Errico Caruso

Errico Caruso
Enrico Caruso im Jahre 1910

Enrico Caruso (* 25. Februar 1873 in Neapel; † 2. August 1921 ebenda; eigentlich Errico Caruso) war ein italienischer Opernsänger. Er war der berühmteste Tenor der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und gilt neben Fjodor Schaljapin als bedeutendste Figur der Opernwelt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

La Donna E Mobile Rigoletto.ogg
Hörbeispiel: „La donna e mobile“ (Rigoletto)

Caruso stammt aus einer armen und kinderreichen Familie. Er war das dritte von sieben Kindern. Der Mythos von 18 Kindern seiner Eltern ist eindeutig widerlegt. Seine Mutter, die er über alles liebte, ermöglichte ihm eine Schulbildung. Schon als Kind sang er im Kirchenchor Knabenalt, wobei seine herrliche Stimme dem Pfarrer sofort auffiel. Enrico studierte daraufhin privat Gesang bei lokalen Lehrern, ab sechzehn bei dem renommierten Lehrer Guglielmo Vergine. Dieser war angeblich nicht von einer großen Karriere Carusos überzeugt, unterrichtete ihn aber schließlich kostenlos, jedoch mit einem Knebelvertrag, der ihm 25 % aller Einnahmen in den ersten fünf Jahren einer möglichen Karriere sicherte. Dagegen ging Caruso später juristisch vor und es kam zu einem Vergleich. Vergine war es auch, der Caruso wegen des besseren Klanges zur Änderung seines Vornamens von Errico zu Enrico brachte. Caruso hatte sein erstes Engagement in seiner Heimatstadt. Er behielt Zeit seines Lebens eine zwiespältige Liebe zu seiner Geburtsstadt Neapel, die ihm nicht die nötige Anerkennung zollte. In den vier Jahren nach seinem Debüt dort (mit neunzehn Jahren) blieb seine Karriere unbeachtet. Erst mit der Partie des Loris bei der Premiere von Umberto Giordanos Oper Fedora begann Carusos unaufhaltsamer Aufstieg. Er kam (schon als Star) nach Neapel zurück, wo die Society ihn im Teatro San Carlo aber noch immer als Gassenjungen betrachtete, der unter den Balkons singt. Das hat er nie vergessen und schwor: ich werde nie wieder in Neapel singen, ich werde nur zum Spaghetti-Essen wiederkommen. Diesen Schwur hat er zeitlebens gehalten. Den endgültigen internationalen Durchbruch erlebte er erst 1903 an der Metropolitan Opera in New York im Rigoletto von Giuseppe Verdi, in dem er den Herzog sang. Sein Privatleben sorgte auch für Aufregung. Er lebte acht Jahre in wilder Ehe mit der Opernsängerin Ada Giachetti, mit der er zwei Söhne hatte, Rodolfo und Enrico. Die Kinder sollten nach Hauptpersonen der Oper La Bohème benannt werden, in der sich die Eltern kennen lernten, darum trug Enrico Zeit seines Lebens den Spitznamen Mimi. Ada verließ den zu oft untreuen Caruso, der die Klatschspalten mit seinen Affären füllte, und floh mit dessen Chauffeur – was einen Eklat und viele Prozesse nach sich zog und Caruso das Herz brach.

Enrico Caruso

Caruso lebte daraufhin eine Weile mit Adas Schwester Rina zusammen, ebenfalls Sängerin, bis er zur Überraschung aller plötzlich die amerikanische Millionärstochter Dorothy Park Benjamin heiratete. Mit dieser hatte er im Alter von 45 eine Tochter, Gloria.

Caruso war auf Grund seines Reichtums auch Ziel für die „Schwarze Hand“, einem frühen Ableger der sizilianischen Mafia in den Vereinigten Staaten, und entging in Kuba mit Glück einem Bombenattentat. Carusos Großzügigkeit war legendär. So beschenkte er beispielsweise in seinen erfolgreichsten Jahren an der Metropolitan Opera zu Weihnachten fast alle deren Mitarbeiter. Auch sein Humor war berühmt. Immer wieder nahm er sich Späße gegenüber seinen Bühnenkollegen heraus, nähte beispielsweise einen Ärmel eines Mantels zu, den ein Kollege in La Bohème während der Aufführung anziehen musste, oder füllte Wasser in einen abgelegten Hut, den jemand in der Aufführung aufzusetzen hatte. 1920 zog sich Caruso durch eine Erkältung eine Rippenfellentzündung zu. Obwohl er während einer Vorstellung des Elisir d'amore Blut zu husten begann und starke Schmerzen spürte, wurde sie nicht rechtzeitig entdeckt. Einen Arzt zu konsultieren weigerte er sich zunächst. Die letzten Vorstellungen von Die Jüdin von Halévy sang er stehend gestützt von seiner Partnerin, weil er sonst nicht hätte atmen können. Nach einem Zusammenbruch an Weihnachten 1920 wurde er operiert und überlebte nur knapp. Er kehrte daraufhin zu einem Erholungsurlaub nach Italien zurück, wo er nach einigen schönen und heiteren Monaten unerwartet einen Rückfall erlitt. Im Hotel Vesuvio in Neapel verstarb er im Alter von 48 Jahren, bevor er sich auf den Weg nach Rom zu seinen Ärzten machen konnte.

Caruso wurde in der Kirche des Königs, San Francesco di Paola, in Neapel aufgebahrt und in einem großen Trauerzug zum Cimitero del Pianto begleitet. Der König selbst öffnete die Kirche für Caruso, in der nie andere als königliche Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen stattgefunden hatten. 1929 erreichte Dorothy Caruso, dass der einbalsamierte Leichnam Carusos nicht mehr öffentlich besichtigt werden konnte. Seitdem ruht der Körper des Sängers im prunkvollen Mausoleum hinter Marmor.

Historisches Profil

Caruso gilt heute in der Fachwelt als einer der großartigsten Tenöre aller Zeiten. Er wirkte unter anderem in den Uraufführungen von Fedora und La Fanciulla del West mit. Seine wohl berühmtesten Rollen waren der Canio aus LeoncavallosI pagliacci“ und der Radames aus „Aida“. Caruso, dessen Repertoire 67 – auch der anspruchsvollsten – Partien umfasste, war schon mit Mitte 20 ein Star und sang in Mailand, Neapel, London und vor allem New York. In New York war er festes Mitglied des Ensembles der Metropolitan Opera, der er über viele Jahre (insgesamt 18 Spielzeiten) die Treue hielt.

Caruso war berühmt für seine warme, für einen Tenor sehr dunkle, baritonale Stimme und seine unübertroffene Bühnendarstellung. In einer Aufführung von La Bohème sang er für den plötzlich stimmlosen Bass die Arie vecchia zimmarra so überzeugend, dass es im Publikum niemand merkte und er die Arie später sogar aufnahm. Das Volumen und die Weichheit seiner Stimme sind bis heute unerreicht. Und dies, obwohl er kein echtes hohes C besaß. Er transponierte das H derart, dass es für Laien von einem C kaum zu unterscheiden war. Sein Sängerformant wurde mit 2800 Hz festgestellt. Seine Partnerin Geraldine Farrar berichtet, wie sie das erste Mal mit Caruso auf der Bühne stand und vergaß zu singen, weil sie über die Schönheit seines Gesangs in Tränen ausbrach. Lina Cavalieri fiel ihm auf offener Bühne um den Hals und küsste ihn aus Begeisterung so leidenschaftlich, dass dieser Kuss als der erste „echte“ Bühnenkuss in die Annalen der Geschichte einging. Die, die ihn erlebt haben, beschrieben das Einsetzen seiner Stimme mit der warmen Macht einer Orgel. Caruso wollte unbedingt die Titelrolle des Rudolfo in La Bohème und so wurde von seinem Manager eine private Aufführung für Puccini arrangiert. Der rief nach der Vorstellung aus: wer hat Sie mir bloß geschickt? Etwa Gott? Bei den Gastspielen Carusos wurde er mit Ehrenbezeigungen der gekrönten Häupter überhäuft, in Berlin sammelten sich 30.000 Menschen vor der Oper, um Caruso für eine Minute zu sehen. Caruso war ein Großverdiener der Opernszene und der erste, der Stierkampfarenen mit seinem Gesang füllte. Die Biographien, die über ihn geschrieben wurden, sind zahllos. Er hat die Schallplatte gemacht und die Schallplatte ihn. Caruso verband eine enge künstlerische Freundschaft mit Paolo Tosti und Giacomo Puccini, die viele ihrer Werke für ihn schrieben. Hochbegabt war Caruso auch als Karikaturist und Zeichner. Bekannt wurden die treffenden Karikaturen aus Carusos Hand. Caruso hat auch einige Lieder komponiert. Der Name und der Ruhm Carusos sind derart bedeutend, dass bis heute "Caruso" ein Synonym für "Sänger" ist - wohl die größte Ehrbezeugung, die die Nachwelt einem Operndarsteller darbringen kann. Der italienische Sänger und Liedschreiber Lucio Dalla schuf 1986 eine moderne Hymne auf Caruso. Sein Lied mit dem Titel "Caruso" wurde von zahlreichen Künstlern interpretiert. Eine der berühmtesten Versionen sang Luciano Pavarotti, allein diese Aufnahme verkaufte sich mehr als neun Millionen Mal.

Aufnahmen

Aufnahme einer Arie aus Die Macht des Schicksals (Giuseppe Verdi) von 1906. Die gezeigte Platte selbst wurde 1908 in Hannover von der Deutschen Grammophon gepresst.

Caruso hat insgesamt 498 Schallplattentitel aufgenommen, von denen allerdings einige unveröffentlicht blieben. Darunter sind nicht nur Opernarien, sondern auch viele Volkslieder, insbesondere „O sole mio“ von Eduardo Di Capua, dem er zu Weltruhm verhalf. Es war Caruso, der durch seine Arbeit für RCA Victor den Siegeszug der Schallplatte initialisierte. Sämtliche je veröffentlichten Aufnahmen Carusos sind in restaurierten Fassungen im NoNoise-Verfahren auf 14 CDs erhältlich, über 280 Aufnahmen. 1999 unterlegte das Orchester des Österreichischen Rundfunks die digital behutsam „modernisierte“ Aufnahme der Stimme Carusos mit einem modernen Orchester, so dass man ahnen kann, wie es klingen würde, könnte Caruso heute Aufnahmen machen. Das „Caruso 2000“ genannte Experiment ist unter Spezialisten und Gesangskennern umstritten, aber dennoch für den Stimmenliebhaber von großem Reiz. 2007 brachte die Enrico-Caruso-Agentur gemeinsam mit dem Pianisten Tommaso Farinetti eine neue Caruso-CD auf den Markt, auf der der junge Pianist Farinetti Caruso virtuell begegnet und die Orchesterstimmen der Originalaufnahme durch eigengesetzte Klavierbegleitung ersetzt. Die Aufnahmen wurden zum Unterschied der vorhergehenden Digitalaufnahmen in einem kleinen Konzertsaal aufgenommen und nicht künstlich mit Hall versehen. Das Ergebnis ist, dass die Brillanz von Carusos Stimme im Vordergrund steht und sich wunderbar mit dem Klang des Flügels mischt.

Filmographie

Caruso wirkte im Jahr 1918 in zwei Stummfilmen mit, von denen nur noch einer („My Cousin“) in Kopie vorhanden ist. Der Film wurde in Europa ein Erfolg.

Carusos Nachwirken im Film

Eine fiktive Fassung von Carusos Leben wurde 1951 mit Mario Lanza in der Hauptrolle unter dem Titel Der große Caruso verfilmt. Der Film war in Italien wegen seines relativ frei erfundenen Inhalts verboten.

In dem Film „Fitzcarraldo“ von Werner Herzog mit Klaus Kinski in der Hauptrolle des Fitzcarraldo steht am Anfang ein Auftritt von Caruso in der Oper von Manaus (Brasilien), wo Caruso jedoch in Wirklichkeit niemals gesungen hat.

Aufnahmen von durch Caruso interpretierter Arien stellen den Großteil der Filmmusik des Films „Match Point“ von Woody Allen dar.

Literatur

  • E. Gara: Caruso. Storia di un emigrante. Rizzoli, Milano 1947.
  • A. Lancellotti: Le voci d'oro. Palombi, Roma 1942.
  • Christian Springer: Enrico Caruso. Tenor der Moderne. Holzhausen, Wien 2002. ISBN 3-85493-063-1
  • V. Tortorelli: Enrico Caruso nel centenario della nascita. Artisti Associati, Rimini 1973.
  • Frank Thiess: Der Tenor von Trapani. Novelle. Reclam, Leipzig 1942
  • F. Werfel: " Die Geschwister von Neapel " . Roman. S.Fischer, Frankfurt 1991

Weblinks


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