsfälle einen Ersatzbetreuer zu bestellen. Die tatsächliche Verhinderung wird i. d. R. einen längeren Zeitraum (mehrere Wochen oder Monate) ausmachen, kann aber auch einzelne Tage betreffen, wenn bereits ein Verhinderungsbetreuer für den Fall späterer Verhinderung bestellt ist und sich durch ein konkretes und dringendes Handlungserfordernis herausstellt, dass der eigentliche Betreuer unerreichbar ist.

Berufliche Verhinderungsbetreuung

Der Verhinderungsbetreuer kann (ebenso wie der verhinderte Hauptbetreuer) Berufsbetreuer sein. § 1899 Abs. 1 BGB schließt dies auch in der Neufassung (seit 1. Juli 2005) nicht aus. Die Vergütungsansprüche sind bei den beiden Verhinderungssituationen jedoch unterschiedlich:

Ist die Verhinderung rechtlicher Art, hat der Verhinderungsbetreuer Anspruch auf Vergütung und Aufwendungsersatz entsprechend dem nachgewiesenen Zeit- und Sachaufwand. Der Stundensatz beträgt nach § 6 i.V.m. § 3 VBVG 19,50 Euro, bei Fachkenntnissen aufgrund Berufsausbildung 25,00 Euro, aufgrund Studienabschluss 33,50 Euro, jeweils zuzügl. Mehrwertsteuer.

Bei tatsächlicher Verhinderung ist nicht Aufwendungsersatz nach § 1835 BGB und Vergütung nach § 3 VBVG für tatsächliche Tätigkeiten, sondern die pauschale Vergütung nach §§ 4, 5 VBVG zu bewilligen. Der Stundensatz ist hier je nach Vorliegen betreuungsspezifischer Fachkenntnisse bei 27,00 € 33,50 € bzw. 44,00 € anzusetzen. Der Stundensatz beinhaltet Barauslagenersatz nach § 1835 Abs. 1 BGB sowie etwaige Umsatzsteuer.

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