Ernst Haeussermann

Ernst Haeussermann

Ernst (Heinz) Haeusserman (* 3. Juni 1916 in Leipzig; † 11. Juni 1984 in Wien), Sohn des Burgschauspielers Reinhold Häussermann (1884–1947),[1] war ein österreichischer Theaterdirektor, Regisseur, Schriftsteller und Filmproduzent.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Ernst Häussermann studierte unter dieser Schreibung seines Namens an der damaligen „Staatsakademie“ für Musik und darstellende Kunst in Wien und wurde anschließend ans Wiener Burgtheater engagiert.[2]Der beliebte jugendliche Schauspieler, der auch bereits mit seinem Vater im Film Ein Stern fällt vom Himmel (1934)[3] gespielt hatte, emigrierte 1939 in die USA, wo er Johanna "Hansi" Lothar (1918-1945) heiratete, die mit ihrem "nichtarischen" Vater Ernst Lothar aus dessen erster Ehe über die Stationen Schweiz und Paris bereits 1938 geflüchtet war[4] und als Privatsekretärin Max Reinhardts arbeitete.[5] Als „Ernst Haeusserman“ oder sogar „Ernst Hausman“[6] wirkte er in einem Dutzend Filmen[6] in Rollen mit, die meist so klein waren, dass sein Name gar nicht erwähnt wurde.[6] Bedeutungsvoller jedoch war, dass er als Regieassistent bei Max Reinhardt arbeiten und Regiearbeit lernen konnte.

Nach seiner Rückkehr nach Österreich als amerikanischer Staatsbürger [7]war der Kulturoffizier [2] der US-Besatzungsmacht zunächst Programmdirektor des Senders Rot-Weiß-Rot in Salzburg und von 1948 bis 1953 als Leiter der Film-, Theater-und Musikabteilung der US-Botschaft in Wien tätig, [7], wo ihm das amerikanisch geführte Kosmos-Theater ebenso unterstand wie das US-Wandertheater.[8]Im Laufe seiner weiteren Karriere war er Direktor von Österreichs bekanntesten Theatern: von 1954 bis 1958 zusammen mit Franz Stoß am Theater in der Josefstadt in Wien, von 1959 bis 1968 am Burgtheater in Wien - "als Direktor des Burgtheaters 1959-68 pflegte er vor allem das klassische Theater und insbesondere Johann Nestroy, Franz Grillparzer, Arthur Schnitzler und Hugo von Hofmannsthal" [2] - und ab 1977 bis zu seinem Tod 1984 wieder - diesmal allein - am Theater in der Josefstadt und den angeschlossenen Kammerspielen sowie dem Kleinen Theater im Konzerthaus. Während dieser ungemein produktiven Jahre gelangten unter Haeussermans Leitung 533 Stücke von 295 Autoren[9] zur Aufführung. Mit ihm als Theaterchef, so Rolf Hochhuth, ging eine Ära zu Ende, als er „der Letzte seiner Generation überhaupt, nicht nur in Österreich“ war, „der noch jenen Dichtern die Treue hielt ..., die mit Max Reinhardt, Haeussermanns entscheidendem Lehrherrn ..., einst die Bretter betreten hatten“.[9]

Haeusserman war aber auch ab 1961 Direktoriumsmitglied der Salzburger Festspiele(Direktor der Theatersektion[10] ), ab 1965 Professor an der Hochschule - jetzt Universität - für Musik und darstellende Kunst in Wien, leitete ab 1975 zusammen mit Marcel Prawy das Institut für kulturelles Management und führte Regie bei einer Reihe von (TV-)Filmen.[6] Beliebter Treffpunkt sowohl in Wien als auch in Salzburg war sein Stammtisch, an dem sich nicht nur Theaterleute trafen.[10] Während seiner Burgtheaterdirektion studierte der Hochschulprofessor als reifer Werkstudent an der Universität Wien Theaterwissenschaften und promovierte 1966 beim längst gründlich “entnazifizierten” Heinz Kindermann mit einer Dissertation über Max Reinhardts Theaterarbeit in Amerika. [11]Zwei Jahre danach erschien von dem früheren Emigranten überdies eine kleine Biografie über Herbert von Karajan (angeblich mit einem faktischen Irrtum bezüglich dessen Großvaters[12]).

Haeusserman hat außer seiner Pflege der Klassiker sowie der österreichischen Dramatiker der Vergangenheit sich auch durchaus um zeitgenössische Dramatiker gekümmert, so verdankt etwa Felix Mitterers Veränderungen (1979) ihm die Entstehung,[13] er war andererseits aber zusammen mit Hans Weigel und Friedrich Torberg auch für den Boycott Bert Brechts verantwortlich, der von 1956 bis 1963 auf Wiener Bühnen nicht gespielt werden durfte.[14] Er war in zweiter Ehe verheiratet mit der Burgschauspielerin Susi Nicoletti.

Sein ehrenhalber gewidmetes Grab befindet sich wie das Grab seines Vaters auf dem Döblinger Friedhof in Wien (Gruppe 37, Reihe 1, Nummer 24), wo er neben seiner Gattin Susi Nicoletti ruht.

Schriften

  • Mein Freund Henry. Dokumentarroman. Zsolnay , Wien-Hamburg 1983, ISBN 3-552-03505-2.
  • Herbert von Karajan. Biographie. Bertelsmann, Gütersloh 1968, (neubearb. u. erg. Tb-Aufl.: Goldmann 1983 ISBN 3-442-33100-5.
  • Herbert von Karajan. Zweiter Versuch der Diagnose einer Persönlichkeit (S. 9) ; "Erste Ausgabe" mit Diskographie und Register. Fritz Molden, Wien o.J. (1978) ISBN 3-217-00793-x
  • Im Banne des Burgtheaters. Reden und Aufsätze. Hg. und eingeleitet von Jacques Hannak. Europa-Verlag, Wien-Frankfurt-Zürich 1966.
  • Die Burg. Rundhorizont eines Welttheaters. Hans Deutsch, Wien-Stuttgart-Basel 1964.
  • Das Wiener Burgtheater . Mit 13 Farbbildern v. Erich Lessing u. 192 Schwarzweißbildern, Molden, Wien-München-Zürich 1975² ISBN 3-217-00517-1
  • Von Sophokles bis Grass. Zehn Jahre Burgtheater, Europa-Verlag, Wien-Frankfurt-Zürich 1968

Filme

Als Darsteller:

  • Címzett ismeretlen (1935, R: Max Neufeld))
  • Ein Stern fällt vom Himmel (1934, R: Béla Gaàl))
  • Calcium (1972)
  • Noch mal von vorn (1970)
  • Der Große Zauberer - Max Reinhardt (1973) (TV)

Als Regisseur (Dokumentarfilme/TV-Filme):

  • Pepi Columbus. Dokumentarfilm (1954)
  • Weh dem, der lügt (1972)
  • Fräulein Else (1974)
  • Der Raub der Sabinerinnen (1976)
  • Berggasse 19 (1979)
  • Der Traum ein Leben (1981)

Einzelnachweise

  1. "Reinhold Häussermann war besonders im komischen Fach sehr erfolgreich, spielte an mehreren deutschen Bühnen und wurde 1914 von Hugo Thimig ans Wiener Burgtheater geholt; 1946 wurde er mit dem Titel eines 'Kammerschauspielers' ausgezeichnet."INLIBRIS
  2. a b c Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE)in 12 Bänden, hg. Rudolf Vierhaus, Walter de Gruyter, Berlin-New York 2005-2008², Bd. 4
  3. Ein Stern fällt vom Himmel (1934) in Filmportal.de
  4. Reinhard Müller: Ernst Lothar.In: Marienthal. Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich AGSO, Graz 2008 (Eingeholt 19. Februar 2009)
  5. Reinhard Müller: Max Reinhardt.In: AGSO, Graz 2008 (Eingeholt 19. Februar 2009)
  6. a b c d als Ernst Hausman, auch Ernst Haeusserman, mit Filmtiteln und Regiearbeiten in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
  7. a b Obituaries: Ernst Haeusserman, Director In Austria and in Hollywood, Nachruf in der New York Times vom 12. Juni 1984, abgerufen 21. Februar 2009 (englisch)
  8. ZVAB.com Ernst Haeusserman Nr. 82 - "Nachlass bestehend aus Werkmanuskripten bzw. -typoskripten, Briefen von und an EH bzw. seine Witwe, zahlreichen Lebensdokumenten und umfangreichen Sammlungen sowie dem Teilnachlss des Vaters Reinhold Häussermann.(Eingeholt 19. Februar 2009)"
  9. a b ZBAB.com: Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Bücher: „Ernst Haeusserman“ S. 9, Nr. 82. Eingeholt 19. Februar 2009
  10. a b Robert Jungk. Der Wissensvermittler, Interview mit Peter Stephan Jungk (aus der Reihe: Arbeitsblätter für die Sachbuchforschung Nr. 13, Historische Reihe Nr. 4, Berlin und Hildesheim, Juni 2007, S.17 (PDF)
  11. Franz Krahberger:Germanistik - eine befangene Wissenschaft
  12. Karajan Family: "The Lobl and Haeusserman biographies incorrectly state that Ludwig's brother, Maximilian, was Karajan's Grandfather"
  13. ZDF Theaterkanal:Mitterer: „...1979 erhielt ich von Ernst Haeusserman einen Stückauftrag...“.(Eingeholt 19. Februar 2009)
  14. Heidrun Ultes-Nitsche: "Ich bin eine feine Monarchiemischung". Identitätskonstruktionen in Friedrich Torbergs nichtfiktionalen Texten (= POETICA – Schriften zur Literaturwissenschaft, Bd. 85) Verlag Kovač, Hamburg 2005 (Eingeholt 19. Februar 2009)

Weblinks


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