- Ernst zu Reventlow
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Ernst Christian Einar Ludwig Detlev Graf zu Reventlow (* 18. August 1869 in Husum; † 21. November 1943 in München) war ein Seeoffizier, Schriftsteller, Journalist und deutschvölkischer bzw. nationalsozialistischer Politiker. Die Schriftstellerin Franziska zu Reventlow war seine Schwester.[1]
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Der aus dem Geschlecht der Reventlows stammende Ernst war Sohn des preußischen Landrats und Amtmanns zu Holstein Ludwig Reventlow (1824–1893) und dessen Frau Emilie (geb. zu Rantzau; 1834–1905). Nach dem Abitur 1888 trat er in die Kaiserliche Marine ein, wo er 1898 zum Oberleutnant zur See befördert wurde und 1899 mit dem Charakter als Kapitänleutnant[2] ausschied, um als Pflanzer in Mittelamerika sein Glück zu versuchen. Im selben Jahr hatte er die französische Adlige Blanche Comtesse d’Allemont de Broutillot (1873–1937) geheiratet. 1905 kehrte er nach Deutschland zurück und betätigte sich als politischer Schriftsteller. 1906 veröffentlichte er das vielbeachtete und monarchiefeindliche Buch Kaiser Wilhelm II. und die Byzantiner. Ab 1907 schrieb er als fester Angestellter für das Berliner Tageblatt über außen- und marinepolitische Fragen, worin er sich betont englandfeindlich und als Unterstützer der Flottenaufrüstung hervortat. Ebenfalls schrieb er für Heinrich Ripplers DVP-Zeitung Tägliche Rundschau, die Deutsche Tageszeitung und die Kreuz-Zeitung. Bei den Reichstagswahlen 1907 und 1912 kandidierte Reventlow erfolglos für die Deutschsoziale Partei im Wahlkreis Flensburg-Apenrade. 1912 war er im Vorstand sowie im Förderungsausschuss des Verbandes gegen die Ueberhebung des Judentums. In der gleichen Zeit wurde er Politischer Vertreter der Hauptleitung des Alldeutschen Verbandes und war von 1908 bis 1914 Chefredakteur der Alldeutschen Blätter. 1914 saß Reventlow im „Presse-Ausschuß“, der mit dem Kriegspresseamt zusammenarbeitete. Während des Krieges publizierte er im Sinne der kolonialen deutschen Kriegsziele[1] und übte scharfe Kritik an der Kriegspolitik von Theobald von Bethmann Hollweg.[3]
Von 1920 bis 1943 gab Reventlow die Zeitschrift Der Reichswart. Wochenschrift für nationale Unabhängigkeit und deutschen Sozialismus heraus, die sich mit politischen und religiösen Themen beschäftigte.[1][4]
In der Weimarer Republik gehörte er zu den Mitbegründern und führenden Politikern der Deutschvölkischen Freiheitspartei (DVFP), einer im Dezember 1922 gegründeten, radikal völkischen und antisemitischen Partei.[1] Reventlows politische Aufsätze wurden allerdings auch im Rahmen der Querfrontbestrebungen wahrgenommen. So äußerte sich Innenminister Rudolf Oeser in einer Ministerbesprechung vom 2. August 1923 über „Ansätze einer gewissen Ideenübereinstimmung von Kommunisten und Deutschvölkischen“ und nahm dabei Bezug auf den Artikel „Ein Stück Weges?“ von Reventlow, der in der Nr. 176 der Roten Fahne vom selben Tag erschienen war.[5] Ähnlich äußerte sich der Reichskommissar für Überwachung der öffentlichen Ordnung Hermann Emil Kuenzer, der in einem Bericht über die Kommunistische Bewegung an das Reichsministerium des Innern vom 13. Januar 1926 ausführte, dass die „äußerste Rechte“ dem zur Gewalt bereiten, revolutionären Vorgehen der KPD „nicht unsympathisch“ gegenüberstehe und verwies dafür auf einen Artikel Reventlows im Deutschen Tageblatt (Nr. 3 v. 5. 1. d. Js.).[6]
Innenpolitisch zeigte Reventlow sich – als herausragender DVFP-Vertreter und im Einklang mit der taktischen Linie seiner Partei – zunächst als scharfer Gegner des von der NSDAP vertretenen Führerprinzips;[7] Adolf Hitler warf er (anlässlich Hitlers Bemühungen, mit der bayerischen Regierung zu einer Einigung zu kommen) „Ultramontanismus“ vor und nannte ihn einen „Napoleon in der Westentasche“.[8] Außenpolitisch wandte sich Reventlow aufs schärfste gegen Gustav Stresemann. Bis zuletzt forderte er 1926, dass das Deutsche Reich nicht dem Völkerbund beitreten solle.[1]
Bei den Reichstagswahlen im Mai 1924 erhielt Reventlow, damals bereits wegen Verstoßes gegen das Republikschutzgesetz vorbestraft,[1] ein Mandat im Reichstag als Abgeordneter der Nationalsozialistischen Freiheitspartei (NSFP), einer Listenverbindung unter Beteiligung der DVFP. Im Februar 1927 wechselte Reventlow zur NSDAP, der er insbesondere in Norddeutschland zum Erfolg verhalf.[1] Seine früheren Angriffe gegen Hitler nahm er öffentlich ausdrücklich zurück.[9] Sein Mandat im Reichstag behielt er auch nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“, zuletzt auf der NSDAP-Einheitsliste von 1938. Innerhalb der NSDAP galt Reventlow als Gefolgsmann Gregor Strassers; nach dessen Ermordung beim „Röhm-Putsch“ 1934 war er in der Partei zunehmend isoliert.[2]
Reventlow war ab 1934 Leiter der antikirchlichen und antichristlichen Deutschen Glaubensbewegung, aus der er 1936 – nach eigenen Angaben „aus nationalsozialistischen Gründen“[10] – austrat. 1937 war er im Beirat der Forschungsabteilung „Judenfrage“ in dem von Walter Frank geleiteten Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschland.[11]
Reventlows einziger Sohn Roger (* 1896) fiel 1945 im Krieg.[1]
Publikationen (Auswahl)
- Die deutsche Flotte. Ihre Entwicklung und Organisation, 1901
- Der russisch-japanische Krieg, 1904 ff.
- Holder Friede,Süsse Eintracht. Eine politische Satire. Leipzig, Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung (Theodor Weicher) 1906
- Deutschlands auswärtige Politik 1888 - 1913, 1914
- Deutschland zur See. Ein Buch von der deutschen Kriegsflotte, 1914
- Der Vampir des Festlandes. Eine Darstellung der englischen Politik nach ihren Triebkräften, Mitteln und Wirkungen, 1915
- Brauchen wir die flandrische Küste?, 1918
- Politische Vorgeschichte des Großen Krieges, 1919
- Völkisch-kommunistische Einigung?, 1924
- Minister Stresemann als Staatsmann und Anwalt des Weltgewissens, 1925
- Kriegsschuldlüge und Kriegsschuldlügner, 1929
- Deutscher Sozialismus, 1930
- Der Weg zum neuen Deutschland. Ein Beitrag zum Wiederaufstieg des deutschen Volkes, 1931
- Der deutsche Freiheitskampf, 1934
- Wo ist Gott?, 1934
- Judas Kampf und Niederlage in Deutschland. 150 Jahre Judenfrage, 1937
- Von Potsdam nach Doorn, 1940
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h Michael Peters: Reventlow, Ernst Christian Einar Ludwig Detlev. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, S. 476 f.
- ↑ a b Joachim Lilla (Bearbeiter): Statisten in Uniform. Die Mitglieder des Reichstags 1933-1945. Droste Verlag, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-5254-4, S. 508.
- ↑ Nachruf in der Kölnischen Zeitung vom 23. November 1943.
- ↑ Ulrich Nanko: Die Deutsche Glaubensbewegung. Marburg 1993, S. 348; Nanko gibt die Erscheinungsjahre 1919 bis 1944 an
- ↑ http://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/0021/cun/cun1p/kap1_2/kap2_235/para3_2.html
- ↑ http://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/0021/lut/lut2p/kap1_1/para2_94.html
- ↑ Zum Beispiel Artikel im Reichswart vom 19. Januar und 16. August 1924, vgl. dazu Wolfgang Horn: Führerideologie und Parteiorganisation in der NSDAP : (1919 - 1933). Droste, Düsseldorf 1972, S. 182f, 192. ISBN 3-7700-0280-6.
- ↑ Artikel im Reichswart vom 7. Februar 1925, vgl. Horn 1972, S. 213.
- ↑ Artikel im Reichswart vom 9. und 23. April 1927, vgl. Horn 1972, S. 266.
- ↑ Frankfurter Zeitung Nr. 159, 26. März 1936.
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0, S. 493.
Weblinks
- Literatur von und über Ernst zu Reventlow im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Datenbank der Reichstagsabgeordneten: Porträt, Biographie und Redebeiträge.
- Ernst zu Reventlow in den Akten der Reichskanzlei
Personendaten NAME Reventlow, Ernst Graf zu KURZBESCHREIBUNG deutscher Reichstagsabgeordneter der NSFP und NSDAP GEBURTSDATUM 18. August 1869 GEBURTSORT Husum STERBEDATUM 21. November 1943 STERBEORT München
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