Erneuerbarer Rohstoff

Erneuerbarer Rohstoff
Wald als wichtigste Quelle nachwachsender Rohstoffe in Deutschland

Nachwachsende Rohstoffe (abgekürzt NaWaRo) sind organische Rohstoffe, die aus land- und forstwirtschaftlicher Produktion stammen und vom Menschen zielgerichtet für weiterführende Anwendungszwecke außerhalb des Nahrungs- und Futterbereiches verwendet werden.[1]

Die Hauptanwendungen liegen heute vor allem in der Verwendung Rohstoffe pflanzlicher Herkunft sowie biogener Abfallprodukte. Diese werden in den Bereichen der energetischen Nutzung als Kraft- und Brennstoff sowie in der stofflichen Nutzung zur Herstellung von technischen Ölen, Textilien, Faserstoffen, Kunststoffen und vielen chemischen Grundstoffen eingesetzt. Sie beinhalten technologisch eine Synthesevorleistung der Natur, die sehr breit genutzt werden kann.

Historisch hatten Rohstoffe tierischer und pflanzlicher Herkunft bereits lange vor der Begriffsschöpfung eine essentielle Rolle beim Aufbau der pharmazeutischen und chemischen Industrien und der Energiewirtschaft. Der Begriff „nachwachsender Rohstoff“ selbst wurde in den Jahren 1973/74 bzw. 1979/81 im deutschsprachigen Raum etabliert,[2]. Der verwandte Terminus Nachhaltigkeit wie auch das Streben nach Autarkie durch technische Synthesen und die Verwendung lokal verfügbarer (natürlicher) Rohstoffe spielte aber bereits in der (nicht nur jüngeren) deutschen Technikgeschichte eine wichtige Rolle. Autarkie durch den Ersatz von importierten Roshstoffen durch heimische, insbesondere pflanzliche Rohstoffe war ein zentrales Thema der nationalsozialistischen Forschungspolitik. International ist renewable ressource gebräuchlicher als die wörtliche Entsprechung renewable raw material.

Aufgrund hoher Ölpreise und Befürchtungen bezüglich eines Globalen Ölfördermaximums ("Peak Oil") und einer kommenden Klimakatastrophe wurden und werden teilweise große Hoffnungen in Biokraftstoffe gesetzt. Mögliche Verknappungen der fossilen Energieträger und Chemiegrundstoffe machen eine zunehmende Verwendung nachwachsender Rohstoffe unter dem Stichwort Rohstoffwende zur Schaffung einer größeren Rohstoffdiversifizierung und Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen plausibel. Biokraftstoffe und Wärmegewinnung mittels Kraftstoffen und Energieträgern aus nachwachsenden Rohstoffen und Abfallprodukten der Land- und Forstwirtschaft sollen Impulse zur Revitalisierung des ländlichen Raumes sowie zu neuen Technologien in Motorbau und Energietechnik geben.

Die parallel dazu weltweit steigenden Ansprüche an Qualität und Menge der Nahrungsmittel und laufende Preiserhöhungen weisen der Land- und Forstwirtschaft insgesamt eine wichtigere Rolle zu. Der Anteil unterschiedlicher nachwachsender Rohstoffe ist im Wandel begriffen und wird intensiv debattiert, auch die konkurrierende Rolle zum Nahrungsmittelanbau wird kritisch betrachtet.

Inhaltsverzeichnis

Verwendung nachwachsender Rohstoffe

Holz

Verschiedene Holzwerkstoffe und Bretter

Der wichtigste und am häufigsten genutzte nachwachsende Rohstoff ist Holz. Holz ist seit der Vorzeit als Rohstoff des Menschen nachweisbar und bis heute auch in Industrieländern einer der wichtigsten und vielseitigsten Rohstoffe. So macht in Deutschland Wald etwa ein Drittel der Landesfläche aus, im gesamten Wirtschaftsbereich Holz sind laut dem Interessenverband der Waldbesitzer, der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) mehr als eine Million Beschäftigte mit einem jährlichen Umsatz von mehr als 100 Milliarden Euro zu finden. Weitere nachwachsende Rohstoffe wurden in Deutschland 2006 auf etwa 13 Prozent der Ackerfläche (d.h. kaum 5% der Landesfläche) bzw. auf 1,562 Millionen Hektar angebaut[3].

Es wird sowohl stofflich genutzt, für Bauholz und Möbel, für Holzwerkstoffe und für die Zellstoff- und Papierindustrie, als auch energetisch als Brennstoff.

Holzähnliche Werkstoffe wie Bambus, Reet und Stroh finden Verwendung zur Dachdeckung. Aus Rattan, Peddigrohr und Weidenruten werden Korbwaren und Möbel hergestellt.

Naturfasern

Baumwolle (Gossypium spec.)
Nutzhanffeld in Frankreich

Naturfasern stellen eine weitere Gruppe der nachwachsenden Rohstoffe dar. Sie werden ausschließlich stofflich genutzt und fallen erst nach dieser Grundverwendung als Reststoff für die Verbrennung an. Der Grund hierfür ist die aufwändige Bearbeitung, die zur Gewinnung von Naturfasern aus Rohstoffpflanzen, den so genannten Faserpflanzen, notwendig ist. Der wichtigste Faserrohstoff weltweit ist die Baumwolle, die vor allem in tropischen und subtropischen Gebieten angebaut wird. Baumwolle wird vor allem zur Herstellung von Kleidung sowie für andere Textilien verwendet, weitere Anteile werden zur Herstellung von Vliesen oder Garnen genutzt. Ein ähnliches Verwendungsspektrum hat auch die Wolle, die zum größten Teil durch die Schur von Schafen aber auch von anderen Haustieren wie Lamas, Alpakas oder Angorakaninchen gewonnen wird. Einen weiteren Faserwerkstoff tierischen Ursprungs stellt die Seide dar, die ebenfalls für Textilien verwendet wird.

Weitere wichtige Fasern, die als Rohstoffe genutzt werden, sind Bastfasern verschiedener Faserpflanzen. Dabei spielen in Gebieten mit gemäßigtem Klima vor allem der Gemeine Lein (Flachsfaser) und Nutzhanf (Hanffaser) eine große Rolle. Hanf- und Flachsfasern können ebenso wie Baumwolle zur Herstellung von Bekleidungstextilien genutzt werden, diese Verwendung stellt für Flachs-Lang- und Kurzfasern aktuell auch die Hauptverwendung dar. Flachskurzfasern werden außerdem mit einem signifikanten Anteil zur Herstellung von Spezialpapieren und für Verbundwerkstoffe (Naturfaserverstärkte Kunststoffe) genutzt. Den Hauptproduktionsbereich für Hanffasern stellen Spezialpapiere, darunter zu einem signifikanten Anteil Zigarettenpapier, dar. Weitere Anwendungen sind die Produktion von Dämmstoffen und Verbundwerkstoffen.

Tropische Fasern wie etwa Jute, Abacá, Kokosfasern, Kopra, Sisal, Kenaf finden je nach Faserqualität in ähnlichen Produkten Verwendung, wobei bsp. Abacá aufgrund seiner Wasserbeständigkeit auch für Seile und Taue auf Schiffen oder für Teebeutel verwendet werden kann. Auch Bambus- und Holzfasern werden in Verbundwerkstoffen genutzt.

Pflanzenöle

Raps als Energiepflanze

Pflanzenöle stellen bereits heute einen wichtigen Rohstoff für die chemische Industrie dar. Dabei wird der größte Teil der Öle heute für die Produktion von Biokraftstoffe verwendet, die als Pflanzenöl-Kraftstoff oder Biodiesel verwendet werden. Weltweit stellt Biodiesel den am häufigsten verwendeten Biokraftstoff dar, wobei regional, vor allem in Brasilien, Bioethanol auf der Basis von Zuckerrohr oder Maisstärke überwiegen kann. Biodiesel wird in Europa vor allem aus Rapsöl hergestellt, international werden vor allem Palm- und Sojaöl verwendet. Der Anbau von Pflanzen, aus denen sich Kraftstoffe gewinnen lassen – etwa Raps oder Sonnenblumen – erfolgt in der Europäischen Union häufig auf den bis 2007 subventionierten Stilllegungsflächen und stellte damit für landwirtschaftliche Betriebe einen starken finanziellen Anreiz ohne direkte Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion dar.

Öle dienen jedoch auch als Rohstoff für eine große Palette unterschiedlicher Produkte der Oleochemie. Dabei werden vor allem Kokos- und Palmöl für die Herstellung von Tensiden genutzt, die in der Waschmittelindustrie, aber auch im Bereich der Kosmetika und Pharmaprodukte Verwendung finden. Für Farben, Druckfarben und Lacke werden Pflanzenöle vor allem als Additive und Bindemittel verwendet. Ein bereits historisch bedeutsamer Anwendungsbereich, der seit dem 19. Jahrhundert vom Erdöl eingenommen wurde, stellen Biogene Schmierstoffe dar, zu denen etwa Hydraulik-, Motor-, Sägeketten-, Schal- und Metallbearbeitungsöle gehören. Weitere Produkte aus Pflanzenölen stellen das Linoleum als Bodenbelag. Faktis als Kautschukadditiv sowie Weichmacher für Kunststoffe dar. Mit moderner Technologien ist es zudem heute möglich, Polyole für die Herstellung von Polyurethan und Polyester auf der Basis von Pflanzenölen zu produzieren.

Zucker und Stärke

Geerntetes Zuckerrohr

Während Zucker international vor allem aus Zuckerrohr und in gemäßigten Klimazonen aus der Zuckerrübe gewonnen wird, kommen für Stärke verschiedene Getreidepflanzen und Feldfrüchte in Frage. Dabei handelt es sich vor allem um Kartoffeln, Weizen, Triticale, Mais, Maniok und Reis. Da Stärke ein Polysaccharid aus Zuckermonomeren ist, können für viele Verwendungen Zucker und Stärke genutzt werden.

Der größte Teil der technischen Stärke wird für die Papierindustrie als Papierstärke eingesetzt. Als chemischer Grundstoff der Industrie wird Stärke für eine Reihe von Anwendungen genutzt, darunter die Herstellung von Wasch- und Reinigungsmittel, Organische Säuren, Pharmaka und Kosmetika. Außerdem ist Stärke als Grundlage für die Herstellung von Biokunststoffen in Form von Thermoplastischer Stärke und als Basis für die Produktion von Polylactid (PLA) und Polyhydroxybuttersäure (PHB) relevant. Zucker wird in einem ähnlichen Spektrum genutzt, hier kommt noch die Verwendung in der Bauchemie als Abbindeverzögerer und Einschalungsmittel zum Tragen.

Eine der wichtigsten Anwendungen von Zucker stellt die Produktion von Bioethanol dar, das neben Biodiesel und Pflanzenöl-Kraftstoff den wichtigsten Biokraftstoff darstellt. Die Bioethanolproduktion erfolgt dabei vor allem in Brasilien und den Vereinigten Staaten aus Zuckerrohr. In der Zuckerindustrie in Brasilien wird fast die Hälfte des geernteten Zuckerrohrs zu Bioethanol verarbeitet. Viele Zuckerfabriken in Brasilien erzeugen sowohl Zucker als auch Alkohol. Heute wird in vielen Ländern verpflichtend ein Anteil von Bioethanol zum Antrieb motorisierter Fahrzeuge mit Biokraftstoffen verwendet. Der 2007 angestiegene Getreidepreis führte allerdings dazu, dass die Ethanolfabrik Zörbig nicht mehr produziert.[5]

Eine vor allem perspektivisch bedeutsame Verwendung nachwachsender Rohstoffe stellen Grundstoffe der Industriellen Biotechnologie dar, bei der vor allem Zucker als Rohstoffe für fermentative und biokatalytische Prozesse dienen. Auf diese Weise werden heute bereits Bioethanol, verschiedene Grundstoffe für die Produktion von pharmazeutischen Produkten hergestellt.

Pharmakologische und chemische Grundstoffe

Opiumernte 2007
Latexgewinnung 1984

Aus einigen Pflanzen und Tieren können besondere Inhaltsstoffe und Materialien mit besonderen Eigenschaften gewonnen werden. Zu diesen Stoffen gehören vor allem Kautschuk, Harze und Wachse, Gerbstoffe, verschiedene Farbstoffe und Rohstoffe für die pharmazeutische Industrie. Auch Genussmittel und Drogen werden dieser Gruppe zugeschlagen.

Kautschuk stellt ein natürliches Elastomer dar, das vor allem im Milchsaft des südamerikanischen Kautschukbaumes (Hevea brasiliensis) vorkommt und ökonomisch relevant genutzt wird. Weitere Kautschukpflanzen sind Guayule (Parthenium argentatum), der Guttaperchabaum (Palaquium gutta, Guttapercha), der Balatabaum (Manilkara bidentata, Balata) und der Breiapfelbaum (Manilkara zapota, Chicle). Auch der Milchsatz der Löwenzahn-Arten enthält in relevanten Mengen Kautschukanteile, die allerdings bislang noch nicht technisch genutzt werden.

Färberpflanzen liefern Farbstoffe in verwertbaren Anteilen, die extrahiert und genutzt werden können. Bevor es im 19. Jahrhundert gelang, Farbstoffe synthetisch herzustellen, spielten pflanzliche Farbstoffe eine wichtige Rolle beim Färben von Geweben. Im Mittelalter begann man in Europa, Färberpflanzen auf Feldern anzubauen. Die wichtigsten Pflanzen waren dabei Färberwaid für Blau, Färberkrapp für Rot und Färberresede für Gelb. Beim Färben wird das textile Material durch Aufbringen von Farbmitteln in Färbe- oder Druckprozessen koloriert (gefärbt). Vor allem Indigo aus der indischen Indigopflanze wurde bis in das späte 20. Jahrhundert industriell genutzt, um Jeans zu färben. In der Malerei wurden vor allem Farblacke verwendet, bei denen der Pflanzenfarbstoff auf ein Substrat wie Kreide oder Bleiweiß aufgezogen wurde, um anschließend wie ein Pigment vermalt werden zu können. Pflanzenfarben können aber auch ohne Substrat lasurartig aufgetragen werden.

Anfang des 21. Jahrhunderts haben die saponinhaltigen indischen Waschnüsse eine regelrechte Modewelle ausgelöst. Sie gelten im Herkunftsland eher als Notbehelf anstelle chemischer Waschmittel während sie in Europa wegen eines als angenehm empfundenen Weichspülereffekts und als modisches Bioprodukt sich wachsender Beliebtheit erfreuen. In Indien wurden sie aufgrund der hohen europäischen Nachfrage deutlich knapper und teurer. Waschnüsse erfüllen nicht die Umweltanforderungen bezüglich der biologischen Abbaubarkeit und sind laut der deutsch-indischen Auslandshandelskammer auch vom Waschergebnis her nicht mit konventionellen Bleich- und Waschmitteln vergleichbar.

Aus Arzneipflanzen können eine Reihe von Pflanzenwirkstoffen gewonnen werden die erst teilweise wirtschaftlich zu synthetisieren sind. Daher wird eine Vielzahl von Arzneipflanzen angebaut und genutzt, um deren Inhaltsstoffe für Medikamente und Drogen nutzen zu können. Genussmittel wie Tabak, Hopfen oder illegale Drogen wie Cannabis, Koka und Opium werden in den Anbauländern oft auch gegen erhebliche Widerstände und staatliche Verbote produziert. Da sie zu den ertragreichsten Cash-Crops gehören, stößt eine Umstellung auf klassische Landwirtschaft auf erhebliche Widerstände. Die zugehörigen Nutzpflanzen Hanf und Mohn sind dabei auch Beispiele für breitere Nutzmöglichkeiten für Fasern, Fette und Pharmazeutik.

Rohstoffe tierischer Herkunft

Leder und moderne Lederbearbeitung
Bienenwachs

In der öffentlichen Wahrnehmung spielen nachwachsende Rohstoffe pflanzlicher Herkunft und biogene Abfallprodukte die vorherrschende Rolle. Nachwachsende Rohstoffe tierischer Herkunft werden demgegenüber etwas vernachlässigt, sind aber historisch wie aktuell wichtig[6].

Aus tierischer Herkunft kommen unter anderem Purpur, bis heute das teuerste Pigment und der Karminfarbstoff. In der Antike wurde Purpur aus großen Mengen von Purpurschnecken gewonnen und war nur den höchsten Würdenträgern vorbehalten. Ganze Klassen von Wirkstoffen auch tierischer Herkunft entstammen den Giften von Schlangen, Bienen und Fröschen. Insuline und Hormone wie Östrogen waren vor deren gentechnischen Herstellung nur aus tierischen Quellen zu gewinnen.

Die Verarbeitung tierischer Rohstoffe aus dem vom 18.- bis beginnendem 20. Jahrhundert sehr bedeutenden kommerziellen Walfang, wie Fischbein, Ambra, Walrat und Tran wurden im 19. Jahrhundert die Grundlage der heutigen petrochemischen Industrie. Historisch wichtig war auch die Verwendung von Tierdarm und Tierhaaren für Waffen, Mess- und Musikinstrumente. Andere früher ebenfalls wichtige Handelsgüter wie Elfenbein, Purpur, Karmin, Fischleder, Bienenwachs, Bindemittel und Horn sind heute gegenüber ölbasierten Rohstoffen etwas in den Hintergrund getreten.

Die wichtigsten Rohstoffe tierischen Ursprungs sind tierische Fette, Öle, Wachse und Bindemittel, Leder, Felle verschiedener Pelztierarten und tierische Fasern wie Wolle, Seide und Borsten. Gülle und Mist werden weltweit als Düngemittel genutzt, Guano stellt dabei einen Grenzfall zu den mineralischen Rohstoffen dar.

Im Rahmen der Tierkörperverwertung hergestellte Tiermehle und Knochenschrote werden nicht mehr an Wiederkäuer verfüttert sondern häufig verbrannt. Die früher essentielle Herstellung von Knochenleimen ist heute Nischenanwendungen vorbehalten. Talg hingegen wird nach wie vor als Chemiegrundstoff in der Organischen Chemie und Industrie, um Biogene Schmierstoffe, Tenside, Fette für Kosmetikartikel, Reinigungsmittel und Seifen herzustellen.

Federn, die in großen Mengen bei der Geflügelverarbeitung anfallen, werden vor allem als Füllmaterialien für Kissen und Decken genutzt - zukünftig könnten sie zudem als Keratinquelle zur Herstellung von Biokunststoffen verwendet werden. Auch Chitinpanzer von Krebsen, die als Abfallprodukt in der Krustentierverarbeitung anfallen, können als Chitosan für die Biokunststoffproduktion gebraucht werden.

Aus menschlichen Quellen ist heutzutage, neben der medizinischen Verwendung und Weiterverarbeitung etwa von Blut und Blutprodukten, Menschenhaar für Perücken oder modische Haarverlängerungen von einem gewissem wirtschaftlichem Interesse.

Nutzung von Biomasse und biogenen Abfallprodukten

Biogasanlage

Einen Schwerpunkt der aktuellen Entwicklungen zur effektiven Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen vor allem im Energiebereich stellen Bestrebungen dar, Abfallstoffe aus der Landwirtschaft und Biomasse generell in nutzbare Energieträger wie Heizmaterial Hackschnitzel, Biogas und BtL-Kraftstoff umzuwandeln und so Synergieeffekte zwischen notwendiger Energieversorgung und Abfallentsorgung zu ermöglichen.

Nachwachsende Rohstoffe als Konkurrenz zum Erdöl

Erdöl hat erst vor historisch kurzer Zeit nachwachsende Rohstoffe insbesondere aus dem Walfang abgelöst. Die im 18. und 19. Jahrhundert essentiellen Walprodukte wurden nach Start der industriellen Erdölförderung Mitte des 19. Jahrhunderts erst langsam durch erdölbasierte Chemiegrundstoffe, Brennmittel, Treibstoffe, Schmiermittel und Kunststoffe abgelöst. Noch im 1. Weltkrieg waren Glyzerine aus Walöl ein wichtiger Rohstoff der Sprengstoffherstellung, bis 1967 war Walrat im deutschen Arzneibuch enthalten. Der verbleibende derzeitige Walfang dient allerdings mehr der Nahrungsmittelproduktion bzw. wissenschaftlichen Zwecken als der Rohstoffgewinnung und wäre weder preislich noch vom Umfang her in der Lage, Erdöl nennenswert zu substituieren.

Historischer Trankocher in Ilulissat, Grönland

Beim Ersatz von Erdöl durch Biokraftstoff kommt es zu Abwägungskonflikten etwa zwischen Klima-, Wasser- und Bodenschutz und Biodiversität wie auch zu Flächenkonkurrenzen zwischen Energiepflanzenanbau und Nahrungsmittelproduktion. Die Brisanz wie auch mögliche Lösungen solcher Konflikte sind weniger den verwendeten Pflanzenarten als insbesondere lokalen Organisationsformen, Eigentumsverhältnissen wie auch der Effizienz lokaler wirtschaftlicher und politischer Strukturen geschuldet. Ein in der EU gewählter möglicher Ausweg ist die Beschränkung der Biospritherstellung auf bislang extensiv genutzte Bereiche. Allerdings waren die erlaubten Anbauflächen für rohstoffliefernde Pflanzen aufgrund des Blair-House-Abkommens bis einschließlich zur Ernte 2001 beschränkt.

Die Biospritindustrie in Deutschland ist nach wie vor auf Subventionen angewiesen. Sie steht angesichts geplanter Verringerungen des Bioanteils bei Treibstoffen vor dem Aus[7] [8].


Interessen und Industrieverbände

Es gibt Interessenverbände, die sich für eine stärkere Nutzung erneuerbarer Rohstoffe verschiedener Art und zu verschiedenen Zwecken einsetzen. Die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Waldbesitzerverbände und der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR) setzen sich vor allem für die stoffliche, aber auch für die energetische Nutzung von Waldholz ein. Der Bundesverband BioEnergie e.V. (BBE) engagiert sich für die Nutzung von Nawaros als Energieträger. Auch der Vorsitzende des Interessenverbandes Eurosolar Hermann Scheer und der Buchautor Franz Alt gehört seit längerem tern der energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Alt behauptet, nachwachsenden Rohstoffe wären in der Lage, Rohstoffkonflikte und kriegerische Auseinandersetzungen künftig zu vermeiden. Diese These wird angesichts der historischen Erfahrungen etwa mit Baumwolle und Naturlatexkautschuk in Zweifel gezogen.

In Österreich betreibt die Umweltschutzorganisation Global 2000 eine Kampagne zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe. In Bayern ist hier unter anderen der C.A.R.M.E.N. aktiv. Als staatlicher Projektträger auf Bundesebene beim Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) eingerichtet worden um bundesweit Forschung, Entwicklung und Markteinführung im Bereich Nachwachsende Rohstoffe zu unterstützen. Ein weitere Schwerpunkt der FNR ist außerdem das umfassende Beratungs- und Informationsangebot in den Bereichen nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie. Auf Länderebene sind Ansprechpartner bei den jeweiligen Forst bzw. Landwirtschaftsministerien, den Direktionen für ländliche Entwicklung sowie teilweise bei den lokalen Industrie und Handwerkskammern zu finden.

Wandel der historischen Rolle

Die Rolle nachwachsender Rohstoffe ist auch Moden und individuellen Präferenzen unterworfen. Sie stehen untereinander in Konkurrenz wie sie anderweitig substituiert werden können und wurden. Schwankungen unterworfen ist auch ihr Verhältnis zum Anbau von Nahrungsmitteln wie auch die lokale Verfügbarkeit. Zudem war auch in historischer Zeit der Anteil der Ackerfläche im Verhältnis zu Grünland, Brache und Forsten einem stetigen Wandel [9] unterworfen. 1925 [9] war der Anteil von Nutztierfutterpflanzen wie Hafer, Futterhackfrüchten und Klee in Deutschland noch über 30%, während er 2000 unter 5% liegt. Damit war ein hoher Anteil für Futterpflanzen für Nutz- und Zugtiere notwendig.

Walfangprodukte: Dominospiel aus Walbein

Vor der breiten Verwendung von fossilen Rohstoffen waren international gehandelte organische Rohstoffe wesentliche globale Grundlagen der Energieversorgung wie auch als für Werk- und Kunststoffe, Düngemittel, Öle, Fette, Schreibmaterialien, Fasern und Textilien, Harze, Drogen und Arzneimitteln, Färbe- und Verbrauchsstoffe und den zugehörigen Industrien und Handwerkszweigen. Kosmetisch-therapeutische Waren wie Weihrauch oder Rosenöl sowie Bekleidungswaren wie Seide und Pelze sind seit der Antike Handelswaren von hoher Bedeutung und Wert. In der Industrialisierung gewannen Stoffe wie Guano als effektiver Dünger, die Öle des Walfangs für Beleuchtung und Kautschuk enorme globale Bedeutung.

Im 19. und im beginnenden Jahrhundert wurden eine Vielzahl von nachwachsenden Rohstoffen durch chemisch hergestellte Produkte ersetzt. So hatten englische Handelsgesellschaften ein Monopol auf den Farbstoff Indigo, welches im britischen Kolonialreich an vielen verschiedenen Orten angebaut wurde. Zwischen 1880 und 1910 verdrängte synthetisch hergestellter Indigo, der nur an zwei Produktionsstätten in Deutschland hergestellt wurde, das Naturprodukt Indigo fast vollständig. Dieser hatte seinerseits einige Jahrhunderte zuvor den Färberwaid verdrängt. Der synthetische Indigo stellte eine Anbaufläche von 650.000 Hektar allein im britischen Indien frei. Mit dieser Produktionssteigerung war auch ein deutlicher Preisverfall verbunden, ohne den der früher nur einer reichen Elite zugängliche blaue Farbstoff bis 1920 nicht die Blue Jeans weltweit populär hätte machen können [10].

Autarkiebestrebungen und frühe Forschungsgeschichte in Deutschland

Während die Forschung zur Pflanzenzucht vor 1918 insbesondere auf wirtschaftlich nutzbare Pflanzenarten in den deutschen Kolonien ausgerichtet war, verschob sich nach dem Ersten Weltkrieg der Schwerpunkt auf heimische Nutzpflanzen und eine agrarische Selbstversorgung Deutschlands. Ein Vorreiter war Erwin Baur, der bereits 1914 als Leiter des Instituts für Vererbungswissenschaft in Berlin systematisch genetische Erkenntnisse für landwirtschaftliche Zwecke genutzt hatte[11]. Baur, ursprünglich Arzt [12] forderte in der Weimarer Zeit öffentlich eine Autarkie von ausländischen Rohstoffen und begrüßte die Machtübernahme der Nationalsozialisten[13]. Bekannt wurde er unter anderem mit der Züchtung der bitterstoffreduzierten Süßlupinen, in die große Hoffnungen als Soja des Nordens gesetzt wurden. Nach Baurs Tod 1933 wurde Züchtungsforschung im Sinne der NS-Autarkiebestrebungen mit umfangreichen Fördermitteln unterstützt.

Konrad Meyer, Agrarwissenschaftler, SS-Oberführer, Autor des Generalplan Ost und Begründer des Fachs Raumplanung in Deutschland bestimmte zwischen 1933 und 1945 als Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft maßgebend die agrarwissenschaftlichen Studiengänge wie die Organisation der Landbau-Forschung in Deutschland. Meyer gelang es, fast ein Drittel der Forschungsmittel des Reichsforschungsrats im Bereich Landwissenschaft und Allgemeine Biologie zu konzentrieren[13]. Im Reichsnährstand wie im Vierjahresplan wurde die Schließung der Eiweiß, Öl- und Faserlücke als strategische Herausforderung angesehen, was unter anderem vergebliche Forschungsprojekte für winterharte Oliven und Sojabohnenanbau in Deutschland hervorbrachte[13]. Erfolgreicher war man im Bereich Raps, Lein, Nutzhanf, Rübsen und eiweißhaltigen Futterpflanzen, insbesondere Leguminosen[13]. Im Kriegsverlauf griffen Forscher aus Deutschland auf Ressourcen, Sammlungen und Ergebnisse der Forschung in den besetzten Gebieten zurück[14].

Ein zentrales, von Heinrich Himmler persönlich vorangetriebenes Forschungsprojekt war die versuchte Herstellung von Kautschuk aus Kautschuklöwenzahn (Taraxacum bicorne). Nachdem 1942 die SS Saatgut der Pflanze in der Sowjetunion erbeutet hatte, wurden unter der Leitung von Joachim Caesar Versuche auf einem Landwirtschaftsbetrieb und Nebenlager des Konzentrationslager Auschwitz durchgeführt. Das zugehörige Kommando Pflanzenzucht umfasste noch Anfangs 1945 über 150 weibliche Häftlinge, die aus dem KZ Ravensbrück überstellt worden waren[13], zusätzlich waren russische Wissenschaftler dort interniert.

Literatur

  • Julius Wiesner, Die Rohstoffe des Pflanzenreichs. hrsg. von Constantin von Regel. 5. Aufl., Weinheim, J. Cramer, 1962
  • Klaus Zuschke: Positive Gülle-und Abfallumwandlung als regenerative Energieressource; April 1990
  • Produktvielfalt durch Ressourcenvielfalt - Potenziale genetischer Ressourcen - Tagungsband eines Symposiums vom 24.-25. September 2003 im Gustav-Stresemann-Institut in Bonn, Hrsg. F. Begemann, S. Schröder, ISSN 0948-8332,ZADI Bonn, 2004
  • Fritsche, U. R., K. Hüneke und K. Wiegmann, Kriterien zur Bewertung des Pflanzenanbaus zur Gewinnung von Biokraftstoffen in Entwicklungsländern unter ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Öko-Institut e. V., Darmstadt. 2004
  • Sonja Maria Simon, Szenarien nachhaltiger Bioenergiepotenziale bis 2030 – Modellierung für Deutschland, Polen, Tschechien und Ungarn, Diss. TU München 2006
  • Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Biomasseproduktion - der große Nutzungswandel in Natur und Landschaft, Tagungsdokumentation, Bonn 2007

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Definition nach Markus Kaup: Entwicklungs- und Erfolgsfaktoren für Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen in Deutschland und der EU im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie. Kölner Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeographie Band 52, Wirtschafts- und Sozialgeographisches Institut der Universität Köln 2002.
  2. Markus Kaup: Entwicklungs- und Erfolgsfaktoren für Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen in Deutschland und der EU im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie. Kölner Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeographie Band 52, Wirtschafts- und Sozialgeographisches Institut der Universität Köln 2002.
  3. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V., Pressemitteilung vom 5. September 2006
  4. Im Jahr 2005: 37,2 %; Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (Hrsg.): Daten und Fakten zu nachwachsenden Rohstoffen. Gülzow 2006; Seite 57 (PDF-Download)
  5. www.maerkischeallgemeine.de: Verbio produziert nur noch in Schwedt Biosprit Hersteller
  6. [1] Nachwachsende Rohstoffe tierischen Ursprungs. Von Dr. Michael Grunert. In Fachmaterial, Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft Februar 2005
  7. [2] NGZ-Interview mit Bio Ester-Chef Biodiesel in der Krise, NGZ 02.03.2009
  8. [3] Bundestag will Erdölquote an der Zapfsäule erhöhen / BEE und VDB warnen vor Aus für Biokraftstoffbranche Entgegen aller Bestrebungen zu mehr Klimaschutz und zur Verringerung der Abhängigkeit von knapper werdendem Erdöl will der Bundestag morgen eine Absenkung der Biokraftstoffquote beschließen. Pressemitteilung des VDB vom 26.3.2009
  9. a b http://www.genres.de/infos/pdfs/bd23/23-04.pdf Vielfalt im Wandel der Zeit - Historischer Überblick und Status Quo, Hans-Peter Piorr und Kerstin Lehmann, FH Eberswalde
  10. Engel, Alexander, Produktionssysteme im Wettstreit. Wissensorganisation im Kampf um den Weltmarkt für Indigo, 1880-1910, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 50, Heft 1, 2005, S. 83-104.
  11. Das heutige Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln arbeitet in direkter Nachfolge eines von Baur 1928 initiierten Instituts
  12. unter anderem war Baur Assistenzarzt in der Landesirrenanstalt (heute Zentrum für Psychiatrie) in Emmendingen und Mitherausgeber der Zeitschriften Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie und Volk und Rasse
  13. a b c d e Autarkie und Ostexpansion: Pflanzenzucht und Agrarforschung im Nationalsozialismus, Susanne Heim, Wallstein Verlag, 2002, ISBN 389244496X
  14. Michael Flitner, Sammler, Räuber und Gelehrte. Die politischen Interessen an pflanzengenetischen Ressourcen 1895-1995, Frankfurt/Main 1995

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