Erich von Gotha

Erich von Gotha

Erich von Götha, (auch „Erich von Gotha de la Rosière“) (* 1924 in London), ist das Pseudonym des britischen Illustrators und Comiczeichners Robin Ray. Robin Ray hat auch unter den Pseudonymen Janssens, Baldur Grimm und Robbins gearbeitet, unter denen er in den 1980er Jahren veröffentlichte. Robin Ray ist vor allem mit erotischen Comic-Veröffentlichungen und realistischen Zeichnungen sadomasochistischen Inhalts bekannt geworden – auch weil er in den frühen 2000ern eine eigene Ausstellung in Bologna unter dem Titel Sweat Tears & Reflections veranstaltete, die ihm international ein künstlerisches Renommee verschafft hat.

Inhaltsverzeichnis

Werk

Von Götha, der vier Jahre an einer Kunstschule Zeichnen studiert hatte, veröffentlichte in den 80er Jahren zunächst bei dem englischen Comic-Magazin Torrid. Dort traf und arbeitete er unter anderem mit Paula Meadows zusammen. Die in Torrid erschienenen Strips wurden später in den französischen Magazinen YES und Bédé Adult veröffentlicht. Einschlägig bekannt als Künstler wurde Götha mit den Werken Contes a rebour (für YES) und Crimes et delits (das letzte Werk in Nachfolge von Georges Levis). Er arbeitete auch mit Verlagen zusammen, für die er Buchillustrationen anfertigte – z. B. für den Roman Fanny Hill von John Cleland, zuletzt erschienen in der englischen The Scarlet Library (Band 1. und 2.) 2003 oder für Le Sentiment da la Famille von Pierre Louÿs, verlegt 1996 in Frankreich bei Éditions Astarté.

Internationale Verbreitung und Berühmtheit auch im deutschsprachigen Raum erreichte zuerst die von Robin Ray unter seinem jetzigen Pseudonym „Erich von Götha“ herausgekommeneJanice-Reihe (Die Leiden der jungen Janice, Album 1 bis 4; der erste Album erschien zunächst 1990 beim niederländischen Hofman Verlag unter dem Titel Janice vom Pech verfolgt), die ganz dem Werk und der Zeit des Marquis de Sade zuneigt. Der dämonische Graf Viscount Vauxhall of Nether Wallop nimmt die „Erziehung“ Janices zur Sexsklavin in die Hand, wodurch das Mädchen in einen Strudel aus Lust, Begierde, Erniedrigung und Grausamkeit gerät. Die lose auf der Philosophie im Boudoir des Marquis de Sade basierende Mischung aus Sex und Horror in Texten von Bernard Joubert setzt der Zeichner in schwelgerische Bilder um. Die faszinierende und verwirrend schöne Janice mit ihrem unterkühlten Sex-Appeal von äußerstem Raffinement teilt das Schicksal anderer Protagonistinnen in BDSM-Comics: Sie wird gefesselt wie Gwendoline von John Willie, gepeinigt und gequält wie die O oder Justine bei Guido Crepax und gefoltert wie Marie Gabrielle bei Georges Pichard.

Die Handlung der späteren wie der ganz frühen Werke ist hingegen in eine imaginäre Gegenwart versetzt. Wenige Geschichten – wie etwa Sophies unersättliche Neugier – sind ganz konkret mit einer Ort- und Zeitangabe des Geschehens versehen: die Abenteuer der rothaarigen Studentin Sophie spielen sich in London auf dem St. Hilary’s College im Jahre 1958 ab.

Das im Pariser Verlag Astarté 2007 erschienene Buch Journal de Sartine beinhaltet reichlich illustrierte Aufzeichnungen des Inspektors Antoine de Sartine, der die Aufgabe hatte, Louis XV täglich über die amourösen Begebenheiten des Vorabends zu informieren.

Auch die futuristische Trilogie Twenty (2004-2008) trifft eher den erotischen Geschmack einer breiteren Öffentlichkeit und ist nicht vordergründig für SM-Liebhaber konzipiert. Die utopische Geschichte spielt im Jahre 2018. Twenty ist 18 Jahre alt, als sie an einem Tag im August in einer Schule von Clifford erscheint, einem Institut zur speziellen Erziehung junger Frauen. Der Autor nannte sie Twenty, weil sie mit ihrer Ausbildung bis zum Anfang der zwanziger Jahre fertig sein wird; 2020 ist nach Ansicht des Autors der Beginn einer neuen Ära des Sexus. Twenty gefällt die libertäre Ausbildung und sie erweist sich schnell als eine besonders begabte Schülerin, die im Laufe der Zeit die Lehre sexueller Freizügigkeit mit großer Leidenschaft verinnerlicht. Twenty ist somit perfekt auf die sexuelle Revolution von 2019 vorbereitet, wenn die Krankheiten beseitigt werden und alle das sexuelle Vergnügen mit dem Ziel anstreben, durch Sex eine ewige Jugend voller Kraft zu erlangen. Twenty trifft Gilbert, den Mann ihres Lebens - einen Produzenten und Regisseur aus der Pornoindustrie. Sie verliebt sich in ihn, aber bevor sie eine Ehe mit ihm schleißt, muss sie eine Reihe von Tests durchlaufen. Sie wird ohne ihr Wissen gefilmt, gerät in die Hände von Männern, die perverse Ausschweifungen in einem eigens dafür gegründeten Club treiben. Twenty ist ein angesagter Pornostar und Moderatorin einer wöchentlichen Erotik-Show im Internet. Der Produzent wird jedoch ermordet, was alles kompliziert macht und ihre Cousine Sally mit dem Ehemann Tony spielen in ihrem Leben eine immer größere Rolle. Im dritten Band erscheint der Autor selbst, der eine Filmversion von „Janice“ dreht - einer Serie, an der er sechs lange Jahre gearbeitet hatte. Mit den Dialogen des alten Komplizen Bernard Joubert verbindet er die Stränge der beiden Serien und schafft damit quasi ein Epilog zu den Leiden der jungen Janice.

Trotz der Gewaltszenen und der Verdinglichung des Körpers, ist die Liebe als ein wichtiger Teil der Handlung vorhanden. Twenty liebt ihren Auserwählten innig und stellt sich Fragen nach ihrer Beziehung, nach Vermischung des Geschlechtlichen und der Promiskuität mit tiefen Gefühlen. Tatsächlich gelingt es dem Autor eine menschliche Seite der Figuren zu zeigen, was den Leser nicht zur Suche nach Pornografie veranlasst, sondern vielmehr auf die Fragen nach einer idealen, auf die Spitze getriebener Libertinage stoßen lässt.

Stil

Rays detailfreudige Comic-Bilder zeichnen sich durch einen hohen Grad an Wiedererkennbarkeit aus. Der Inhalt von Rays Werken ist durchgängig stark sadomasochistisch gefärbt und trägt eindeutig erotisch aufreizenden, bisweilen pornografischen Charakter. In seiner Comic-Kunst mischen sich auf eine hochexplosive Art und Weise Begierde, Unschuld, Dominanz, Missbrauch, Notzucht und Unterwerfung, um sich in einem Feuerwerk von expliziten, fast fortlaufenden, sexuellen Aktivitäten zu entzünden. Sein anzüglich-provokanter Stil überträgt die sinnlichen Phantasien in eine einfühlsam gezeichnete Realität aus zarten Pastellfarben, Stift, Tusche, Aquarelle und Bürste. Es entstehen dabei stimmungsvolle und zugleich sehr brisante Bilder, die etwa in einem Sexfilm so niemals möglich wären. Als Spielwiese der Phantasie eignet sich das Medium Comic ohnehin besonders gut, sich auch diesen betont interessanten Bereichen zu widmen, gerade in Formen, die in der Realität kaum möglich oder zurecht untersagt wären.

Im Mittelpunkt seiner Geschichten steht immer eine junge Frau im heiratsfähigen Alter („Janice“, „Emma McAlistair“ in Feuerblume, „Twenty“, „Sophie“), die vielfältigsten Sexualpraktiken ausgeliefert ist. Als zum Beispiel Emma McAlistair in der Geschichte Die Feuerblume dazu verurteilt wird, in einem bizarren Gefängnis für die experimentelle Behandlung straffälliger Mädchen rehabilitiert zu werden, entdeckt sie, dass die angewandten Disziplinierungsmethoden nicht die sind, die sie erwartet hatte – sie sind in der Tat entschieden pervers: Die junge Frau sieht sich einer permanenten sexuellen Herabwürdigung ausgeliefert. Während ihr Verstand von dieser Kette sexueller Skandale entsetzt ist, antwortet ihr junger, gesunder Körper auf eine verräterische Weise. Sie beginnt ihr Schicksal zu akzeptieren und alles zu genießen, was ihr im Gefängnis widerfährt.

Ein bunter Reigen aus fast rituellen Leiden, Folter und sexueller Demütigung, hemmungsloses Maßregeln ohne jegliche Tabus werden aus jeder erdenklichen Perspektive gezeigt. Auch wenn die Frauen das ihnen widerfahrende zumeist genießen, scheint dieses Element der Geschichten nicht per se handlungsleitend zu sein.

Zensur

Lange Zeit verhinderte britische Zensur das Erscheinen Rays Comics in seinem Heimatland. Die erste Auflage seiner Werke kam deshalb in den 1990er Jahren in Frankreich auf den Markt (zum Beispiel die Alben Les malheurs de Janice, Prison tres speciale, Les curiosites perverses de Sophie, Le reve de Cecile). In Frankreich sind auch deutschsprachige Fassungen der Comics entstanden und von Editions International Presse Magazine (dem Herausgeber der Comicmagazine Bédé Adult, Bédé X und Bédé X SM) verlegt worden; von dort aus läuft der Vertrieb für den deutschsprachigen Raum. Englischsprachige Ausgaben erschienen zunächst in den USA bei Last Gasp Books und erst 2006 in Großbritannien bei der Erotic Print Society. Mehrere der Werke Rays sind in Deutschland indiziert. Beispielsweise gilt Leiden der jungen Janice Nr. 4 mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger Nr. 204 vom 31. Oktober 2002 und Sophies unersättliche Neugier mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger Nr. 224 vom 30. November 2002 als indiziert.

Ausstellungen

  • 2001 Sweat, Tears & Reflections, Bologna
  • 2002 Erotic Drawings, Bologna
  • 2006 Salon de l’Art Erotique (im Rahmen von Festival de l’Erotisme de Bruxelles), Brüssel
  • 2007 Twenty Chastis’d, Rom
  • 2007 Les Larmes d’Eros, Paris

Veröffentlichungen

  • Contes a rebour (1987)
  • Crimes et delits (mit Georges Levis; 1988)
  • Duke White (mit Tony Hawkee)
  • The Sex Maniac’s Diary
  • Cecils Traum (Dream of Cecilia; 2003)
  • Feuerblume (A very special Prison; 1991)
  • Twenty 1–2 (Szenario von Paula Meadows; 2004–2004)
  • Die Leiden der jungen Janice 1–4 (The Troubles of Janice; mit Bernard Joubert; 1990–1996; Vorveröffentlichung der 1. Episode 1987 in Bédé Adult)
  • Sophies unersättliche Neugier (The Insatiable Curiousity of Sophie bzw. The Education of Sophie; 2002)
  • Le Sentiment de La Famille (Buchillustrationen)
  • Fanny Hill – Memoirs of a Woman of Pleasure (Buchillustrationen)
  • Janice unveiled (Kunstbuch; mit Bernard Joubert)
  • Sweat Tears & Reflections (Ausstellungskatalog, Kunstbuch 2001)
  • Journal de Sartine (2007)
  • Twenty 3 (2008)

Literatur

  • Henri Filippini: Encyclopédie de la bande dessinée érotique. La Musardine Eds., Paris 2006, ISBN 284271265X
  • Aline Kominsky Crumb; Tim Pilcher: La BD érotique: Histoire en images. Volume 1. Edition Tabou 2008, ISBN 2915635501

Weblinks


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