Erzämter

Erzämter

Die Erzämter (oder Reichserzämter) waren die obersten Hofämter im bis 1806 bestehenden Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Jedes Erzamt war mit der Kurwürde (→Kurfürst) verknüpft. Die Amtstitel waren ab dem späteren Mittelalter rein symbolisch, allerdings waren mit ihnen noch zeremonielle Tätigkeiten bei der Krönung des römischen Königs in Aachen bzw. später Frankfurt am Main verbunden.

Im Mittelalter nahmen die Kurfürsten meist noch persönlich an der Zeremonie teil, nach der Reformation allerdings (da im Rahmen der Krönung ja eine katholische Messe stattfand) ließen sie sich fast nur mehr von bestimmten Adelsfamilien vertreten. Innerhalb dieser Adelsfamilien wurden die Ämter erblich weitergegeben - man spricht daher von Erbämtern. Im Lauf der Zeit gaben auch diese Familien gelegentlich ihr Amt weiter, so dass es dann bei der Krönungszeremonie von Stellvertretern der Stellvertreter ausgeübt wurde.

Zu den symbolischen Aufgaben im Einzelnen siehe Erbamt.

Unter Kaiser Karl IV. wurde in der Goldenen Bulle von 1356 folgende Verteilung der Erzämter festgelegt:

  • Die drei geistlichen Kurfürsten waren Erzkanzler für jeweils einen der drei Reichsteile:
    • der Erzbischof von Mainz für Deutschland - Archicancellarius per Germaniam,
    • der Erzbischof von Köln für Reichsitalien - Archicancellarius per Italiam,
    • der Erzbischof von Trier für Burgund (d.h. das 1033 ans Reich gefallenen Königreich Arelat an der Rhône mit der Hauptstadt Arles) - Archicancellarius per Galliam.

Siehe auch: Erzkanzler (Frankenreich) für die karolingischen Erzkanzler.

Eine Ausnahme nehmen dabei die Markgrafen zu Meißen ein, die zwar als Erzjägermeister ein Erzamt innehatten, aber nicht über die Kurwürde verfügten. Ebenso hatten die Herzöge von Württemberg das Amt des Reichsbannerträgers inne. Damit war jedoch erst ab 1692 eine Kurwürde verbunden, die der Herzog von Braunschweig-Lüneburg als Erzbannerträger innehatte.

Mit den Erweiterungen des Kurfürstenkollegiums wurden auch neue Erzämter geschaffen. Nachdem 1623, im Dreißigjährigen Krieg, die pfälzische Kurwürde mit dem Erztruchsessenamt auf die Herzöge von Bayern übertragen worden war, erhielten die Pfalzgrafen im Westfälischen Frieden zusammen mit der neu geschaffenen achten Kur auch das Amt des Erzschatzmeisters (→Schatzmeister) - Archithesaurarius, Amtszeichen: Goldene Reichskrone in rotem Feld.

1692 wurden die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg zu Kurfürsten von Hannover erhoben, verbunden mit dem Amt des Erzbannerträgers - Archivexillarius, Amtszeichen: Reichssturmfahne mit schwarzem Adler in blauem Feld. Dagegen protestierte der Herzog von Württemberg, dessen Vorfahren die Reichssturmfahne verliehen worden war. Als den Herzögen von Bayern 1706 im Verlauf des Spanischen Erbfolgekrieges die Kurwürde wieder aberkannt wurde, erhielten die Pfalzgrafen erneut das Truchsessenamt und die Kurfürsten von Hannover das vormals pfälzische Schatzmeisteramt - Archithesaurarius. 1714 wurde der Herzog von Bayern wieder als Kurfürst eingesetzt und forderte daher die Rückgabe seines Erzamtes. Dieser Streit endete erst 1777, als die pfälzischen Wittelsbacher die bayerische Linie beerbten und Bayern an die Pfalz (bzw. de facto die Pfalz an Bayern) fiel.

Durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurden kurzfristig vier neue Kuren für das Fürstentum Regensburg, das Herzogtum Württemberg, die Markgrafschaft Baden und die Landgrafschaft Hessen-Kassel geschaffen. Dabei ging das Erzbanneramt an Württemberg. Die vier neuen Kurfürsten haben ihre Erzämter aber nie - weder persönlich noch durch Stellvertreter - ausgeübt, da das alte Reich bereits 1806 aufgelöst wurde.

Literatur

  • Tyll Kroha: Lexikon der Numismatik. Gütersloh 1977, ISBN 3-570-01588-2. 

Weblinks


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